E2E-Transformation: Silos aufbrechen für Kundenzufriedenheit, Effizienz und Unternehmergeist

E2E-Organisation ermöglicht es Finanzdienstleistern den Kunden mit seinen Anforderungen in den Mittelpunkt zu stellen und gleichzeitig auf eine effektive und effiziente Leistungserbringung zu achten. Die Transformation hin zu einer solchen E2E aufgestellten Organisation betrifft nahezu alle Bereiche eines Finanzdienstleisters und geht deutlich über eine reine Reorganisation hinaus.

Mit unserem Framework bieten wir Ihnen eine umfassende Möglichkeit, alle Facetten der Transformation zu berücksichtigen und Ihren Transformationspfad entsprechend Ihrer spezifischen Unternehmenssituation zu gestalten. Erfahren Sie im Folgenden, welche Faktoren besonders wichtig sind, um Kundenorientierung, Effizienz und Unternehmertum nachhaltig zu fördern.

Warum E2E-Transformation?

Bankkunden erwarten reibungslose und performante Lösungen auf Knopfdruck. Es zählt nicht mehr das Bankprodukt allein, sondern das Produkt bzw. der Prozess sollte entlang der gesamten Customer Journey ein positives Kundenerlebnis schaffen. Dabei müssen traditionelle Banken im Wettbewerb mit Fin- und Big Techs bestehen sowie neue Markttrends frühzeitig erkennen. Gleichzeitig sind viele Häuser nach wie vor „siloartig“ organisiert (illustrativ dargestellt in Abbildung 1).

„Siloartige“ Organisationsstruktur (illustrativ) Abbildung 1 „Siloartige“ Organisationsstruktur (illustrativ)

Diese Organisationsform führt tendenziell zu Inflexibilität, Reaktivität und einer Fokussierung nach innen. Prozesse werden in der Regel bereichsintern optimiert – Wechselwirkungen mit anderen Bereichen und Kundenanforderungen maximal nachgelagert betrachtet. Budgets und andere Ressourcen werden auf einzelne Organisationseinheiten verteilt – und somit Flexibilität und Unternehmertum deutlich erschwert.

Viele Finanzdienstleister gehen mit der Einführung agiler Zusammenarbeitsmodelle dagegen an. Doch ohne Anpassung der Organisationsstruktur sind diese oft auch in den Silos „gefangen“ oder stoßen spätestens bei der Ressourcenallokation an ihre Grenzen. Abhilfe könnte die Einführung eines agilen Organisationsmodells schaffen. Doch die Umstellung einer siloartigen auf eine komplett agile Organisationsform ist häufig zu radikal, verunsichert Mitarbeitende und führt folglich nicht zum gewünschten Ergebnis.

Die Lösung liegt in der Einbettung von agilen und somit crossfunktionalen Zusammenarbeitsmodellen in eine organisatorische Aufstellung nach primär kundenorientierten Produkt- oder Leistungsclustern – einer sogenannten E2E-Organisation.

Die Cluster verantworten dabei Produkte bzw. Leistungen E2E – d. h. vom Kundenbedürfnis bis zur Leistungserstellung. Sie stellen demnach den Kunden mit seinen Anforderungen in den Mittelpunkt, achten aber gleichzeitig auch auf eine effektive und effiziente Leistungserbringung. Zentrale Steuerungsmechanismen wie Projektportfoliomanagement und Budgetierung stellen sicher, dass die Aktivitäten aller Cluster auf die übergreifenden Unternehmensziele einzahlen.

Die Transformation hin zu einer solchen E2E-Organisation wird als E2E-Transformation bezeichnet. Sie betrifft nahezu alle Bereiche eines Finanzdienstleisters und geht deutlich über eine reine Reorganisation hinaus. Nicht zuletzt erfordert sie einen grundsätzlichen Wandel in der Kultur. Auf Basis verschiedener Transformationsprojekte hat zeb ein Framework entwickelt, das dabei hilft, alle Facetten der E2E-Transformation zu berücksichtigen, und somit klare Orientierung von der Konzeption bis zur Umsetzung gibt.

