Wertewandel und Führungskräfte-entwicklung

Wertewandel: Mitarbeiter von Kreditinstituten werden älter und setzen sich aus bis zu fünf Generationen zusammen, teilweise mit verschiedenen Werthaltungen.

Unterschiedlichen Werthaltungen sowie Anforderungen an Personalführung

Die Mitarbeiter von Kreditinstituten werden älter und setzen sich inzwischen aus vier, teilweise sogar fünf Generationen mit teilweise sehr unterschiedlichen Werthaltungen sowie Anforderungen an Personalführung und Arbeitsplatzgestaltung zusammen (vgl. Abbildung 1).

Abbildung 1: Mitarbeiter von Kreditinstituten setzen sich aktuell aus unterschiedlich geprägten Generationen zusammen

Die jungen Generationen bringen ein neues Verständnis von Arbeit und Führung in die Unternehmen, das geprägt ist von dem Wunsch nach Kommunikation, Teamwork und wertschätzender Führung sowie einem hohen Pragmatismus – weniger hingegen von dem Wunsch nach Visionen und „klarer Ansage“.

Hinzu kommen ein hoher Stellenwert der Familie und der wachsende Wunsch junger Männer, die klassische Rolle des „Ernährers“ zu verlassen und ihre Vaterschaft zu erleben. Gleichzeitig stellen Frauen die größte Zahl der Berufsanfängerinnen und -anfänger in hoch qualifizierten Jobs. Trotzdem ist die Arbeitswelt von den Idealvorstellungen dieser jungen Frauen weit entfernt.

Ergebnisse der zeb.HR-Studie: Veränderungskompetenz nicht systematisch unterstützt

Die zeb.HR-Studie zeigt, wie es aktuell in den Banken und Sparkassen aussieht. Die gute Nachricht gleich vorweg: Nur 14 % der Belegschaften wird als „unmotiviert“ oder gar „innerlich gekündigt“ beschrieben. Die schlechte Nachricht: Es werden auch nur 15 % als „hoch engagiert“ eingeschätzt, was ziemlich genau dem Durchschnittswert aller Branchen in Deutschland entspricht. Trotz dieses sehr durchschnittlichen Bilds fühlen sich 81 % der Kreditinstitute attraktiver für Bewerber als andere Unternehmen und 85 % denken, dass sie attraktiver für Mitarbeiter sind als ihre Wettbewerber.

Abbildung 2: Einschätzung der Mitarbeitermotivation im Durchschnitt und bei Top-Instituten

Im Vergleich zu den Vorjahren werden die Kompetenzen der Führungskräfte im Change Management etwas positiver eingeschätzt (53 % „eher gut“ oder „sehr gut“). Die systematische Unterstützung erfolgt im Durchschnitt der Institute jedoch nicht. Der erreicht nur einen Qualitätswert von 45 %: Dies entspricht einem Personalmanagement, das zwar „bei Bedarf“ und „auf Anfrage“ aktiv wird, aber nicht aus eigenem Antrieb (vgl. Abbildung 3). Die Top-Institute haben hier ihren Qualitätsvorsprung auf fast 70 % ausgebaut, was einer regelmäßigen Unterstützung entspricht, die in Teilen systematisch mit anderen Aktivitäten des Unternehmens vernetzt ist.

Abbildung 3: Führungskompetenzen und Qualität der methodischen Unterstützung im Veränderungsmanagement

Lösungsansatz: Nur keine Krise verpassen

Für die Lösung von Problemen, die durch tief greifenden Wandel entstehen, reicht das gängige hierarchisch geprägte Managementverständnis nicht mehr aus. Die Studie „Führungskultur im Wandel“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales im Rahmen der „Initiative Neue Qualität der Arbeit“  zeigt Wege zu erfolgreicher Umsetzung:

