Wirksam Führen in Zeiten von Veränderungen

Veränderungen von außen erfordern immer auch Veränderungen im Inneren von Organisationen und bei den darin arbeitenden Menschen. Der zentrale Hebel für eine erfolgreiche und zukunftsorientierte Ausrichtung von modernen Organisationen ist Führung. Doch was sind die wesentlichen Herausforderungen und welche Implikationen für Führung resultieren daraus?

Führung im Wandel

Herausforderungen und Implikationen für eine zukunftsorientierte Organisation:

  1. Komplexität: Transformation ist das „New Normal“. Krisen, Trends und Technik gewinnen exponentiell an Geschwindigkeit und fordern die Anpassungsfähigkeit heraus.
  2. Größenwachstum: Mit der Fusionswelle sind Regionalbanken deutlich größer geworden. Dadurch verändern sich Führungsaufgaben von operativen zu strategischen Tätigkeiten.
  3. Sinnsuche: Arbeiten dient nicht mehr allein der Existenzsicherung, sondern soll einen Beitrag zur eigenen Selbstverwirklichung leisten – Menschen suchen nach Sinn und Gleichgesinnten.
  4. Demografischer Wandel: Fehlender Nachwuchs an Arbeitskräften und die Alterung der Gesellschaft verschieben das Beziehungs- und Machtgefüge zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden radikal. Banken, Sparkassen und Versicherungen werden bis 2030 über 30 % ihrer Mitarbeitenden verlieren (siehe unseren Artikel zum Fachkräftemangel: existenzielle Bedrohung für Banken und Versicherungen).

Führung als der Erfolgsfaktor

Führung ist ein wichtiger, wenn nicht sogar der entscheidende Hebel zur Bindung, Gewinnung und Entwicklung von Personal. Schlechte Führung ist einer der Hauptgründe für Fluktuation oder Unzufriedenheit von Mitarbeitenden – beides belastet den betriebswirtschaftlichen Erfolg enorm.

zeb-Berechnungen zufolge belaufen sich die durchschnittlichen Kosten einer Kündigung inkl. der Nachbesetzung der Vakanz einmalig auf ca. 46.000 EUR, die durchschnittlichen Kosten durch Effizienzverluste bei „innerer“ Kündigung auf ca. 17.000  EUR – pro Jahr!

Unser Verständnis von Führen in Zeiten von Veränderungen

Das tradierte Hierarchie- und Führungsverständnis in Regionalbanken befindet sich in der Auflösung. Aber wo geht die Reise hin?

Mehr und mehr spüren Führungskräfte die Notwendigkeit eines weiterentwickelten Führungsverständnisses, aber auch des eigenen Führungsverhaltens. Sie suchen nach Antworten, um die gestiegene Komplexität zu managen. Für eine wirksame Weiterentwicklung sowohl der einzelnen Führungskräfte als auch des Führungssystems einer Organisation als Ganzes braucht es eine Orientierung gebende Landkarte.

In Anlehnung an die integrale Theorie von Ken Wilber haben wir einen Rahmen für wirksames Führen in Veränderungsprozessen konzipiert, in dem wir die jeweilige Ausgangssituation einer Organisation und ihrer Führungskräfte einordnen und so ein passgenaues Entwicklungsprogramm aufsetzen können.

Vier Gestaltungsfelder

Wirksames und erfolgreiches Führen spielt sich nach unserem Ansatz in vier Gestaltungsfeldern ab. Nur die ganzheitliche Betrachtung aller Felder ermöglicht das gezielte Einleiten von Wandel, Transformation und Veränderung durch Führung.

Wirksame Führung: Perspektiven Abbildung 1: Perspektiven wirksamer Führung
  • Die linken Gestaltungsfelder beziehen sich auf subjektive und erlebbare Erfahrungen (in der Innenperspektive), die rechten zielen auf objektive und sichtbare Aspekte (in der Außenperspektive) ab.
  • Die oberen Gestaltungsfelder betrachten das Individuum (die Ich-Perspektive), die unteren das Kollektiv (die Wir-Perspektive) in der Organisation.

Drei Entwicklungsstufen

In unserem Modell entwickelt sich Führung entlang festgelegter Entwicklungslinien. Für ein wirksames Design des Entwicklungsprogramms ist es enorm wichtig, den Ausgangs- und Zielpunkt zu bestimmen. Wir unterscheiden drei Entwicklungsstufen über alle vier Gestaltungsfelder hinweg.

I. Konzeptorientierte Führung

Auf der ersten Stufe steht die konzeptorientierte Führung. Die Führungskraft agiert als Sender von Informationen mit dem Ziel, klare Anweisungen zu geben und Richtlinien zu setzen.

Die Führungskräfte zeichnen sich vor allem durch Fachkompetenz und Expertenwissen aus. Sie sind in ihrer Rolle darauf fokussiert, vorhandenes Wissen zu vermitteln. Dabei erwarten sie von ihren Mitarbeitenden, die Umsetzung ihrer Ideen. Zielvorgaben und Führungsinstrumente sind darauf ausgelegt, Mitarbeitende im Sinne der Organisationsziele zu lenken und zu entwickeln. Dieser Führungsstil ist besonders häufig in hierarchisch geprägten Organisationen zu finden.

