Ist eine Personalstrategie ohne KI intelligent?

Künstliche Intelligenz, auch bekannt als KI, ist die vorherrschende Technologie der Zukunft, die unser Leben auf den Kopf stellt und unsere Arbeitswelt komplett verändert. Vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Fachkräftemangels ist es daher nur konsequent, wenn Personalbereiche die Möglichkeiten von KI sondieren.

Perspektivisch kann man schon heute sagen: Eine Personalstrategie ohne systematische Nutzung von KI-Komponenten wird kaum noch die Chance haben, die Ziele des Personalbereichs zu erreichen!

Einsatzpotenziale und -grenzen von KI in der Personalarbeit

Die Möglichkeiten, die KI im Personalbereich schon heute bietet, sind revolutionär! Betrachtet man den HR-Lifecycle wird deutlich, in wie vielen Bereichen der Einsatz von KI schon Mehrwerte bringt. Während ihrer Stellensuche fordern Kandidat:innen zunehmend Informationen, Empfehlungen, Artikel und Blogbeiträge zu relevanten Themen ein. Diese bieten ihnen Orientierung, fachkundige Einblicke in die Arbeitsgebiete und vertiefen die wahrgenommene Beziehung zwischen Unternehmen und Bewerbenden, was das Arbeitgeberimage erheblich unterstützt. KI kann diese Artikel aktualisieren, ergänzen und analysieren, welche Inhalte sich potenzielle Bewerber:innen von dem Unternehmen wünschen. Durch diese wahrgenommene Präsenz eines Unternehmens steigt die Arbeitgeberattraktivität erheblich.[1]

KI ermöglicht es außerdem, schneller und effizienter die besten Talente zu finden, da Algorithmen in der Lage sind, das Verhalten von Bewerber:innen zu analysieren und ihnen personalisierte Jobempfehlungen basierend auf ihren Fähigkeiten, Interessen und Karrierezielen zu geben. Dadurch können Unternehmen gezielt die potenziellen Talente ansprechen, die am besten zu offenen Stellen passen. Das eröffnet uns völlig neue Wege, um Mitarbeitende und Unternehmen zusammenzubringen, und erweitert den Pool möglicher Talente somit enorm.

Auch in der Auswahl und Einstellung neuer Mitarbeitender bietet KI bereits wertvolle Unterstützung. Sie analysiert Bewerbungsunterlagen automatisch und bewertet Kandidat:innen anhand vordefinierter Kriterien. Dadurch können nicht nur die Fehlerquote bei der Personalbeschaffung deutlich reduziert, sondern auch Einstellungsprozesse um bis zu 20 % beschleunigt werden. Das spart Kosten, denn nach aktuellen Berechnungen liegt der Aufwand einer Stellenbesetzung bei durchschnittlich 46.000 Euro.[2] Eine Fehlbesetzung verdoppelt also diese Kosten! Hinzu kommt: Nur wer schnell ist, kann zukünftig am Arbeitsmarkt noch erfolgreich Mitarbeitende gewinnen.

Aber es hört hier nicht auf. KI kann auch dabei helfen, individuelle Entwicklungspläne zu erstellen und Schulungsmaßnahmen zu empfehlen. Durch die Analyse von Personaldaten und -verhalten kann sie genau erkennen, welche Maßnahmen für jede:n einzelne:n Mitarbeiter:in am besten geeignet sind. Und das Beste daran: KI kann ebenso dabei unterstützen, Talente und Potenziale zu identifizieren, die bspw. aufgrund persönlicher Differenzen möglicherweise unbeachtet bleiben. Nach aktuellen Studien von Haufe können bis zu 20 % der Mitarbeitenden durch den Einsatz von KI-basierten Talentmanagementsystemen zuverlässiger identifiziert und damit gefördert werden, was wiederum zu einer Steigerung der Produktivität sowie insbesondere zu einer besseren Bindung von Talenten führt.

Durch die Analyse von Daten kann darüber hinaus frühzeitig erkannt werden, welche Mitarbeitenden möglicherweise das Unternehmen verlassen möchten. Es ist bemerkenswert, dass bis zu 15 % der Personalfluktuation durch den Einsatz von KI vorhergesagt werden können![3] Basierend auf diesen Erkenntnissen können gezielte Maßnahmen ergriffen werden, um Mitarbeitende „an Bord“ zu halten und damit die Anforderungen an die Personalgewinnung zu senken. Individuelle Weiterbildungsangebote und flexible Arbeitsmodelle sind nur einige der Möglichkeiten, die man auf Basis der KI-Daten nutzen kann, um Mitarbeitende zum Bleiben zu bewegen.

Letztlich bietet KI den Personalbereichen die Chance, endlich das zu erreichen, was mindestens in der Theorie längst akzeptiert ist: die intelligente Automatisierung von bis zu 40 % der Standardaufgaben und die Schaffung von kapazitativen Freiräumen für die strategischen Fragestellungen der Personalarbeit.

