Zahlungsverkehr – Geschäftsmodell als Payment-Service-Provider

Das deutsche Unternehmen Computop mit Standorten in China, England sowie den USA ist Payment-Service-Provider der ersten Stunde und bietet als Hidden Champion weltweit lokale und innovative Omnichannel-Lösungen für den Zahlungsverkehr und für Betrugsprävention an. Seit über 20 Jahren betreut Computop große internationale Unternehmen wie Bigpoint, C&A, s.Oliver, Fossil, Sixt, Swarovski sowie die gesamte Otto Group und bietet Kunden insgesamt über 350 verschiedene Zahlarten an.
Ralf Gladis, Founder und Managing Director von Computop / Interview mit Computop / Zahlungsverkehr – Geschäftsmodell als Payment-Service-Provider

Wir haben mit Ralf Gladis, Founder und Managing Director von Computop, über den Erfolg des Geschäftsmodells, COVID-19, die internationale Expansion und über zukünftige Entwicklungen gesprochen. Außerdem haben wir ihn zum Einfluss des Wirecard-Skandals und zum Thema Nachhaltigkeit befragt.


Geschäftsmodell als Payment-Service-Provider

Computop hat sich in den letzten 20 Jahren als führender internationaler Payment-Provider am Markt etabliert. Wie würden Sie Ihr Geschäftsmodell als Payment-Service-Provider von dem klassischer Payment-Anbieter abgrenzen?

Unsere Aufgabe als Payment-Service-Provider ist es, Onlinehändler und stationäre Geschäfte zu den für ihre Branche und ihre Märkte richtigen Zahlungsverfahren unabhängig zu beraten und für die technische Abwicklung im Hintergrund zu sorgen. So können diese sich auf das Verkaufen konzentrieren, und ihre Kunden haben beim Bezahlen eine positive Check-out-Erfahrung.

Wenn Sie mit klassischen Payment-Anbietern Zahlarten meinen wie Kreditkarten, PayPal oder giropay – das sind unsere Partner, die wir in die Onlineshops unserer Händler integrieren. Sie alle haben unterschiedliche Datenformate, und diese in einheitliche Dateien, die sogenannten Settlement Files umzuwandeln, ist einer unserer wichtigsten Services im Zahlungsverkehr.

Ihr Unternehmen hatte im Jahr 2019 einen Marktanteil von 38 % (nach Umsatz im deutschen Markt) – was macht Sie so erfolgreich?

Wir sind seit 1997 mit der Anbindung von Onlinezahlverfahren im Markt und haben bereits vor 20 Jahren die ersten Pilotprojekte mit Visa und Mastercard für mehr Sicherheit im Onlinehandel durchgeführt.

Zugleich haben wir uns durch flexible Lösungen im Zahlungsverkehr, die sich auch in die Systemlandschaften der größten Handelspartner wie Otto oder MediaMarktSaturn einfügen, einen Namen gemacht. Knapp die Hälfte der deutschen Top-100-Onlinehändler vertraut unserer Zahlungsabwicklung – entsprechend groß ist auch unser Anteil an den in Deutschland getätigten Transaktionen.

Einfluss von COVID-19 auf das Zahlungsverhalten von Konsumentinnen und Konsumenten

Wie haben Sie den Einfluss von COVID-19 auf das Zahlungsverhalten von Konsumentinnen und Konsumenten wahrgenommen? Was bedeuten die Entwicklungen im Zahlungsverkehr für Ihr Unternehmen?

In der Zeit der Pandemie hat sich vor allem das Bezahlen im stationären Handeln gewandelt. Kleinere Geschäfte haben die „Keine Kartenzahlung“-Schilder abgeräumt und durch „Hygienisch kontaktlos zahlen“-Schilder ersetzt. Viele Kunden, die zuvor Bargeld bevorzugt haben, wechselten auf das Bezahlen mit der Karte oder dem Smartphone.

