COVID-19 – Management und Auswirkungen von Kreditportfolios

Am 22. Oktober lud der Fintech Hub zum 10. Get Together für Banken und FinTechs – dieses Mal nicht wie gewohnt in eines unserer Büros, sondern online.

Das Diskussionspanel

Für eine anregende Diskussion sorgten unter Leitung des Moderators Dr. André Ehlerding, Senior Partner von zeb, hochkarätige Redner:

  • Lutz-Christian Funke (KfW-Generalsekretär)
  • Richard Groeneveld (CFRO N26 Bank)
  • Frank Schaum (Beirat PEAC Finance Hamburg)

COVID-19 – Implikationen für den Banken- und FinTech-Sektor

Die Corona-Pandemie ist derzeit allgegenwärtig. So bestimmt sie unser tägliches Leben nun schon seit über einem halben Jahr und ist für viele dennoch „fremd“. Dabei sei das Phänomen „Pandemie“ bereits in der Vergangenheit oft beobachtet worden – ein „Black Swan“ sei es damit eindeutig nicht, so Jens Kuttig, Senior Partner von zeb, in der eröffnenden Keynote. Dennoch ist besonders im Bankenmarkt nicht von einem solchen Event ausgegangen worden. Die Pandemie hat dabei einen Einfluss auf die Risiken im Sektor. Insbesondere das Kreditrisiko stellt ein zentrales und unmittelbares Problem für die europäischen Banken dar, bedingt durch schockartige Umsatzeinbrüche oder die begrenzte Fähigkeit der Absorption zusätzlicher Rückstellungen.

Im klassischen Bankenmarkt zeichnet sich derweil ab, dass etwa ein Drittel der europäischen Großbanken keinen ausreichenden Gewinnpuffer für die Bewältigung der Pandemieauswirkungen hat. Für diese Institute wird es aussichtslos sein, Kapitalrenditen oberhalb der Kapitalkosten zu erwirtschaften.

Wie gut sind die neuen Spieler, die FinTechs, auf das Management der gestiegenen Kreditrisiken vorbereitet? Es ist insbesondere die fehlende Risikokultur, die derzeit ein Problem für die FinTechs darstellt. Während in den vergangenen Jahren eine schnelle Skalierung im Fokus gestanden habe, sei es die fehlende Risikokultur, die das Geschäft vieler FinTechs nun erschwere, so Kuttig.

Trotz der Herausforderungen für den Bankenmarkt kann die aktuelle COVID-19-Krise aber auch ein Impuls für die Weiterentwicklung des Risikomanagements insbesondere der Preispolitik und des Kreditportfolios sein. So sind Szenarioanalysen als Ergänzung zu bisher etablierten Risikoinstrumentarien deutlich auszubauen oder auch die RWA-Produktivität der deutschen Kreditinstitute dringend zu verbessern.

Was nun? – Erkenntnisse der Corona-Pandemie

Dringend die Kunden in strategische Dialoge einbinden!

Was ist nun zu tun infolge der ersten Erkenntnisse der Pandemie? Für Dr. Frank Schaum sind es strategische Dialoge mit den Kunden, die jetzt notwendig sind. Ein gemeinsamer Blick auf die Planung des Kunden soll es ermöglichen, typische Shiftbewegungen zu erkennen und die Implikationen auf die Überlebensfähigkeit der jeweiligen Unternehmen abzuleiten. Einen externen Schock könne man zwar nicht vorhersehen, doch trage Transparenz über solche erkennbaren Shifts wesentlich zur Abfederung eben dieser Schocks bei, so Dr. Schaum.

Wie steht es wirklich um die Unternehmen in der Corona-Krise?

Lage der Unternehmen ist besser als gedacht!

Eine Vielzahl der deutschen Unternehmen ist infolge der Coronakrise in finanzielle Schieflagen geraten. Es wurden daher Maßnahmenpakete der Bundesregierung geschnürt – wie die Coronahilfe der KfW-Bank –, welche die möglichen Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft abfangen sollen. Doch tatsächlich sei der Bedarf an Krediten bislang nicht so hoch gewesen wie erwartet, so Dr. Funke. Bisher wurden insbesondere Schnellkredite genutzt, und bei Unternehmen mittlerer Größe wurde bislang nur die Hälfte der erwarteten Subventionen abgerufen. Für Dr. Funke ist dies ein Indiz, dass die Unternehmen in einer deutlich besseren Verfassung als noch vor zehn Jahren und offensichtlich auch deutlich besser vorbereitet sind. Ein über das vergangene Jahrzehnt verbessertes Risikomanagement ist hierbei ein Hauptfaktor. Doch natürlich sei dies nur eine Momentaufnahme, so Dr. Funke. Eine zweite Welle würde voraussichtlich einen härteren Einschlag darstellen und umfangreichere Maßnahmen wie Sonderprogramme oder Liquiditätsfallschirme erfordern.

