Low-Code – Customer Centricity im Retail-Banking

Die Retail Banking-Branche befindet sich derzeit in einem Umbruch. Immer mehr Start-ups und FinTechs drängen auf den Markt und versuchen, Kunden von etablierten Finanzinstituten abzuwerben. Das gelingt häufig, da Start-ups und FinTechs Kunden mit attraktiven, modernen Self-Service-Angeboten und einer hervorragenden User Experience begeistern können. Geldinstitute müssen andere Mittel und Wege finden, um Kunden weiterhin von sich zu überzeugen und langfristig zu binden. Es gilt – im Sinne eines Customer Centricity-Ansatzes – deren Wünsche und Bedürfnisse stets im Blick zu behalten. Doch wie soll das gelingen, wenn aufgrund des wachsenden Fachkräftemangels und steigender Backlogs kaum Zeit für das Tagesgeschäft bleibt? Mit Low-Code können Unternehmen den Kunden ins Zentrum aller Unternehmensaktivitäten rücken.

Innovationsstau

Schon längst wählen Kunden ihre Hausbank nicht mehr aufgrund der Nähe zum Wohn- oder Arbeitsort. Viel verlockender sind attraktive Angebote, etwa der Erhalt einer Prämie für eine Kontoeröffnung. Schon den Aufwand, ein neues Konto zu eröffnen, empfinden viele Kunden als lästig. Zunächst müssen sie über die Website einen Antrag stellen, diesen von Hand ausfüllen und sich anschließend über das Postident-Verfahren auf der nächsten Poststelle verifizieren. Das ist heute nicht mehr zeitgemäß.

Einige Finanzinstitute haben bereits Alternativen gefunden: Kunden können sich beispielsweise zuhause mittels Video-Ident über ihre Webcam validieren. Neue Möglichkeiten zu finden, um Kunden zu gewinnen und langfristig zu binden, ist essentiell. Es gilt, die User Experience und die Customer Journey so angenehm wie nur möglich zu gestalten. Vor allem etablierte Bankinstitute kämpfen allerdings damit. Im Wesentlichen liegt das daran, dass sie aufgrund einer ständig wachsenden Anzahl von Backlogs – also dem Innovationsstau – kaum Gelegenheit haben, innovative Lösungen wie Apps oder andere Anwendungen zu entwickeln. Außerdem verwenden sie in der Regel veraltete Legacy-Systeme – darunter häufig auch Kernbanken-Lösungen –, die aufgrund ihres jahrelangen Einsatzes nur schwer zu verwalten und zu modernisieren sind. Damit bremsen sie die Innovationen, die für die strategische Fokussierung auf den Kunden unbedingt notwendig sind, aus.

IT-Personal fehlt

Nicht nur das veraltete technologische Fundament erschwert es Banken, eine Strategie der Kundenzentrierung umzusetzen. Hinzu kommt der massive Fachkräftemangel im IT-Bereich. Eine aktuelle Studie des Bitkom[1] zeigt, dass die Zahl der offenen IT-Stellen im Jahr 2018 bei 49 Prozent lag. In Zahlen bedeutet es, dass insgesamt mehr als 82.000 Stellen unbesetzt sind.

Außerdem bedenklich: Die befragten Unternehmen gaben an, dass sich die Situation weiter verschärft. Das Alter etablierter Entwickler steigt stetig und es kommen nicht genug junge Fachkräfte nach. Um dem Innovationsstau und der Modernisierung von veralteten Systemen nachkommen zu können, müssten Unternehmen die Zahl der Entwickler verdoppeln. Angesichts des Fachkräftemanngels ist dies ein aussichtsloses Unterfangen. Der Customer Centricity-Ansatz rückt damit in weite Ferne.

Low-Code als Lösung

Mit traditionellen Entwicklungsmethoden können Unternehmen der Retail Banking-Industrie dieser brisanten Lage nicht mehr Herr werden. Mithilfe von Low-Code lassen sich jedoch viele Herausforderungen meistern. Mit dieser Technologie erhalten Unternehmen nicht nur die ideale technologische Basis für eine umfassende Software-Modernisierung, sondern können ihre Entwickler bei der Arbeit stark entlasten, da die manuelle Programmierung von Anwendungen fast vollständig entfällt.

