Die Bedeutung von Daten als der neue Rohstoff im digitalen Zeitalter ist unumstritten. Insbesondere im Finanzdienstleistungssektor sind Geschäftsmodelle sowie die dahinter liegenden Wertschöpfungsketten zunehmend datengetrieben. Im Investmentbanking und Asset Management haben Marktdaten eine herausragende Bedeutung. Dort stellen deren Verfügbarkeit und Qualität längst einen wettbewerbsdifferenzierenden Faktor dar.
Doch wozu werden Marktdaten im Kapitalmarkt- und Asset Management-Geschäft benötigt?
Im nachfolgenden Artikel gehen wir dieser Fragestellung mit Blick auf die Etablierung einer Marktdaten-Governance nach:
- Geschäftsmodelle im Kapitalmarkt- und Asset Management-Geschäft mit zunehmendem Marktdatenbezug
- Schwächen in Bezug auf das Management des Sachkostenblocks
- Entwicklung und Umsetzung einer eigenständigen Marktdaten-Governance
- Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität zu steigern
Geschäftsmodelle im Kapitalmarkt- und Asset Management-Geschäft mit zunehmendem Marktdatenbezug
Der Einsatz von Marktdaten im Kapitalmarkt- und Asset-Management-Geschäft ist vielfältig. So werden Realtime-Daten für Algorithmen eingesetzt oder bei der Berechnung von Risikomodellen. Ferner kommen Rating- und Indexdaten u. a. für die Struktur- und Performance-Evaluationen zum Einsatz.
Vor diesem Hintergrund ist es kaum verwunderlich, dass Marktdaten auch als Kostenblock seit Jahren kontinuierlich und überproportional anwachsen. Das gesamte Marktdatenmanagement ist oftmals, gleich hinter der IT, der zweitgrößte Sachkostenblock bei Investmentbanken und Asset-Managern. Die Wettbewerbsfähigkeit dieser Akteure hängt somit auch vom effektiven Management dieses Kostenblockes und des Marktdatenbezugs sowie der einhergehenden Kosten ab.
Im Kontext Marktdaten sind zudem markt- und institutionsspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen. Zum einen weist der Wettbewerb oligopolistische Strukturen mit viel Anbietermacht auf – Anbieter von Marktdatenterminals wie Bloomberg und Refinitiv oder der hoch konzentrierte Markt von Ratingprovidern können hier beispielhaft genannt werden. Zum anderen ist aufseiten der Finanzdienstleister der Bedarf nach dem erforderlichen Spezial-Know-how bei Marktdatennutzern, -Einkäufern und -Administratoren besonders hoch.
zeb-Praxiserfahrung verdeutlicht große Schwächen in Bezug auf das Management des Sachkostenblocks Marktdaten
Ein wiederkehrendes Muster aus den umfangreichen zeb-Praxiserfahrungen haben eines deutlich gemacht: Das Management des Sachkostenblocks „Marktdaten“ zeigt oftmals signifikante Schwächen entlang folgender Themenfelder auf:
- Fehlende Marktdatenstrategie (fachlich + technisch)
Die Praxis zeigt, dass in den Instituten oftmals keine dezidierte Marktdatenstrategie vorhanden ist, die den Rahmen für den Marktdatenbezug setzt. Es fehlt somit an klaren Leitlinien etwa in Bezug auf die übergreifende Kostensteuerung, die Providerauswahl oder die Verzahnung von fachlich getriebenen Marktdatenbedarfen und der korrespondierenden marktdatenbezogenen IT-Anwendungslandschaft. - Keine klare Abgrenzung und Typisierung von Marktdaten
Oftmals folgt die Zuordnung von Kostenpositionen zu Marktdaten keinen klaren Leitlinien. Je nach Kostenstelle und Unternehmensbereich werden somit unterschiedliche Kriterien für die Zurechnung von Kostenpositionen als Marktdaten angewendet. Dies erschwert das effektive Management zusätzlich. Ein Clustern und Steuern von Marktdaten gemäß einer einheitlichen Typisierung ist ebenfalls häufig unzureichend ausgeprägt. - Fehlende Transparenz Vertragswerk
Das Vertragsdatenmanagement ist oftmals aufgrund von Komplexität und Umfang der Verträge überfordert. Die Datenprovider schließen teilweise bewusst direkt mit den Marktdatenendnutzern eigene Verträge oder Vertragszusätze ab, was wiederum die Herstellung eines ganzheitlichen Blicks zusätzlich erschwert. Durch die schwache und teilweise fehlende Kommunikation der Marktdatenendnutzer mit dem Marktdatenmanagement können solche Kosten nicht identifiziert und gesteuert werden. - Kenntnisse über Marktdatennutzung unzureichend
Ein weiterer wesentlicher Schwachpunkt bzgl. des Managements von Markdaten liegt in der mangelnden Transparenz über deren konkrete Nutzung. Dies gilt insbesondere für die systemischen, also nicht personalisiert genutzten Daten. Das hat zur Folge, dass zum einen Bedarfsänderungen im Marktdatenbezug nicht rechtzeitig erkannt werden (z. B. werden Kündigungen von nicht mehr benötigten Marktdaten nicht vollzogen) und zum anderen Lizenzrisiken als Folge von unsachgemäßer Nutzung entstehen. - Fehlender ganzheitlicher IT-Blick im Kontext Marktdaten
Hinsichtlich der IT-Architektur ist festzustellen, dass oftmals eine heterogene, historisch gewachsene Marktdateninfrastruktur vorzufinden ist. Es ist keine übergreifende, zusammenfassende IT-Architektur vorhanden, die das Thema Marktdaten umfassend berücksichtigt. Es finden sich Mehrfachzugänge zu denselben Marktdaten-Vendors, und es findet ein direkter Datenaustausch zwischen den Systemen statt. Im Ergebnis ist eine Vielzahl von Schnittstellen mit komplexen Marktdatenflüssen zu beobachten.
