Diversität in deutschen Banken: Erschreckend wenig Frauen auf der Führungsebene!

Diversität ist mehr als ein Argument, um Nachwuchskräfte für den Job des Bankers / der Bankerin zu begeistern – mangelnde Geschlechterdiversität in Führungsebenen ist ein Problem! Es geht weder um politische Korrektheit noch um Feminismus, es geht um wirtschaftlichen Erfolg dank Vielfalt! Der Zusammenhang zwischen einem steigenden Anteil von Frauen in Führungspositionen und den damit wachsenden betriebswirtschaftlichem Erfolg ist wissenschaftlich erwiesen. Divers besetzte Teams sind kreativer, produktiver und erfolgreicher! Was können Banken also tun, um den ewigen Thomas-Kreislauf zu durchbrechen? Wie lassen sich Führungskräfte für das Problem sensibilisieren? Erfahren Sie im Folgenden, wie Sie aus dem ewigen Thomas-Kreislauf ausbrechen können.

Erschreckende Zahlen zur Geschlechterdiversität in deutschen Bankvorständen

Die deutschen Banken stehen seit Jahren vor einer riesigen Herausforderung. Es geht jedoch dieses Mal nicht um externe Faktoren wie die Niedrigzinsphase oder das veränderte Kundenverhalten, sondern um ein Problem der Diversität, das intern gewachsen ist: Der Frauenanteil in Vorstandspositionen ist verschwindend gering. Die 100 größten Banken in Deutschland kommen auf knappe 10 % Frauenanteil im Vorstand[1].

Bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind die Zahlen noch erschreckender: Der Frauenanteil in Sparkassen-Vorständen liegt bei 6,1 %, Genossenschaftsbanken kommen nur auf 4,5 %[2] – dort gibt es sogar mehr Vorstände mit dem Namen Thomas (93) als weibliche Vorstände insgesamt (88)[3].

Wird der Zuwachs an weiblichen Vorständen in den 100 größten deutschen Banken linear fortgeführt, ist eine Geschlechterparität erst im Jahr 2098 hergestellt[4]. Leider kann auf Basis der Zahlen der letzten Jahre nicht einmal von einer linearen Entwicklung ausgegangen werden, weshalb es vermutlich noch viel länger dauern wird. Geht man von dem geringen jährlichen Wachstum der letzten zwei Jahre von etwa 1 % aus, ist die Gleichverteilung der Geschlechter bei Genossenschaftsbanken erst in 281 Jahren erreicht.

Die Sparkassen kommen in der letzten Zeit nicht über ein Wachstum von 3 % hinaus, wobei im Moment sogar ein negativer Trend zu beobachten ist und die Anzahl weiblicher Vorstände sinkt[5]. Obwohl das Thema Diversität in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik eine immer stärkere Aufmerksamkeit erhält, geht es nach wie vor im Schneckentempo voran.

Diversität in Banken: Verteilung der GeschlechterAbbildung 1: Verteilung der Geschlechter

Geschlechterdiversität als Treiber für nachhaltigen betriebswirtschaftlichen Erfolg

Schon allein aus einem Gerechtigkeitsempfinden heraus ist dieser Umstand problematisch. Es gibt jedoch auch einen wissenschaftlich belegten Zusammenhang zwischen dem Anteil von Frauen in Führungspositionen und betriebswirtschaftlichem Erfolg. Beispielsweise wächst pro 10 % Steigerung der Geschlechtervielfalt bei Führungskräften das EBIT um 3,5 %[6].

Wissenschaftliche Studien zur Diversität zeigen, dass geschlechtsspezifisch divers besetzte Teams kreativer, produktiver und somit erfolgreicher sind[7]. Ebenso steigt die Innovationskraft in Unternehmen, wenn mehr Frauen in Führungspositionen vertreten sind [8].

