Forbearance Reporting – Herausforderung der Umsetzung von ITS-Vorgaben im Aufsichtsrecht

Im Rahmen der Finanzkrise und der aktuellen Staatsschuldenkrise wurden bei vielen Kreditinstituten Verschlechterungen in der Qualität von Vermögenswerten (Asset Quality) aufgedeckt, die mangels einheitlicher und detaillierter Meldeanforderungen zuvor unbemerkt geblieben waren.

Kritik an der bestehenden Meldepraxis wurde unter anderem dahingehend geäußert, dass durch zahlreiche Umgestaltungsmaßnahmen von Kreditverträgen bei Zahlungsschwierigkeiten des Schuldners („Forbearance“) eine Vermeidung oder Verzögerung der Risikovorsorgebildung sowie eine Verzerrung der Informationen über die tatsächliche Kreditqualität bewirkt werde. Dadurch erschweren sich die Einschätzung der Risikosituation und die Vergleichbarkeit einzelner Bankabschlüsse.

Um den Diskrepanzen entgegenzuwirken hat die Europäische Bankaufsichtsbehörde (EBA) neue Anforderungen an das Meldewesen zu Forbearance entwickelt und am 21. Oktober 2013 den entsprechenden EBA Final draft Implementing Technical Standard (EBA/ITS/2013/03) veröffentlicht. Die Regelungen sollen die vorhandenen von den Instituten anzuwendenden Meldeanforderungen ergänzen.

Forbearance: Fachliche Grundlagen

Gemäß des EBA/ITS/2013/03 liegt Forbearance vor, wenn:

  1. ein Schuldner die vereinbarten Vertragsbedingungen wegen seiner finanziellen Schwierigkeiten nicht einhalten kann und
  2. die Vertragsbedingungen dahingehend geändert werden, sodass der Schuldner seinen Verpflichtungen wieder nachkommen kann oder der Vertrag ganz oder teilweise refinanziert/umgeschuldet wird

Dabei können auch bereits bei Vertragsabschluss vereinbarte Rechte (sogenannte Embedded Forbearance clauses), die es dem Schuldner ermöglichen, die Bedingungen des Kreditvertrages umzugestalten, zu einem Forbearance-Tatbestand führen. Bei der Prüfung wird dabei gemäß dem ITS zwischen „zwingender“ und „vermuteter“ – durch das Institut widerlegbarer – Forbearance unterschieden.

forbearanceAbbildung 1: Kriterien zur Forbearance-Identifizierung
Kreditnehmer, die als „forborne“ eingestuft werden, unterliegen besonderen Überwachungsvorschriften und sind entsprechend zu kennzeichnen. Zur Beendigung des Forbearance-Status müssen Engagements, die in der Vorperiode als „forborne“ galten, folgende „Exit“-Kriterien kumulativ erfüllen, wobei die Prüfung mindestens auf vierteljährlicher Basis zu erfolgen hat:

  • Das Engagement ist als Performing eingestuft
  • Eine Probation-Periode von mindestens zwei Jahren seit der Einstufung als Performing Exposure wurde eingehalten
  • Ein mehr als insignifikanter Anteil an Zins- und Tilgungszahlungen mindestens während der Hälfte der Probation-Periode wurde geleistet
  • Am Ende der Probation-Periode ist kein Exposure des Schuldners mehr als 30 Tage überfällig

Im Zusammenhang mit den EBA ITS bzw. FINREP-Anforderungen müssen spezifische Prüfregelwerke umgesetzt werden, die bei Feststellung eines Forbearance-Triggers bzw. der Forbearance-Maßnahmenwirkung anzuwenden sind. Diverse Prüf-Kriterien sind zu berücksichtigen, wie anhand des nachfolgenden Entscheidungsbaums exemplarisch dargestellt:

forbearanceAbbildung 2: Kategorisierung von „forborne“ Kreditengagements

Forbearance: Herausforderungen für die Praxis

In der Praxis erweist sich die Umsetzung der Forbearance-Anforderungen als herausfordernd und führt u.a. zu folgenden Aufgabenstellungen:

  • Entwicklung einer Systematik zur automatischen Identifizierung und Kennzeichnung von „forborne“ Engagements sowie zur periodischen Durchführung von Derecognition-Tests
  • Prüfung auf Verfügbarkeit erforderlicher Kennzeichen im Datenbestand und ggf. Einführung ergänzender Datenfelder
  • Implementierung von Prozessen zur Überwachung von „forborne“ Engagements mit Prüfung der Bewährungszeiträume und sämtlicher Kategorisierungskriterien
  • Harmonisierung des Forbearance-Verfahrens mit den bilanziellen Risikovorsorge-Prozessen bzw. Impairment, insbesondere im Hinblick auf die Durchführung von Impairment-Tests
  • Berücksichtigung der Einbettung des „forborne“-Kennzeichens als Impairment-Trigger gemäß IAS 39 sowie frühzeitige Harmonisierung des Forbearance-Verfahrens mit dem neuen Expected Loss/Expected Lifetime Loss-basierenden Impairment-Modell gemäß IFRS 9
  • Überprüfung des Produktbestands hinsichtlich eingebetteter Stundungsklauseln
  • Allgemein Notwendigkeit zur Implementierung von harmonisierten Kredit- und Rechnungslegungsprozessen, IT-Architekturen und Datenhaushalten

Im Hinblick auf den vorgegebenen Stichtag 31.12.2014 für die erstmalige Forbearance-Meldung besteht nur ein verhältnismäßig kurzer Zeitraum für die vollständige Umsetzung des Regelwerks. Viele Institute setzen aufgrund zeitlicher Engpässe Zwischenlösungen für die Erstmeldung um. Mittelfristig bedarf es nach zeb-Meinung jedoch der Umsetzung performanter, integrierter Ziellösungen, um ein gleichzeitig effizientes und qualitativ hochwertiges Aufsichts-Reporting dauerhaft sicher zu stellen.

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Alexey Kaminskiy / Autor BankingHub

Alexey Kaminskiy

Senior Manager Office Frankfurt
Lars Meyer / Autor BankingHub

Lars Meyer

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