Den Großteil der Arbeit übernimmt die Low-Code-Plattform, weil die Erstellung über eine grafische Modellierung per Drag & Drop erfolgt. Für einen Customer Centricity-Ansatz ist besonders wichtig, dass Unternehmen komplette Prozesse – etwa im Zuge einer Customer Journey-Optimierung – modellieren können, was mit Low-Code ebenfalls möglich ist. Entwickler müssen aber nicht befürchten, dass Low-Code sie ersetzt. Vielmehr können sie sich auf deutlich wichtigere Aufgaben konzentrieren, wie etwa die Gestaltung einer Online-Banking-App mit einer hervorragenden Customer Experience.

Mit Low-Code auf die Wünsche der Nutzer reagieren

Ein Beispiel: Eine Bank hat bereits eine mobile Applikation entwickelt, mit der Kunden ihr Online-Banking verwalten können. Die App funktioniert, das Kundenfeedback ist positiv. Doch die User äußern weiterführende Wünsche, wie etwa die Möglichkeit, über die App ein neues Konto zu eröffnen – am besten, indem sie sich direkt über ihr Smartphone verifizieren können. Das bedeutet für die Entwickler, dass sie in der App einen neuen Bildschirm hinzufügen müssten, um die Nutzerfahrung auf die nächste Stufe zu heben – und damit die Wünsche der Kunden zu erfüllen. Mit traditionellen Entwicklungsmethoden wäre dies ein sehr zeitintensives Unterfangen. Die Bank wünscht sich, diese neue Funktion innerhalb weniger Stunden zu integrieren. Mit einer Low-Code-Plattform ist dies möglich.

Baukastenprinzip für maximale Effizienz

Das System gibt den Entwicklern Bausteine an die Hand, mit denen sie neue Funktionen schnell umsetzen können. Sie haben in einer Art Bibliothek Zugriff auf vorgefertigte Benutzeroberflächenmuster und Bildschirmvorlagen, die auf vordefinierten Layouts, Widgets, Komponenten, Stilen und Logiken aufbauen. Entwickler können diese mit einem WYSIWYG-Editor (What You See Is What You Get) problemlos hinzufügen. Sobald der Bildschirm in der Low-Code-Plattform erstellt ist, lässt sich der Style-Editor nutzen, um das Look-and-Feel der Anwendung zu optimieren. Dabei können Developer die gängigsten visuellen Elemente bearbeiten, ohne sich Gedanken über das CSS – eine Stylesheet-Sprache – machen zu müssen. Entsprechendes Know-how über diese Sprache ist ebenfalls nicht zwingend erforderlich. Vielleicht müssen Entwickler beispielsweise die Farbe des Screens an das Corporate-Design des Unternehmens anpassen, vielleicht würde Schwarz besser zum Rest der App passen. Eventuell ist eine andere Schriftart oder -größe notwendig. All diese Aspekte lassen sich im Editor bedarfsgerecht überarbeiten.

Automatische Updates

Auch die Distribution der überarbeiteten App gestaltet sich denkbar einfach. Da die Anwendung bereits im Google Play-Store und im iOS-Store von Apple veröffentlicht ist, kann sich die Bank eines Tools bedienen, das es erlaubt, das Erlebnis der App in Echtzeit abzuändern. Dafür ist es nicht notwendig, die Anwendung offline zu nehmen oder gar neu zu veröffentlichen. Sobald Nutzer die App öffnen, erhalten sie ein sofortiges Update und einen Hinweis, dass die App eine Aktualisierung erhalten hat.

Customer Centricity dank Low-Code realisieren

Entscheiden sich Finanzinstitute dazu, Low-Code einzusetzen, profitieren sie in vielerlei Hinsicht. Sie können Anwendungen nicht nur binnen kurzer Zeit entwickeln und veröffentlichen, sondern auch Änderungen schnell realisieren. Das ist im Zuge eines Customer Centricity-Ansatzes absolut notwendig. Denn nur wenn Unternehmen zeitnah auf die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen, können sie den Konkurrenzkampf gewinnen. Wer im Stillstand verharrt, wird das Nachsehen haben. Denn innovative Start-ups und FinTechs haben erkannt, wie wichtig es ist, die Wünsche der Kunden zu erfüllen. Nur wer ihnen eine hervorragende User Experience, moderne User Interfaces und eine konsistente Customer Journey bietet, kann sie langfristig an sich binden. Wer sich für Low-Code entscheidet, kann also nur gewinnen.

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Autor Martin Otten / BankingHub

Martin Otten

Regional Vice President Central Europe OutSystems

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