Die Personalstruktur in Kreditinstituten wird zunehmend ungünstiger: Der Altersdurchschnitt steigt und wird in den kommenden Jahren weiter steigen, weil unter dem aktuellen Kosten- und Konsolidierungsdruck Personal und Kosten reduziert werden.
Ergebnisse der zeb.HR-Studie: Viele Ältere, wenig Beteiligung
Die Ergebnisse der aktuellen zeb.HR-Studie zeigen, dass die Altersstruktur in den teilnehmenden Kreditinstituten zunehmend ungünstiger wird (vgl. Abbildung 1). Die Anzahl an Mitarbeitern über 50 Jahren ist deutlich höher, als nach wissenschaftlichen Empfehlungen gut ist. In einigen Jahren werden diese Mitarbeiter innerhalb kurzer Zeit das Rentenalter erreichen und den Instituten geht viel Erfahrungswissen verloren. Gleichzeitig ist weniger Nachwuchs vorhanden. Die Ergebnisse der zeb.HR-Studie zeigen, dass qualifizierte Bewerber knapp werden. Bereits heute haben 38 % der teilnehmenden Kreditinstitute durchgehend hohe Besetzungsprobleme bei Firmenkundenberatern und weitere 45 % geben an, dass sie Engpässe haben. Aber auch bei Azubis und Privatkundenberatern entstehen vermehrt Besetzungsprobleme.
Die für die Bewältigung der Herausforderung erforderliche Vermittlung von Wissen und Werten in der ganzen Belegschaft – über Alters-, Berufs- und Hierarchiegrenzen hinweg – findet in den teilnehmenden Kreditinstituten nicht ausreichend statt. Der größte Teil der Weiterbildung (39 %) betrifft die Altersgruppe der 18- bis 30-Jährigen. Nur noch 11 % der Weiterbildungsmaßnahmen entfallen auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die älter als 50 Jahre sind. Dabei wird der Nutzen für diese Mitarbeitergruppe deutlich geringer eingeschätzt als für andere Altersgruppen (vgl. Abbildung 2). Es findet kaum noch eine systematische Qualifizierung der Mitarbeiter über 40 Jahre statt. Diese ist aber vor dem Hintergrund neuer Technologien zwingend erforderlich.
Lösungsansatz: Orientierung an Lebensereignissen
Nicht nur für die Personalentwicklung, sondern auch für die Arbeitsorganisation werden neue Modelle für eine lebensereignisorientierte Personalpolitik und ein unternehmensspezifisches Kompetenzmanagement benötigt. Lebensereignisorientiertes Personalmanagement beruht auf einem Stufenplan, wie ihn zum Beispiel die Initiative berufundfamilie GmbH vorschlägt.
Durch die systematische Verknüpfung verschiedener Handlungsfelder und gezielt eingeplante Möglichkeiten zur Individualisierung entsteht ein attraktives Angebot für alle Altersgruppen und Generationen.
Für die Entwicklung eines an Lebensereignissen orientierten Stufenplans muss das Rad nicht neu erfunden werden – oft reicht es, bestehende Maßnahmen anzupassen und bei Bedarf zu ergänzen. Wichtig ist, dass die Maßnahmen unterschiedliche Lebensentwürfe der Generationen berücksichtigen und eine Auswahl von Maßnahmen erlaubt, die sich jeweils am individuellen Bedarf orientiert:
„One size fits all“ gilt vielleicht für Kleidungsstücke, nicht aber für Lebensereignisse und Personalmaßnahmen.
Umsetzungsbeispiel: Arbeitsorganisation einer Kundensparkasse
Erste Schritte zur Anpassung der Arbeitsorganisationsmodelle unternimmt eine Kundensparkasse. Es werden verschiedene Arbeitsorganisationsmodelle zur zeitlichen, räumlichen und inhaltlichen Flexibilität angeboten. Dafür werden bestehende Modelle angepasst und neue Modelle entwickelt.
- Für eine Verbesserung der zeitlichen Flexibilität wird die bestehende Gleitzeitregelung auf eine quartalsweise Betrachtung umgestellt. Zusätzlich wird die Arbeitszeitgrenze der Teilzeitmodelle nach unten aufgeweicht und neue Modelle eingeführt, um sich den veränderten Öffnungszeiten anzupassen. Außerdem wird für die Mitarbeiter ein Modell „UrlaubsPlus“ entwickelt. Mitarbeiter haben die Möglichkeit, entweder 11 oder 21 zusätzliche Urlaubstage durch den Verzicht auf das 13. Monatsgehalt zu erwerben. Als weiteres Angebot gibt es eine Öffnungsklausel für unbezahlten Urlaub. Mitarbeiter können damit maximal sechs Monate unbezahlten Urlaub am Stück nehmen.
- Hinsichtlich der räumlichen Flexibilität wird eine „Homeoffice light“-Regelung angeboten. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können pro Jahr bis zu sechs Arbeitstage im Homeoffice leisten. E-Learning und Selbstlernen decken davon zwei Tage ab. Funktionsbezogen wird die Lern- und Arbeitsleistung gemessen. Für das „Homeoffice light“ wird keine zusätzliche technische Ausstattung angeschafft. Homeoffice-Tage werden rechtzeitig vorher mit der zuständigen Führungskraft abgestimmt.
Zu Steigerung der inhaltlichen Flexibilität wird eine Personalreserve als Springer- und Qualifizierungspool eingerichtet, um geplante und ungeplante Vertretungszeiten abzudecken. Diese Personalreserve sorgt für eine Reduzierung von Personalüberhängen in den einzelnen Bereichen und hilft, kurzfristige Kapazitätsanforderungen z. B. bei Krankenheitsausfällen und Spitzenbelastungen auszugleichen. Die Personalreserve ist aber keine „Reservetruppe“, sondern dient als Qualifizierungsplattform und bietet die Möglichkeit für interne Praktika in anderen Bereichen, ein Corporate Volunteering, das von größeren Unternehmen bereits häufig eingesetzt wird.