Funktion und Anwendungsbereich
Qualitative Mindestanforderungen für die institutsspezifische Ausgestaltung des Risikomanagements
Die MaRisk konkretisieren die §§ 25a und b KWG und geben qualitative Mindestanforderungen für die institutsspezifische Ausgestaltung des Risikomanagements vor. Die MaRisk sind u. a. für alle nationalen Bankinstitute verpflichtend. Die Einhaltung der MaRisk ist zudem Gegenstand der Jahresabschlussprüfung durch den Abschlussprüfer. Darüber hinaus können auch Sonderprüfungen nach § 44 Abs. 1 KWG im Auftrag der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) von Prüfenden der Deutschen Bundesbank durchgeführt werden.
Struktur der MaRisk und wesentliche Inhalte
Die MaRisk gliedern sich in einen allgemeinen Teil (Modul AT) sowie einen besonderen Teil (Modul BT)
Das Modul AT beinhaltet dabei neben dem Anwendungskreis der MaRisk grundsätzliche Prinzipien für die Ausgestaltung des Governance-Prozesses, des Risikomanagements, der Organisationsrichtlinien, der Dokumentationen, der Ressourcenausstattung sowie von Notfallprozessen. Im Rahmen des Governance-Prozesses werden die Mindestanforderungen an die Gesamtverantwortung der Geschäftsleitung festgeschrieben. Allgemeine Mindestanforderungen an das Risikomanagement umfassen Anforderungen an die Ausprägung von Strategien, Anforderungen an das Risikotragfähigkeitskonzept eines Instituts sowie Anforderungen an das Stress-Testing. Darüber hinaus werden aufbau- und ablauforganisatorische Mindestanforderungen und besondere Funktionen, wie beispielsweise die Compliance-Funktion, definiert.
Im Modul BT 1 werden die Anforderungen an das interne Kontrollsystem weiter spezifiziert. Dieses Modul gliedert sich in zwei Untermodule auf. Im Untermodul BTO werden die Grundlagen für die Aufbau- und Ablauforganisation im Kredit- und Handelsgeschäft festgeschrieben. Im Untermodul BTR werden zudem Anforderungen an die Ausgestaltung der Risikosteuerungs- und -controllingprozesse von Adressenausfallrisiken, Marktpreisrisiken, Liquiditätsrisiken und operationellen Risiken formuliert. Abschließend werden im Modul BT 2 Vorgaben für die interne Revision und in BTR 3 an die Risikoberichterstattung definiert.
Das Ziel der MaRisk ist es, einen qualitativen Rahmen zur Identifikation, Messung und Steuerung aller wesentlichen Risiken eines Instituts sicherzustellen. Durch die Definition angemessener Strategien und Prozesse zur Sicherstellung ausreichender interner Kapitalausstattung soll die Risikotragfähigkeit der Institute langfristig gewährleistet werden. Mit dem sogenannten Säule-2-Ansatz sollen die in Säule 1 unvollständig oder nicht erfassten wesentlichen Risiken, wie beispielsweise Liquiditäts- und Länderrisiken, die Konzentration von Kreditrisiken, das Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch oder strategische Risiken, bewertet und – wenn sinnvoll und angemessen – mit Risikodeckungspotenzial unterlegt werden.
Dabei ergeben sich für Institute in Abhängigkeit von ihrem idiosynkratischen Risikoprofil, welches sich aus der Größe, Komplexität und Geschäftsausrichtung ableitet, gemäß dem Grundsatz der doppelten Proportionalität weiter gehende aufsichtsrechtliche Anforderungen. Institute haben demnach proportional zu ihrem institutsspezifischen Risikoprofil ggf. über die in den MaRisk explizit formulierten Anforderungen hinaus weitere Vorkehrungen zu treffen und werden außerdem ggf. einem erhöhten Überprüfungsturnus durch die Aufsichtsbehörden unterworfen.
Als zentrales Rahmenwerk kommt in den MaRisk der sog. „Three-Lines-of-Defense“-Ansatz für ein funktionsfähiges Kontroll- und Überwachungssystem zum Tragen, welches unabhängig von Art, Struktur und Komplexität der Organisation umzusetzen ist. Neben dem operativen Management der (Geschäfts-)Prozesse und dem Internen Kontrollsystem (IKS) bilden Risikomanagement und Compliance sowie die Interne Revision als besondere Rollen und Funktionen die weiteren „Verteidigungslinien“ eines Instituts.
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Fünfte MaRisk-Novellierung 2017
Die fünfte Novelle zur MaRisk beinhaltete eine Vielzahl an Neuerungen
Die MaRisk unterliegen einer fortlaufenden Weiterentwicklung. Die letzte und fünfte Novelle zur MaRisk beinhaltete eine Vielzahl von Änderungen und Neuerungen, die in Teilen direkt bzw. nach einem Jahr In Kraft getreten sind.
