Wie steht es um die Finanzkompetenz der Gen Z? Unser Gespräch mit Tomorrow

Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es zwischen der Generation Z und anderen Generationen im Umgang mit, in der Einstellung zu den und im Wissen über die eigenen Finanzen? Diese Frage haben wir zum Anlass genommen, um mit Maria Mondry, Head of Banking bei Tomorrow, über das Thema Finanzbildung zu sprechen. Tomorrow, der nachhaltige Bankinganbieter aus Hamburg, hat im Februar gemeinsam mit dem Marktforschungsunternehmen Appinio eine Umfrage zum Finanzverhalten der Generation Z durchgeführt.

Unter Gen Z versteht das FinTech alle Teilnehmenden, die zum Zeitpunkt der Befragung zwischen 16 und 27 Jahre alt waren. Befragt wurden 1.000 Personen (201 Personen der Gen Z, 799 Personen über 27 Jahre) im Zeitraum vom 13. bis zum 14. Februar 2024.

In unserem Interview werfen wir einen Blick auf die Ergebnisse der Umfrage und zeigen auf, welche Schlussfolgerungen Tomorrow für sich daraus zieht.

Finanzielle Bildung: Ausgangslage & Studienerkenntnisse

Maria Mondry, Head of Banking bei Tomorrow, im Interviw zum Thema Finanzbildung
Maria Mondry, Head of Banking bei Tomorrow

Hallo Maria, Was war der Anlass dafür, diese Studie durchzuführen?

Mit der Finanzkompetenz unserer (potenziellen) Kund:innen beschäftigen wir uns bei Tomorrow intern schon seit unserer Gründung in 2018. So haben wir in den letzten Jahren bereits einige Umfragen mit unserer Zielgruppe durchgeführt. Das Ziel: Verstehen, welche Bedürfnisse sie hat und wie wir sie mit unserem Produkt unterstützen können. Dabei haben wir gemerkt, dass es keine aktuellen und repräsentativen Studien gibt, die sich auf den Stand der Finanzkompetenz beziehen. Als wir das Thema Appinio vorgestellt haben, waren auch sie sofort begeistert und haben das Potenzial gesehen.

Warum habt ihr die Zielgruppe Gen Z fokussiert?

Die Generation Z wächst in einer Zeit auf, die durch Inflation, Rentenlücken und wirtschaftliche Unsicherheiten gekennzeichnet ist. Digitale Produkte wie Neobroker verschaffen der Zielgruppe direkten und einfachen Zugang zur Börse, sogenannte Finanzinfluencer:innen klären in sozialen Medien über Finanz- und Investitionsthemen auf. All das ist neu und prägt die Finanzkompetenz der Generation Z – eine superspannende Ausgangslage!

Wie seid ihr bei der Auswahl der Stichprobe vorgegangen – wurden für die Befragung nur eigene Kund:innen herangezogen?

Die Auswahl der Teilnehmenden erfolgte national repräsentativ für das Alter und Geschlecht der deutschen Bevölkerung durch unseren Partner Appinio – unabhängig von unseren eigenen Kund:innen.

Welchen Einfluss hat die kleinere Stichprobengröße von rund 200 befragten Personen aus der Gen Z im Vergleich zu knapp 800 Personen in der Referenzgruppe auf die theoretischen und praktischen Implikationen, die ihr aus der Studie zieht?

Wir haben uns gemeinsam mit Appinio bewusst für diese Aufteilung entschieden, um eine national repräsentative Studie zu gewährleisten. Die Zielgruppengröße von 200 Teilnehmenden aus der Generation Z reicht dabei aus, um Schlussfolgerungen aus den Daten zu ziehen. Was es jedoch auch heißt: Um die Ergebnisse reproduzierbar zu machen, können wir die Generation Z nicht in noch kleinere Segmente unterteilen, z. B. nach Geschlecht.

Was sind für euch die wesentlichen Ergebnisse und Erkenntnisse der Studie?

  • Über alle Generationen hinweg zeigen nur 6 % der Befragten ein solides Finanzwissen, haben also alle Wissensfragen richtig beantwortet.
  • Jede dritte Person hat in diesem Jahr noch überhaupt nicht gespart.
  • Die Generation Z misst Freund:innen bei Finanzfragen eine deutlich größere Bedeutung zu als die Personen ab 28 Jahre.
  • Frauen haben über alle Generationen hinweg eine bessere Übersicht über ihre alltäglichen Finanzen, Männer beweisen allerdings ein höheres Finanzwissen.

