Digitale Assets – Was ist das? Definition und Entwicklung eines zukünftigen Milliardenmarktes

Digitale Assets (= digitale Vermögenswerte) sind digitale Darstellungen von Werten, die von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert oder garantiert werden und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzen. Welche Treiber beeinflussen das Marktumfeld für digitale Assets zukünftig? Im Folgenden finden Sie den zukünftigen Milliardenmarkt im Überblick.

 

Was sind Digitale Assets?

Digital Assets werden von natürlichen oder juristischen Personen als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert oder dienen Anlagezwecken und können auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden.

Erscheinungsformen von digitalen Assets

Digitale Assets existieren auf einer Blockchain in Form von Kryptowährungen oder Security-Token (Kryptowerte nach § 1 Abs. 11 Satz 10 KWG) und werden in sogenannten Wallets („digitalen Schließfächern“) verwahrt. Aktuell ist das Marktpotenzial von digitalen Assets primär getrieben durch die beiden genannten Erscheinungsformen, bis die Voraussetzungen für Kryptowertpapiere (Kryptowertpapiere nach § 4 Abs. 3 eWpG-E) geschaffen sind.

Eine Abgrenzung dieser drei digitalen Assets voneinander sowie der Vergleich zu traditionellen Wertpapieren sind wichtig, um das Marktumfeld genauer zu analysieren.

Digital Assets: ErscheinungsformenAbbildung 1: Erscheinungsformen von digitalen Assets


Kryptowährungen – Hype oder relevante Assetklasse?

Unter Kryptowährungen versteht man kryptografische Werte, die auf einem dezentral verteilten Zahlungssystem basieren und keine Währung im engeren Sinne darstellen. Abgesehen von der steigenden Akzeptanz einiger Kryptowährungen als alternatives Zahlungsmittel zu sogenannten Fiat-Währungen[1] wie beispielsweise dem Euro treten neben Privatanlegerinnen und -anlegern vermehrt professionelle und institutionelle Marktteilnehmende in den Kryptowährungsmarkt ein, um neue Diversifikations- und Performancepotenziale zu erschließen.

Nach einer starken Rallye Anfang des Jahres herrscht aktuell eine neue Phase der Euphorie für Kryptowährungen. Gründe für das erneut gestiegene Anlegerinteresse könnten das Niedrigzinsumfeld, die steigende Marktliquidität, mitunter hohe Bewertungen für andere Assetklassen sowie wachsende Inflationserwartungen in Europa sein. Der europäische Marktanteil für Kryptowährungen gewinnt angesichts der fortschreitenden rechtlichen Sicherheit für Investierende und Finanzdienstleister zunehmend an Dynamik. Aufgrund dessen liegen spannende Zeiten vor uns, die zeigen werden, ob sich Kryptowährungen als alternative Assetklasse behaupten werden.

Security-Token – Anwendungsfälle und Zukunftsaussichten

Neben Kryptowährungen werden bislang – wenn auch nur in geringem Maße – standardisierte Emissionsprodukte wie Aktien oder Anleihen durch Security-Token über die Blockchain abgebildet und transferiert.

Die Tokenisierung von illiquideren und nicht fungiblen Vermögenswerten (z. B. Immobilien) wird aufgrund der einfacheren Eigentumsübertragung über die Blockchain aktuell von einigen Marktteilnehmenden beschleunigt. Gleichwohl befinden sich Security-Token tendenziell in einer Übergangsphase, bis die Voraussetzungen für die Einführung von Kryptowertpapieren geschaffen sind. Kryptowertpapiere ermöglichen somit den Transfer digitaler Assets in das Wertpapiergeschäft und werden dadurch den nächsten Meilenstein für digitale Assets setzen.

Kryptowertpapiere – der Transfer von digitalen Assets in das Wertpapiergeschäft

Das Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren (im Folgenden „eWpG“) durch den deutschen Gesetzgeber wird voraussichtlich im zweiten Quartal 2021 in Kraft treten und die Emission von Kryptowertpapieren als alternative Erscheinungsform zu verbrieften Wertpapieren ermöglichen.