Umgesetzt wurden u. a. die Vorschläge des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht für die effektive Aggregation von Risikodaten und die Risikoberichterstattung vom Januar 2013 („BCBS-#239-Anforderungen“).
Wesentliche Anforderungen an die Risikodatenaggregation sind die Ausgestaltung einer Data Governance, eine hohe Datenqualität, einheitliche Datentaxonomien und Datenarchitekturen, ein hoher Automatisierungsgrad und die Fähigkeiten zur schnellen und umfassenden Risikodatenaggregation.Die Umsetzung dieser Anforderungen erfolgte dabei zweigeteilt, so dass LSI´s nur einen Teil der umfangreichen Anforderungen aus BCBS #239 beachten mussten.
Daneben wurden die Anforderungen an vom Institut selbst entwickelte EDV-Anwendungen (sogenannte IDV) deutlich erhöht bzw. konkretisiert. Unter anderem wird abhängig vom Risikopotenzial eine explizite organisatorische Trennung von der Entwicklung und dem Test/der Freigabe der Anwendung gefordert.
Es wurden höhere Anforderungen an das Outsourcing von Prozessen und IT-Systemen gestellt. Für die Institute resultierten daraus Handlungsbedarfe bzgl. einer intensiveren Risikoanalyse und Implementierung eines Auslagerungsmanagements zur Überwachung und Kontrolle der Auslagerungsaktivitäten mit zusätzlicher Vorhaltung von fundiertem Know-how trotz Auslagerung.
Die Entwicklung, Förderung und Integration einer angemessenen Risikokultur in die Gesamtverantwortung der Geschäftsleitung wurde erstmalig neu aufgenommen. Unter Risikokultur wird der Umgang aller Mitarbeitenden mit Risiken in der täglichen Arbeit verstanden. Somit ist eine umfangreiche Verankerung der Risikokultur in allen Prozessen und in Abhängigkeit vom institutsspezifischen genetischen Code notwendig. Darüber hinaus wird der Nachweis einer detaillierten Einbindung der Geschäftsleitung in alle Risikosteuerungsprozesse gefordert.
Ergänzt wurde die fünfte MaRisk-Novelle zudem um den aktualisierten Leitfaden der Aufsicht zur Risikotragfähigkeit[1] sowie die Bankaufsichtlichen Anforderungen an die IT (BAIT)[2].
Sechste MaRisk-Novelle 2021
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat am 16. August 2021 die 6. MaRisk-Novelle (6. Novelle der Mindestanforderungen an das Risikomanagement)[8] – in Kraft gesetzt.
Ziel der 6. MaRisk-Novelle ist es, verschiedene internationale Regulierungsinitiativen in deutsches Recht umzusetzen (u. a. „Leitlinien über das Management notleidender und gestundeter Risikopositionen“[9], „Leitlinien zu Auslagerungen“[10] sowie „EBA-Leitlinien für das Management von IKT- und Sicherheitsrisiken“[11]), bestehende Regelungen weiterzuentwickeln (u. a. zum Auslagerungsmanagement, zum Notfallmanagement, zur Sicherheitenbewertung sowie zur Kreditüberwachung) und bestehende Regelungen zu präzisieren.
Zur Übersicht der Herausforderungen und Änderungen im Zuge der 6. MaRisk-Novelle
Siebte MaRisk-Novelle 2023
Wesentlicher Inhalt der 7. MaRisk-Novelle ist die Umsetzung der Leitlinien der European Banking Authority (EBA) zur Kreditvergabe und -überwachung in deutsches Recht.[12] Zudem werden ESG-/Nachhaltigkeitsanforderungen in das Risikorahmenwerk integriert. Darüber hinaus werden Regelungen für das Immobiliengeschäft von Finanzinstituten getroffen und Anforderungen an die Analyse des Geschäftsmodells sowie an interne Modelle spezifiziert. Die Neuerungen werden durch Erfahrungen aus Prüfungen ergänzt und an die Praxis angepasst, u.a. durch Home-Office-Regelungen für den Handel.
Mehr über die herausfordernden Umsetzungsfristen der 7 MaRisk-Novelle erfahren Sie hier
Den Reifegrad der gesetzlichen Umsetzung im Verlauf der MaRisk-Entwicklung können Sie der nachfolgenden Grafik entnehmen:
Achte MaRisk-Novelle 2024
Die neuen Anforderungen aus den EBA-Leitlinien zu IRRBB und CSRBB haben zu punktuellen Änderungen und Ergänzungen in bestehenden Teilen der MaRisk geführt. Die wichtigsten Änderungen ergeben sich aus dem neu eingeführten Abschnitt BTR 5 „Kreditspreadrisiken im Anlagebuch“, der die Anforderungen aus den EBA-Leitlinien zu IRRBB und CSRBB umsetzt.