Sofortzahlungen im Aufwind: „IBAN-Name Check“ als Mittel zur Betrugsbekämpfung

Im Kurzinterview gibt uns Michael Hülsiggensen, Head der D-A-CH-Region bei SurePay, Einblicke in die Entwicklungen von Sofortzahlungen und die damit verbundenen Herausforderungen im Betrugsbekämpfungsbereich. SurePay ist Anbieter einer Lösung zur Überprüfung des Zahlungsempfängers, auch bekannt als „IBAN-Name Check“.

Der IBAN-Name Check ist eine Funktion, die dabei hilft, die IBANs mit dem Namen des Kontoinhabers abzugleichen und dadurch die Existenz von Konto und Benefiziaren zu validieren.[1]In der letzten Zeit ist die Relevanz einer IBAN-Name-Check-Lösung enorm gestiegen. Das kann darauf zurückgeführt werden, dass Finanzinstitute sich immer mehr mit dem Voranschreiten neuer Standards, insbesondere Instant Payments, und dem Thema Fraud beschäftigen und aktiv nach betrugsrisikoreduzierenden Lösungen suchen. Außerdem sieht eine neue Gesetzesverordnung der EU-Kommission für Instant Payments, die vermutlich noch 2023 verabschiedet wird, eine entsprechende Überprüfung vor. Zusätzlich wird die Umsetzung der IBAN-Name-Check-Lösung auch laut des Vorschlags der EU-Kommission für die PSD3 bzw. PSR obligatorisch sein.

Deswegen gehen wir im Interview mit Michael Hülsiggensen nun der Frage nach: Warum brauchen Banken (jetzt) eine Lösung wie den IBAN-Name Check?

Definition von Sofortzahlungen und Weiterentwicklung

Michael Hülsiggensen, Head, SurePay, im Interview mit BankingHub
Michael Hülsiggensen ist als Head of DACH Market bei SurePay für den Markteintritt und Erfolg des niederländischen FinTech-Unternehmens in Deutschland verantwortlich.

Hallo Herr Hülsiggensen, was sind die Hauptunterschiede zwischen Sofortzahlungen und herkömmlichen Zahlungen – aus Sicht der Zahlungsdienstleister, der Kunden und von SurePay als IBAN-Name-Check-Anbieter?

Der größte Unterschied besteht darin, dass Sofortzahlungen innerhalb von 20 Sekunden beim Empfängerkonto avisiert und damit das Geld für den Empfänger verfügbar ist. Normalzahlungen haben in der Regel einen Verzug von einem Werktag. Damit erhöht sich bei Sofortzahlungen natürlich auch das Fraud-Risiko. Aus diesem Grund soll durch die Prüfung der Richtigkeit des Kontoinhabers, also des Zahlungsempfängers, das Risiko minimiert werden und dem Nutzer, der das Geld sendet, zusätzliche Sicherheit gegeben werden.

Aus Bankensicht kommt noch das vorgeschlagene Preiskonzept von Sofort- und traditionellen Zahlungen hinzu: Sofortzahlungen sollen genauso bepreist werden wie andere Nichtechtzeitzahlungen, obwohl die Umsetzungs- und Abwicklungskosten für Sofortzahlungen entscheidend höher sind.

Für Privatkunden, die wesentliche Zielgruppe der IBAN-Name-Check-Funktion, ist der Entscheidungsfaktor die Verfügbarkeit der Ampelfunktion, die zeigt, ob ein Match oder eben keine Übereinstimmung zwischen der eingegebenen IBAN und dem Kontoinhabenden besteht. Im besten Fall zeigt sie zusätzlich ein „close match“, also eine nahe Übereinstimmung. Die überwiegende Anzahl der Nutzer[2] ist der Überzeugung, dass bereits aktuell der Kontoinhabende zu einer IBAN geprüft wird. Mit der Information, dass dem nicht so ist, würden diese Nutzer eine Bank präferieren, die eine solche Prüfung anbietet, und wären auch bereit, dafür ihre Bank zu wechseln.

Aus SurePay-Sicht gibt es keinen Unterschied zwischen Sofortzahlungen und traditionellen Transaktionen hinsichtlich der Funktion des IBAN-Name Check – die Überprüfung funktioniert immer in Echtzeit, auch wenn die Transaktion keine Sofortzahlung ist.

Welche Möglichkeiten und Risiken bringt die Adaption von Sofortzahlungen für Zahlungsdienstleister und Kunden mit sich?