Wie E2E-Transformation gestalten?

Um eine E2E-Transformation der Organisation erfolgreich zu gestalten, sind drei Ebenen sowie der Transformationsweg zu berücksichtigen.

  • Die Management-Ebene bildet die strukturierenden und steuernden Elemente ab.
  • In der Delivery-Ebene werden die Rollen und das Zusammenarbeitsmodell festgelegt.
  • Die Enabler-Ebene beinhaltet Leistungen, die die Organisation bei der Umsetzung der Transformation und dem zukünftigen Operating Model unterstützen.

Die Transformation ist über alle drei Ebenen anzugehen und wird über den Transformationsweg abhängig von der spezifischen Unternehmenssituation ausgestaltet (siehe Abbildung 2).

E2E-Transformation: zeb-E2E-Framework Abbildung 2: zeb-E2E-Framework

Delivery-Ebene

In der Delivery-Ebene stehen Rollen und das Zusammenarbeitsmodell im Vordergrund, die agilen Prinzipien folgen (siehe Abbildung 3 für eine Übersicht). In großen Unternehmen mit mehreren Produkten ist der richtige Schnitt der einzelnen E2E-Cluster – d. h., welche E2E-Prozessketten erfüllen welche Kundenbedürfnisse – von hoher Bedeutung.

Jedes E2E-Cluster ist modular aufgebaut und wird von einer/einem Cluster Lead geleitet. Durch deren/dessen hohe Verantwortung empfiehlt sich eine Besetzung auf Managementlevel, schließlich verantwortet die/der Cluster Lead gegebenenfalls mehrere dem Cluster zugehörige Produkte in Run und Change. Ihre/Seine Aufgabe ist es, die einzelnen E2E-Teams zu koordinieren.

Jedem Cluster unterliegen mehrere E2E-Streams, welche z. B. nach Produkten eingeteilt werden können. Ein Cluster könnte beispielsweise „Finanzierung“ sein und mögliche Streams sind Unterkategorien wie „Immobilienkredit“, „Ratenkredit“ usw. Im Rahmen der Budgetverantwortung ist die/der Cluster Lead für eine Priorisierung der einzelnen Budgetressourcen für die jeweiligen Streams zuständig. Auf Basis der identifizierten Entwicklungspotenziale der einzelnen Streams kann sie/er entsprechend das zur Verfügung stehende Budget allokieren. Wie die Budgets eingesetzt werden, entscheiden die einzelnen Streams autark.

Jeder E2E-Stream wird von einer/einem verantwortlichen Product Owner geführt. Product Owner sind der/dem Cluster Lead Rechenschaft schuldig und für den Erfolg des Produkts verantwortlich. Ihre Aufgabe besteht in der Priorisierung der Stream-spezifischen Anforderungen. Sie sollten Personen sein, die eine breite Kenntnis von sowie ein hohes Interesse an Konzeption und Verbesserung des Prozesses haben.

Das restliche Team eines jeden Streams ist crossfunktional zusammengesetzt. Dies beinhaltet Mitarbeitende aus verschiedenen Abteilungen, beginnend mit Vertriebsmitarbeitenden, die die Bedürfnisse der Kunden kennen, bis hin zu Mitarbeitenden im Risikomanagement und -controlling. Die crossfunktionalen Teams arbeiten an der ständigen Verbesserung eines Streams. Besonderes Augenmerk liegt hierbei auf der Verzahnung von Fachbereichen und IT. Als Teil des E2E-Streams sind die IT-Verantwortlichen integrales Element in der Steigerung der Lieferfähigkeit. Sie sind in der Lage, schnell auf geänderte fachliche Anforderungen reagieren zu können.

