Geschäftsmodell der Teylor AG
Herr Stäuble, wie ist das Business Model der Teylor AG? Wie verteilen sich die Arbeitsaufwände auf die beiden Absatzkanäle Firmenkredit und das Software-as-a-Service-Angebot (SaaS) der Technologie für den Kreditantragsprozess?
Der Teylor-Firmenkredit ist ein auf die Bedürfnisse von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) zugeschnittener digitaler Firmenkredit. Unser SaaS-Angebot richtet sich vor allem an Banken, die ihre eigenen Kreditantragsprozesse digitalisieren wollen. Dazu stellen wir eine lizenzierte White-Label-Version unserer Technologie zur Verfügung, die wir in die Arbeitsabläufe der Bank integrieren.
In 2019 lag unser Fokus ganz klar auf der Vermarktung des Teylor-Firmenkredits, der zurzeit auch hauptsächlich unseren Umsatz ausmacht. Wir haben in diesem Jahr jedoch auch Pilotprojekte mit deutschen Banken für die SaaS-Lösung gestartet. Ziel ist es, Anfang 2020 mit der ersten SaaS-Partnerschaft zu starten und kurz darauf bis Jahresende mit zwei weiteren Banken live zu gehen.
In welchem der Bereiche sehen Sie das größte Wachstumspotenzial?
In Deutschland beantragen 500.000 KMU jedes Jahr einen Kredit. 100 Milliarden Euro an KMU-Krediten werden jedes Jahr neu vergeben, und derzeit stehen 219 Milliarden Euro an Firmenkrediten aus. Der Markt ist gigantisch, und Banken werden den Anforderungen von KMU derzeit absolut nicht gerecht. Deshalb haben beide Bereiche enormes Wachstumspotenzial. KMU brauchen schnellen und unkomplizierten Zugang zu Krediten. Und Banken müssen ihre Prozesse digitalisieren, um dieser Nachfrage zu entsprechen und in Zukunft überhaupt noch konkurrenzfähig zu sein.
Das Unternehmen ist noch sehr jung. Gibt es dennoch schon größere Veränderungen, die in der kurzen Zeit am Business Model vorgenommen worden sind?
Wir haben unsere Plattform im März 2019 gestartet, und die Nachfrage war von Anfang an groß. Unser Business Model funktioniert. Wir haben jedoch festgestellt, dass wir noch schneller wachsen können, wenn wir weitere Produkte anbieten. Deshalb arbeiten wir derzeit am Ausbau unseres Produktportfolios im KMU-Kreditbereich.
Ein zentraler Bestandteil der neuen Produktsuite werden unter anderem Kredite für das Kundensegment mit niedrigerer Bonität sein, das von der Bank keinen Kredit bekommt, sowie gesicherte Kredite. Deshalb sind wir derzeit im Gespräch mit zusätzlichen Finanzierungspartnern und bauen unseren eigenen Kreditfonds auf, sodass wir Kredite in Zukunft auch selbst finanzieren können.
Entwicklung der Teylor AG
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Wie war das Start-up-Team aufgestellt, und hat es sich schon entwickelt? Was war die Kompetenz, die Sie zu Beginn am wenigsten abgedeckt hatten, bei der Sie aber relativ schnell feststellen mussten, dass Sie diese brauchen?
Am Anfang lag der Fokus ganz klar auf der Tech-Seite. Zu Beginn bestand das Team aus unserem CTO, zwei Ingenieuren und mir selbst. Nach und nach haben wir dann auch unsere Businesskompetenz ausgebaut, vor allem im Vertrieb. Wir dachten zu Beginn, dass ein Großteil unserer Verkäufe über digitales Marketing zustande käme. Das hat sich recht schnell als ein Irrtum herausgestellt, denn unser Kunde ist kein klassischer Onlinekäufer.