Um langfristig betriebswirtschaftlichen Erfolg sicherzustellen, steht das Thema Nachhaltigkeit/ESG (Environmental Social Governance) derzeit bei vielen Vorständen weit oben auf der Agenda (zeb-Angebot zur ESG-Integration).

Neben vielen anderen Themen ist Diversität ein Aspekt des „S“ in ESG, da die Gleichberechtigung der Geschlechter in den Nachhaltigkeitszielen (SDG / Sustainable Development Goals) der Vereinten Nationen verankert ist. Im SDG 5 „Geschlechtergleichheit“ geht es unter anderem darum, mehr Frauen in Führungspositionen in Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zu bringen.[9]

Also nicht grundlos findet sich das Thema Diversität etwa auch in der Nachhaltigkeits-Landkarte der Genossenschaftsbanken und wird spätestens ab der durchgängigen, systematischen Verankerung von Nachhaltigkeit zu einem wirklich ernstzunehmenden Handlungsfeld .

Hinzu kommt, dass sich Banken mangelnde Geschlechterdiversität im Hinblick auf wenig Nachwuchskräfte und somit fehlende Fach- und Führungskräfte nicht mehr leisten können. Der Berufswunsch „Banker/-in“ steht ohnehin seit einigen Jahren nicht mehr ganz oben auf der Liste. Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, dass sich Banken in einem Kampf um Talente befinden. Viele Vorstände sorgen sich mittlerweile auch um die eigene Reputation, da das Thema Geschlechterdiversität eine immer höhere Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit in der Presse bekommt.

Gründe für die Ungleichheit – das Diversitätsproblem scheint hausgemacht

Wie kann es sein, dass es so wenig Frauen in Führungspositionen gibt, wenn zumindest in Sparkassen und Genossenschaftsbanken zwei Drittel der Belegschaft weiblich sind? Es stehen also ausreichend Frauen zur Verfügung, die ebenso wie Männer zu Führungskräften ausgebildet werden können.

Der wohl am häufigsten genannte Grund, warum die Frauenquote in Führungspositionen so gering ist, lautet: Es gibt zu wenig Frauen mit der richtigen fachlichen Qualifikation. Studien belegen jedoch, dass Frauen nicht schlechter qualifiziert sind als ihre männlichen Mitstreiter.10]

Und überhaupt: Was bedeutet richtige fachliche Qualifikation? Müssen Führungskräfte heutzutage noch jeden Arbeitsschritt ihrer Mitarbeitenden kennen oder ist die Führungskraft eher Impulsgeberin und schafft den Rahmen für ein effizientes Arbeiten der Mitarbeitenden? Das Selbstverständnis von Führung in einer Bank spielt bei der Personalauswahl eine große Rolle.

Ein weiterer sehr häufig genannter Grund: Frauen ist die Familie wichtiger als ihre berufliche Karriere – eine veraltete Verankerung des klassischen Familienmodells in den Köpfen der Menschen. Frauen entscheiden sich eher für die Familie, wenn ihnen die Bank keine attraktive Perspektive bietet. Zum Beispiel arbeiten noch zu wenig Banken und Sparkassen mit flexiblen Arbeitsmodellen. Das führt dazu, dass Karrierepfade oftmals für Vollzeit arbeitende Männer konzipiert werden und Frauen einem Karriereknick in Verbindung mit der Familienplanung ausgesetzt sind.

Darüber hinaus gibt in Umfragen zur Diversität mehr als die Hälfte der Teilnehmenden an, dass weniger Frauen Führungsaufgaben übernehmen wollen als Männer[11]. Aussagen, die in eine ähnliche Richtung gehen, sind beispielsweise: „Frauen setzen sich nicht durch – sie müssen energischer auftreten“ oder „es hat sich keine Frau auf die Führungsposition beworben“. Dahinter steckt häufig die Förderung traditionell männlicher Verhaltensweisen in den Banken und eine Unternehmenskultur, in der Mitarbeitende mit Ellenbogenmentalität vorankommen.

