Erkenntnisse aus der Umfrage
- Das Business Continuity Management (BCM) hat funktioniert
Die Antworten der Teilnehmerschaft zeigen, dass das BCM bei Banken und Versicherungen auch in der ersten akuten COVID-19-Phase in Deutschland gut funktioniert hat. Notfall-/Pandemiepläne haben gegriffen, Prozesse wurden teilweise auf „remote work“ umgestellt und die IT-Infrastruktur entsprechend kurzfristig adjustiert. Hier haben die Institute ihre Hausaufgaben aus BAIT und EBA ICT gut erledigt. - Der Vertrieb nutzte vielfältige Kommunikationswege – Sichtkontakt hilft
Verschiedene Medien wurden in der Kommunikation mit Kunden während des Lockdown genutzt. Oben in der Liste rangiert das Telefon, gefolgt von der Videotelefonie. Auch Präsenztermine bei Kunden oder in der Filiale wurden neben sonstigen Möglichkeiten genutzt. Das Spektrum an Tools zur Audio- oder Videokommunikation an der Schnittstelle zum Kunden ist breit gestreut.Nach Einschätzung der Vertrieblerinnen und Vertriebler litt die Qualität ihrer Kundenbetreuung, wenn keine guten Videotelefonie-Möglichkeiten zur Verfügung standen.
- Lieferfähigkeit der IT-Dienstleister eingeschränkt
Die Teilnehmenden aus den ORG/IT-Bereichen schätzen die Lage bzgl. Remote-Arbeitsfähigkeit etwas kritischer ein, und 40 % berichteten von Einschränkungen bei den IT-Dienstleistern. Zwar fehlt die Information, inwieweit dies kritische Folgen für das Tages- oder Projektgeschäft hatte, dennoch scheint hier eine Überprüfung des Dienstleister-Managements angezeigt. - Mehr Cyberattacken, dennoch kein Handlungsbedarf?
Interessanterweise wird aus allen Bereichen eine Zunahme der Angriffe auf die Informationssicherheit berichtet (48 %), dennoch sehen nur wenige Befragte hier einen Handlungsbedarf für ihr Unternehmen/Homeoffice (19 %). Dies überrascht insofern, als im Zusammenhang mit kurzfristigen Hilfs- und Fördermaßnahmen durchaus „erfolgreiche“ Identitätsdiebstähle oder die Rekrutierung von „Finanzagenten“ zu beobachten waren (siehe Massimo, B., Spinrath, A., Hornung, P. & Wischmeyer, N. (2020): Corona-Soforthilfen: Tausendfach Verdacht auf Betrug). Und vor dem Hintergrund einer neuen Emotet-Welle (siehe Bellmer, P. (2020): Emotet: Erste Angriffswelle nach fünfmonatiger Pause) könnte sich dies als Risiko herausstellen.
Umfrageergebnisse „Prozesse & IT in der ersten COVID-19-Welle“ auf dem zeb.Digital Services Hub
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Was ist – insbesondere für ORG/IT – zu tun?
1) Prozesse und IT: Kommunikations- und Kollaborationslösungen
Die Breite der genannten Tools zur Kommunikation mit den Kolleginnen und Kollegen oder den Kunden verdeutlicht die Herausforderungen. Die Mitarbeitenden benötigen eine Kommunikations- besser noch eine Kollaborationsumgebung für die Arbeit in virtuellen Teams, während man sich weiter an das Homeoffice gewöhnt.
Der Bedarf zur Verbesserung der Videotelefonie-Systeme umfasst hier insbesondere das Vorhandensein von benutzerfreundlicher Videokommunikations-Software, die Verfügbarkeit der erforderlichen Hardware (z. B. mindestens integrierte Webcam im Notebook) und die technische Verfügbarkeit der Services zur einwandfreien Kommunikation (z. B. Netzwerkbandbreite und -auslastung). Kunden erwarten State-of-the-Art-Kundenservice – selbst wenn der Vertrieb voll motiviert ist, diesen zu bieten, so müssen zunächst die technischen Bedingungen dafür gegeben sein. Eine Lösungslandschaft muss her, über die der Vertrieb alle Kunden ansprechen und bedienen kann.
