Storytelling im Finanzwesen

Ausgangslage für Storytelling in der Finanzbranche

Warum ist Storytelling im Finanzmarkt sinnvoll? Die Finanzbranche steht unter Druck. Immer weniger Menschen suchen Bankfilialen auf, um sich beraten zu lassen oder Dienstleistungen direkt vor Ort in Anspruch zu nehmen. Damit entfällt zunehmend auch in der Finanzwelt auch die Möglichkeit, im direkten Austausch Kunden vom eigenen Angebot zu überzeugen, eine Vertrauensbasis aufzubauen und sie emotional und langfristig an die eigene Bank zu binden. Zu den Gründen für diese Tendenz zählen nicht nur innovative Technologien, neue Wettbewerber und eine Veränderung der Kundenwünsche, sondern auch ein genereller zunehmender Vertrauensverlust.

Daneben sieht sich die Zielgruppe mit einer stetig wachsenden Anzahl homogener Produkte verschiedener Finanzinstitute konfrontiert, für die über zahlreiche Kanäle geworben wird. Der Überblick in der Finanzbranche für den Kunden geht verloren, und letztlich wird der Kampf über den Preis entschieden. Der Billigere gewinnt. Um diesem Wettbewerb im Finanzmarkt zu entkommen, ist es notwendig, sich auf einer anderen Ebene von der Konkurrenz zu unterscheiden. Es muss gelingen, Kunden ohne persönlichen Kontakt emotional anzusprechen und abstrakte Produkte und Dienstleistungen verständlich, greifbar und letztlich begehrenswert zu machen. Ein Mittel, das genau dies bewirken kann, nennt sich Storytelling.

Was ist Storytelling und wie kann es in der Finanzbranche eingesetzt werden?

Beim Storytelling geht es darum, eine Geschichte rund um ein Produkt oder das Unternehmen (etwa zur Unternehmenskultur oder -historie) zu erzählen. Klar zu unterscheiden ist Storytelling dabei vom Fairytelling. Das heißt, es soll nicht ein schlechtes Produkt mit einer guten Story aufgeblasen werden, sondern gute Produkte bzw. das Unternehmen dahinter sollen durch die Einbettung in einen emotionalen Kontext besser beim Adressaten im Gedächtnis bleiben.

Bereits in frühen Phasen der menschlichen Evolution wurden in geselliger Runde am Lagerfeuer Informationen am besten über lebhaft ausgestaltete und spannende Geschichten ausgetauscht. Während früher beispielsweise Geschichten über Gefahren, wie Bären und Säbelzahntiger, im Vordergrund standen, schlägt sich der typische Bankkunde heute mit anderen Problemen herum. Er sorgt sich um sein Vermögen, muss sich mit zahlreichen Begriffen aus der Finanzwelt auseinandersetzen und sieht sich mit einer Masse von Produktangeboten konfrontiert. Storytelling kann hier durch die Adressierung der emotionalen Ebene den Unterschied zur Konkurrenz ausmachen.

Als Form der Unternehmenskommunikation eingesetzt, kann Storytelling in Werbeformaten, wie beispielsweise Informationsbroschüren und Kundenmagazinen, Videos auf YouTube oder Postings in sozialen Medien, wie Facebook und Twitter, dazu eingesetzt werden, auf amüsante oder spannende Art und Weise informative Aspekte verständlich zu vermitteln. Das Ziel dabei ist, die Kunden zu begeistern, zum Nachdenken anzuregen oder sie zumindest neugierig auf mehr zu machen.

Welche Vorteile birgt Storytelling?

Wenn das Mittel des Storytelling richtig angewendet wird, können mehrere positive Aspekte beobachtet werden:

  1. Leichtere Aufnahme der Informationen
    Wenn Informationen auf spannende bzw. unterhaltsame Weise vermittelt werden, wird mehr Interesse als beim bloßen Aufzählen von (Produkt-)Fakten geweckt. Die Inhalte werden leichter aufgenommen und bleiben länger im Gedächtnis, da die Produkte bzw. das Unternehmen mit einem Sinngehalt verknüpft werden. Diese Wirkung ist vergleichbar mit einer Eselsbrücke beim Auswendiglernen. Bilder sind im Zuge des Storytelling besonders wirkungsvoll, da sie einfacher verarbeitet werden als reine Informationen.
  2. Langfristige Kundenbindung
    Aufgrund der emotionalen Wirkung einer guten Geschichte wird Empathie zur Hauptfigur der Geschichte aufgebaut. Im Optimalfall führt dies              dazu, dass sich die Kunden schließlich mit dem Produkt oder dem dahinterstehenden Unternehmen direkt identifizieren und langfristig verbunden fühlen.
  3. Steigerung der Glaubwürdigkeit
    Beim Storytelling sind Informationen in ein Gesamtkonzept eingebettet. Sie erscheinen dadurch glaubwürdig und zuverlässig, was sich im besten Fall auf das Unternehmen hinter der Geschichte überträgt.
  4. Steigerung der Reichweite
    Geschichten haben eine verbindende Wirkung, wenn über sie gesprochen und diskutiert wird. Wenn eine Geschichte in Erinnerung geblieben ist und berührt hat, übernehmen oftmals die Kunden selbst die Verbreitung, beispielsweise in den sozialen Medien. Dies kann wiederum für    Werbekosteneinsparungen sorgen. Eine Reichweitensteigerung kann des Weiteren durch das aktive Einbinden, das heißt Mitgestalten oder Weiterentwickeln einer Geschichte durch die Zielgruppe, erreicht werden.