Als girocard-Netzbetreiber und Anbieter zahlreicher Wallets wie Apple Pay oder Google Pay stellen wir die Zahlarten bereit, denen die Menschen auch unter Corona-bedingungen vertrauen. Dazu kommt, dass die zeitweise geschlossenen Geschäfte zu einer Verlagerung des Zahlungsverkehrs in den Onlinehandel geführt haben, was in manchen Branchen natürlich ebenfalls stark ansteigende Transaktionszahlen zur Folge hatte. Einige unserer Kunden, zum Beispiel aus der Touristik, mussten leider aber auch herbe Einschnitte verkraften.

Unterschiede im Zahlungsverkehr zwischen den internationalen Märkten

Was war bzw. ist das Erfolgsrezept Ihrer Expansionsstrategie? Welche Unterschiede sehen Sie im Zahlungsverkehr zwischen den internationalen Märkten?

Zunächst sind wir mit unseren E-Commerce-Kunden gewachsen – wenn diese in einen neuen Markt expandiert haben, konnten wir ihnen die Zahlungsverfahren anbieten, welche die Kunden dort schätzen. So haben wir unser Portfolio an Zahlarten auf über 350 Varianten weltweit erweitern können.

Dieses umfangreiche Angebot und auch die Anbindung an über 60 Acquirer-Banken für die Kreditkartenakzeptanz in aller Welt führen mittlerweile dazu, dass uns auch Händler außerhalb Europas das Vertrauen schenken.

Für Kunden aus den USA stellen wir Zahlarten für ihr Südamerikageschäft bereit, während uns asiatische Händler engagieren, um das Bezahlen für den Versand nach Europa zu steuern. Immer wieder interessant sind dabei die Zahlungspräferenzen der Kundinnen und Kunden. In den USA und UK schätzen viele Menschen die Karte, während die Deutschen weiterhin gern per Rechnung, aber auch PayPal zahlen. In China geht im Zahlungsverkehr nichts ohne die mobilen Wallets Alipay und WeChat Pay, in Südamerika hingegen stehen Banküberweisungen und Barzahlungen mit Zahlschein hoch im Kurs.

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Click to Pay von Computop

Computop hat vor Kurzem Click to Pay auf den deutschen Markt gebracht. Was ist die Idee hinter der Lösung?

Das neue Wallet Click to Pay, von den großen Kartengesellschaften entwickelt, macht das Bezahlen mit der Karte so einfach wie nie. Gerade im M-Commerce mit Handy oder Tablet ist die Eingabe der Kartennummer ziemlich mühsam. Im Wallet hingegen sind die Karten sicher gespeichert, und es wird nicht die Original-Kartennummer übertragen, sondern nur eine Ersatzzahl, das sogenannte Token

Click to Pay steuert im Hintergrund den Ersatz von Karten mit abgelaufenem Datum, zeigt sogar ein Bild der Karte an und kann die Kreditkarten aller großen Marken speichern. Das Bezahlen ist dann nur noch ein Klick.

Perspektiven des Zahlungsökosystems und Zukunftspläne von Computop

Welche Handlungsfelder und Neuheiten stehen auf Ihrer Agenda als Payment-Services-Provider für die nächsten Jahre?

Wir sind auf sehr vielen Feldern aktiv, und es kommen weitere hinzu. Ganz wichtig ist für Händler die nahtlose Integration von Online- und Offlinezahlungen, das sogenannte Omnichannel-Geschäft.

Nicht viele PSPs bieten eine echte Omnichannel-Plattform an, wie sie das Computop Paygate darstellt, und hier die Nachfrage des Handels zu bedienen, hat oberste Priorität. Um dieses Angebot herum bauen wir weitere Dienstleistungen an, die beim Transfer von Zahlungen und bei der Buchhaltung unterstützen. Innovationen wie biometrische Authentifizierung, die Händler für das Login ihrer Kunden und für eine selbst gesteuerte Authentifizierung nutzen können, sind weitere Meilensteine im Zahlungsverkehr.

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Im Moment finden wir im Zahlungsverkehr ein komplexes Ökosystem mit vielen Marktakteuren vor. Wie sehen Sie die Zukunft des Ökosystems? Können Sie sich vorstellen, dass es zukünftig nur noch eine Plattform gibt, die ganzheitlich den Zahlungsprozess – vom Front-End des Kunden über Processing bis hin zur Servicierung – abwickelt?