Herausforderung ist es, eine ansprechende, sichere, DSGVO-konforme und für den Kunden einfach zu bedienende Lösung zu finden – Softwareinstallation, Hardware-Update, Firewall-Freischaltung und Einführung durch Kundenbetreuer/-innen per Telefon sind hier keine Option. Klar ist, kundennahe Kommunikationsmedien, besonders für die Videotelefonie, sind erforderlich und oftmals auch schon im Einsatz. Hier bleibt ein Spannungsfeld – die Kunden abholen, wo sie sind, auch wenn Sicherheit und Datenschutz nicht den strengsten Anforderungen entsprechen, oder mit Sicherheit werben und von weniger umstrittenen Lösungen überzeugen. Was neben der Technik für die Arbeit in virtuellen Teams wichtig ist, können Sie im Artikel Arbeit und Kollaboration von virtuellen Teams im Krisenmodus nachlesen.
2) Prozesse und IT: Hardware-/Netzreserve und Lieferantenmanagement
Wer nun die Arbeit im Homeoffice antreten durfte oder musste, war entweder bereits voll ausgestattet und konnte nahtlos weiterarbeiten oder musste die Voraussetzungen über die ORG/IT klären. Wer beispielsweise keine Hardware für den Remote-Einsatz besaß, war auf Nachschub angewiesen. Aufgrund der Flut gleichzeitiger Anfragen entstanden teilweise Lieferengpässe und damit Verzögerungen bei der Befähigung zur Remote-Arbeit. Die großflächige Ad-hoc-Versorgung von Technik verlangt entweder den Aufbau eigener Lagerbestände oder die Absicherung durch entsprechende Dienstleister.
In Abhängigkeit davon, bei welchen IT-Dienstleistungen zuletzt teilweise Probleme auftraten – seien es reine Lieferprobleme bei Hardware, die Verfügbarkeit von Servicetechnikern/-technikerinnen oder die verfügbaren Personalkapazitäten nach Umsetzung von Abstands- und Hygienemaßnahmen (z. B. Split-Teams) –, empfiehlt sich eine Szenario- und eine Business-Impact-Analyse. So können operationelle Risiken und Kosten für Lageraufbau oder angepasste Dienstleisterverträge abgewogen werden.
3) Prozesse und IT: Security Awareness
Mit der Zunahme von Angriffen auf die Informationssicherheit (siehe Whitney, L. (2020): How cybercriminals have exploited the coronavirus pandemic) steigt der Druck auf die ORG/IT, Sicherheitsmechanismen zu erneuern, zu erweitern und instand zu halten. Gerade wenn die Wahrnehmung für erhöhten Sicherheitsbedarf der tatsächlichen Situation widerspricht, muss die ORG/IT proaktiv vorgehen und Maßnahmen zur Vorbeugung treffen. Operativ bedeutet das einerseits eine Verbesserung in der Technologie, z. B. durch Einrichtung personalisierter Rufnummern zur Authentifizierung am Telefon. Andererseits müssen Mitarbeitende und Kunden sensibilisiert und auf das operationelle Risiko im Homeoffice hingewiesen werden, sodass die Wahrnehmung für Gefahren bzgl. der Informationssicherheit näher an die tatsächliche Risikoeinschätzung rückt. Hier können Security-Awareness-Trainings, z. B. von proofpoint oder it-seal, helfen.
Nachdem wir uns nun langsam aus dem ersten „Lockdown“ bewegen, werden sich Banken den Herausforderungen, die sich aus COVID-19 ergeben, auch im operativen Bereich und im Management stellen müssen (siehe European Banking Study 2020). Der Aussage von Karl Lauterbach in einem Interview mit dem Deutschlandfunk folgend, „dass es noch nie eine weltweite Pandemie gegeben hat, die ohne zweite Welle ausgekommen wäre“, könnten auch die Notfallpläne kurzfristig wieder zum Einsatz kommen.