Das eWpG
Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) die Möglichkeit der Begebung von elektronischen Wertpapieren geschaffen. Somit wurde das traditionelle Verständnis eines Wertpapiers – eine papierne Urkunde – durch die Einführung des eWpG aufgebrochen.
Inhaberschuldverschreibungen und Anteile an Sondervermögen können nun in elektronischer Form begeben werden. In Zukunft wird der Anwendungsbereich – so hat es der Gesetzgeber in Aussicht gestellt – auch auf Aktien erweitert.
Starkes Wachstum für Kryptowertpapiere in Deutschland erwartet
Es ist von einer starken Entwicklung des Markts für Kryptowertpapiere in naher Zukunft auszugehen. So wird bereits in diesem Jahr das Marktvolumen in Deutschland schätzungsweise 7 Milliarden Euro betragen und mit der voranschreitenden Etablierung der Marktinfrastruktur sowie der Entwicklung von Branchenstandards bis 2024 voraussichtlich exponentiell auf 63 Milliarden Euro wachsen. Bis 2026 ist mit einem Marktvolumen von Kryptowertpapieren in Höhe von ca. 200 Milliarden Euro zu rechnen. Damit würden Kryptowertpapiere schneller als andere Arten von digitalen Assets wie Kryptowährungen oder Security Tokens wachsen.
Vor dem Hintergrund dieser Marktentwicklung bietet sich für Marktteilnehmende mit einem bestehenden Digital-Asset-Serviceangebot die Chance, ihr Leistungsportfolio um die Führung eines Kryptowertpapierregisters zu erweitern. Gleichzeitig besteht für diejenigen, die noch nicht im rasant wachsenden Digital-Asset-Markt aktiv sind, die attraktive Opportunität, ein Serviceangebot aufzubauen und somit neue Erlösströme zu generieren.
Kryptowertpapiere bieten Zeit- und Kostenvorteile
Für die Emission von Kryptowertpapieren benennt ein Emittent eine registerführende Stelle – den Kryptowertpapierregisterführer. Sollte ein Emittent keinen Dienstleister für die Kryptowertpapierregisterführung benennen, so gilt er selbst als Registerführer.
Allerdings benötigt der Emittent auch in diesen Fällen eine aufsichtsrechtliche Erlaubnis, was in der Praxis häufig übersehen wird. Der Gesetzgeber begründet dies mit der aufgrund der Registerführung verbundenen Vertrauensstellung.
Die Führung des Kryptowertpapierregisters ist anders als bei einem zentralen Register nicht Wertpapiersammelbanken und Verwahrern (Inhaber einer Erlaubnis für das Depotgeschäft) vorbehalten.
Aus Emittentenperspektive hat die Begebung von Kryptowertpapieren vier zentrale Vorteile gegenüber der Begebung von herkömmlichen Wertpapieren:
- eine schnelle und kostengünstige Begebung aufgrund schlanker Prozesse (Wegfall des Zentralverwahrers),
- eine automatische und algorithmenbasierte Verwaltung und Fortschreibung des Registers sowie die Möglichkeit der Automatisierung von Corporate Actions (wie Coupon-Zahlungen) mithilfe von Smart Contracts,
- eine erhöhte Transparenz und Sicherheit aufgrund der Verwendung eines fälschungssicheren Aufzeichnungssystems und
- eine verbesserte Wahrnehmung bei technologieaffinen Kunden aufgrund des Angebots volldigitaler Produkte.
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Pflichten für die Führung des Kryptowertpapierregisters
Die Pflichten eines Kryptowertpapierregisterführers ergeben sich im Wesentlichen aus dem eWpG und der Verordnung über Anforderungen an elektronische Wertpapierregister (liegt derzeit als aktualisierter Referentenentwurf vor).