Deshalb beschäftigen wir mittlerweile ein Inhouse-Vertriebsteam, das Kunden offline anspricht. Unsere Vertriebs- und Marketingabteilung ist mittlerweile mehr als doppelt so groß wie unser Tech-Team. Wir beginnen im nächsten Monat mit unserer dritten Fundraising-Runde. Den Großteil dieser Mittel werden wir in den Ausbau unseres Vertriebs und in die Internationalisierung investieren.
Standardisierungen beim Teylor-Firmenkredit
Welche Standardisierungen mussten Sie beim Teylor-Firmenkredit vornehmen, um die digitale Vergabe zu ermöglichen?
Die beiden größten Herausforderungen waren die Automatisierung der Datengewinnung und die automatische Auswertung der Kundendaten. Heute kann unser System sich Daten aus verschiedenen Quellen automatisch beschaffen, und unser selbst entwickeltes OCR-Tool kann eigenständig 90 % aller hochgeladenen Dokumente auswerten, zum Beispiel Jahresabschlüsse und betriebswirtschaftliche Auswertungen.
Es war eine große Herausforderung, ein solches System für verschiedene Kreditarten, Rechtsformen und Dokumentarten zu entwickeln, aber es ist uns gelungen. Meiner Meinung nach ist das einer der Hauptgründe, weshalb unsere Technologie so wertvoll ist.
Welche Marketingkanäle nutzen Sie, um an KMU heranzutreten?
Unser Marketing fokussiert sich auf vier Kanäle: Organic Traffic, Broker Sales, Outbound Sales und Digital Marketing. Wir haben mittlerweile guten Traffic auf unserer Webseite, der hauptsächlich über Content-Marketing und Brand Building zustande kommt. Unser Broker-Netzwerk besteht überwiegend aus Finanzberatern und Affiliates, die unser Produkt auf Kommissionsbasis weiterempfehlen. Outbound Sale ist unser Telefonvertrieb, und im Bereich Digital Marketing arbeiten wir hauptsächlich mit den klassischen digitalen Onlinekanälen wie Suchmaschinen und Social Media.
Hinter dem Kredit steht als Bank die solarisBank. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Ich hatte bereits gute Kontakte zur solarisBank durch meine Arbeit als Head of Business Development bei Numbrs. Letztendlich haben wir uns aber vor allem deshalb für eine Zusammenarbeit mit der solarisBank entschieden, weil das Unternehmen einen starken Tech-Fokus hat, genauso wie wir. Die solarisBank hat eine sehr flexible Banking-as-a-Service-Plattform, was es uns ermöglicht, im Rahmen verschiedener Projekte zusammenzuarbeiten, selbst wenn wir eines Tages unsere eigenen Kredite finanzieren werden.
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Warum ist der Teylor-Kredit speziell an Mittelständler adressiert?
Mittelständler werden bei der Kreditvergabe durch Banken oft vernachlässigt. Banken verwenden noch immer papierbasierte, manuelle Prozesse. Der Prozess ist meist der gleiche, egal ob es um einen Kredit von 200.000 Euro oder 500.000 Euro geht. Deshalb ist die Kreditvergabe an Mittelständler für Banken meist weniger attraktiv und sicher weniger rentabel.
Das Resultat sind lange Wartezeiten und wenig Fokus auf KMU-Kunden vonseiten der Banken. Unsere Kunden berichten, dass sie bei der Bank zum Teil fünf bis acht Wochen auf einen Kredit warten müssen, bei uns dauert es nur fünf Minuten bis der Kunde sein Angebot erhält, und der Kredit wird in der Regel innerhalb von ein bis zwei Arbeitstagen ausbezahlt. Der Teylor-Kredit wurde auf Schnelligkeit und Einfachheit ausgerichtet. Deshalb ist er besonders attraktiv für Mittelständler.
Kreditvergabeprozess
Kommen wir zum SaaS-Angebot für den Antragsprozess. Welcher Teil des Kreditvergabeprozesses birgt das größte Automatisierungspotenzial?