Gen Z im Generationenvergleich

Worin unterscheidet sich die Gen Z von den anderen Generationen und worin nicht?

Finanzwissen: Entgegen vieler Vorurteile ist auf den ersten Blick kein tatsächlicher Abfall des Finanzwissens zwischen den Generationen erkennbar: Sowohl in der Generation Z als auch in der Gruppe ab 28 Jahre haben nur etwa 6 % ein solides Finanzwissen und damit alle Wissensfragen richtig beantwortet.

Budgetkontrolle: In beiden Befragungsgruppen haben nur 10 % die volle Kontrolle über ihr Budget – sprich, dieser Anteil kennt die eigenen Ausgaben für Fixkosten, variable Kosten sowie Sparen und Investieren sehr gut.

Sparen und finanzielle Zukunft: In der Generation Z haben 26 % in den letzten drei Monaten nichts gespart oder investiert – sie unterscheidet sich damit kaum von den Personen ab 28 Jahre (29 %). Jede:r Fünfte (19 %) in der Generation Z blickt gleichgültig in die eigene finanzielle Zukunft – und damit deutlich öfter als die älteren Generationen (9 %).

Private Altersvorsorge: Was die Beliebtheit der Vorsorgemöglichkeiten angeht, unterscheiden sich die Generationen nicht: Generationsübergreifend setzen die meisten auf Klassiker (Tagesgeld, Lebensversicherung, Bausparen, Riester, Rürup), Immobilien und Aktien. Beim Erbe zeigen sich dagegen klare Unterschiede: Während jede:r Fünfte in der Generation Z (21 %) mit Erbschaft als Form der privaten Altersvorsorge plant, sind es bei den Personen ab 28 Jahre nur 11 %.

Beratung und Austausch: Ein Trend ist in der Generation Z klar erkennbar: Finanzen und Freundschaften rücken deutlich enger zusammen, es zeigt sich eine zunehmende Enttabuisierung von Finanzthemen im Privaten. Die Generation Z wendet sich bei Finanzentscheidungen sehr viel eher an Freund:innen (Generation Z: 37 %, Personen ab 28 Jahre: 23 %), spricht mit diesen deutlich öfter über ihr Einkommen (Generation Z: 42 %, Personen ab 28 Jahre: 30 %) und würde sich eher Geld von Freund:innen oder Familie leihen. Nur jede:r Fünfte in der Generation Z (20 %) vertraut auf das eigene Wissen bei Finanzentscheidungen. Bei den Befragten ab 28 Jahre ist es jede:r Dritte (31 %).

Welche Ergebnisse bestätigen eure Vermutungen über die befragten Zielgruppen?

Geschlechterunterschiede: Im Geschlechtervergleich sehen wir echte Unterschiede hinsichtlich des Investitionsverhaltens – das stimmt auch mit unseren Erfahrungen überein. Frauen investieren seltener als Männer und wählen eher risikoarme Produkte für ihre private Altersvorsorge. Auch in Bezug auf die Gefühle beim Blick in die finanzielle Zukunft bestätigt sich unsere Vermutung: Frauen machen sich mehr Sorgen, Männer blicken eher gleichgültig in die Zukunft.

Vertrauen in die gesetzliche Altersvorsorge: Dass das Vertrauen in die gesetzliche Altersvorsorge gering ist, hatten wir vermutet. Im Vergleich zu den anderen Vorsorgemöglichkeiten ist die gesetzliche Rente bei der Gen Z am unbeliebtesten: Nur 17 % bauen darauf. Bei den Personen ab 28 Jahre sind es 21 %; damit liegt die gesetzliche Altersvorsorge im Ranking der Vorsorgeformen auf dem vorletzten Platz vor der Erbschaft. Gerade hinsichtlich der aktuellen Entwicklungen und Berichterstattungen finde ich das wenig überraschend.

Wissen über und Umgang mit Finanzen: überraschende Studienergebnisse

Welche Studienergebnisse haben euch überrascht und warum?

Finanzinfluencer:innen vs. professionelle Finanzberatende: Sowohl in der Generation Z als auch in der Gruppe ab 28 Jahre sind professionelle Finanzberatende die Anlaufstelle Nr. 1. Damit hätten wir nicht gerechnet. Außerdem haben wir gedacht, dass Finanzinfluencer:innen in der Generation Z wichtig sind. Auch wenn ihre Bedeutung deutlich steigt, würden sich in der Gen Z allerdings nur 29 % bei konkreten Finanzfragen auf Finanzinfluencer:innen verlassen (Beratende: 39 %).