Dezentrales Netzwerk als Metapher für den Artikel "Kryptowertpapier – disruptive Innovation am Kapitalmarkt"
Kryptowertpapier – disruptive Innovation am Kapitalmarkt
Das Kryptowertpapier ist ein Sonderfall des elektronischen Wertpapiers: Vorteile des digitale Assets gegenüber traditionellen Wertpapieren.
Weiterlesen »

Die Unterschiede zu traditionellen Wertpapieren liegen in der Begebungsform (elektronisch versus verbrieft). Kryptowertpapiere fallen analog zu verbrieften Wertpapieren in das Depotgeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 KWG, wohingegen die Verwahrung, Verwaltung und Sicherung von Kryptowährungen und Security-Token als Finanzdienstleistung in das Kryptoverwahrgeschäft nach § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG fallen. Die derzeit erforderliche Wertpapierurkunde soll im ersten Schritt bei elektronischen Schuldverschreibungen und Anteilscheinen durch die Eintragung in ein Wertpapierregister ersetzt werden – perspektivisch auch bei Investmentfondsanteilen und Aktien.

Regulatorische Initiativen senken die Markteintrittsbarrieren für digitale Assets

Die zunehmende Öffnung für digitale Assets schreitet außerdem durch den Abbau von Investitionsrestriktionen voran. Insbesondere das im Rahmen der Digital-Finance-Strategie der Europäischen Kommission am 24. September 2020 verabschiedete DLT-Pilot-Regime soll zukünftig die sofortige Handelsabwicklung über die Blockchain, die intermediärsfreie Anlegerzulassung und den Verzicht auf eine zentrale Wertpapierverwahrung ermöglichen. Dieses Regime wird als Einführung eines „Sandbox“-Ansatzes für DLT-basierte Marktinfrastrukturen beschrieben, um zeitlich begrenzte Ausnahmen von bestehenden Regeln zu erlauben, sodass Aufsichtsbehörden Erfahrungen im Umgang mit digitalen Assets sammeln können. Daneben enthält die Digital-Finance-Strategie auch eine Verordnung über Märkte für Krypto-Assets („MiCa“)[2], während für Kryptowertpapiere das bestehende MiFID-II-Regime[3] gilt.

Einschätzung der Marktentwicklung von digitalen Assets in Europa und Deutschland

Abbildung 2[4] zeigt die prognostizierte Marktentwicklung von digitalen Assets in Europa im Vergleich zu Deutschland in Milliarden Euro. Es zeigt sich, dass das Marktvolumen digitaler Assets in Europa im Jahr 2024 voraussichtlich knapp 1,5 Billionen Euro betragen wird. Der Anteil Deutschlands am europäischen Markt für Kryptowährungen und Security-Token entspricht etwa 21 %. Der Gesamtmarkt für alle digitalen Assets unter Hinzunahme der Kryptowertpapiere wird sich in Deutschland im Zeitraum 2021 bis 2024 voraussichtlich auf fast 400 Mrd. Euro erhöhen und dementsprechend mehr als verdreifachen. Mit der Einführung des eWpG im zweiten Quartal 2021 und der darauffolgenden Schaffung einer neuen Marktinfrastruktur zur Ermöglichung der Handelbarkeit von Kryptowertpapieren in Deutschland werden diese im Jahr 2022 schätzungsweise einen Marktwert von 18 Milliarden Euro erreichen.

Digital Assets: Einschätzung der Marktentwicklung in Europa und DeutschlandAbbildung 2: Einschätzung der Marktentwicklung von digitalen Assets in Europa und Deutschland

Durch eine zunehmende Akzeptanz von Kryptowertpapieren ist dem Markt für Kryptowertpapiere ein signifikantes Wachstum bis 2024 auf einen Marktwert von 82 Milliarden Euro in Deutschland zuzutrauen.


Wesentliche Erkenntnisse und Handlungsbedarfe

In den kommenden Jahren wächst also ein Millardenmarkt für digitale Assets heran, der vielfältige Ertragsmöglichkeiten für neue und etablierte Marktteilnehmende bietet. Aus der aktuellen Marktdynamik lassen sich fünf wesentliche Erkenntnisse ableiten:

