Not another FinTech – RegTechs and InvestTechs

Das Hauptaugenmerk des 5. DVFA FinTech Forums am 10. Oktober 2016 in Frankfurt stand dieses Mal ganz im Zeichen der Annäherung zwischen ungleichen Partnern: Regulatorik und FinTechs. Um eine Sache vorweg zu nehmen: Es handelt sich bei dem Neologismus RegTechs ebenfalls um FinTechs; sie stellen quasi eine Unterkategorie dieser weitgehend bekannten Bezeichnung dar. RegTechs – Regulatory Technology – zeichnen sich durch die Nutzung von Informationen und Algorithmen in Echtzeit sowie Analytics zur softwaregestützten Erfüllung regulatorischer Anforderungen aus. Diese sorgen seit einiger Zeit für enorme disruptive Bewegungen im Bankensektor. Am Ende der Vortragsreihen zeigte sich jedoch, dass sich Gleich und Ungleich doch gesellen sollten.

Herausforderungen der Digitalisierung

So hat es sich Dr. Andreas Dombret (Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank) nicht nehmen lassen, über die Herausforderungen der Digitalisierung als Keynote-Speaker zu referieren. Er beleuchtete das Kapitel FinTech sowohl von der Umsatz- als auch von der Kostenseite und zeigte dadurch plastisch auf, wo die Potenziale, aber auch die Grenzen der neuen Möglichkeiten liegen. Ganz im Sinne des Themas des 5. DVFA FinTech Forums wurde abschließend das Zusammenspiel zwischen FinTechs und der Regulatorik demonstriert. Hier wurde deutlich, dass die Aufsicht per Mandat innovationsneutral ist – also weder FinTechs noch traditionell aufgestellte Kreditinstitute begünstigen wird: „Gleiches Geschäft, gleiches Risiko, gleiche Regeln!“ (Zitat Felix Hufeld, BaFin-Präsident, 28.06.2016). Kunden und Märkte haben demnach über den Weg und das Ausmaß der Innovation zu entscheiden.

„The End of Banking: Money, Credit and the Digital Revolution“

Ein auf dieser Rede aufbauender Exkurs in die Bankenregulierung gab Jürg Müller von der Neuen Züricher Zeitung und Co-Autor von „The End of Banking: Money, Credit and the Digital Revolution“. Nach einer Unterrichtung über die historischen Pioniere der digitalen Revolution – lange vor der Zeit der Entstehung von FinTechs – wie Joseph Cassano und Renaud Laplanche zeigte er die Gründe des Scheiterns dieser Köpfe auf. Hierbei verglich er staatliche Garantien zur Stützung des Bankensektors sowie regulatorischen Anforderungen an Finanzinstitute mit Zuckerbrot und Peitsche. Er ist der Überzeugung, dass die Peitsche in der heutigen komplexen Finanzwelt nicht mehr greife – wir befinden uns in einem System, das von Moral Hazard dominiert wird. Sein Ausweg hieraus gleicht in etwa der traditionellen goldenen Bankregel: Der Gesamtwert der Realvermögen einer Firma muss größer oder gleich dem Wert der Verbindlichkeiten im schlechtesten finanziellen Fall sein. Wie diese Regel umzusetzen ist, ist in seinem Buch nachzulesen.

Erste Einblicke in das „Sandboxing“

Um Kunden und Märkte überhaupt erst einmal mit FinTechs, die mit einem grundsätzlich neuem Businessmodell an den Markt gehen möchten, vertraut zu machen, wurden im Anschluss von Bird & Bird erste Einblicke in das „Sandboxing“ gegeben. Dieser „Sandkasten“ erlaubt es erfolgreich registrierten FinTechs, ihre neuen Ideen für einen bestimmten Zeitraum an echten Endkunden auszuprobieren – unter erleichterten regulatorischen Anforderungen. Als Vorreiter hierfür gilt Großbritannien: Die FCA erlaubt erfolgreich registrierten FinTechs, ihren Service für sechs Monate am Endkunden auszuprobieren. Dies wird entweder durch den Wegfall eines Duldungsbescheids oder durch die Anwendung diverser Waiver ermöglicht. In den USA, Singapur, Hongkong und Australien gibt es bereits ähnliche Bestrebungen. In Deutschland wird dieses Thema durch die Aufsicht etwas konservativer angegangen. Die gewerberechtliche Anmeldung würde hier beispielsweise nicht entfallen. Es könnte jedoch über eine „Semi-Sandboxing“-Lösung nachgedacht werden, bei der unter gewissen Voraussetzungen Erleichterungen bei der Gründung einer Bank eingeräumt werden können: Ein Aufatmen ging durch die Reihen der anwesenden FinTech-Gründer, die sich dadurch den einen oder anderen All-Nighter ersparen könnten.

