zeb fragt DKB: Quo vadis, ESG? Orientierung in unsicheren Zeiten

Inmitten von ESG-Debatten braucht es klare Orientierung – für alle, die ESG in der Praxis vertreten und vermitteln müssen. Besonders Kundenberater:innen und der Vertrieb der Banken stehen vor der Herausforderung, mit Kunden fundiert und sicher über Nachhaltigkeit zu sprechen und sie bei der Transformation beratend und finanzierend zu begleiten.

Als langjähriger Sparringspartner der DKB im Rahmen der ESG-Umsetzung fragt zeb daher nach: Wie positioniert sich die DKB inmitten wachsender ESG-Komplexität? Und was bedeuten aktuelle Initiativen wie Omnibus und VSME konkret für die Weiterverfolgung der ESG-Ziele?

Position der DKB hinsichtlich ESG-Themen und dem Klimawandel

„Physik lügt nicht. Der Klimawandel ist da – und dem Klima ist es egal, wer im Weißen Haus sitzt.“ Mit dieser Klarheit bringt Andreas Gruber, Chief Sustainability Officer der DKB, die Dringlichkeit auf den Punkt, mit der ESG längst zur harten Realität geworden ist. Sie spiegelt zugleich die Entschlossenheit der DKB wider, ESG als integralen Bestandteil ihrer Geschäftsstrategie zu verankern.

Denn die ESG-Debatte gewinnt weiter an Lautstärke. Sie ist politisch aufgeladen, wird emotional geführt und betrifft diverse Stakeholder: Politik, Regulatorik, Finanzinstitute und letztendlich die Unternehmen – ebenso wie Investor:innen und Privatkund:innen der Banken –, die ihre Aktivitäten und Finanzierungen zunehmend an ESG-Kriterien ausrichten müssen.

Als zentrale Vermittler besitzen Banken dabei eine Schlüsselrolle: Sie steuern Kapitalströme und fungieren als Finanzierer des nachhaltigen Wandels. Dabei steht für Banken vor allem die ESG-Konformität im Vordergrund – ein Hebel, der oft größer ist als die Transformation des eigenen Geschäftsbetriebs.

Mit Hendrik Harle, Teamlead Disclosure & Reporting im Sustainability Office der DKB, und Laura Leinweber, Teil des Teams Disclosure & Reporting im Sustainability Office der DKB, haben wir über die Haltung, Handlungsfähigkeit der DKB – und darüber, wie ESG pragmatisch und zukunftsfähig weitergedacht werden kann, gesprochen.

Hendrik Harle
Hendrik Harle, Teamlead Disclosure & Reporting im Sustainability Office der DKB

Hendrik Harle ist seit Juli 2023 Teamlead Disclosure & Reporting im Sustainability Office der DKB. Er verantwortet die CSRD-Berichterstattung, das Impact Reporting sowie die Betreuung der Nachhaltigkeitssoftware. Zuvor war er unter anderem als Abteilungsdirektor für Nachhaltigkeit beim Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands tätig

Laura Leinweber, Teil des Teams Disclosure & Reporting im Sustainability Office der DKB
Laura Leinweber, Teil des Teams Disclosure & Reporting im Sustainability Office der DKB

Laura Leinweber ist seit April 2025 Teil des Teams Disclosure & Reporting im Sustainability Office der DKB. Ihre Schwerpunkte liegen in der ESG-Kommunikation sowie im ESG-Upskilling. Zuvor sammelte sie Erfahrungen in der Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten börsennotierter Unternehmen sowie im ESG-Team einer technologieorientierten Unternehmensberatung.

Freiwillige CSRD-Berichterstattung bei der DKB

Hallo Frau Leinweber und Herr Harle, die DKB hat sich im Gegensatz zu vielen anderen de facto berichtspflichtigen Banken für die freiwillige CSRD-Berichterstattung entschieden. Warum?

Zum Zeitpunkt unserer Entscheidung war die nationale Umsetzung der CSRD in Deutschland noch offen. Eine formale Berichtspflicht bestand nicht. Trotzdem war für uns früh erkennbar, dass ESG-Daten weit mehr sind als ein regulatorisches Erfordernis. Sie sind ein strategischer Hebel für Transparenz, Steuerung und die Positionierung gegenüber Stakeholdern. Deshalb haben wir uns bewusst für eine freiwillige Berichterstattung entschieden: um frühzeitig Erfahrungen mit den neuen Anforderungen zu sammeln, bestehende Prozesse weiterzuentwickeln und unsere internen Strukturen rechtzeitig auf die gestiegenen Transparenzanforderungen vorzubereiten.

