Digitalisierung von Trade Finance
Mit den zu Beginn genannten Schwierigkeiten sind die operativen Kosten und Gebühren für SMEs schon bei kleineren Anleihen verhältnismäßig hoch. Hinzu kommen zahlreiche regulatorische Auflagen in der Handelsfinanzierung, die zu Verzögerungen führen.
Um die Herausforderungen und Möglichkeiten der Branche genauer zu verstehen, organisierte Finastra die Diskussionsrunde „Finastra talks Trade“ und sprach mit Experten aus Handel und Export zu Trade Finance, darunter UK Export Finance, ICC, OP Bank Financial Group, Enigio, Cognizant, Marco Polo und Conpend.
Gemeinsam wurde festgestellt, dass in der Digitalisierung von Trade Finance und der Integration von Technologie zwei unverzichtbare Ansätze stecken, um dabei zu unterstützen die Trade Finance-Lücke im Mittelstand zu schließen und den Zugang zu notwendigem Geschäftskapital zu erleichtern:
Herausforderungen bei der Finanzierung in Trade Finance
Viele europäischen Banken verzeichnen derzeit einen Rückgang in der Mittelbeschaffung im Handels- und Exportbereich. Multilaterale Kreditgeber, Regierungen und Exportkreditbehörden könnten eine entscheidende Rolle zur Schließung dieser Finanzierungslücken spielen.
Die Realität zeigt jedoch, dass viele Finanzierungsmöglichkeiten nicht bekannt oder zugänglich sind. Einige Banken beobachten, dass es von staatlicher Seite keine Unterstützung gibt, wenn es um die Beschaffung von Exportkrediten geht. Es gibt jedoch eine Reihe von Programmen, die eben diese Trade-Finance-Problematik adressieren. Es ist wichtig, kleine und mittlere Unternehmen in die Lage zu versetzen, die für die Kreditvergabe erforderlichen Daten bereitzustellen.
Der Einsatz neuer Technologien für die Handelsfinanzierung, um KMUs bei ihren Anträgen zu unterstützen, ist entscheidend. Eine aktuelle Studie zeigt, dass 40 Prozent der KMU-Anträge an der ersten Hürde scheitern. Die Lösung dieses Datenproblems öffnet also die Tür zum Handelsfinanzierungsmarkt.
Trade Finance: Staatliche Exportförderprogramme
UK Export Finance (UKEF) unterstützt Unternehmen in erster Linie durch Partnerschaften mit Banken. Die Behörde fungiert als Bürge für die Banken in Bezug auf ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber britischen Exporteuren. „Bis vor einem Jahr waren unsere Programme noch vergleichsweise limitiert“, so Carl Williamson, Head of Trade Finance bei der britischen Exportbehörde UK Export Finance (UKEF).
„Es gab vertragsspezifische Angebote wie das Export Working Capital-Programm und Bond Support Schemes. Eine Bank und ein Exporteur traten an die UKEF mit einem spezifischen Exportvertrag heran, der entweder Betriebskapital oder eine Bürgschaft erforderte, und UKEF versuchte dann, diese Finanzierung durch eine Bürgschaft für die Bank zu unterstützen.“
Die Dinge haben sich jedoch im letzten Jahr geändert, sagt Williamson, da die bisherigen Programme der UKEF nicht genügend Flexibilität für KMUs boten. KMUs benötigten schnelle Unterstützung, um sich von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie zu erholen, damit sie wieder wachsen können.
„Mit der Export Development Guarantee (EDG) und der General Export Facility (GEF) ist es nun nicht mehr notwendig, dass ein Exportvertrag zwischen einem britischen Exporteur und einem Käufer in Übersee besteht. Stattdessen wird der Fokus direkt auf das britische Unternehmen gelegt – und darauf, ob es sich als Exporteur qualifiziert. Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, kommen EDG und GEF zur Anwendung“, erklärt Williamson die neuen Initiativen der britischen Regierung.
Die UKEF-Unterstützung für KMUs nimmt zu: 75 Prozent aller von der UKEF in den letzten Jahren unterstützten Unternehmen sind KMUs. UKEF unterstützt außerdem etwa 10.000 Firmen indirekt über die Lieferkette, wobei die große Mehrheit dieser Firmen KMUs sind.
Der Blick auf Europa zeigt, dass kleine und mittelständische Unternehmen grundsätzlich im Fokus der Regierungsbemühungen stehen, wobei sich die Herangehensweisen in der Handelsfinanzierung durchaus unterscheiden. So sind nicht alle fördernden Organisationen staatlich oder teil-staatlich.
Einige Länder haben ihre Verbände privatisiert wie beispielsweise Deutschland mit dem Kreditversicherer Euler Hermes. Grundsätzlich gibt es allerdings in ganz Europa die Tendenz, Banken-vertragsspezifischer zu agieren. Es ist durchaus zu erwarten, dass andere europäische Finanzdienstleister eigene Programme aufsetzen und sich dabei zum Beispiel an GEF mit seiner globalen Auslegung orientieren.
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Technologien zur Unterstützung von Förderprogrammen
Technologien können zum einen dazu beitragen, die für die Kreditvergabe erforderlichen Daten schnell und kosteneffizient bereitzustellen und Finanzierungsmodelle mit geringen Aufwänden zu realisieren. Die Minimierung manueller Arbeiten im Bereich Trade Finance ist sicherlich ein wichtiger Aspekt, um Mittelständlern Finanzdienstleistungen unter wirtschaftlich sinnvollen Bedingungen anbieten zu können.
Die Möglichkeiten zu Kostenreduzierung haben jedoch Grenzen. Eine eher unkonventionelle Herangehensweise besteht deshalb darin, Ökosysteme aufzusetzen, in denen auch weniger traditionelle Finanzierungsanbieter zusammenkommen.
Das können B2B-Finanzierer oder ähnliche NBFIs sein. Diese springen dann ein, wenn die konventionellen Produkte einer Bank nicht zu den Anforderungen eines Unternehmens passen und die Handelsfinanzierungen für beide Seiten aus wirtschaftlicher Sicht nicht lukrativ sind. Mit diesem Modell könnten Banken Plattformen als zusätzlichen Service anbieten, über die alternative Finanzierungskonzepte vermittelt werden.
Es ist sinnvoll, aus bereits bestehenden Technologien und Anwendungen Synergien zu entwickeln, die der aktuellen Dynamik des Marktes gerecht werden – und exportierende KMUS dabei unterstützen Trade Finance-Technologien gezielt einzusetzen. „Wenn das Data-Processing optimiert werden kann, ist der Weg für eine Öffnung des Trade Finance-Marktes geebnet“, so Carl Williamson.