II. Dialogorientierte Führung

Im dialogorientierten Ansatz entwickelt sich zwischen der Führungskraft und den Mitarbeitenden eine wechselseitige Kommunikation. Mitarbeitende werden aktiv in Entscheidungsprozesse einbezogen und von ihren Vorgesetzten ermutigt, Ideen einzubringen und selbst zu gestalten.

Führungskräfte sehen ihre Aufgabe auch in der Schaffung von psychologischer Sicherheit. Sie stellen eine Arbeitsumgebung her, in der Mitarbeitende befähigt und unterstützt werden, Verantwortung zu übernehmen. In der Rolle als Coach geben Führungskräfte Impulse, Gedanken und Erfahrungen mit und tragen so zu einer positiven Unternehmenskultur bei.

III. Agile Führung

Auf der agilen Führungsstufe wird Macht umverteilt und konzentriert sich nicht mehr auf einzelne Personen.

Durch die Verteilung der Gestaltungs- und Entscheidungsaufgaben fokussiert sich das agile Führungsmodell auf Flexibilität und Adaption. Menschen mit (partiellen) Führungsrollen agieren in der jeweiligen Situation und Aufgabe als Enabler, die ihre Teams nicht nur ermutigen, sondern auch dazu inspirieren, anpassungsfähig und selbstorganisiert zu sein. Sie tragen zu einer Organisationskultur bei, in der Innovation und kontinuierliche Verbesserung im Vordergrund stehen und Mitarbeitende selbstbestimmt entscheiden, wie sie (ihre) Ziele am besten erreichen können. Sie befähigen ihre Teams – auch mithilfe agiler Methoden und Techniken – zu eigenständigem Lernen.

Wirksame Führung: Entwicklungsstufen Abbildung 2: Entwicklungsstufen wirksamer Führung

Jeder Führungsstil hat eigene Stärken und ist für unterschiedliche Organisationsformen und -kulturen geeignet. Während die konzeptorientierte Führung vor allem Stabilität und Vorhersehbarkeit fördert, stärken die dialogorientierten und agilen Ansätze insbesondere Engagement und Eigenständigkeit. Dabei sind auch Mischformen zwischen den unterschiedlichen Handlungsfeldern möglich. Schlussendlich ist ein abgestimmtes Zusammenspiel in den Entwicklungsstufen entscheidend.

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Passende Formate in den Gestaltungsfeldern

Zur Weiterentwicklung und Harmonisierung der Führung in einem Unternehmen bedarf es unterschiedlicher, aber aufeinander abgestimmter Formate in den vier Gestaltungsfeldern. Diese sind am Status quo und den Zielen der Organisation auszurichten. Dabei ist zu beachten, dass alle Felder sowohl einzeln als auch zusammen betrachtet werden können.

Wirksam Führen: Formate für das Handlungsprogramm Abbildung 3: Formate für das Handlungsprogramm
  • Im Gestaltungsfeld System erfolgt die Konzeption einer Führungsstruktur und eines klaren Rollenverständnisses von Führung. Die Entwicklung einheitlicher Führungs- und Steuerungsinstrumente schafft einen Rahmen, der es ermöglicht, Führung im System in Wirkung zu bringen.
  • Im Gestaltungsfeld Kompetenz steht die Umsetzung der im System konzipierten Struktur, Prozesse, Regeln und Instrumente im Fokus. Durch ein auf das Individuum oder eine Gruppe ausgerichtetes Training werden Führungs- oder auch Kommunikationskompetenzen erlernt, angewandt und weiterentwickelt.
  • Das Gestaltungsfeld Haltung bildet die Basis für das Verhalten und die Wahrnehmung der Führungskräfte im Alltag. Durch den Einsatz von Coachings setzen sich die Führungskräfte mit ihrer persönlichen Veränderungsbereitschaft und Anpassungsfähigkeit auseinander.
  • Am Ende kann Führen im Veränderungsprozess nur in einer von Offenheit und Vertrauen geprägten Kultur seine volle Wirkung entfalten. Voraussetzung dafür ist psychologische Sicherheit, also Vertrauen, Respekt und die Sicherheit, die eigene Meinung vertreten und sich verändern zu können – und zu wollen. Aufbauend auf einer Kulturanalyse können in interaktiven Workshopformaten gemeinsame Werte für Führung festgelegt werden. So entsteht ein Wirgefühl in der Organisation.

Schlussfolgerungen für wirksames Führen in Zeiten von Veränderungen

Um auf die konkreten Bedarfe der Organisation und Führungskräfte reagieren zu können, ist im ersten Schritt der Status quo zu analysieren. Dafür haben wir eine Analysemethode entwickelt, welche die Entwicklungsstufen in allen vier Gestaltungsfeldern präzise ermittelt. So werden die jeweiligen Handlungsfelder einer Organisation transparent.

Auf dieser Basis wird ein gemeinsames Zielbild für alle vier Gestaltungsfelder erarbeitet – und Führung in Zeiten von Veränderungen kann wirksam ausgerichtet werden.

Sprechen Sie uns gerne an!

Felix Nübel / Autor BankingHub

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