Die direkten Hauptbegünstigten der weiteren Verbreitung von Sofortzahlungen (und Preiskontrollen) sind Händler und Firmenkunden. Diese erhalten so eine kostengünstige Möglichkeit, ihr Geld schnell und verfügbar auf dem Konto zu haben.

Was Risiken betrifft, ist das Betrugsrisiko bei Sofortzahlungen eindeutig höher, da die Zahlung sofort abgewickelt wird. Außerdem gibt es keine Zeit für die Rückabwicklung, weshalb ein zusätzliches Risiko durch Fehler bei der Eingabe der Daten des Zahlungsempfängers besteht. Durch die Umsetzung der Überprüfung des Zahlungsempfängers wird die Anzahl an Betrugsversuchen und fehlerhaften Transaktionen dramatisch verringert.

Insbesondere der Rechnungsbetrug (Angabe einer falschen Bankverbindung), ein sehr verbreitetes Betrugsmuster, kann deutlich reduziert werden.

Umsetzung von Sofortzahlungen

Welche Unterschiede sehen Sie aus der Risikoperspektive zwischen inländischen und EU-grenzüberschreitenden Sofortzahlungen?

Es ist von äußerster Bedeutung, dass alle EU-SEPA-Länder die Überprüfung der Zahlungsempfänger obligatorisch für ihre Zahlungsdienstleister machen. Ansonsten wird es immer Betrugsszenarien mit nicht teilnehmenden EU-Ländern geben.

Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Kommunikation zwischen den Prüfsystemen hergestellt wird. Am Markt werden zahlreiche Systeme für die Bestätigung des Zahlungsempfängers entwickelt, und es besteht die Notwendigkeit, die Kommunikation zwischen diesen Systemen sowohl auf der Ebene der einzelnen Systeme/Banken als auch auf der Ebene der Länder einzurichten.

Welche Effekte hat die Einführung des ISO-20022-Standards auf die Umsetzung der Sofortzahlungen und welche Rolle spielt sie dabei?

SurePay ist ISO-20022-zertifiziert, aber ich vermute, dass IBAN-Name Check nicht durch diesen Standard laufen wird. Grund dafür ist, dass die Reaktionszeit sich von Millisekunden (wie es jetzt funktioniert) auf 3–4 Sekunden ändern würde. Eine Kommunikationszeit von 3–4 Sekunden ist aus Verbraucherperspektive zu lang. Um hier einen Vergleich aufzuzeigen: Wir haben derzeit ein durchschnittliches Antwortzeitverhalten von 0,08 Sekunden.

Dennoch bietet ISO 20022 eine gute Datenstruktur und mehr Informationen zur einzelnen Transaktion – diese Informationen sind für die Risikobewertung sehr wichtig.

SurePay-Erfahrung mit der IBAN-Name-Check-Lösung

Wie unterstützt SurePay die Zahlungsdienstleister bei der Erfüllung der Compliance-Anforderungen im Bereich der Sofortzahlungen?

SurePay macht als Initiator und führender Anbieter vom IBAN-Name Check Onlinezahlungen sicherer. Unser 2016 gegründetes niederländisches FinTech-Unternehmen bietet mit dem IBAN-Name Check eine Lösung für eine innovative Echtzeitnamensprüfung, die Zahlenden mehr Sicherheit darüber gibt, dass ihre Zahlungen an den vorgesehenen Empfänger gehen. Dadurch werden Überweisungen an falsche Personen oder Unternehmen vermieden, sei es absichtlich durch Zahlungsbetrug oder unbeabsichtigt durch fehlgeleitete Zahlungen. Wir sind bereits mit über 100 Banken in Europa und im Vereinigten Königreich sowie mit Hunderten von Organisationen verbunden.

In welchen Bereichen kann der IBAN-Name Check für Banken und andere Finanzinstitute hilfreich sein?

Hauptbereich ist die Betrugsbekämpfung und der Schutz der Nutzer. Unser Service hilft ihnen, die Daten des Zahlungsempfängers vor einer Überweisung zu checken und sicherzustellen, dass die Standard- oder Sofortüberweisung an den richtigen Empfänger geht. Es gibt aber auch weitere Umsetzungsmöglichkeiten, z. B. im Versicherungssektor. Dort ist die Überprüfung der Richtigkeit der Daten beim Eingeben des Kontos einer versicherten Person von zusätzlichem Nutzen. Außerdem kann der Service Firmenkunden von Finanzinstituten als Hilfsmittel beim Aufbau der Lieferantenprüfungsfunktion angeboten werden.

Bitte teilen Sie uns Ihre Erfahrungen mit der Implementierung der SurePay-Funktion IBAN-Name Check mit. Ist das wieder ein großes Zahlungsverkehrsprojekt?

