Neue Finanzierungs- und Immobilienwelt in Sicht
Daniel, ihr habt früh die Weichen auf Veränderungen in der Baufinanzierungsberatung gestellt, und aktuell erleben wir eine Normalisierung im Baufinanzierungsgeschäft auf weiter niedrigem Niveau. Man merkt, dass die „neue Finanzierungs- und Immobilienwelt“ bei den Kund:innen angekommen ist! Was hat euch angetrieben?
DW: Wir wollen unsere Beratungsleistung konsequent auf die Kundenbedürfnisse ausrichten und unseren Mitgliedern und Kund:innen im Sinne unseres Purpose dienen. Neben einem exzellenten Beziehungsmanagement, Schnelligkeit, Verbindlichkeit, Vertrauen und unserem regionalen Bezug ist die fachliche Expertise im Thema Bauen und Wohnen ein Erfolgsfaktor in der Zusammenarbeit mit unseren Finanzierungskund:innen. Das Darlehen ist dabei am Ende das finale Bankprodukt, wir möchten in diesem Ökosystem auch schon weit vorher als kompetenter Ansprechpartner für unsere Kund:innen und Mitglieder Mehrwerte liefern.
Die Marktveränderungen im Finanzierungsgeschäft zeigten und zeigen einen klaren Trend in Richtung Bestandsimmobilie (Kauf, Sanierung, Modernisierung und Renovierung) und vor allem Nachhaltigkeit bei Immobilien auf. Regulatorische Erfordernisse, insbesondere durch die EU-Taxonomie, stellen einen direkten Bezug zum Immobilienlebenszyklus in der Beratung her.
Unser Antrieb ist es auch weiterhin, unseren Kund:innen und Mitgliedern in allen Fragen rund um das Thema Bauen und Wohnen ein kompetenter Ansprechpartner zu sein.
Früh als Partner in der Kundenreise positioniert sein
Marina, wie gelang es, sich früher in der Customer Journey zu positionieren und eure Baufinanzierungsspezialist:innen, die bislang ja stärker im Kauf- und Neubaugeschäft unterwegs waren und schnell Lösungen finden mussten, hier mit auf den Weg zu nehmen?
MF: Im Fokus stehen vor allem der Nutzen und der Mehrwert für unsere Kund:innen. Das reine Darlehen ist austauschbar und unterscheidet uns nicht vom Wettbewerber. Hier bedarf es der konsequenten Aufrüstung neuer Kompetenzen, damit unsere Kund:innen mit uns diese Beziehung eingehen.
Daher wollen wir künftig weit vorher ansetzen, im Idealfall vor einer Kreditzusage. Getreu dem Motto: „Liebe Kundin, lieber Kunde, bevor wir über die finanziellen Aspekte sprechen, möchte ich dir gerne mit meiner Erfahrung und meiner Kompetenz zur Seite stehen, um auch außerhalb des Darlehens die passenden Entscheidungen zu treffen, bei welchen man manchmal auf sich selbst gestellt ist.“ (Wie willst du heizen; Smart Home vs. analog; Keller: ja oder nein – darauf aufbauend unser Netzwerk einbeziehen und Empfehlungen aussprechen und dann die Finanzierung satteln mit dem Ausblick, wie die:der Kund:in das eigene Haus plant und wovon sie:er träumt.)
Diese Entwicklungen haben wir diskutiert, bewertet, alle Beraterinnen und Berater mit auf die Reise genommen und eine agile Projektgruppe aus sechs Baufi-Berater:innen gebildet, die in Zusammenarbeit mit zeb Lösungen entwickelte.
Früher in der Kundenreise sind wir durch unsere Landingpage „Bauen und Wohnen in Mittelhessen“ angelangt, die Nutzerzahlen nehmen dank Online- und Social-Media-Marketing ständig zu, und Leadgenerierung und -konvertierung gelingen immer besser!
Fokus im Zielbild verändern und Roadmap skizzieren
Wie ist es euch gelungen, fokussiert und konzentriert am Zielbild zu arbeiten? Was hat geholfen, wo lauerten Gefahren, sich z. B. in Details zu verlieren?
DW: Hier galt es, im Zielbild einer zukunftsfähigen Baufinanzierung die Beratung und die Produktlösungen zu bewerten und auf künftige Anforderungen hin anzupassen, u. a.:
- Stetiger Fokus auf Effizienz gepaart mit der Anpassung an Zukunftsthemen:
- Wie muss künftig ein Beratungsprozess für welchen Anlass aussehen?
- Welche Themen nimmt man weg, welche gibt man neu hinzu?
- Weiterentwicklung zum Modernisierungsexperten:
- Wissen aneignen zu Themen wie technischen Ausstattungen, Bauweisen, Vor- und Nachteilen unterschiedlicher Materialien usw.
- Immobilien bewerten im Sinne des energetischen Zustands und des Potenzials für Sanierung/Modernisierung
- Wirtschaftlichkeitsrechnung, z. B. erneuerte Heizung vs. Verbrauchskosten usw. im Vergleich zur und im Kontext der Finanzierung
- Die Frage nach der Nutzung unserer Netzwerke mussten wir auf den Prüfstand stellen: Wie können wir hier Nutzen stiften? Verknüpfung und Verbindung zu unseren Firmenkunden aus dem Baugewerbe herstellen?