Die umfangreichen regulatorischen Anforderungen können in vier zentrale Pflichten zusammengefasst werden, wie in folgender Abbildung dargestellt:
Bereitstellung und Administration der technischen Infrastruktur
Ein Kryptowertpapierregister ist auf einem fälschungssicheren Aufzeichnungssystem zu führen, in dem Daten in der Zeitfolge protokolliert und gegen unbefugte Löschung sowie nachträgliche Veränderung geschützt gespeichert werden.
Ein solches Aufzeichnungssystem ist ein dezentraler Zusammenschluss, in dem Kontrollrechte an teilnehmende Einheiten nach einem Muster verteilt werden, um die Integrität und Authentizität der Eintragung zu gewährleisten. Dafür kommen insbesondere Distributed-Ledger-Technologie-Systeme (DLT-Systeme) wie die Blockchain infrage.
Für den technischen Betrieb des Kryptowertpapierregisters und die Bereitstellung der Infrastruktur kann der Registerführer auf einen externen Dienstleister zurückgreifen.
Dokumentation und Pflege der Registerdaten
Zur Eintragung eines Kryptowertpapiers muss ein Kryptowertpapierregisterführer eine Reihe von Pflichtangaben im Kryptowertpapierregister dokumentieren. Diese Angaben richten sich danach, ob es sich um ein Wertpapier in Einzel- oder Sammeleintragung handelt, und umfassen u. a. Informationen zu Emittent, Inhaber/-in, Emissionsvolumen sowie Höhe, Verzinsung und Fälligkeit von Kryptowertpapieren. Darüber hinaus sind die Eigenschaften und das Konsensverfahren des Aufzeichnungssystems sowie die eingesetzten kryptografischen Verfahren festzuhalten.
Transaktionsmanagement
Wenn Anleger/-innen Kryptowertpapiere kaufen oder verkaufen möchten, ist der entsprechende Auftrag durch eine geeignete Anlegerschnittstelle zu erfassen.
Zur Durchführung der Transaktion wird anschließend der Eintrag zum Inhaber bzw. zur Inhaberin geändert, wodurch das Eigentumsrecht am Kryptowertpapier übertragen wird. Zuvor haben die Inhaber/-innen, die eine entsprechende Weisung zur Übertragung stellen, dem Registerführer ihre Identität anhand geeigneter Nachweise zu belegen.
Der Kryptowertpapierregisterführer ist Verpflichteter im Sinne des Geldwäschegesetzes.
Bereitstellung der Emissions- und Anlagebedingungen
Anlegerinnen und Anlegern ist eine jederzeitige und unmittelbare Einsicht in die Emissions- und Anlagebedingungen (im Falle von Kryptofondsanteilen) zu ermöglichen. Dazu sind diese vom Kryptowertpapierregisterführer als beständiges elektronisches Dokument zu speichern, im Internet zu veröffentlichen und entsprechend im Register zu verlinken.
Zudem sind Änderungen der Emissionsbedingungen zeitlich zu protokollieren und fortlaufend zu nummerieren.
Erlaubnisantrag für die Kryptowertpapierregisterführung
Um die Dienstleistung der Kryptowertpapierregisterführung anbieten zu können, benötigen Unternehmen eine Erlaubnis der BaFin.
Der Erlaubnisantrag für die Kryptowertpapierregisterführung muss vom zukünftigen Erlaubnisträger schriftlich bei der BaFin gestellt werden und ihren Anforderungen genügen.
Akuter Handlungsdruck ergibt sich insbesondere für Unternehmen, die im Rahmen der Grandfathering-Regelung die Geschäftstätigkeit bereits im Dezember 2021 aufgenommen haben. Diese Unternehmen müssen einen vollständigen Erlaubnisantrag bis spätestens 10. Juni 2022 bei der BaFin einreichen.
Doch auch andere Marktteilnehmende, die vor allem eine strategische Weiterentwicklung ihres Geschäftsmodells anstreben und die Dienstleistung der Kryptowertpapierregisterführung anbieten möchten, sollten zeitnah einen Erlaubnisantrag einreichen, um vom First-Mover-Vorteil profitieren zu können.