In welche Richtung entwickelt sich der Zahlungsverkehr?

Mit Herrn Günther Froschermeier, Gründungsmitglied der CCV GmbH (früher EL-ME), haben wir über den Wettbewerb im Zahlungsverkehr und über die jüngsten Entwicklungen in der Paymentbranche gesprochen. Herr Froschermeier treibt seit 1994 als CTO die Entwicklungsabteilung des Paymentdienstleisters voran. Sein besonderes Engagement gilt dabei Paymentlösungen, die auch über alle Absatzkanäle und nationale Grenzen hinweg funktionieren.

Umbruch in der Paymentbranche

Günther Froschermeier, Gründungsmitglied der CCV GmbH (früher EL-ME)
Günther Froschermeier, Gründungsmitglied der CCV GmbH

Hallo Herr Froschermeier, CCV hat bereits über 60 Jahre Erfahrung in der Paymentbranche. Inwiefern hat sich der Markt in den letzten Jahren geändert?

Angetrieben durch die Coronapandemie hat sich das Verbraucherverhalten deutlich verändert – der elektronische Zahlungsverkehr und insbesondere das kontaktlose Zahlen mit Karten, Smartphones oder Wearables haben einen massiven Zuwachs erfahren. Schnelle und reibungslose Bezahlung gepaart mit Innovation ist ein wichtiger Treiber der Paymentzukunft.

Weitere Themen sind das Wachstum des Omnichannel-Handels, die Integration der Onlinezahlverfahren auch im Ladengeschäft sowie die Verlagerung zu Self-Checkout-Systemen. Das Terminal wird mehr und mehr zum Touchpoint für viele Lösungen und spielt damit eine wichtige Rolle über das Bezahlen hinaus. So werden beispielsweise mit den modernen Android-Terminals die bisher getrennten Bereiche Businessapplikation und Zahlungsapplikation in einem Gerät vereint. Aus der Sicht von CCV wird die Verknüpfung des Zahlungsvorgangs mit Kundenbindungsprogrammen immer wichtiger. Ziel ist es, das Nutzererlebnis, also die „Customer Journey“, deutlich zu optimieren und in einem flüssigem Check-out-Prozess zu integrieren.

Der Zahlungsverkehr steht nicht mehr für sich allein: Er ist eng mit Kundenbindung, Einkaufsverhalten, Marketingaktivitäten und anderen wichtigen Aspekten des Handels verwoben. CCV hat 65 Jahre Erfahrung mit der Entwicklung von Technologien und ist seit Anfang der 90er-Jahre im Zahlungsverkehr aktiv; Innovation und Pionierarbeit liegen uns im Blut.

Jüngste Entwicklungen im Zahlungsverkehr

Heute dominieren trotz pandemiebedingter Digitalisierung Bargeld und Karten (auch wenn in Form von Apple Pay) den Paymentmix. Wie sieht dieser in fünf Jahren aus? Wird Instant Payment eine Revolution bringen?

Dies ist die große Frage nach „Was kommt nach ‚kontaktlos‘?“ und „In welche Richtung entwickelt sich das Zahlungsverhalten?“. Mit dem Einsatz von kontaktlosen Technologien hat man sich nun auch mehr und mehr des „Hemmschuhs“ des kontaktbehafteten Kartenlesers und Magnetstreifenlesers entledigt, und die Kunden schätzen die schnellere Abwicklung im Vergleich zu Bargeldzahlungen.

Biometrie als Identifikation wird bereits sowohl im E-Commerce als auch beim mobilen Zahlen genutzt, zum Beispiel für die „Two-Factor Authentication“, und ist äußerst hilfreich. Viele Innovationen sind in den Startlöchern und werden den Markt weiterentwickeln. Insbesondere die Vielfalt an unterstützten Zahlungsverfahren hat in den letzten Jahren enorm zugenommen. Spannend wird, wann und wie die großen Player wie Facebook/WhatsApp oder auch Google künftig den Zahlungsverkehr verändern werden. Und warum sollten nicht auch Tesla oder andere OEMs (Open Equipment Manufacturers) in dieses Geschäft einsteigen – die Möglichkeit, auch per IoT vollautomatisch zu zahlen, beispielweise für die Maut oder fürs Parken, ist ja bereits im Kommen.

