Digitale Transformation und Trends im Banking
Hallo Jörg, du hast vor acht Jahren den BankingHub zusammen mit Tristan Holl und Laura Pfannemüller als zeb-Projekt gestartet. Als heutige Chefredakteurinnen der Plattform interessiert uns daher insbesondere dein Antrieb bzw. deine Motivation, den BankingHub damals ins Leben zu rufen. Was sollte mit dem BankingHub erreicht werden?
Ziel des BankingHub in der Initialphase war das aktive Teilen von Wissen und Meinung aus zeb mit interessierten Empfängerinnen und Empfängern im Bankensektor. Durch die sehr spitze Zielgruppenorientierung des Angebots haben wir damals diese Art des „content marketing“ als ideal für zeb eingeschätzt, das von hoher Fachlichkeit geprägt ist. Nicht zuletzt ist der BankingHub bis heute eine Plattform, auf der sich einzelne Mitarbeitende von zeb auch individuell zu Themen positionieren können.
Welche Entwicklungen im europäischen Bankensektor und in der FinTech-Branche waren für dich in dieser Zeit (2014–2016) rückblickend besonders prägend?
Die Jahre ab 2012 waren stark geprägt von den schnell relevanter werdenden „Digitalthemen“. Einer der wesentlichen Trends war und ist auch das offene Teilen von Wissen und Informationen, frei nach dem Motto „sharing is caring“, dem wir mit dem BankingHub gerecht werden wollten. Breiter gefasst waren dies die Jahre, in denen sich Banken mehr und mehr eine klare „digitale Agenda“ gegeben haben, was wir natürlich aus zeb heraus begleiten wollten.
Neue Welt – Banking as a Service, Embedded Finance und Krypto
Nach acht Jahren bei zeb bist du zur KI finance Köln, einer Beratungsboutique mit Fokus auf Digital Banking, gewechselt und seit 2016 bei Solaris tätig – seit 2020 bist du dort Vorstandsmitglied. Das Geschäftsmodell von Solaris ist das Angebot einer Banking-as-a-Service-Plattform, und ihr seid damit Tech-Innovator im Markt. Sieht sich Solaris damit als Wettbewerber zu Banken oder eher unterstützend und komplementär?
Die Solaris Group liefert konkrete Lösungen zur Beantwortung des wesentlichen Trends der letzten Jahre in Financial Services: Wir ermöglichen Embedded-Finance-Angebote, die für den Kunden Finanzdienstleistungen zugänglicher und leichter erreichbar machen. Solaris ist Technologielieferant mit Banklizenz und steht damit nur im indirekten Wettbewerb mit klassischen Bankangeboten, es ist somit ein komplementäres Angebot.
Open Banking bzw. Embedded Finance ermöglicht es neuen Wettbewerbern, über offene Programmierschnittstellen (APIs) neue Services und Mehrwerte zu liefern und weitere Wertschöpfungsketten in der Finanzdienstleistungsbranche zu erschließen. Solaris hat 2021 prognostiziert, dass der Markt für Embedded Finance bis 2025 ein Volumen von rund 230 Milliarden Euro erreichen wird.[2] Welche Trends und Themen in Bezug auf Embedded Finance und Plattform-Banking sind hier für dich gerade besonders spannend? Wohin entwickelt sich Embedded Finance deiner Meinung nach?
Die Markteinschätzungen aller relevanten Expertinnen und Experten stimmen dahingehend überein, dass Embedded Finance mittel- und langfristig der wesentliche Trend im Bereich Finanzdienstleistungen sein wird. Wir beantworten dies durch ein breites Produkt- und Lizenzspektrum (CRR-Lizenz in Europa, EMI-Lizenzen in Europa und UK), mit welchem alle wesentlichen Use Cases im Retail- und weitgehend auch SME-Sektor ermöglicht werden können. Embedded-Finance-Angebote werden sich nicht nur in der Präsenz verbreitern, sondern auch weiter spezialisieren, was am Ende dem Kunden zugutekommt.
Wollt ihr euch in Zukunft stärker im Wertpapiergeschäft aufstellen? Wie sieht es mit einer Positionierung von Solaris in der Kryptowelt aus?
In der Kryptowelt haben wir ein klar definiertes Angebot: Verwahrung und Handel von Digital Assets, zugänglich über einfache RESTful APIs. Im Wertpapiergeschäft gehen wir in diesen Wochen mit einem ersten Produktangebot live, welches wir nach Marktbedarf weiter ausbauen werden.
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Nächste Ziele und Weiterentwicklung von Solaris
Der kombinierte Nettoumsatz von Solaris im Jahr 2021 lag bei über 100 Millionen Euro, was einem Wachstum von über 90 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dieses Jahr strebt Solaris ein nachhaltiges Ertragswachstum in der Größenordnung von 40 bis 60 Prozent an. Wo siehst du, Jörg, die langfristige Ambition von Solaris und welche Meilensteine stehen als Nächstes auf der Agenda? Und was hast du als Chief Platform Officer gerade auf deiner persönlichen strategischen Agenda stehen?
Unsere Vision haben wir wie folgt formuliert: „[…] to create a world where financial services seamlessly sync with life”. Um das zu erreichen, werden wir unsere marktführende Stellung in Europa weiter festigen und ausbauen. In meiner konkreten Verantwortung für die „Produktionsplattform“ der Solaris-Gruppe übersetzt sich dies in die kontinuierliche Weiterentwicklung der Plattform im Produktangebot, weiter steigende Effizienz und Qualität aller Bankprozesse sowie die Erfüllung höchster technologischer und Sicherheitsstandards in allen Dimensionen. Finanzdienstleistungen basieren auf Vertrauen, dafür ist die Qualität unseres Angebots letztendlich die wichtigste Leistungsdimension.
Auf welche Herausforderungen bist du bei Solaris bisher gestoßen und wie hast du diese gemeistert?
Die Balance zu finden zwischen extrem schnellem Wachstum, den spezifischen Besonderheiten eines B2B2X-Geschäftsmodells sowie dem Anspruch ständiger Effizienzsteigerung in allen Prozessen, ist und bleibt die wesentliche Herausforderung. Dies versuchen wir im Team durch hohe Transparenz über die Ziele bei gleichzeitig dezentralisierter Entscheidungskompetenz so zu gestalten, dass jede und jeder Einzelne Entscheidungen tragen kann, ohne dabei das Gesamtbild aus den Augen zu verlieren.
„Banking in zehn Jahren ist …“
Zu guter Letzt: Wie würdest du diesen Satz vervollständigen? „Banking in zehn Jahren ist …“
„… deutlich dezentraler, näher am Kunden und bietet für jeden Use Case die besten Antworten.“ Das ist das, was wir in der App-Economy der letzten Dekade als Individuen gelernt haben und was die Finanzindustrie noch lange nicht beantwortet hat. Embedded Finance, unterstützt durch effiziente, zentrale Dienstleister, ist die einzig mögliche Antwort auf diese Diversität.
Und was sind deine Wünsche für die zukünftige Entwicklung des BankingHub?
Ich wünsche dem BankingHub eine weiterwachsende Leserschaft und hohe Interaktionsraten mit den Konsumierenden. Dies zu erreichen, war in den ersten Jahren die wesentliche Aufgabe und ist sicher in einem immer breiter werdenden Content-Angebot auch weiterhin ein großer Auftrag.
Lieber Jörg, vielen Dank für den interessanten Austausch! Wir wünschen dir und deinem Team weiterhin viel Erfolg!