Mit dieser positiven Nachricht starteten vier Teilnehmer zur Thematik InvestTech in den Beauty Contest, um ihr jeweiliges USP dem Publikum vorzustellen: Diversifikator (DE), True Wealth (CH), Sybenetix (UK) und Symetrics (NL). Die Geschäftsmodelle der InvestTechs reichen von Automated Advisory über Social Trading bis hin zu digitalem Investment Management. Potenzielle Investoren beantworten hierbei meist einen Fragenkatalog – angelehnt an den WpHG-Fragebogen. Die Antworten werden mittels Algorithmen automatisch in eine Investmentstrategie transferiert, welche meist durch ein Portfolio aus kostengünstigen ETFs umgesetzt wird. Ob Robo Advisor als sinnvolle Ergänzung zur Entscheidungsfindung von Investmentmanagern werden oder diese sogar substituieren werden, bleibt hierbei abzuwarten.

Im Anschluss erfolgte dann der Wechsel von der fachlichen Seite der InvestTechs zur juristischen Seite der RegTechs. Es pitchten alyne (DE), Cloudmargin (UK), Global Fund Watch (SE), Kyolab (UK) und Qumram (CH). Diese bieten effiziente Lösungen, um die schiere Flut an regulatorischen Anforderungen an beispielsweise das Risikomanagement oder Compliance-Funktionen von Banken zu bewältigen. Gerade in der hochdynamischen Regulierungsumgebung werden Finanzinstitute in eine Position versetzt, in der das Anforderungsprofil an die Umsetzung gesetzlicher Initiativen ständig erweitert werden muss. Hier erweisen sich RegTechs als äußerst effizient, da diese gegenüber traditionellen Stand-alone-Enterprise-Lösungen schnell, agil und kostengünstig operieren: Ein klarer Vorteil der RegTechs gegenüber etablierten Softwareanbietern.

Abgeschlossen wurde die Vortragsreihe mit einem Thema, das seit einiger Zeit gefühlt auf jeder Meetingagenda von Vorstandsetagen der Banken zu finden ist: Blockchain. Hierzu stellten eauction (UKR), Mamoru (DE), Niiio (DE) und Smart Money (UKR) ihre Lösungen vor. So vielversprechend das Thema als zukünftiger Game-Changer auch ist, so komplex mag es zunächst erscheinen. Einfach gesagt ist die Blockchain jedoch ein dezentrales Protokoll, welches jegliche Art von Transaktionen zwischen Gegenparteien abbildet und Veränderung transparent macht. Durch seine Dezentralität (die Protokolle liegen auf dem Rechner eines jeden Users) und seine Unveränderbarkeit (keine nachträgliche Änderung von Transaktionen) besteht keinerlei Manipulationsmöglichkeit. Durch den fehlenden Intermediär (beispielsweise eine Bank) können Transaktionen direkt zwischen den Parteien abgewickelt werden. Das Zusammenspiel dieser Faktoren – vor allem aber die Obsoleszenz eines Intermediäres – macht den Handlungsbedarf von Banken bezüglich der Implementierung innovativer Lösungen oder im Extremfall sogar des Neudenkens deren Geschäftsmodelle so transparent wie die Blockchain selber.

Fazit

Die Finanzbrache ist um Umbruch. An der Gestaltung des Umgangs mit diesem Umbruch ist der Gesetzgeber maßgeblich beteiligt. Das Forum zeigte deutlich, dass sich in dieser „David gegen Goliath“-Situation nicht etwa etablierte Banken und FinTechs gegenüberstehen. Vielmehr nimmt die Aufsicht die Person des Goliaths ein: Die Gestaltung des Umgangs mit disruptiven Technologien und ihren Auswirkungen liegt nämlich in ihren Händen. Wenn die Aufsicht einen Rahmen schafft, in dem die FinTechs in der Lage sind, barrierefrei und fair in den Markt einzutreten, wäre der deutsche Finanzmarkt einen großen Schritt weiter auf dem Weg in Richtung der notwendigen Rechtssicherheit. Erst wenn diese Annäherung zwischen Regulatorik und FinTechs geschaffen wird, kann die Grundlage für die notwendige Öffnung der Banken gegenüber den FinTechs gewährleistet werden.

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