Erbe: Dass 21 % der Generation Z auf Erbschaft bei der privaten Altersvorsorge setzen, finde ich doch echt überraschend. Auch wenn im Vergleich mit den anderen Vorsorgeformen Erbschaft auf Platz fünf von sechs steht, ist es immerhin jede:r Fünfte (21 %).

Finanzwissen: In allen Generationen haben nur 6 % alle vier Wissensfragen richtig beantwortet. Da hätte ich mehr erwartet!

Sparen: Insbesondere im Zusammenhang mit dem geringen Vertrauen in die gesetzliche Rente lässt die geringe Sparquote (fast ein Drittel der Befragten hat in den letzten drei Monaten nicht gespart) meine Alarmglocken läuten. Sie zeigt aber auch ein so wichtiges Handlungsfeld auf, denn das ist nun einmal die Lebensrealität so vieler Menschen.

Freund:innen: Was eine wirklich schöne Überraschung für mich war: die deutlichen Unterschiede zwischen den Generationen in Bezug auf Freund:innen. An diese Hypothese hatten wir im Vorfeld gar nicht gedacht.

Einkommen: Mir war nicht klar, dass die Gen Z so viel offener über ihre Finanzen spricht – eine wirklich tolle Entwicklung! Tatsächlich sprechen aber die meisten der Befragten, neun von zehn, über ihr Einkommen.

Learnings für Finanzdienstleister

Welche konkreten Handlungsfelder ergeben sich für euch als Finanzdienstleister aus der Studie? Was lässt sich für Tomorrow aus den Studienergebnissen ableiten?

Ganz klar: Die Studie hat mir noch einmal bestätigt, wie enorm wichtig die Vermittlung von Finanzwissen ist. Hier werden wir unsere Bildungsangebote in unserem Magazin, in unseren sozialen Medien und innerhalb der App weiter ausbauen.

Um die Kontrolle über das eigene Budget zu erhöhen, planen wir weitere Angebote in der App, die dies ermöglichen sollen. Ein Feature, welches wir hierfür schon entwickelt haben und weiter ausbauen, ist die Monatsübersicht. Sie kategorisiert automatisch die Ausgaben des jeweiligen Monats und hilft dabei, die eigenen Ausgaben immer im Blick zu haben und Sparpotenziale zu erkennen.

Außerdem arbeiten wir an weiteren Sparprodukten und -features, um das regelmäßige Sparen zu erleichtern.

In der Befragung haben die Teilnehmenden angegeben, dass sie bei Geldanlagen neben professionellen Finanzberatenden vor allem auf ihr eigenes Wissen vertrauen oder Familie und Freund:innen zu Rate ziehen. Welche Veränderungen ergeben sich daraus für euch bspw. hinsichtlich der Kanäle oder des Beratungsangebots, über die bzw. mit dem Tomorrow die Gen Z künftig ansprechen will?

Wir werden unser Bildungsangebot noch weiter ausbauen und überprüfen, wie wir die Bedürfnisse der Gen Z in Einklang mit unserem Produktangebot bringen können.

Finanztipps für die Gen Z

Was würdet ihr Kund:innen aus der Gen Z auf Basis der Studienergebnisse in Bezug auf ihr Finanzverhalten empfehlen?

Finanzwissen ist die Basis: Findet Formate, die zu euch passen und mit denen es Spaß macht, etwas über Finanzen zu lernen. Nur so erlangt ihr die Grundlage für finanzielle Entscheidungen.

Tauscht euch aus: Tauscht euch mit Freund:innen aus, lernt voneinander und inspiriert euch. In der Regel seid ihr mit euren Fragen und Herausforderungen nicht allein.

Sparen: Wenn es geht: Fangt jetzt schon an, regelmäßig zu sparen, damit dies zu einer Gewohnheit wird. Es müssen keine großen Summen sein, aber die Regelmäßigkeit wird euch in Zukunft helfen. Setzt euch Sparziele und feiert euch auch für die kleinen Erfolge. Und ganz wichtig: Natürlich ist Sparen immer auch eine Frage von Privilegien. Wenn auch eine kleine Sparsumme aktuell nicht realisierbar ist, dann setzt an anderer Stelle an. Vielleicht startet ihr mit einem Haushaltsbuch für einen besseren Budgetüberblick oder hört einen Podcast zum Thema Altersvorsorge. Jeder kleine Schritt ist einer in die richtige Richtung.

Vielen Dank für eure Antworten und eure Zeit.

Sprechen Sie uns gerne an!

Sandra Blein / Autorin BankingHub

Sandra Blein

Senior Consultant Office Berlin

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