Finanzen und Technologie gehen seit Jahrzehnten Hand in Hand
Die Geburtsstunde dieser Liaison liegt in den 60er Jahren, als die Barclays Bank den ersten Geldautomaten vorstellte.[1] Was jedoch neu ist und sich in den letzten Jahren grundlegend geändert hat, ist das Phänomen, dass sich die Initiative für solch einen technischen Wandel nicht mehr nur in den Händen der großen Finanzplayer befindet, sondern immer mehr von externen Startups vorangetrieben wird. Die traditionelle Finanzwelt wird demokratisiert.[2] Dabei sind die Gründer keinesfalls Geeks in Sneakers und zerrissenen Jeans, sondern technikaffin, smart und haben oft einen Finanzbackground. Und sie sind vor allem eines: Visionäre. Sie haben eine Vorstellung davon, wie Banking von morgen aussehen wird und mit ihren Innovationen bringen sie eine verstaubte und konservative Branche in das 21. Jahrhundert. Die Anwendungsbereiche sind sehr vielseitig, ob mobile Paymentlösungen oder alternative Investments, für sämtliche Sparten gibt es mittlerweile disruptive Ansätze. Der große Vorsprung von FinTechs liegt vor allem darin, dass sie die neue Rolle des Kunden und die veränderte Beziehung zu ihm erkannt haben. Die Kunden von morgen sind digital, mobil und unabhängig. Sie sind informiert, brauchen individuelle Lösungsansätze und wollen mitbestimmen. Ihnen ist Interaktion wichtig und sie suchen den Dialog zu ihren Finanzdienstleistern.[3] FinTechs sind in diesem Punkt klassischen Playern voraus. Momentan stecken die meisten FinTechs noch in den Kinderschuhen. Doch wohin geht ihre Reise? Zukünftig könnte eines von folgenden drei Szenarien eintreten: FinTechs werden kapitulieren, kooperieren oder konkurrieren.
Große Unternehmen sind ungelenkig und ihre Strukturen bremsen Innovation
Organisationseinheiten müssen vorgegebene Ziele erfüllen, vom Weg abkommen wird selten belohnt. Denn Innovation ist auch das Produkt eines Trial-and-Error-Prozesses, der so in einem kleineren Rahmen eher durchführbar ist. FinTechs haben mit ihren Ansätzen gewiss die Finanzwelt verändert, doch was ist, wenn dieser technologische Fortschritt für die Branche nur als Treiber diente und lediglich ein Anstoß für einen digitalen Wandel war? Vielleicht bestand die Rolle von FinTechs darin, Finanzinstituten die richtige Richtung zu zeigen, doch langfristig haben sie neben Banken und co. keine Chance. Denn einer der großen Vorteile von FinTechs, die günstigen Preise, ist zum Teil das Resultat fehlender Regulierung. Regulierung kostet. Noch fungieren sie im Graubereich, noch ist die Rechtslage unklar. So könnte das Szenario eintreten, dass nur ein paar wenige Player sich langfristig etablieren, der größte Teil jedoch die durch eine regulatorische Änderung entstandenen Kosten nicht tragen kann, kapituliert und die innovative Technologie an Finanzinstitute verkauft.
FinTechs weisen eine hohe Innovationsdichte auf, haben jedoch wenig Kapital, um alles zu verwirklichen, während Finanzinstitute zwar das Kapital besitzen, doch weniger Innovation, in welche sie investieren könnten.[4] Ein kooperierendes Szenario wäre folglich auf den ersten Blick ein „best of both worlds“. Ein Zusammenschluss würde die jeweiligen Vor- und Nachteile ausgleichen und wird bereits von vielen FinTechs angenommen - sei es nur, um so an die Vorteile einer Banklizenz zu gelangen. Denn Regulierung ist nicht nur eine finanzielle Bürde, sie schafft auch für den Kunden Sicherheit.[5] Außerdem können traditionelle Banken einen größeren Kundenstamm vorweisen und ermöglichen es FinTechs so, ihre innovative Technologie zu skalieren. Lässt sich das Finanzsystem somit nur durch eine Zusammenarbeit revolutionieren? Oder ist die Denkweise, die Methodik und die gelebte Unternehmenskultur zwischen FinTechs und traditionellen Finanzplayern zu unterschiedlich, sodass man eine kooperiende Zukunft langfristig ausschließen kann?
FinTechs haben mit martialischer Rhetorik den großen Finanzinstituten den Kampf angesagt
Sie sind sich sicher: Das Ende von Banken ist gekommen, die Revolution längst ausgerufen. Die letzte Finanzkrise hat in der Branche einen Imageschaden hinterlassen. FinTechs bringen frischen Wind, sie wollen Veränderung.[6] Sie werden nicht vorangetrieben von purer Profitgier, sondern von einer Ideologie, die darauf basiert, höheren Nutzen für den Kunden zu schaffen. Und - man glaubt es ihnen. Im Gegensatz zu Universalbanken konzentrieren sich FinTechs nur auf eine Sparte und schaffen so durch Expertise einen technischen Vorsprung. Doch während regulatorische Unklarheiten noch bestehen, ist dies ein unfairer Wettbewerb. Man kann vermuten, dass der Gesetzgeber diese offene Frage in naher Zukunft beantworten wird. Eine klare Rechtslage würde vielen Kunden die Unsicherheit gegenüber den neuen Akteuren nehmen. Dann kann das Spiel beginnen und es wird sich zeigen, dass in der Finanzwelt langfristig die gleichen Regeln gelten wie in allen Branchen: Innovative, kundenfreundliche Produkte werden sich auf Dauer durchsetzen. FinTechs könnten so zu ernsthaften Konkurrenten für Finanzinstitute werden.
Es sind nicht die schicken Apps und die günstigen Produkte, die FinTechs so attraktiv machen. Es ist ihre Nähe zum Kunden. Ob sie es schaffen, das Vertrauen der Kunden langfristig zu gewinnen, bleibt abzuwarten. Noch ist das Vertrauen in die Banken sehr groß, noch scheinen sie „too big to fail“. Eine weitere Finanzkrise könnte diese Illusion endgültig rauben. Auch der Gesetzgeber muss sich dazu klar positionieren und die Frage nach der Regulierung klären. Nur so wird sich zeigen, welches Szenario eintritt. Die Zukunft von FinTech wird sich spätestens in der nächsten Finanzkrise entscheiden.
Das erste FinTech-Stipendium wurde im Jahr 2016 von smava, BillPay und FinLeap organisiert. Mit 31 teilnehmenden Hochschulen wurde das Stipendium im Jahr 2016 unter dem Thema „Die Zukunft von FinTech“ ausgetragen.