Abhängig von der Größe der E2E-Streams – sowie bei Einführung des Zusammenarbeitsmodells – empfiehlt es sich, Coachinnen und Coaches hinzuzuziehen. Eine Coachin bzw. ein Coach hat die benötigten methodischen Fähigkeiten (z. B. Scrum, Design Thinking, OKR) und ist frühzeitig in der Lage, auf potenzielle Störungen und Abweichungen moderierend zu reagieren.

E2E-Transformation: Rollen und Zusammenarbeitsmodell, Delivery Abbildung 3: Rollen und Zusammenarbeitsmodell in der Delivery-Ebene

Management-Ebene

Damit die Delivery-Ebene auch in der praktischen Umsetzung tragfähig ist, muss sie in eine dazu passende und fördernde Unternehmensstruktur eingebettet sein (siehe Abbildung 4). Die bereits beschriebenen Cluster bilden dabei die Organisation, die von übergreifenden Funktionen zur Steuerung der Cluster eingerahmt wird.

Die übergreifenden Funktionen stellen sicher, dass alle E2E-Cluster zum Unternehmenserfolg beitragen, und steuern die verschiedenen Cluster zielgerichtet.

  • Die Autonomie der Cluster (1) birgt die Gefahr, dass nicht alle Tätigkeiten auf die übergreifenden Unternehmensziele einzahlen.
  • Durch einen strukturgebenden Rahmen der Organisation (2) wird dem entgegengewirkt.
    • Zu dem angesprochenen Rahmen gehören strategisches Portfoliomanagement, Architekturmanagement sowie zentrale Corporate-Center-Funktionen wie Finance und HR.
    • Hier erfolgen u. a. die Priorisierung des Change auf Basis von Marktpotenzialen und Kundenanforderungen, die Allokation der Budgets auf die einzelnen Cluster und die Vorgabe der Methodik zur Messung der Performance (a).
    • Die E2E-Cluster definieren dann geeignete KPIs, berichten diese regelmäßig (b) und tragen so zu ihrer angemessenen Steuerung bei.
E2E-Transformation: Struktur- & Steuerungsmodell Abbildung 4: Struktur- und Steuerungsmodell (systematisch)

Enabler-Ebene

Für eine optimale Implementierung der E2E-Organisation benötigen die Cluster die richtigen Tools und Fähigkeiten. Diese Enabler sind für die E2E-Transformation erfolgskritisch und müssen unternehmensindividuell angepasst und eingesetzt werden.

Auf der einen Seite sind hier klassische (agile) Methoden und Tools zu nennen wie Scrum, Design Thinking oder OKR. Diese Formate helfen dabei, die Zusammenarbeit in den eigenverantwortlichen Clustern zu strukturieren und zu kanalisieren. Sie sollten durch technische Lösungen unterstützt werden. Damit sind jedoch nicht nur geeignete Softwarelösungen zur Kollaboration gemeint, sondern auch eine flexible sowie skalierbare IT und Technik mit modularisierbaren Systemen.

Auf der anderen Seite sind die richtigen Methoden und Systeme wertlos, solange kein Change im Mindset herbeigeführt wird. Ein Mindset und eine Kultur, die offen für Feedback und Fehler sind, und ein dazu passendes Führungsverständnis sind essenziell für ein gesteigertes Vertrauensverhältnis zu den Mitarbeitenden. Dieses Fördern sowie die Autonomie und Eigenverantwortung der einzelnen Cluster und Streams sind der Schlüssel zum Erfolg.

Gleichzeitig müssen Mitarbeitende das Arbeiten mit gesteigerter Eigenverantwortung annehmen und auch erlernen. Dabei hilft das Erzeugen schneller Erfolge und damit eines „Proof of Concept“, womit eine Sogwirkung erzielt wird. Wenn diesen eher weichen Faktoren ausreichende Bedeutung beigemessen wird, ist bereits ein Großteil potenzieller Hürden bei einer E2E-Transformation beseitigt.

Transformationsweg

Die E2E-Transformation muss auf allen drei Ebenen gleichzeitig angegangen werden. Eine reine Konzentration, beispielsweise auf die Delivery-Ebene, reicht nicht aus, da dann wichtige Steuerungsmechanismen und Enabler fehlen.