  1. Der Prozess ist wichtiger als das Ziel: Gestaltung ergebnisoffener Prozesse und sukzessives Vortasten zum Erfolg
  2. Selbstorganisierte Netzwerke: Netzwerkstrukturen statt Hierarchien und die Nutzung der kollektiven Intelligenz autonomer Mitarbeiter in sich selbst organisierenden Netzwerken
  3. Motivation durch Wertschätzung: Gehalt und materielle Anreize nehmen in ihrer Motivationswirkung ab, persönliches Engagement wird vor allem durch Wertschätzung, Entscheidungsfreiräume und Eigenverantwortung erzielt, Autonomie ist wichtiger als Statussymbole
  4. Absage an hierarchische Führung: Zahlenorientierte Steuerung ist angesichts zunehmender Komplexität und Dynamik der Arbeitswelt nicht mehr angemessen; klassische Linienhierarchie wird als Führungsmodell der Zukunft abgelehnt und dient nahezu als Gegenentwurf „guter Führung“

Diese Auflistung macht bereits deutlich, welch tief greifender Wandel und welche enormen Aufgaben den kleineren und mittleren Regionalbanken bevorstehen. Doch im Sinne des Führungsmottos „Never miss a good crisis“ macht der bevorstehende radikale Wandel es auch erst möglich, Maßnahmen auf neue Art anzudenken und umzusetzen.

Umsetzungsbeispiel: Von der Leitlinie zur Führungspraxis

Die verantwortliche Personalleiterin einer überregionalen Bank stand vor der Herausforderung, ein einheitliches Trainingskonzept für Führungskräfte aus unterschiedlichen Standorten mit unterschiedlichen Vorkenntnissen, Unternehmenskulturen und Erfahrungen zu konzipieren und umzusetzen. Dazu wurde im ersten Schritt eine webbasierte Bedarfsanalyse durchgeführt, um die wesentlichen Handlungsfelder und die individuellen Kompetenzausprägungen aufzunehmen. Gleichzeitig konnte über diesen Weg ermittelt werden, welche Führungsthemen als besonders wichtig angesehen wurden, um so Trainingsschwerpunkte festzulegen.

Auf dieser Grundlage und mit klarer Orientierung an zuvor im Vorstand diskutierten Führungsleitlinien wurden die Trainingsinhalte und Formate entwickelt. Die Erkenntnisse aus der Bedarfsanalyse ermöglichten es, in der Umsetzung der Trainingsinhalte auf die individuellen Grundlagen der einzelnen Trainingsgruppen einzugehen, ohne dabei inhaltlich den Standard zu verlassen. Zusätzlich wurde die Individualität der Qualifizierung unterstützt, indem jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer zusätzlich ein kompaktes Einzelcoaching erhielt.

Als positiver Begleiteffekt erwies sich der persönliche und intensive Austausch der Führungskräfte miteinander, der durch die workshoporientierte Ausgestaltung der Trainingsinhalte erreicht wurde. Dabei bestand neben fachlich unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen der Teilnehmer die zentrale Herausforderung darin, auch die unterschiedlichen Hintergründe ausreichend zu berücksichtigen und trotzdem ein gemeinsames Führungsverständnis zu entwickeln. Hierzu vermittelten die Trainer verschiedene Führungsperspektiven, die dann in gemischten Arbeitsgruppen diskutiert, anwendungsorientiert aufbereitet und eingeübt wurden. Im Ergebnis konnte mit einem ca. dreimonatigen Qualifizierungsprogramm ein wesentlicher Beitrag zur Vereinheitlichung des Führungsverständnisses und der Führungskompetenzen erreicht werden. Die Trainingserfolge werden durch weitere Maßnahmen an den einzelnen Standorten (z. B. Telefoncoaching) und regelmäßigen standortübergreifenden Austausch gesichert und weiter ausgebaut.

 

Rückblick auf alle veröffentlichten Artikel der diesjährigen zeb.HR-Studie:

Sprechen Sie uns gerne an!

Prof. Dr. Joachim Paul Hasebrook / Autor BankingHub

Prof. Dr. Joachim Paul Hasebrook

Senior Manager Office Münster

Maren Singer

Manager Office München

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