Zinsänderungsrisiko im Anlagenbuch messen
Das Zinsänderungsrisiko im Bankbuch lässt sich barwertig und periodisch messen und steuern. In der barwertigen Perspektive wird das Risiko als ökonomische Wertveränderung des Gesamtbankbuch-Cashflows bei einer Veränderung der Zinsstrukturkurve quantifiziert.
Der Fokus liegt somit auf dem Einfluss der Veränderung des Zinsniveaus auf den Barwert der aktivischen und passivischen Geschäfte eines Instituts. So mindert z. B eine Erhöhung der Zinsen aus heutiger Sicht den Wert des Cashflows eines Aktivgeschäfts (oder des Gesamtbankbuch-Cashflows mit Aktivüberhang in langen Laufzeiten). In der periodischen Perspektive hingegen wird die unmittelbare Auswirkung auf die GuV eines Kreditinstituts quantifiziert, die sich insbesondere im Zinsüberschuss und ggf. im Bewertungsergebnis niederschlägt.
Institute sollten in der Lage sein, die Auswirkungen von Zinsänderungen sowohl aus barwertiger als auch das periodischer Perspektive zu quantifizieren, um strategiekonforme Steuerungsimpulse ableiten zu können und die Risikotragfähigkeit sicherzustellen.
Regulatorische Anforderungen für die Messung und Steuerung von Zinsänderungsrisiken (IRRBB)
Aufgrund der grundsätzlich hohen Relevanz des Zinsänderungsrisikos im Anlagebuch – insbesondere im Kontext einer lang andauernden Niedrigzinsphase – gibt es seitens der internationalen und nationalen Aufsichtsbehörden eine Vielzahl von regulatorischen Anforderungen für die Messung und Steuerung von Zinsänderungsrisiken.
So wurden von der European Banking Authority (EBA) in 2018 Leitlinien (EBA/GL/2018/02) zur Steuerung und Messung von Zinsänderungsrisiken veröffentlicht. Die EBA/GL/2018/02 bilden dabei den zentralen Baustein zur Umsetzung der durch das Basler Komitee für Bankenaufsicht (BCBS) in 2016 veröffentlichten IRRBB-Standards (BCBS #368)[1].
Weitere Elemente zur Umsetzung von BCBS #368 umfassen die CRD V (u. a. barwertiger Standardansatz) sowie die CRR II (quantitative und qualitative Offenlegung) der europäischen Kommission. Darüber hinaus gibt es auch seitens der deutschen Aufsichtsbehörden Regularien mit direktem Bezug zum Zinsänderungsrisiko, welche sich an den europäischen und internationalen Standards orientieren und so einen Gleichklang der aufsichtsrechtlichen Anforderungen sicherstellen.
Für Deutschland sind dies z. B. die MaRisk und das BaFin-Rundschreiben 06/2019 (BA) zum Zinsänderungsrisiko, welches sich mit dem barwertigen Zinsschock befasst. Die weniger bedeutenden Institute (sog. „Less Significant Institutions“ oder kurz: LSIs), die in Deutschland von der BaFin beaufsichtigt werden, müssen im Rahmen des aufsichtsrechtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (LSI-SREP) zudem Teile des eingegangenen Risikos direkt mit Eigenkapital unterlegen.[2]
Auch für die kommenden Jahre ist mit weiteren regulatorischen Neuerungen zu rechnen. Hierzu gehören u. a. die Abgrenzung und Messung von Credit-Spread-Risiken sowie die Umsetzung eines periodischen Ausreißertests als Ergänzung des bereits etablierten barwertigen Zinsschocks.