Nach dem Leitmotiv „revolutionäres Zielbild und evolutionäre Umsetzung“ wird ein groß gefasstes Zielbild entwickelt, dem man sich iterativ nähert. Die Transformationsgeschwindigkeit wird dabei maßgeblich vom gewählten Vorgehen beeinflusst: Eine radikale Transformation zeichnet sich durch eine höhere Transformationsgeschwindigkeit aus. Dieser Top-down-Ansatz erfordert aber das uneingeschränkte Commitment aller Führungskräfte und ist häufig mit internen Widerständen verbunden.

Eine sequenzielle Transformation hingegen wird z. B. aus einem Projekt heraus oder durch einen Zusammenschluss einiger Führungskräfte angestoßen und verändert das Unternehmen nach und nach in konzentrischen Kreisen. Zwar erfordert dieses Vorgehen einen längeren Umsetzungszeitraum, jedoch sorgt es für einen kulturellen Wandel von innen. Die sequenzielle Transformation ermöglicht durch Lerneffekte eine effektivere Steuerung und sorgt so für die notwendige Akzeptanz in der Organisation und bei ihren Mitarbeitenden.

Wie den Transformationserfolg sicherstellen?

Das vorgestellte Framework hilft dabei, alle Facetten einer E2E-Transformation zu berücksichtigen. Um die Transformation aber zu einem Erfolg zu machen und nachhaltig Kundenorientierung, Effizienz sowie Unternehmertum zu fördern, sollten verschiedene Erfolgsfaktoren beachtet werden. Einige der wichtigsten sind dabei:

  • „Buy-in einfordern“: Eine E2E-Transformation erfordert von Führungskräften die Bereitschaft, Verantwortung abzugeben bzw. neue Verantwortungen zu übernehmen und Silos aufzureißen – Management-Commitment ist daher der Kernerfolgsfaktor einer E2E-Transformation.
  • „Erlebbar machen“: Die Mehrwerte einer E2E-Transformation müssen für alle Mitarbeitenden von Anfang an sichtbar und während der Transformation erlebbar gemacht werden. Dafür sollte man Führungskräfte und Mitarbeitende die Transformation über (agile) Sprints (in abgestecktem Rahmen und mit definiertem Handwerkskoffer) selbst gestalten lassen.
  • „Sweet Spot finden“: Eine Strukturierung bzw. ein Zuschnitt der E2E-Cluster, die bzw. der zum jeweiligen Finanzdienstleister passt, ist unabdingbar für die spätere reibungslose Zusammenarbeit in der Delivery-Organisation.
  • „Mit Bootszielen steuern“: Teamziele sollten gemeinschaftlich entwickelt werden, um das Buy-in der betroffenen Führungskräfte und Mitarbeitenden zu erhalten. „Unternehmertum fördern“ sollte eines der wichtigsten Ziele des darauf aufbauenden (flexiblen) Anreizsystems sein.
  • „Fehler passieren lassen“: Nur eine gelebte Fehlerkultur bietet Führungskräften und Mitarbeitenden die notwendige Sicherheit, um unternehmerische Verantwortung übernehmen zu können und vor allem übernehmen zu wollen.
  • „Aus Pilotprojekten lernen“: Ausgewählte Cluster/Produkte sollten in Pilotprojekten gestartet werden. Damit können erste Erfolge und ein Proof of Concept erzielt werden, um für einen späteren Roll-out – entweder nach Top-down- oder Bottom-up-Prinzip – zu lernen.

Die oben genannten Erfolgsfaktoren zeigen, dass es bei einer E2E-Transformation natürlich auch auf den richtigen Zuschnitt der Cluster, die Definition von Zusammenarbeitsmodellen und andere konzeptionelle Themen ankommt, ausschlaggebend aber die eher weichen Faktoren sind, die den grundlegenden Wandel in der Kultur ermöglichen.

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Horst Kleinlein / Autor BankingHub

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