So aussichtsreich die Möglichkeiten erscheinen, so schwierig ist jedoch oftmals die Umsetzung, denn KI stößt auch an Grenzen. Wir müssen uns mit ethischen Fragen auseinandersetzen, denn der Einsatz von KI im Personalwesen birgt Datenschutz- und Diskriminierungsrisiken. Außerdem können menschliche Faktoren wie Emotionen und soziale Kompetenzen nur begrenzt von KI erfasst und berücksichtigt werden. Das kann vor allem bei Aufgaben wie Personalführung und Konfliktlösung problematisch sein.

Bei all den Vorteilen stellt sich auch die Frage nach der Wahrnehmung durch die Bewerber:innen

Viele Bewerbende sind der Meinung, dass der Einsatz von KI im Bewerbungsprozess die Objektivität und Fairness im Vergleich zum herkömmlichen Prozess erhöht. Wenn dieser mit KI-Methoden zielgruppenorientiert entwickelt wurde, nehmen Kandidat:innen ihn als „bedürfnisorientiert“ wahr.

Neben den Möglichkeiten zur Prozessbeschleunigung wird zukünftig auch der Dialog der Bewerber:innen mit den potenziellen Arbeitgebern mit KI unterlegt. KI-Tools werden direkt mit den Bewerbenden in Kontakt treten und ihnen grundlegende Fragen beantworten können. Ob es um das Startdatum oder die Gehaltsvorstellungen geht, die KI arbeitet immer und beantwortet Anfragen innerhalb von kürzester Zeit. In einer Umfrage gingen sogar 73 % der Befragten davon aus, dass sie mit einem „echten“ Menschen interagiert hätten.[4]

Besonders Teilnehmende unter 25 Jahren sehen den Einsatz von KI positiv. Sie schätzen nicht nur die verkürzte Wartezeit bei Anfragen von Informationen, sondern vor allem die Innovationskraft des Unternehmens, die durch die KI-Nutzung deutlich wird. Interessanterweise hat der Einsatz von KI im Bewerbungsprozess auch keinen Einfluss auf die Bewerbungsabsicht, wie weitere Umfragen ergaben.[5]

Allerdings gibt es auch eine negative Seite: Die Wahrnehmung von KI im Auswahlverfahren selbst wird von Bewerbenden aller Altersgruppen kritisch betrachtet. Sie legen großen Wert darauf, mit einem echten Menschen zu agieren. Die Vorstellung, dass eine Maschine über ihre Jobzusage oder -absage entscheidet, bereitet den meisten Bewerber:innen Unbehagen.

Mitarbeitende sind das neue Gold – KI bietet die Chance, Mitarbeiter:innen deutlich besser zu binden

Dank KI wird die Personalabteilung der Zukunft Mitarbeitende der gesamten Organisation viel besser verstehen: Sie erfasst den Arbeitsrhythmus, den individuellen Lernstil und die Entwicklungspotenziale jeder und jedes Einzelnen. Sie erkennt, wann jemand dringend Urlaub braucht und ob sie:er von Erinnerungen an Jahresziele oder anderen strategischen Programmen profitieren würde. Führungskräfte können ihre Onboardingpläne anpassen, um Leistungsträger:innen zu inspirieren, und erhalten Benachrichtigungen, wenn „Motivation“ ein Thema im Verantwortungsbereich ist.

Die Möglichkeiten von KI reichen perspektivisch noch deutlich weiter, denn sie wird nicht nur Worte interpretieren können, sondern auch Emotionen wahrnehmen. Diese Fähigkeit im besten Sinne der Mitarbeitenden und des Unternehmens zu nutzen, wird eine der zentralen Herausforderungen im Zusammenwirken zwischen Unternehmen und Mitbestimmung!

Vor dem Hintergrund neuer Technologien müssen bisherige Personalstrategien infrage gestellt werden

Personalbereiche werden sich also sehr zeitnah schon mit den Möglichkeiten von KI auseinandersetzen müssen – ohne jedoch Grenzen und Risiken aus den Augen zu verlieren. KI ist eine technische Revolution, die uns die Chance gibt, eingefahrene Strukturen in unserem Handeln, in unseren Organisationen sowie in der Art, wie wir miteinander kommunizieren und zusammenarbeiten, völlig neu zu denken.

Eine Personalstrategie zu entwickeln, die das Beste aus beiden Welten, menschlich und technisch, vereint und Mitarbeitende zu Höchstleistungen inspiriert, steht im Fokus! Es ist an der Zeit, diese Chance zu ergreifen, unsere Arbeitsweise zu verbessern und KI als Motor für Veränderungen zu nutzen.

[1] zeb-Projekterfahrung.
[2] zeb.research.
[3] Dalal & Bhatia (2018).
[4] Riley (2020).
[5] Klempau (2020).

Setzen Sie bereits auf KI im Personalmanagement?

Sprechen Sie uns gerne an!

Christian von Schirach / Autor BankingHub

Christian von Schirach

Senior Manager Office Hamburg
Laura Klempau / Autorin BankingHub

Laura Klempau

Senior Consultant Office Hamburg

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