Wie kann eine passende Geschichte für die Finanzbranche gefunden werden?

Je außergewöhnlicher und emotional berührender eine Geschichte ist, desto besser. Eine solche zu finden, gestaltet sich in der Praxis jedoch oftmals schwieriger als gedacht. Die nachfolgenden Fragestellungen können in der Finanzbranche Unterstützung bieten:

  • Welche Geschichten gibt es rund um die Bank?
  • Welche Geschichten der Finanzwelt könnten die Kunden interessieren?
  • Welche Geschichten könnten Kunden dazu verleiten, diese von sich aus weiterzuerzählen?
  • Wie ist ein Produkt entstanden?
  • In welchen Situationen kann das Produkt helfen?
  • Wem kann das Produkt in der Finanzbranche helfen?
  • Was ist das Unterscheidungsmerkmal zu anderen Produkten im Finanzmarkt?
  • Welche Bedürfnisse haben Kunden und was wollen sie erreichen?

Worauf muss beim Storytelling geachtet werden?

Die oben genannten Fragen sollten zunächst nur als Ausgangspunkte gesehen werden. Um eine wirklich gute Geschichte aufzubauen, die auch im Gedächtnis der Kunden haften bleibt, bedarf es weiterer Elemente, die in die Entwicklung einfließen müssen:

  1. Definierte Zielgruppe
    Bevor eine Geschichte konzipiert wird, ist es wichtig, die Zielgruppe genau zu definieren. Aspekte wie beispielsweise das Alter oder Geschlecht spielen eine bedeutende Rolle bei der Frage, wie die Zielgruppe bestmöglich angesprochen werden kann. Mit der Zielgruppe einher geht die Entscheidung, über welche Kanäle (Printmedien, YouTube …) kommuniziert wird. Falls mehrere Kanäle genutzt werden, um die Geschichte zu verbreiten, muss sichergestellt werden, dass dies einheitlich geschieht. Das heißt, dass über die Kanäle hinweg ein Sinnzusammenhang bestehen muss.
  2. Klare Botschaft
    Im Zentrum des guten Storytelling steht die Botschaft, die kommuniziert werden soll. Es muss klar sein, was dem Adressaten der Geschichte mit auf den Weg gegeben werden soll. Was ist der Grund für die Geschichte? Die klare Botschaft ist der Kern, um den herum die Handlung und die Charaktere ausgerichtet werden.Darüber hinaus muss die Botschaft für den Empfänger auch verständlich sein. Es sollte vermieden werden, irrelevante oder zu viele Informationen in die Geschichte einzubringen. Der Fokus muss auf einem Handlungsstrang und einer klaren Botschaft liegen.
  3. Emotionaler Bezug und Authentizität
    Wichtig ist, dass bereits zu Beginn der Geschichte die Aufmerksamkeit des Adressaten so hoch ist, dass sich bei ihm Neugier und Spannung einstellen. Der Adressat muss emotional „abgeholt“ werden. Im weiteren Verlauf der Geschichte ist es von Bedeutung, dass keine Sinnfehler in die Handlung eingebaut werden und sich die Geschichte für den Kunden rund und authentisch anfühlt. Sie muss zur Bank, den Produkten und Werten passen. Eine aufgesetzte Geschichte wirkt unglaubwürdig. Insbesondere Geschichten, die aus dem Leben gegriffen sind, wirken authentisch.Das eigene Unternehmen oder das Produkt sollten während der Handlung nicht im Vordergrund steht, sondern erst am Ende mit der Geschichte verknüpft werden. Das Ziel dabei muss sein, dass sich die Emotionen des Empfängers, die er während der Handlung erlebt, im positiven Sinne auf das Produkt oder die Bank übertragen. Wenn am Ende nur die Charaktere oder sonstige Aspekte der Handlung hängen bleiben, jedoch keine Brücke zum Produkt oder der Bank geschlagen wird, verfehlt Storytelling seine Wirkung.
  4. Der Protagonist
    Eine gute Geschichte dreht sich um einen Protagonisten, der im Zentrum der Handlung steht und ein Ziel verfolgt. Diese Hauptfigur, die nicht unbedingt ein Mensch sein muss, sollte sympathisch auf die Zielgruppe wirken. Nur wenn mit der Hauptfigur mitgefiebert oder mitgelitten wird, bleibt die Aufmerksamkeit hoch, und es kommt zu einer Identifizierung oder Verbundenheit. Das eigene Unternehmen sollte nicht als Held der Geschichte dargestellt werden, da dies bei den Adressaten in der Regel negativ und als Selbstdarstellung aufgefasst wird. Der Held kann jedoch klar als beispielhafter Kunde des Unternehmens erkennbar sein, dessen Geschichte erzählt wird.
  5. Konflikte oder Hindernisse
    Damit das Zielpublikum von der Geschichte gefesselt wird, sollte die Hauptfigur auf dem Weg zu ihrem Ziel Hindernisse überwinden oder einen Konflikt überstehen müssen. Hindernisse können in vielen verschiedenen Formen auftreten, beispielsweise in Form eines menschlichen Schurken, von Zeitdruck, einer Behörde, des Zinsniveaus, von Geldmangel, Streit oder des inneren Schweinehunds. Wenn die Hauptfigur keine Steine aus dem Weg räumen muss, wird eine Geschichte schnell langweilig und unglaubwürdig.
  6. Höhepunkt der Geschichte und Abschluss
    Der Höhepunkt der Geschichte sollte beim Adressaten ein bereicherndes Gefühl auslösen. Dies gelingt, indem Rätsel, die sich im Laufe der Geschichte aufgebaut haben, gelöst werden und sich so ein stimmiges Bild ergibt oder der Protagonist, nachdem er Hindernisse und Konflikte lösen musste, endlich triumphiert. Dieser Punkt bildet die Moral der Geschichte und lässt den Adressaten ein Fazit ziehen. Ein Vorher-Nachher- bzw. „Aha“-Effekt tritt ein. Der Adressat muss etwas für sich selbst aus der Geschichte gelernt oder mitgenommen haben. Unter keinen Umständen darf sich bei ihm das Gefühl einstellen, seine Zeit vergeudet zu haben. Ansonsten wird es schwer, bei zukünftigen Storytelling-Projekten erneut seine volle Aufmerksamkeit zu bekommen.