- Megatrend Nachhaltigkeit integrieren:
- Leistungsspektrum aller Fördermittel (vor allem auch regionale Fördermöglichkeiten), nachhaltiges Darlehen und Produktanpassungen, nachhaltige Immobilie
- Nachhaltige Sanierung, Know-how à Was geht alles? Aktuelle Trends?
- Produktanpassungen beim Thema Sanierung
- Beratungsansätze für alle Ziel-/Anspruchsgruppen filtern, neu justieren und die Drehbücher umschreiben, u. a. zu Mieter:innen, Eigentümer:innen, Selbstnutzenden und Kapitalanleger:innen
MF: Mit unserem agilen Projektteam haben wir in knapp drei Monaten weitestgehend alle Aspekte erörtert, diskutiert und einer Neubewertung zugeführt. Unser Umsetzungsplan hat dabei Abstimmungen mit weiteren Bankbereichen genauso berücksichtigt wie Abwesenheiten und Ferienzeiten. Auf Kurs zu bleiben war dank eines Meilensteinplans und erforderlicher Disziplin zwar teilweise anstrengend, gleichzeitig jedoch auch zielführend. Unsere Roadmap steht, und wir sind im März mit einer eigenen Baufi-Messe für unsere Baufinanzierungsberater:innen gestartet, in der wir alle Mitarbeitenden mit auf die Reise genommen haben.
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Auswirkungen auf weitere Vertriebskanäle berücksichtigen
Welche Implikationen habt ihr für das Vermittler-/Plattformgeschäft aus der Projektarbeit abgeleitet?
MF: Weiterhin ist neben dem klassischen Beratungsgeschäft mit unseren Endkund:innen das Vermittlergeschäft über die Finanzierungsplattformen ein wichtiger Vertriebskanal. Der Kreditvertrieb hat sich in den letzten Jahren immer mehr in Richtung „online“ und „Plattform“ verschoben.
Das Wachstum der Vergangenheit zeigt, dass sich Kund:innen im Hoffen auf eine unabhängige Beratung und einen transparenten Marktvergleich an einen neutralen Vermittler wenden. Dieser ist zu einem inzwischen etablierten und akzeptierten Ansprechpartner gewachsen. Über Plattformvertriebspartner lassen sich voraussichtlich deutlich höhere Wachstumsraten erzielen.
DW: Klar ist auch hier: Die marktüblichen Rückgänge erleben Vermittlerplattformen aktuell ebenso wie wir als Bank selbst. In Zeiten gedämpfter Kreditnachfrage sind für uns die zusätzlichen Kontaktpunkte wichtiger denn je, um unsere Sichtbarkeit im Markt und am Ende Finanzierungsvolumen beizubehalten.
Unsere Produktinnovationen rund um das energetische Sanieren, Modernisieren und Renovieren werden wir Schritt für Schritt auch auf die Plattform bringen, um Neugeschäftszuwachs unserer Vertriebspartner und dadurch unseres Hauses zu unterstützen.
Lessons Learned und Kundenrückmeldungen bestätigen unseren Weg!
Ihr seid mitten in der Umsetzung und Transformation und könnt über erste Erfolge berichten. Was ist rückblickend hinsichtlich Veränderungsprozess, Transformation und Kundenberatung eurer Einschätzung nach besonders wichtig? Was habt ihr aus dem Sprint gelernt, was berichten eure Kund:innen und von welchen Highlights könnt ihr uns ggfs. erzählen?
MF: Erstens Lessons Lerned:
- Immer wieder den Fokus schärfen und die Metaebene absichern
- Erst das große Zielbild schaffen, dann in kleine Arbeitspakete übersetzen
- Golden Circle (warum, wie, was – vom Abstrakten zum Konkreten) in der Kommunikation zum Beraterteam und zur Bank nutzen
- Immer wieder hinterfragen, d. h. absichern, auf Kurs zu sein
- Projekt aus dem Team heraus umsetzen, um Akzeptanz zu schaffen
- Den Bedarf der Berater:innen und der Kund:innen ermitteln und ernst nehmen
- Auf Ängste und Sorgen eingehen und ernst nehmen
- Das Thema bei den Berater:innen nachhalten, immer wieder Updates und Infos zu kleinen Weiterentwicklungen liefern
- Generell rechtzeitig starten, um gute Ergebnisse und Entwicklungen in der dafür notwendigen Zeit realisieren zu können
DW: Zweitens Erfolge:
- Kunden bestätigen: Unsere Beratung bietet mehr als erwartet
- Erhöhung des durchschnittlichen Darlehensvolumens durch intensivere Betrachtung der Kundensituation sowie spezifisches Fachwissen bzgl. ESG-Themen
- Breite Akzeptanz aus dem Bauen-und-Wohnen-Team und das gute Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein!
- Erweiterung des Leistungsspektrums (z. B. Energieberatung durch Tochterunternehmen, Vermittlung von PV-Anlagen)
- Integration weiterer Leistungsbausteine im Produktangebot Finanzierung (Neubaufinanzierung inkl. Finanzpuffer und Hausbaukurs), damit weniger Vergleichbarkeit und anderes Pricing möglich sind
Marina, Daniel, herzlichen Dank, dass ihr Informationen und Empfehlungen auf eurem Transformationsweg vom Baufinanzierungsberater zum Berater Bauen und Wohnen geteilt habt. Weiterhin viel Erfolg bei der Marktbearbeitung, Potenzialausschöpfung und Kundenempfehlungen!