Negativrekorde bei Baufinanzierungen
Aufgrund höherer Kreditzinsen und großer Unsicherheit auf dem Immobilienmarkt bleiben Verbraucher/-innen bei Baufinanzierungen weiterhin zurückhaltend. Neuesten Daten der Europäischen Zentralbank und der Bundesbank zufolge sank das Neugeschäft deutscher Banken mit Immobiliendarlehen an Privathaushalte im Dezember im Vergleich zum Vorjahresmonat um 43 Prozent. Dies stellt bereits den vierten Negativrekord in Folge dar. Bezogen auf das Rekordvolumen von 32,3 Milliarden Euro im März 2022 ergibt sich sogar ein Minus von nahezu 60 Prozent.[1] Eine Verbesserung der Lage ist derzeit nicht absehbar.
Das Kreditgeschäft ist für etwa zwei Drittel aller Banken der wichtigste Ertragsbringer. Vor diesem Hintergrund müssen sich die Institute den Herausforderungen des verstärkten Margen- und Kostendrucks stellen, der unter anderem auf den zunehmenden Wettbewerb, technologische Neuerungen und immer besser informierte Kunden zurückzuführen ist. Dies erfordert von den Banken eine Sicherstellung effizienter Abläufe im gesamten Kreditprozess sowie eine Erhöhung ihrer Anpassungsfähigkeit.
Trotz der Herausforderungen gibt es positive Aussichten. Die Institute können ihr größtes ungenutztes Potenzial im Kerngeschäft erschließen. Das Kreditgeschäft bietet zahlreiche Möglichkeiten, um die Erträge nachhaltig zu steigern. Im Vertrieb sollten Angebote vereinfacht werden, um trotz der individuellen Kundenansprache schnellere Entscheidungsprozesse zu ermöglichen. Im Betrieb eröffnen sich Chancen durch die Verbesserung der Effizienz bei wiederkehrenden Prozessen.
BankingHub-Newsletter
Analysen, Artikel sowie Interviews rund um Trends und Innovationen im Banking alle 2-3 Wochen direkt in Ihr Postfach
„(erforderlich)“ zeigt erforderliche Felder an
Auszahlungsprozesse stehen zu wenig im Fokus
Viele Häuser haben in den letzten Jahren bereits eigene Kreditprozesse durch Optimierungsmaßnahmen auf effizientere Abläufe ausgerichtet. Oftmals standen allerdings die Neukreditprozesse im Fokus. Bestandsprozesse wurden aufgrund der Kleinteiligkeit teils Jahre nicht betrachtet. Aber gerade hier zeigt sich aus Institutssicht eine hohe Bindung der eigenen Ressourcen. In der Regel sind 50 bis 60 Prozent aller Kapazitäten der Marktfolgeeinheiten in der Bearbeitung von Bestandsprozessen gebunden.
Vor diesem Hintergrund sind gerade die Auszahlungsprozesse für Banken von großer Bedeutung, da sie die am häufigsten durchgeführten Kreditprozesse darstellen. Insbesondere bei der Finanzierung von Neubauvorhaben oder dem Kauf vom Bauträger sind sie aufwändig, da die Finanzierungssumme entsprechend dem Baufortschritt ausgezahlt wird. Üblicherweise fallen in der privaten Baufinanzierung zwischen 5 und 25 Auszahlungsprozesse pro Finanzierung an – je nach hausindividuellen Gegebenheiten. Obwohl diese Prozesse häufig durchgeführt werden, sind sie oft unzureichend optimiert und binden unnötige Ressourcen – bei Banken und deren Kunden.
In vielen Instituten sind Vertriebsmitarbeitende für die erste Überprüfung der Auszahlungsvoraussetzungen und die Initiierung des Bankprozesses verantwortlich. Marktfolgeseitig werden manuell Listen über den Auszahlungsfortschritt und noch fehlende Unterlagen geführt. In den Kernbankensystemen der Institute gibt es kein ausreichend effektives Instrument zur Überwachung, sodass Checklisten, Aktivitäten oder Drittanwendungen eher unzureichend bleiben. Auch die Mittelverwendungskontrolle zeigt sich oftmals wenig kundenorientiert. Nicht selten müssen Kunden jedweden Auszahlungsantrag durch Rechnungseinreichungen nachweisen. Dabei lässt die Aufsicht den Banken hier große Spielräume in der eigenen Ausgestaltung der Kontrollen.
Workflowunterstützung in komplexen Prozessen: Beispiel Auszahlung
Eine Möglichkeit zur Verbesserung von komplexen Prozessen sind die Reduzierung der internen Schnittstellen und die Externalisierung in Richtung des Kunden. Dazu sind eine gründliche Analyse der Kontaktpunkte und die Implementierung intelligenter Software notwendig.
Ein Beispiel hierfür ist ein Workflowtool, das kürzlich zur Optimierung von Auszahlungen entwickelt wurde – die „Auszahlungslösung“. Kunden können ihre Auszahlungsanträge direkt auf der Website der Banken ohne Zwang zum Onlinebanking stellen und erhalten eine individuelle Pushnachricht zum weiteren Ablauf. Die Zahlungsaufträge werden dann automatisiert auf ihre Auszahlungsreife überprüft und entsprechend den bankindividuellen Vorgaben manuell, teil- oder vollautomatisiert ausgezahlt. So kann jedes Institut risikogerecht entscheiden, wie weitreichend die Automatisierung umgesetzt werden soll (vgl. Abbildung 1).
Die Vorteile der Lösung liegen auf der Hand. Neben einer deutlich verbesserten Kundenreise werden große Effekte durch die Reduzierung von Abstimmungs- und Bearbeitungsaufwänden in der Beratung sowie in den Marktfolgeeinheiten gehoben. Mitarbeitende können die gewonnene Arbeitszeit vertrieblich oder zur weiteren Produktion von Anträgen nutzen.
Während die erste Ausbaustufe der Lösung den Kundenprozess und die automatisierte Auszahlung adressiert, fokussiert die zweite Stufe die Abwicklung in der Marktfolge. Da heute keine zeitgemäßen Tools zur Überwachung der Auszahlungsreife und Bearbeitung der Wiedervorlagen zur Verfügung stehen, wird aktuell eine anwenderfreundliche Software mit interessierten Banken entwickelt. Unter Nutzung von Schnittstellen zu den Kernbankensystemen gelingt es, Übersichtlichkeit mit automatisierten Prozessschritten in einer Anwendung zusammenzuführen.