Damit wird auch die klare Haltung von Dr. Sven Deglow, Vorsitzender des Vorstands der DKB, deutlich: „Im Vorstand sind wir uns darüber einig, dass ESG eine große Bedeutung hat. Wir bleiben konsequent bei unserer Nachhaltigkeitsstrategie und setzen sie entschlossen um.“

Zugleich sehen wir in der CSRD eine Chance, Nachhaltigkeit stärker im gesamten Unternehmen zu verankern. Die Einbindung unterschiedlichster Organisationseinheiten hat gezeigt: ESG-Themen lassen sich nicht länger isoliert betrachten, sondern müssen ganzheitlich und unternehmensweit gedacht werden.

Unsere Haltung zeigt sich konkret in unserer doppelten Wesentlichkeitsanalyse, in der wir das Thema Biodiversität bereits integriert haben. Hier sind wir freiwillig einen weiteren Schritt gegangen und haben eine erste Einstufung der Biodiversitätsrisiken sowie eine Zuordnung von Kundengruppen nach Abhängigkeit von Ökosystemdienstleistungen und Biodiversitätsauswirkungen mithilfe des ENCORE-Tools der Natural Capital Finance Alliance (NCFA) vorgenommen.

Als eine der nachhaltigsten Banken unter den Top-20-Banken nach Bilanzsumme in Deutschland[1] sehen wir es als unseren Anspruch, über Mindestanforderungen hinauszugehen – nicht aus regulatorischem Zwang, sondern aus Überzeugung und Gestaltungswillen.

zeb fragt DKB: Quo vadis, ESG? Orientierung in unsicheren Zeiten Abbildung 1: Wir im Gespräch mit Laura Leinweber und Hendrik Harle

Herausforderungen und Erfolgsfaktoren bei der Erstellung des CSRD-Berichts

Was waren die größten Herausforderungen und Erfolgsfaktoren bei der Erstellung des CSRD-Berichts?

Eine der größten Herausforderungen war der Zugang zu belastbaren ESG-Daten, insbesondere entlang der Wertschöpfungskette. Viele kleinere Kunden erfassen relevante Nachhaltigkeitsinformationen bisher kaum strukturiert, was auch unsere eigene Datenbasis erschwert – zum Beispiel für die EU-Taxonomie. Erfolgreich waren wir dort, wo intern Klarheit herrschte, die Zusammenarbeit über Bereichsgrenzen hinweg funktionierte und Inhalte konsequent priorisiert wurden. Unsere doppelte Wesentlichkeitsanalyse war dabei ein zentraler methodischer Baustein.

Diese strategische Tiefe wird auch intern deutlich, wie Deglow betont: „Nachhaltigkeit ist bei uns nicht nur ein Thema für die Agenda – viele Kolleg:innen tragen es emotional mit, wie ich es selten in einem Unternehmen erlebt habe. Und genau das soll auch so bleiben.“

Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse hilft uns, Themen mit echtem Einfluss auf Geschäft und Gesellschaft gezielt zu identifizieren und sinnvoll zu gewichten. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist zudem die externe Prüfpflicht mit „Limited Assurance“, die den Stellenwert von ESG-Themen innerhalb des Unternehmens deutlich erhöht hat. So ist unser erster CSRD-Bericht nicht nur ein Bericht, sondern bildet ein Fundament für die künftige Steuerung und Weiterentwicklung von ESG, die innerhalb der Bank anerkannt und gelebt werden.

Wie stellt die DKB sicher, dass CSRD-Daten auch mit anderen ESG-Regelwerken wie EU-Taxonomie, Säule-III-Offenlegung oder EBA-Guidelines sinnvoll zusammenspielen?

Unser Ziel ist eine einheitliche ESG-Datenbasis, die sowohl regulatorische Anforderungen erfüllt als auch intern steuerungsrelevant ist – sei es im Risikomanagement oder in der Kommunikation mit Kunden sowie Investor:innen. Eine harmonisierte Compliance über alle regulatorischen Anforderungen hinweg zu gewährleisten, ist und bleibt jedoch eine Herausforderung. Das liegt vor allem an den Grenzen einzelner Kennzahlen.

Die Green Asset Ratio (GAR) etwa bildet nur das Geschäft mit berichtspflichtigen Kunden ab. Durch die Omnibus-Initiative wird diese Gruppe kleiner. Deshalb rückt bei uns die Banking Book Taxonomy Alignment Ratio (BTAR) stärker in den Fokus. Sie erlaubt es uns, auch KMU mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden einzubeziehen – eine wichtige Kundengruppe, gerade im Bereich der erneuerbaren Energien.