Ganz klar die Auswertung der Antragsdaten. Die meisten Banken führen diesen Schritt noch manuell durch. Das heißt, ein Mitarbeiter der Bank prüft jeden Antrag einzeln, was Zeit in Anspruch nimmt und kostenintensiv ist. Unser System analysiert alle Datenpunkte automatisch und zieht sich zusätzliche Daten von externen Parteien, wie zum Beispiel Schufa-Daten oder den Bonitätsindex der Creditreform. Kreditnehmer wollen aber trotzdem mit einem qualifizierten Berater sprechen. Deshalb beschäftigen auch wir unsere eigenen Kundenberater, die unseren Kreditnehmern zur Seite stehen.
Welche Schritte im Kreditvergabeprozess sind automatisiert?
Teylor-intern ist der gesamte Prozess automatisiert. Trotzdem wird jeder Antrag noch einmal von einem unserer Kreditspezialisten überprüft. Da der Antragsprozess automatisiert ist, haben wir mehr Zeit, um uns im Detail mit jedem Antrag zu beschäftigen. Letztendlich führt unsere Partnerbank dann noch eine manuelle Prüfung des Antrags durch. Da der komplette Antrag aber bereits von uns überprüft wurde, wird der Arbeitsaufwand für die solarisBank auf ein Minimum reduziert.
Stichwort: „Firmenkredit“
Was ist der nächste logische Schritt der Automatisierung beim Firmenkundenkredit?
Teylor ist dem heutigen Stand ein paar Jahre voraus. In den nächsten Jahren werden Banken jedoch zunehmend ihre Kreditabteilungen automatisieren. Was Teylor bereits heute beim Firmenkundenkredit macht, wird in fünf bis zehn Jahren der Standard in der Finanzindustrie sein. Wer nicht mithalten kann, wird vom Markt ausgesiebt werden. Ich denke, dass in den nächsten Jahren auch komplexere Anträge automatisiert ausgewertet werden können, inklusive der Prüfung von Sicherheiten. Da sämtliche Dokumente in den kommenden Jahren maschinenlesbar gemacht oder online verfügbar sein werden, sollte das schon bald einfach zu bewerkstelligen sein.
Wie ist die Konkurrenzsituation für ein solches Produkt am Markt?
Wir haben eigentlich relativ wenig Konkurrenz, da es noch nicht viele FinTechs gibt, die sich auf Firmenkredite fokussieren. Der Marktanteil von FinTechs am deutschen Firmenkreditmarkt ist derzeit kleiner als 1 %. Die meisten FinTechs sind eher im Privatkundenbereich aktiv. Deshalb kommt die überwiegende Anzahl unserer Kunden von Banken, die ihre Kreditantragsprozesse noch nicht digitalisiert haben und somit den Anforderungen ihrer Kunden momentan nicht gerecht werden.
Wir betrachten uns jedoch nicht als Konkurrent der Banken, sondern wir sehen Banken als potenzielle Partner an, die wir bei der Digitalisierung ihrer Prozesse unterstützen können. Somit können wir den Markt von zwei Seiten her angehen und auf verschiedene Weisen vom Digitalisierungstrend profitieren. Ich denke, die Konkurrenzsituation ist einer der Hauptgründe für unser schnelles Wachstum im letzten Jahr.
Wie ist der aktuelle Stand des ersten Softwareeinsatzes?
Im Bereich SaaS sind wir derzeit mit unseren Partnerbanken in der Pilotphase. Sobald die ersten Projekte live sind, werden wir das ankündigen.
Patrick Stäuble, vielen Dank für das Interview und alles Gute für die Zukunft!
Eine Antwort auf “Vom digitalen Firmenkredit zum SaaS-Provider”
Martin von Torklus
Vielen Dank Herr Behrens für den hilfreichen Beitrag! Nicht nur das digitale Anfragen eines Firmenkredits, sondern auch die Gewährleistung der Genehmigung dessen kann durch diesen Weg revolutioniert werden. VG