Das in diesen Zeiten des Öfteren angesprochenen Phänomen der „Zombie-Unternehmen“, also Unternehmen, die mit dieser staatlichen Liquidität künstlich am Leben gehalten werden, werde zudem kaum beobachtet, so Dr. Funke weiter. Natürlich würden Unternehmen von den Coronahilfen profitieren, die schon vor der Krise strukturelle Probleme aufwiesen, jedoch erkenne man in der Breite kein „Moral Hazard“ in der Verwendung der Kredite.


Und wie gehen die FinTechs mit der Corona-Krise um?

Never waste a good crisis!

Die Krise habe gezeigt, dass die geringe Verfügbarkeit historischer Daten der FinTechs insbesondere jetzt ein Problem darstelle, so Groeneveld. Es muss damit begonnen werden, aus der Krise zu lernen. So sollte im Risikomanagement, bei Businessplänen etc. mehr in Szenarien gedacht werden – auch in Szenarien, mit denen man nicht rechnen kann. Es werde in naher Zukunft noch massig Ausfallrisiken geben, so Groeneveld, was die Notwendigkeit zur Aktion unterstreiche.

Wer ist denn nun eigentlich am meisten von der Corona-Pandemie betroffen?

Banken mit lokaler Präsenz!

Die Pandemie habe unterschiedliche Auswirkungen in Abhängigkeit zum Sektors, insbesondere seien aber das gastronomische und logistische Gewerbe sowie Kleingewerbe und selbstständige Künstlerinnen und Künstler betroffen, so Dr. Schaum. Wenn diese in finanzielle Schieflage geraten, ist es schlussendlich die lokale Bank, welche die Umsatzeinbrüche und Zahlungsausfälle ihrer Kunden zu spüren bekommt. Bankenbilanzen werden in Zukunft voraussichtlich noch deutlich gestresst werden. Dr. Schaum erwartet insbesondere für KMU neben traditionellen Programmen zum Erhalt des Eigenkapitals neue Mezzanineprogramme, um die langfristige Kreditfähigkeit der Unternehmen erhalten zu können.

Was kann aus der Krise mitgenommen werden?

Dringender Handlungsbedarf!

Es müsse sich fortan besser auf Eventualitäten in den verschiedenen Sektoren eingestellt werden, so Dr.  Funke abschließend. Dies ist eine grundsätzliche Notwendigkeit, welche nun jedoch durch die Krise noch verschärft wurde.

Auch sei die Krise ein Weckruf, um Geschäftsmodelle zu überdenken, so Groeneveld. Während in der Vergangenheit die Maxime „too big to fail“ lautete, ist es nun „too small to survive“, was den Unternehmen Sorgen bereitet. Eine Vielzahl von Konsolidierungen am Bankenmarkt sei nun wahrscheinlicher denn je, so Groeneveld.

Es wird immer davon geredet, dass die Normalität nach COVID-19 nicht die sein wird, die wir vorher kannten. Für Dr. Schaum ist die Krise aber viel mehr ein Aufruf, neue Produkte zu entwickeln und das Vertrauen in den Bankensektor zu stärken.

Es bleibt spannend, wie sich die Corona-Pandemie und folglich die Wirtschaft zukünftig entwickeln werden. Die Paneldiskussion lieferte hierfür einige Denkanstöße.

Vielen Dank an alle, die dabei waren! Wir freuen uns, Sie auch beim nächsten Get Together erneut – online oder persönlich – begrüßen zu dürfen.

Sprechen Sie uns gerne an!

Elena Hahn / Autorin BankingHub

Elena Hahn

Managerin Office Frankfurt
Julia Schraut / Redakteurin und Autorin BankingHub

Julia Schraut

Expert Office Berlin

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