  1. Digitale Assets haben zukünftig sowohl für Privatanleger/-innen als auch für institutionelle Investierende eine hohe Relevanz. Etablierte Institute müssen ihre Organisation, Prozesse und Dienstleistungen entlang der gesamten Capital-Markets-Wertschöpfungskette adjustieren, um die Kundenbedarfe zu bedienen.
  2. Neue Marktteilnehmende müssen sich insbesondere mit dem Thema der Lizenzbeantragung beschäftigen, um auch zukünftig ihre Dienstleistung unter der Aufsicht der BaFin erbringen zu dürfen. Diese Transformation von einem Start-up in ein reguliertes Institut stellt diese jungen Unternehmen oft vor Herausforderungen, da eine Vielzahl an regulatorischen Anforderungen erfüllt und dokumentiert werden muss.
    Datenstrom, der aus Notebook fließt als Metapher für "Erlaubnispflicht für das Kryptoverwahrgeschäft"
    Erlaubnispflicht für das Kryptoverwahrgeschäft
    Wie die Transformation eines Technologieunternehmens in ein Finanzdienstleistungsinstitut gelingt.
    Weiterlesen »
  3. Der deutsche Gesetzgeber möchte in Europa eine Vorreiterrolle übernehmen. Dadurch werden digitale Assets in Deutschland auch für ausländische FinTechs sowie etablierte Finanzinstitute interessant, die an diesem wachsenden Markt teilhaben wollen.
  4. Durch die Einführung des Kryptowertpapiers im Zuge des eWpG wird der Aufbau einer professionellen und performanten Marktinfrastruktur für digitale Assets insbesondere im Jahr 2022 zunehmend relevant. Hier gilt es für etablierte Marktteilnehmende, die Entwicklung zu beobachten und den Einfluss auf die bestehenden Systeme zu bewerten.
  5. Volumen zieht Volumen nach sich – die Bereitstellung von Liquidität auf den Handelsplätzen und ‑plattformen wird ein wesentlicher Faktor sein, der die Marktentwicklung der Kryptowertpapiere beeinflusst.

 

[1] Der Wortbestandteil „Fiat“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „Es sei“ bzw. „Es geschehe“.
[2] Siehe „Markets in Crypto-assets, and amending Directive (EU) 2019/1937“.
[3] Markets in Financial Instruments Directive II.
[4] Prognose für Kryptowährungen basierend auf aktueller Marktkapitalisierung inkl. Wachstumsrate von 30 % p. a. und für Security-Token (STO) anhand relevanter Assetklassen (Schuldverschreibungen, Immobilien etc.) inkl. einer gewichteten Konversionsrate von 0,08 % sowie einer Wachstumsrate von 65 % p. a.; der Anteil Europas an den globalen Marktvolumina von Kryptowährungen und STO beträgt dabei konstant 30 %. Der Anteil Deutschlands am europäischen Markt für Kryptowährungen wird mithilfe des BIP-Anteils von ca. 21 % geschätzt; Der Marktanteil für Kryptowertpapiere wird anhand der Neuemissionen von Schuldverschreibungen inländischer Emittenten inkl. einer Konversionsrate von 1 % im Jahr 2022 und einer Wachstumsrate von 80 % p. a. bis 2024 prognostiziert.

Sprechen Sie uns gerne an!

Wolfgang Schlaffer / Autor BankingHub

Wolfgang Schlaffer

Partner Office München
Julian Schmeing / Autor BankingHub

Julian Schmeing

Senior Manager Office München
Philipp Kerber / Autor BankingHub

Philipp Kerber

Senior Consultant Office Frankfurt

Artikel zum Thema

Was bleibt nach Hype um Blockchain für die Finanzwelt?

Wie bereits eines der größten Bankenkonsortien vor einigen Monaten feststellen musste, sind Lösungen rund um Blockchain gegenwärtig nur bedingt ökonomisch in der Finanzwelt umsetzbar. Die Kerneigenschaft ist neben der Kryptografie die Dezentralität – und die hat einen großen Schwachpunkt: Skalierbarkeit.

Weiterlesen »

Bitcoin und Spekulationsblasen

Innerhalb eines Jahres ein Wertzuwachs von etwa 1400 % – eine Geschichte zu schön, um wahr zu sein. Der Bitcoin-Kurs ist in aller Munde, und während viele Investoren weiterhin auf das schnelle Geld hoffen, warnen Experten vor einer gefährlichen Preisblase.

Weiterlesen »

Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

BankingHub-Newsletter

Analysen, Artikel sowie Interviews rund um Trends und Innovationen
im Banking alle 2 Wochen direkt in Ihr Postfach

Send this to a friend