Ein anderes Beispiel ist die Entwicklung unseres Transitionsplans. Dabei berücksichtigen wir sowohl die umfangreichen Anforderungen der EBA zum ESG-Risikomanagement als auch die Vorgaben der CSRD und Säule-III-Offenlegung. Die Grundgesamtheiten und KPI-Vorgaben unterscheiden sich dabei zum Teil erheblich, was zusätzliche Herausforderungen mit sich bringt.

Dennoch bleibt unser Ziel, diese Komplexität als Chance zu begreifen: Wir wollen eine belastbare, integrierte ESG-Datenbasis schaffen, die nicht nur regulatorisch sauber ist, sondern auch als Fundament für unsere nachhaltige Geschäftsentwicklung dient.

Strategische Nutzung von ESG-Daten

Viele Banken empfinden ESG-Berichtspflichten als Bürde. Wie nutzt die DKB ESG-Daten strategisch?

Wir sehen ESG nicht (nur) als regulatorische Pflicht, sondern als strategischen Hebel für zukunftsfähiges Bankgeschäft. ESG-Faktoren fließen bei uns in Kreditentscheidungen ein – etwa über ESG-Scorings oder risikoadjustierte Preisgestaltung. Zudem helfen uns ESG-Daten, nachhaltige Investitionen sichtbar zu machen und Risiken frühzeitig zu erkennen. Wir leisten so nicht nur einen Beitrag zur Transformation, sondern unterstützen unsere Kunden aktiv bei ihrer strategischen Ausrichtung. Wer heute Transparenz schafft, sichert sich morgen die „License to operate“– bei Ausschreibungen, Förderprogrammen oder im Kontakt mit Investor:innen.

Konkret zeigt sich das etwa im Bereich der Immobilienfinanzierung: Wir verbessern hier kontinuierlich unsere Datengrundlage, zum Beispiel durch das Einholen von Energieausweisen bei unseren Kunden. So sind wir bereits heute in der Lage, unsere Abhängigkeiten von ESG-Risiken und die Auswirkungen unserer Finanzierungen zu quantifizieren. Diese Quantifizierung erlaubt uns, messbare strategische Ziele zu setzen – etwa für die Dekarbonisierung unseres CO2-intensiven Portfolios – und konsequent danach zu handeln.

Darüber hinaus ermöglichen uns ESG-Daten, neue Produkte wie unsere Grüne Baufinanzierung, die wir 2023 auf den Markt gebracht haben, zu entwickeln. Unser Ziel ist klar: ESG-Daten sollen nicht nur dokumentiert, sondern als aktives Steuerungsinstrument für eine nachhaltige Zukunft genutzt werden.

ESG-Kommunikation an Kunden, Bank und Branche

Was empfiehlt die DKB ihren Kunden hinsichtlich der Vorgehensweise bei der weiteren Erhebung relevanter ESG-Daten auch ohne formale ESG-Berichtspflicht?

Viele unserer Kunden fallen künftig nicht mehr unter die CSRD. Das bringt eine organisatorische Entlastung, kann jedoch auch dazu führen, dass ESG-Daten nicht mehr systematisch erhoben werden. Dabei bleiben sie entscheidend für Finanzierbarkeit, Förderfähigkeit und strategische Weiterentwicklung. Deshalb empfehlen wir unseren Kunden die Anwendung des VSME-Standards inklusive freiwilliger doppelter Wesentlichkeitsanalyse. Der Standard bietet eine praxisnahe, stark vereinfachte ESG-Berichtsstruktur für kleine und mittlere Unternehmen. Wir verstehen uns dabei nicht als Prüferin, sondern als Partnerin auf Augenhöhe mit dem Ziel, ESG in die Umsetzung zu bringen und die ESG-Transformation gemeinsam mit unseren Kunden voranzutreiben.

Wie sorgt die DKB dafür, dass ESG sowohl intern verstanden als auch extern überzeugend kommuniziert wird?

ESG ist längst mehr als ein Fachthema. Es wird politisch diskutiert, emotional aufgeladen und stellt besonders den Vertrieb vor neue Anforderungen. „Wir erleben im Vertrieb gerade eine rasante Erweiterung des Jobprofils um die Dimension ESG. Diesen Change gilt es sinnvoll zu begleiten“, sagt Hendrik Harle, Teamlead Disclosure & Reporting. Dabei geht es nicht nur um Wissen, sondern auch um Kommunikationsfähigkeit. Wir müssen Dialogfähigkeit herstellen, sodass jede:r Kundenbetreuer:in in der Lage ist, die Position der Bank zu vertreten und den Kunden zu erläutern, wie wir sie in der Transformation weiter begleiten wollen.