Erfolgreiches Storytelling

Wie Storytelling in Perfektion aussehen kann, zeigt unter anderem der meistgesehene Werbespot auf YouTube des Jahres 2017. Samsung vermittelt in diesem Spot die klare Botschaft, dass das Unternehmen für seine Kunden da sein möchte, egal wie kompliziert sich die Situation manchmal gestaltet.

Der Spot beginnt mit dem Anruf eines jungen Mädchens, das einen Servicemitarbeiter aufgrund eines defekten Fernsehgeräts kontaktiert. Obwohl das Mädchen in einer schlecht erreichbaren Gegend mitten in den Bergen wohnt, macht sich der Hauptdarsteller des Spots auf den Weg, um den Fernseher zu reparieren. Zahlreiche Hindernisse, wie etwa ein umgestürzter Baum oder eine Schafherde auf der Straße, erschweren seine Anfahrt. Trotz der Schwierigkeiten erreicht der Servicemitarbeiter schließlich das Haus der Anruferin. Der emotionale Höhepunkt folgt kurz darauf, als sich auflöst, warum sich der lange und mit Hindernissen verbundene Weg mehr als gelohnt hat.

Beispiele für erfolgreiches Storytelling

Weitere Storytelling-Beispiele, die die im vorherigen Abschnitt genannten Elemente gekonnt vereinen und die aufzeigen, dass auch ohne große Worte, mit Kindern und Hauptdarstellern aus der Tierwelt emotionale Geschichten erzählt werden können, sind unten den folgenden Webadressen abrufbar:

Best Practices

Beispiel aus dem Finanzmarkt

Fazit zu Storytelling im Finanzwesen

Banken haben Beratungs- und Aufklärungspflichten, wenn es zum Produktabschluss kommt. Harte Fakten rund um Renditen, Kreditzinsen oder Anlagehorizonte werden in der Finanzbranche weiterhin im Vordergrund stehen. Der Weg, einen Kunden zum Produktabschluss zu bringen, ist jedoch steinig. Storytelling kann hier das Mittel der Wahl sein, Kunden über Werbeformate emotional anzusprechen und sich damit einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen. Wem es gelingt, positive Gefühle auszulösen und gleichzeitig informative Aspekte, die einen wirklichen Mehrwert bieten, leicht und verständlich im Gedächtnis der Kunden zu verankern, baut Bindungen auf. Die amerikanische Bürgerrechtlerin und Autorin Maya Angelou trifft es mit ihren Worten hierbei sehr genau:

„I’ve learned that people will forget what you said, people will forget what you did, but people will never forget how you made them feel.“

Sprechen Sie uns gerne an!

Fabian Plumbaum

Consultant zeb

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