Instant Payment konnte bisher noch keinen Durchbruch erzielen und fristet ein Nischendasein. Viele gute Initiativen hatten bislang keinen durchschlagenden Erfolg. Dies liegt auch daran, dass Echtzeitüberweisung bisher bei vielen Banken in Europa noch nicht verfügbar ist und auch die Kosten teilweise relativ hoch sind. Die Europäische Kommission bereitet gerade eine Gesetzgebung vor, welche die Verfügbarkeit und akzeptable Kosten europaweit voranbringen soll.

Aktuell gilt „Request to Pay“ (RTP) als neue, viel beachtete Zahlungsmethode. Bei dieser Art der Bezahlung erhält der zur Zahlung aufgeforderte Kunde eine Nachricht mit allen Infos zur Transaktion, die er dann aktiv bestätigen muss. Über Rechnungsreferenzen kann die Empfängerin oder der Empfänger die Zahlung automatisch dem Grundgeschäft zuordnen. Dieses Prinzip soll nicht nur im E-Commerce Einzug halten, sondern auch am Point of Sale (POS), also im Handel vor Ort. Die Zahlungsaufforderung erscheint auf dem Smartphone und kann dort direkt mit Fingerprint oder Geheimzahl bestätigt werden. Während dies in manchen Ländern bereits genutzt wird, ist es für den SEPA-Raum tatsächlich neu und könnte von Händlern mit vielen Lastschriftverfahren oder Rechnungen gerne angenommen werden.

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Neue Terminals und Treueprogramme

Wie schafft es CCV, sich in so einem kompetitiven Markt von den Mitbewerbern abzuheben?

CCV hat schon immer den Fokus auf Innovation und neue Technologien gelegt. Wir haben als einer der ersten Anbieter mobile Zahlungsterminals in den Markt eingeführt und sind auch aktuell bei Terminals mit Android-Betriebssystemen einer der Marktführer. Uns ist es wichtig, das Thema gesamtheitlich umzusetzen. Daher haben wir nicht nur neue Terminals in den Markt eingeführt, sondern auch einen eigenen App-Marktplatz, den CCV-Store, aufgebaut und einen App-Partner-Managementbereich aufgesetzt. Erfolgreich sind letztlich nur Ende-zu-Ende-Lösungen. Wir sind Early Adopter, also oft die Ersten, die etwas Neues ausprobieren und sich auch auf unbekanntes Terrain wagen. Offenheit und Risikofreude gehören zur Firmenkultur und sind für unser Team und mich die Triebfedern für den Erfolg.

Aktuell sind wir der erste Anbieter in Deutschland, der mit PhonePOS die Akzeptanz der kontaktlosen Girocard mit einem herkömmlichen Android-Smartphone ermöglicht. Mit einem Android-Marktanteil von 70,3 Prozent am gesamten Smartphoneabsatz[1] hat der Ansatz mit dem Google-Betriebssystem auch bezüglich der erreichbaren Nutzer/-innen großes Potenzial.

Wie wichtig sind heutzutage Loyalty- und Rewards-Programme, um nachhaltig erfolgreich zu sein?

Die Pandemie war für viele klassische Händler teilweise mit erheblichen Umsatzeinbußen verbunden, der E-Commerce-Handel hat weiter an Attraktivität gewonnen. Gerade im stationären Handel führen aktuelle Entwicklungen wie die Inflation oder die Energiekrise im Moment zu einer erneuten Kaufzurückhaltung. Deswegen können die Etablierung und die Verbesserung von Treueprogrammen für Einzelhändler einen echten Unterschied machen. Erfolgreiche Treueprogramme können dazu beitragen, neue Kunden zu gewinnen und das Engagement bei bestehenden Kunden zu steigern.