Es handelt sich dabei um kein Mammutprojekt: Die Implementierung des IBAN-Name Checks kann sehr schnell gehen – wir organisieren normalerweise unsere Umsetzungsprojekte (Integration der Schnittstelle) in zwei Sprints, die zusammen ca. vier Wochen dauern. Zusätzlich sollen unsere Kunden selbst die Integration auf Prozess- und IT-/KBS[3]-Ebene durchführen. Manche KBS sind auf Empfängerseite nicht völlig sofortzahlungsbereit. Deshalb benötigen einige Banken mehr Zeit für die Umsetzung.

In Deutschland wird jetzt die Veröffentlichung des Rule Book zum IBAN-Name Check erwartet. Basierend auf diesen Regeln werden die Banken dann voraussichtlich die Funktion umsetzen.

Wie viele fehlerhafte/verdächtige Transaktionen können mithilfe des IBAN-Name Checks identifiziert werden?

Unsere Stärke ist der Algorithmus – SurePay kann sehr genau Namen matchen und zuordnen. Allgemeine Statistik zeigt:

  • 90 % der Transaktionen bekommen „grün“ (oder „match“) bei der IBAN-Name-Check-Ampel,
  • 7 % der Transaktionen sind „gelb“ (oder „close match“) – das heißt, sie weisen kleine Fehler auf,
  • 3 % der Transaktionen sind rot (oder „no matches“).

Insgesamt sehen wir:

  • 81 % weniger Betrug mit IBANs
  • 67 % weniger fehlgeleitete Zahlungen

Ihre Sicht zur Ausbreitung von Sofortzahlungen zum Abschluss

Wie sehen Sie die Entwicklung von Sofortzahlungen in 3–5 Jahren?

Es ist offiziell bestätigt, dass die Verbreitung von Sofortzahlungen in Deutschland mit 2,5 % noch sehr gering ist.[4] In der EU gibt es aber auch Länder wie die Niederlande, in denen bis zu 95 % der Zahlungen Sofortzahlungen sind.[5] Ich erwarte, dass der Anteil von Instant Payments auch in anderen EU-Ländern steigen wird, sobald die Zahlungsdienstleister und Banken dafür bereit sind. Und obwohl das 95-Prozent-Niveau der Sofortzahlungsverbreitung eventuell zu hoch für einige EU-Staaten ist, gibt es viel noch nicht adressierten Bedarf an Sofortzahlungen. Zu Use Cases zählen z. B. die sofortigen Person-to-Person(P2P)-Zahlungen, Point-of-Sale(POS)-Zahlungen sowie die Optimierung von Versorgungs- und kommerziellen Rechnungen und E-Commerce.

Wie würden Sie die folgende Aussage beurteilen: „Sofortzahlungen ermöglichen effiziente Wirtschaft und werden bald stark an Akzeptanz gewinnen.“?

Es ist davon auszugehen, dass Sofortüberweisungen zum „New Normal“ werden. Auch wenn die Skepsis im Bankenumfeld noch recht groß ist, ist das das angestrebte Ziel.

Vielen Dank für das Gespräch! Wir wünschen Ihnen und SurePay alles Gute für die Zukunft.

[1] Die IBAN-Name Check-Funktion trägt zu mehr Sicherheit beim Zahlen sowie höherem Kundenvertrauen bei. IBAN-Name Checks werden vor dem Moment, in dem eine Überweisung stattfindet, durchgeführt und signalisieren die Richtigkeit von Kontonummer-/-namenseingaben. Die Durchführung der Funktion basiert auf Datenbanken von Banken und anderen Zahlungsverkehrsinstituten, die mit einem IBAN-Name-Check-Anbieter zusammenarbeiten.
[2] SurePay und ECC KÖLN (2022): Alles safe beim Onlinebanking? DAS fordern Kund:innen von Banken.
[3] KBS – Kernbanksystem.
[4] Statista (2023): Market share of real time payments within overall payment transactions in Germany in 2022, with a forecast for 2027.
[5] European Payments Council (2019): Instant payments are the new normal in the Netherlands; who will follow?

Sprechen Sie uns gerne an!

Nikola Jelicic / Autor BankingHub

Nikola Jelicic

Expert Partner Office Wien
Anna Vyazmina / Autorin BankingHub

Anna Vyazmina

Senior Consultant Office Wien

Artikel teilen

Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

BankingHub-Newsletter

Analysen, Artikel sowie Interviews rund um Trends und Innovationen
im Banking alle 2 Wochen direkt in Ihr Postfach