Unternehmenskultur kurz gefasst
Ziele und Erfassung
„Unternehmenskultur muss … Mittelpunkt marktstrategischer Überlegungen werden“, so der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Commerzbank und jetzige Aufsichtsrat der Danske Bank, Martin Blessing. Denn: Die Unternehmenskultur hat eine wichtige strategische Bedeutung für den Wettbewerbserfolg. Sie stellt allerdings auch eine große Herausforderung dar, weil sie nicht leicht zu fassen ist.
Vier betrachtete Dimensionen
In der „Kurzskala zur Erfassung der Unternehmenskultur (KUK)[1]“ wird Unternehmenskultur im Hinblick auf die vier Managementbereiche „Strategie“, „Struktur“, „Führung“ und „Zusammenarbeit“ bewertet.
Abbildung 1 zeigt wesentliche Faktoren, die sich auf diese vier Dimensionen beziehen: Beispielsweise wird der Bereich „Strategie“ in der KUK durch Einschätzungen der Leistungsorientierung, Qualitätsorientierung, Kundenorientierung und Innovationsfreude im Unternehmen abgebildet. Die KUK wurde in wissenschaftlichen Studien entwickelt und in unterschiedlichen Branchen eingesetzt. Sowohl individuelle als auch gruppenbezogene Ergebnisse können mit empirisch ermittelten Normwerten verglichen werden.
Selbsttest zur Erfassung der Unternehmenskultur (KUK)
Wir haben Items und Skalierung der KUK verwendet und – aus technischen Gründen – eine leicht veränderte Version des Fragebogens entwickelt.
Dieser Selbsttest ist seit August 2020 hier für Sie hinterlegt:
Die Befragung erfolgt anonym, die individuelle Auswertung wird direkt zurückgemeldet. Von Anfang August bis Ende November 2020 nahmen 107 Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Kulturanalyse des Unternehmens vor, in dem sie beschäftigt sind. Die Ergebnisse dieser Befragung werden im Folgenden vorgestellt.
Orientierung der Unternehmenskultur
Unternehmenskultur: bürokratisch, leistungsorientiert und kooperativ
Nahezu alle Teilnehmenden, nämlich 97 %, attestieren ihrem Unternehmen eine hohe Leistungs- und Qualitätsorientierung, und 63 % der Befragten bewerten die Unternehmensstruktur als bürokratisch-hierarchisch – entsprechend nur 37 % als unbürokratisch und gleichberechtigt. Gleichzeitig nehmen 77 % der Teilnehmenden den Führungsstil in ihrem Unternehmen als vertrauensvoll und transparent wahr, und 73 % der Befragten geben eine ebenfalls vertrauensvolle, kooperative Zusammenarbeit unter den Kolleginnen und Kollegen an (siehe Abbildung 2).
Eingeschränkt innovativ, partizipativ und transparent
Ein etwas differenzierteres Bild ergibt sich, wenn einzelne Items der Kulturskalen miteinander verglichen werden: So stimmen zwar im Hinblick auf die strategische Ausrichtung der Unternehmen 57 % der Befragten der Aussage zu „Das Unternehmen hat eine hohe Kundenorientierung“, aber nur 38 % der Aussage „Das Unternehmen ist offen gegenüber Neuerungen“.
In Bezug auf Führungsverhalten bejahen 50 % der teilnehmenden Personen die Aussage „Die Führungskräfte setzen großes Vertrauen in die Mitarbeitenden“, allerdings finden nur 28 % die Aussage „Die Mitarbeitenden werden an Entscheidungen beteiligt“ zutreffend.
Hinsichtlich der kollegialen Zusammenarbeit geben 48 % der Befragten ein kooperatives Verhältnis unter Kolleginnen und Kollegen an, gleichwohl finden 22 %, dass sich ihr Unternehmen „durch Einzelkämpfertum auszeichnet“, und 25 % geben an, dass „Konflikte unter den Teppich gekehrt werden“.
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Strategie vs. Führung
Ist Führungsarbeit bestimmender für die Unternehmenskultur als die Strategie?
Unsere Daten sprechen eher dagegen: Der Wert in der Skala Strategie sagt die Werte in den anderen Skalen recht gut vorher (46 % korrekt), der Wert in der Skala Führung ist hingegen weniger korrekt (36 % korrekt).
Es spricht also einiges dafür, dass die Strategie als Gesamtorientierung eines Hauses im Hinblick auf Leistungs-, Qualitäts- und Kundenorientierung einen prägenden Einfluss auf Führung und Zusammenarbeit hat.
Kooperationsbereitschaft als Erfolgsschlüssel in der Unternehmenskultur
Zusammenhang von Kooperationsbereitschaft mit Leistungs- und Kundenorientierung
Bei der Betrachtung des Zusammenhangs von Leistungs- und Kundenorientierung auf der einen und kollegialer Zusammenarbeit auf der anderen Seite zeigt sich ganz klar: Hohe Leistungs- und Kundenorientierung funktionieren nicht ohne gute Kooperation in der Belegschaft (siehe Abbildung 3).
Fazit: Stärken und Schwächen der Unternehmenskultur der Befragten
Zusammengefasst ergibt sich folgendes Bild:
Die Stärken der Managementkultur der Unternehmen, in denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beschäftigt sind, liegen sowohl in einer hohen Leistungs- und Qualitätsorientierung als auch in vertrauensvoller Kommunikation und Kooperation unter den Beschäftigten.
Allerdings scheinen hochgradig hierarchisch-bürokratische Strukturen notwendige Erneuerungen sowie das Einbeziehen der Mitarbeiterschaft in Entscheidungsprozesse zu behindern.
Zudem wird deutlich, dass es auch Störfaktoren in der kollegialen Zusammenarbeit gibt: Wettbewerbsorientierung, Einzelkämpfertum und ungelöste Konflikte unter der Belegschaft schwächen das Vertrauen untereinander und führen letztlich zu geringerer (Team-)Leistung.
Die Ergebnisse der Befragung geben daher konkrete Hinweise darauf, wie das Management in Unternehmen optimiert werden könnte, damit diese wettbewerbsfähig bleiben: Priorisierung von Team- und nicht von Einzelleistung durch Abbau von Wettbewerb, Stärkung der Eigen- und Teamverantwortung durch Beteiligung der Mitarbeitenden an Entscheidungen, Förderung einer offenen Kommunikation und eines konstruktiven Umgangs mit Konflikten, um das Vertrauen in den Teams und somit auch die Teamleistung weiter zu verbessern.
Eine Managementkultur, die dies umsetzt, würde die gegenwärtigen hierarchisch-bürokratischen Strukturen deutlich verändern und den Weg für notwendige inhaltliche Innovationen bereiten.
[1] Jöns, I., Hodapp, M. & Weiss, K. (2006). Kurzskala zur Erfassung der Unternehmenskultur (KUK). Mannheimer Beiträge zur Wirtschafts- und Organisationspsychologie Mannheim H.1, 16-23.