Diese fünf Schwächen führen dazu, dass eine aktive Bewirtschaftung der Marktdatenkosten nicht optimal stattfindet. Dies verdeutlicht ein hohes Maß an ungenutztem Einsparpotenzial. Die Institute begeben sich in unnötige Risiken, die sich insbesondere aus den Lizenzrisiken aufgrund unklarer und nicht rechtskonformer Nutzung ergeben. Für das Gesamtinstitut ist somit die Planbarkeit künftiger Marktdatenkosten nur eingeschränkt möglich.
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zeb-Lösung: Entwicklung und Umsetzung einer eigenständigen Marktdaten-Governance und Schaffung von Voraussetzungen für das aktive Management des Sachkostenblocks „Marktdaten“
Die zeb.Erfahrung zeigt, dass für eine nachhaltige Reduzierung der Marktdatenkosten drei wesentliche Stellhebel zu berücksichtigen sind.
Neben der Identifikation und Konzeptionierung von fachlichen und technischen Einsparpotentialen (1) ist die Durchholung dieser Potentiale im Rahmen von Providerverhandlungen (2) sicherzustellen. Den Fokus möchten wir in diesem Artikel jedoch auf der Etablierung einer eigenständigen Marktdaten-Governance (3) als letzten und entscheidenden Stellhebel setzen. Dieser schafft erst den erforderlichen Rahmen, um eine nachhaltige Kostensenkung mittelt aktiver Bewirtschaftung des Marktdatenbudgets zu gewährleisten.
Als Ausgangspunkt für die Etablierung einer eigenständigen Markdaten-Governance dient das zeb.Governance Framework:
In der weiteren Ausgestaltung sind dabei folgende Punkte besonders hervorzuheben:
- Entwicklung E2E-Marktdatenprozess auf Basis Wertschöpfungskette
Basierend auf der definierten Marktdatenwertschöpfungskette ist die institutsweite Abstimmung und Fixierung aller wesentlichen Prozessschritte inkl. Definition von Aufgaben und Verantwortlichkeiten vorzunehmen. Das Prozessmodell ist Grundlage für das Zusammenarbeitsmodell innerhalb der Governance. Abbildung 4 skizziert auszugshaft die typische Ausgestaltung des Marktdatenprozesses. - Klare Rollen und Verantwortlichkeiten
Damit die Marktdaten-Governance in der Praxis auch gelebt wird, müssen klare Rollen und Verantwortlichkeiten entlang des Marktdatenprozesses definiert werden. Eine Herausarbeitung zentraler und dezentraler Elemente ist hier sinnvoll. Zentral sollte eine starke Marktdatenmanagementeinheit etablieren werden. In dieser Einheit ist der Vendor- und Lizenzmanager als Spezialist für Einkauf und Verträge angesiedelt, welcher durch den Marktdaten-Admin operativ unterstützt wird. Zudem ist der Budgetmanager als Spezialist für Controllingthemen dort angesiedelt. Dezentral sollten eigenständige Kompetenzzentren aufgebaut werden. Hier fungieren die dezentralen Demand-Manager als wichtiges Bindeglied zwischen den von ihnen repräsentierten Marktdatennutzern und der zentralen Marktdatenmanagementeinheit. Die zentralen und dezentralen Elemente müssen zusätzlich durch einen Markdatenbeauftragen in der IT unterstützt werden. Dieser koordiniert auf Basis fachlicher Vorgaben die Entwicklung und Optimierung. - Einrichtung Gremien, Berichts- und Eskalationswege
Um der Herausforderung der regelmäßigen bereichsübergreifenden Verzahnung im Kontext Marktdaten zu begegnen, sollte eine zweistufige Gremienstruktur etabliert werden. In operativ angelegten Arbeitskreisen können aktuelle fachlich-inhaltliche Themen im Marktdatenkontext diskutiert und erarbeitet werden und zudem wichtige Beschlüsse und Entscheidungen vorbereitet werden. Daneben sollten in einem übergeordneten Strategiegremium bereichsübergreifende Beschlüsse mit Marktdatenbezug getroffen werden, die Marktdaten(-Sourcing-)Strategie ausgebaut, die Marktdatenkosten überwacht und die Marktdaten-Governance weiterentwickelt werden.
Die Etablierung einer Marktdaten-Governance hilft Instituten, ihre Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität zu steigern
Mit dem unternehmensweiten Rollout der Marktdaten-Governance haben Institute die Chance, eine durchgängige Kostensteuerung zu etablieren. Zudem können in geeigneten Marktdatengremien eigenständige fachliche und technische Marktdatenstrategien in Verbindung mit einer Sourcing-Strategie etabliert werden. Ein klar strukturierter E2E-Prozess bildet die Grundlage für ein einheitliches Zusammenarbeitsmodell mit klar definierten Rollen und Verantwortlichkeiten. Zukunftsorientierte Zielbilder einer optimierten Marktdaten-IT-Architektur können der aktuellen und zukünftigen Marktdatennutzung und dem Geschäftsmodell angepasst werden – und umgekehrt. In diesem Kontext ist es unerlässlich, eine Zentralisierung der Marktdatenflüsse vorzunehmen und die Anzahl der Schnittstellen zu reduzieren.