Frauen sind nicht weniger ehrgeizig als Männer. Wenn Frauen sich nicht auf ausgeschriebene Stellen bewerben, finden sie sich bei der Formulierung der Ausschreibung häufig nicht wieder, oder die Stelle ist aus anderen Gründen unattraktiv für sie.

Der ewige Thomas-Kreislauf…

Der ausschlaggebende Grund, warum es in der Geschlechterdiversität wie beschrieben im Schneckentempo vorangeht, wird jedoch nie in Umfragen genannt, weil er als unbewusstes Vorurteil (unconscious bias) nach dem Prinzip der Selbstähnlichkeit in allen von uns (auch Frauen!) steckt. Wir umgeben uns lieber mit Personen, die ähnliche Einstellungen und Verhaltensmuster aufweisen wie wir selbst. Das führt dazu, dass Männer überwiegend Männer rekrutieren, die ihnen in Herkunft, Ausbildung und Alter sehr ähnlich sind – der ewige Thomas-Kreislauf. Frauen fallen fast vollständig durch das Raster und werden seltener aufgrund ihrer Kompetenzen und ihres Potenzials befördert[12].

Der Ausstieg aus dem ewigen Thomas-Kreislauf

Was können Banken also tun, um den ewigen Thomas-Kreislauf zu durchbrechen? Der allererste Schritt ist wahrzunehmen, dass es mangelnde Diversität in der Bank gibt und dass dies ein Problem darstellt.

Männliche Vorstände und Führungskräfte neigen dazu, das Ausmaß der geschlechterspezifischen Vorurteile in ihrer Bank zu unterschätzen, da sie nicht selbst betroffen sind. Aus diesem Grund sind die Beschäftigung mit dem Thema, die Sensibilisierung der Führungskräfte und das Hinterfragen eigener Verhaltensweisen wichtige erste Handlungen.

Des Weiteren sind die HR-Prozesse häufig anzupassen, vor allem der Stellenbesetzungsprozess. Um dem Prinzip der Selbstähnlichkeit entgegenzuwirken, sollten Auswahlteams diverser besetzt sein und hinsichtlich der Beurteilungs- und Beförderungskultur sensibilisiert werden.

Es sollten transparente und ganz objektive Kriterien zur Bewertung der Kompetenz festgelegt werden, nach denen dann eingestellt bzw. befördert wird. Dazu gehören auch so einfache Dinge wie beispielsweise alle Stellen auszuschreiben und nicht unter der Hand zu besetzen.

Zudem ist die Auseinandersetzung mit Müttern als Führungspersönlichkeiten ein wesentlicher Bestandteil, um geschlechtsspezifische Diversität zu unterstützen. Das in der Öffentlichkeit vorherrschende Bild von kinderlosen Frauen in Führungspositionen ist längst überholt. Eine Untersuchung der Lebensläufe weiblicher Vorstände ergab, dass 91 % verheiratet und 70 % mindestens ein Kind haben[13].

Die Banken sollten also überlegen, wie sie mit Mitarbeitenden umgehen, die sich in Elternzeit befinden und aus der Elternzeit wiederkommen. Wie werden Mitarbeitende während der Elternzeit über Neuigkeiten in der Bank informiert? Welche Möglichkeiten gibt es beim Wiedereinstieg, auch hinsichtlich flexibler Arbeitsmodelle oder Führung in Teilzeit?

Dies sind nur einige wenige aus einer ganzen Reihe von Maßnahmen, mit denen Banken arbeiten können, um die Geschlechterdiversität zu fördern.

Erfolgsfaktoren für mehr Geschlechterdiversität

Studien zeigen mittlerweile auf, wo der Unterschied zwischen Vorreitern und anderen Banken liegt. Größter Erfolgsfaktor ist demnach, das Thema Chancengleichheit der Geschlechter zu einer strategischen Priorität zu machen[14]. Wenn Vorstände dieses Thema in Angriff nehmen, müssen sie sich zu klaren Fürsprechern für Chancengerechtigkeit in ihrer Bank entwickeln und dieses Mindset in ihre Belegschaft tragen.