Monopole, erst recht auf einer internationalen Skala, sind weiterhin unwahrscheinlich. Zu unterschiedlich sind die Gewohnheiten und Bedürfnisse der Menschen, die Voraussetzungen der Infrastruktur, die Versorgung mit Bankkonten und vieles mehr. Selbst ein Platzhirsch wie Amazon in Deutschland hat es schwer, sein Zahlverfahren Amazon Pay über das eigene Angebot hinaus auszurollen, die Akzeptanz auf Kundenseite ist auch eher gering, wie Studien immer wieder zeigen.

Monopolistische Angebote engen ein, weil alle sich an sie anpassen müssen – die Käuferinnen und Käufer ebenso wie die Händler, die sie in ihre Systeme einbinden. Die Bereitschaft dazu ist auf beiden Seiten gering, während das Angebot an Alternativen groß ist. Selbst eine stark regulierte Volkswirtschaft wie China hat mehrere Zahlungsoptionen.

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Welchen Einfluss hatte der Wirecard-Skandal und welche Erkenntnisse kann Computop als Payment-Service-Provider daraus ziehen?

Durch Wirecard liegt unsere Branche unter stärkerer Beobachtung als je zuvor. Dabei war der Anteil von Wirecard an der Zahlungsabwicklung für einen DAX-Konzern ziemlich gering, der Marktanteil lag nur bei ca. 2 %. Aber angesichts der undurchsichtigen Geschäfte und der vielen Aktivitäten, an denen sich Wirecard beteiligt hat, fällt es den meisten schwer zu differenzieren.

Wir können hier als Payment-Service-Provider nur mit Transparenz, einer einfachen und übersichtlichen Unternehmensstruktur und einem zuverlässigen Partnernetzwerk für Vertrauen werben. Kein undurchdringlicher Konzern zu sein, sondern ein inhabergeführtes mittelständisches Unternehmen – das hat in dieser Situation definitiv Vorteile.

Wie möchten Sie zukünftig Klimaschutz und Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen stärken und ihren Beitrag liefern (z. B. im Rahmen von „Time for Climate Action“)?

Klimaschutz ist das große Thema unserer Zeit – und noch mehr der nachfolgenden Generationen. Wir müssen hier handeln. Als rein digitales Unternehmen im Zahlungsverkehr ist unser Einfluss natürlich nicht so groß, aber auch kleine Erfolge sind wichtig.

Darum kompensieren wir unseren CO2-Ausstoß und ermöglichen unseren Händlern, in ihrer Emissionsbilanz wenigstens den Zahlungsverkehr schon einmal mit null anzusetzen. Im Verbund Leaders for Climate Action engagiere ich mich auch persönlich, um noch mehr Unternehmerinnen und Unternehmer für den Klimaschutz zu begeistern.

Trends und Herausforderungen im PSP-Markt

Welche Trends und Herausforderungen werden die Zukunft des PSP-Markts dominieren (bspw. Marktdruck durch die European-Payments-Initiative, andere neue Zahlungsstandards, Konsolidierung der Industrie, neue Lösungen bzw. Anbieter)?

Payment ist permanente Veränderung. Das haben wir die ersten fast 25 Jahre begleitet und mitgestaltet, und das wird sich auch nicht ändern. Auch Wallets, die das Bezahlen immer einfacher machen, Digitalwährungen wie der E-Euro oder die Marktkonsolidierungen, die wir ja gerade in den letzten Jahren erlebt haben, werden nicht dazu führen, dass es nur noch ein Bezahlverfahren gibt.

Wenn die EPI neue Zahlarten auf Basis der Echtzeitüberweisung entwickelt, dann begrüßen wir das als spannenden Wettbewerb zur kartenbasierten Zahlung, wie sie heute wichtig ist – doch auch die EPI wird die Vielfalt im Payment eher erweitern als einschränken.

Wir danken Ihnen für das spannende und informative Gespräch zu neuen Trends und Entwicklungen im Zahlungsverkehr, Herr Gladis.

Sprechen Sie uns gerne an!

Autor Kevin Michael Gerth / BankingHub

Kevin Michael Gerth

Manager Office München
Joel Theisen / Autor BankingHub

Joël Theisen

Manager Office Luxembourg

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