Hier kann insbesondere die Verknüpfung des Zahlungsprozesses mit einem gut ausgearbeiteten Treueprogramm sowohl das Kundenerlebnis als auch die Marke verbessern. Maßgeschneiderte, zeitnahe Angebote steigern beispielsweise das Engagement und den Umsatz.

Um diese Kundenerkennung zu ermöglichen und Kunden durch Aktionen zu binden sowie für Folgekäufe zu gewinnen, nutzen Händler häufig Loyalty-Systeme auf Basis von Kundenkarten. Beim Bezahlen an der Kasse erfolgt der Prozess der Erfassung der Kundenkarte meist getrennt vom Zahlungsprozess, was sowohl für die Konsumentin oder den Konsumenten als auch für den Händler weder schnell noch problemlos funktioniert. Das Vorzeigen der Karte wird vergessen, Bonuspunkte müssen nachträglich aufgebucht werden, der Kunde hat die Karte vergessen, das Handling von zwei Karten etc. – das alles sind umständliche Prozesse.

Dabei kann die Verknüpfung der Kundenkarte mit der Zahlungskarte über Tokenisierung in Backofficesystemen einen erheblichen Mehrwert darstellen. Jede In-Store-Zahlung bietet nach einmaliger Registrierung eine direkte Kundenerkennung, sodass die Verknüpfung mit dem Loyalty-Nutzeraccount bei allen weiteren Zahlungsvorgängen völlig im Hintergrund erfolgt. Sowohl das Belohnen (Sammeln der Bonuspunkte) als auch das Einlösen der Punkte werden rein über die Zahlung ermöglicht, einschließlich der sofortigen Reduzierung des endgültigen Transaktionsbetrags beim Einlösen des Bonus.

Chancen und Herausforderungen im Zahlungsverkehr

Fallen Ihnen noch weitere Chancen und Herausforderungen ein, die es in der Zukunft zu meistern gilt?

Die Herausforderungen der Zukunft, aber auch gleichzeitig die Chancen von CCV liegen in der zunehmenden Vielfalt und Komplexität der Anforderungen. Heutige Händler haben zahlreiche Touchpoints; neben den klassischen kassenintegrierten PIN-Pads gibt es mobile Terminals oder Tablets zur Aufnahme von Bestellungen und zum Abkassieren, Kaffeeautomaten, Parkautomaten sowie E-Ladesäulen.

Die Verknüpfung der verschiedenen Touchpoints zu einem intelligenten Gesamtsystem mit Bonuslösungen, zum Beispiel einer kostenlosen Parkmöglichkeit ab einem bestimmten Einkaufswert, ist eine Chance für den Handel, um den Kunden mithilfe eines durchgehend positiven Einkaufserlebnisses an das Geschäft zu binden. CCV als Lösungsanbieter will diese Chance gemeinsam mit seinen Partnern durch Co-Creation und Co-Innovation realisieren.

Um das Laden von Elektroautos genauso einfach zu machen, wie man es von Benzinern gewohnt ist, muss auch das Bezahlen ebenso einfach und barrierefrei mit Kartenzahlung möglich sein. Nicht jeder Kunde möchte sich, wenn er in Deutschland oder Europa mit seinem Elektroauto unterwegs ist, erst in vielen verschiedenen Apps registrieren müssen. Auch hier wurden Lösungen geschaffen, die eine einfache kontaktlose Kartenzahlung an der E-Ladesäule ermöglichen, einschließlich der digitalen Belegübertragung.

Vielen Dank für das Gespräch! Wir wünschen Ihnen und CCV alles Gute für die Zukunft.

Sprechen Sie uns gerne an!

Nikola Jelicic / Autor BankingHub

Nikola Jelicic

Senior Manager Office Wien
Yiaoyiao Zheng / Autorin BankingHub

Yiaoyiao Zheng

Senior Consultant
Michael Gutkas / Autor BankingHub

Michael Gutkas

Consultant Office Wien

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