Das Thema Diversität strategisch hoch aufzuhängen, bedeutet auch, sich konkrete, messbare Ziele zu setzen – so wie es bei allen anderen strategisch relevanten Themen in der Bank auch gemacht wird. In der Ertragsvorschaurechnung gibt es Zielzahlen für Erträge und Kosten, im Prozesscontrolling für Bearbeitungszeiten, und in der Zielvereinbarung gibt es für Mitarbeitende beispielsweise Ziele zum Baufinanzierungsvolumen. Der Anteil von Frauen in Führungspositionen kann nur erhöht werden, wenn eine Geschlechtervorgabe für jede Führungsebene definiert wird – also eine Quote.

Banken, die eine Frauenquote festgelegt haben, arbeiten konsequenter an der Chancengerechtigkeit und sind am Ende erfolgreicher bei der Erhöhung des Frauenanteils. Diese Banken sind davon überzeugt, dass eine Gleichstellung von weiblichen und männlichen Führungskräften Vorteile mit sich bringt und mit größerem betriebswirtschaftlichem Erfolg verbunden ist.

Wenn die Banken ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten wollen, gibt es keinen Weg mehr an der Geschlechtergerechtigkeit vorbei. Jetzt gilt es, die Ausgangssituation der eigenen Bank zu analysieren, individuelle Maßnahmen zu identifizieren und eine Startbasis für mehr Geschlechterdiversität zu schaffen.

Diversität: Erfolgsfaktoren für GeschlechterdiversitätAbbildung 2: Erfolgsfaktoren

 


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[1] Holst, E. & Wrohlich, K. (2019). Frauen in Spitzengremien von Banken und Versicherungen: Dynamik kommt nun auch in Aufsichtsräten zum Erliegen. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin).
[2] Atzler, E. (2021). Männerdomäne Vorstand: Bei 372 Sparkassen gibt es nur 16 Chefinnen. Handelsblatt.
[3] Kirchner, C. (2020). Volksbanken: Auf >800 Institute kommen nur 88 Vorstandsfrauen. Finanz-szene.de.
[4] Holst, E. & Wrohlich, K. (2019). Frauen in Spitzengremien von Banken und Versicherungen: Dynamik kommt nun auch in Aufsichtsräten zum Erliegen. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin).
[5] Atzler, E. (2021). Männerdomäne Vorstand: Bei 372 Sparkassen gibt es nur 16 Chefinnen. Handelsblatt.
[6] McKinsey (2015).
[7] Woolley, A. (2011). Defend Your Research: What Makes a Team Smarter? More Women (hbr.org). Harvard Business Review.
[8] Lorenzo R., Voigt, N., Schetelig, K. Zawadzki, A. et. al. (2017). The Mix That Matters. Boston Consulting Group.
[9] Bundesregierung (2022). Gleichstellung von Frauen und Männern (bundesregierung.de).
[10] Lindstädt, H., Wolff, M., Fehre, K. (2011). Frauen in Führungspositionen: Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg. Bundesministerium für Familie (bmfsfj).
[11] IBM (2019). Research Insights: Frauen, Führungspositionen und das Paradoxon der Prioritäten (ibm.com).
[12] AllBright Stiftung (2021). Der Neue AllBright-Bericht: „Ein ewiger Thomas-Kreislauf?“.
[13] Lindstädt, H., Wolff, M., Fehre, K. (2011). Frauen in Führungspositionen: Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg. Bundesministerium für Familie (bmfsfj).
[14] Michelle Peluso, M., Heller Baird, C., Kesterson-Townes, L. (2019). Frauen, Führungspositionen und das Paradoxon der Prioritäten. IBM.

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Sandra Lübke / Autorin BankingHub

Sandra Lübke

Managerin Office Hamburg
Laura Klempau / Autorin BankingHub

Laura Klempau

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