Um genau das zu erreichen, setzen wir auf gezielte Unterstützung im Arbeitsalltag. Unsere zweiseitige Handreichung für unsere Kundenberater:innen und Mitarbeitende im Vertrieb zur Erläuterung der Omnibus-Initiative und des VSME-Standards schafft dafür Orientierung. Ergänzend greifen wir ESG-Themen in interaktiven Formaten wie unserer digitalen Open Hour auf. Dort schaffen wir Raum für Fragen, kollegialen Austausch und Impulse.

Parallel investieren wir in bereichsspezifische Schulungen und ESG-Weiterbildungen. Wissen allein reicht hier nicht – mit einem dreistufigen Weiterbildungsmodell bringen wir ESG-Kompetenz vom Bildschirm in die Praxis. Über unsere Sustainable Finance Platform und das Format SFP Townhall vertiefen wir aktuelle Themen regelmäßig – auch mit externen Perspektiven.

Unser Anspruch: ESG nicht nur verstehen, sondern im Arbeitsalltag anwendbar machen – von der Beratung über die Risikoanalyse bis zur Produktentwicklung und Generierung von vertrieblichen Potenzialen. So machen wir ESG zu einem festen Bestandteil unserer Beratungs- und Geschäftsstrategie.

Was ist aus Sicht der DKB jetzt entscheidend, damit ESG für Kunden, Bank und Branche wirklich zum Zukunftsthema wird – und nicht zur Pflichtübung?

ESG ist gekommen, um zu bleiben – gerade im Finanzmarkt, wo Kapitalvergabe, Risikoentscheidungen und nachhaltige Entwicklung eng miteinander verbunden sind. Für viele unserer Kunden bringen die Omnibus-Initiative und der VSME-Standard eine spürbare Entlastung. Für uns als DKB hingegen bleibt die Berichtspflicht bestehen. Unser Anspruch ist es, ESG strategisch, datenbasiert und wirkungsorientiert weiterzuentwickeln. Auch wenn die Berichtspflicht für manche entfällt, endet die Verantwortung nicht. Gleichzeitig sind unsere Kunden weiterhin zunehmenden ESG-Risiken ausgesetzt.

Daran anknüpfend müssen wir dabei auch das Narrativ drehen: Omnibus bedeutet nicht, dass alles einfacher wird – zumindest nicht für uns. Vielmehr zeigt es, dass die EU die wegweisenden Pfeiler der ESG-Regulierung bestätigt hat und lediglich nachoptimiert.

Als Bank tragen wir die Verantwortung, diese Risiken nicht nur einzuschätzen, sondern auch gemeinsam mit unseren Kunden wirkungsvolle Strategien zur Risikominimierung zu entwickeln – und sie mit passenden Finanzierungsmöglichkeiten aktiv zu unterstützen. Gerade für Unternehmen, die von der Omnibus-Initiative entlastet werden, ist jetzt der richtige Moment, um den Freiraum gezielt zu nutzen. Die Anforderungen mögen zeitlich verschoben sein, doch die Notwendigkeit zur nachhaltigen Transformation bleibt bestehen.

Entscheidend sind dabei ein stabiles ESG-Datenmanagement, robuste interne Prozesse und eine klare Positionierung. ESG-Daten schaffen nicht nur Transparenz, sondern echten Mehrwert. Sie verbessern den Zugang zu Finanzierungen, erhöhen die Förderfähigkeit und machen nachhaltige Geschäftsmodelle wettbewerbsfähig. Gleichzeitig helfen sie, regulatorische und finanzielle Risiken frühzeitig zu erkennen und daraus geeignete Maßnahmen abzuleiten, etwa im Hinblick auf die CO₂-Bepreisung oder neue Berichtspflichten.

Nachhaltigkeit ist kein Ziel, das man einmal erreicht, sondern ein fortlaufender Prozess. Wir als DKB begleiten diesen Weg – nicht kontrollierend, sondern beratend und finanzierend. Mit dem Ziel, gemeinsam ESG-Prinzipien in der Praxis zu verankern und – soweit möglich und sinnvoll – an einer ESG-konformen Welt zu arbeiten.

[1] DKB: Deshalb ist die DKB eine nachhaltige Bank, zuletzt aufgerufen: 15.07.2025.

Sprechen Sie uns gerne an!

Alexey Kaminskiy / Autor BankingHub

Alexey Kaminskiy

Senior Manager Office Frankfurt
Jakob Koch / Autor BankingHub

Jakob Koch

Manager Office Münster

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