Was sind Automated Market Maker und welche Rolle spielen sie im dezentralen Handel?

In diesem Beitrag liegt der Fokus auf Automated Market Makers, die als Kernprotokoll der DeFi[1]-Welt den Handel ermöglichen.

Ein Automated Market Maker (AMM) ist ein Finanzprotokoll, das automatisch Preise für Kryptowährungen festlegt und Nutzenden ermöglicht, Token über dezentrale Börsen (DEX) zu tauschen, ohne dass ein traditioneller Marktplatz oder eine Gegenpartei benötigt wird.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden, um mit AMM zu handeln?

Bevor mit einem AMM gehandelt werden kann, müssen Liquidity Pools[2] erstellt werden. Dabei fügen Nutzende, oft als Liquiditätsanbieter:innen bezeichnet, Token in einem festgelegten Verhältnis zu den Pools hinzu. Anschließend kann der Betrieb des Liquidity Pool starten und der voll automatisierte Handel via Smart-Contract-basierten AMM stattfinden.

Automated Market Maker und Betrieb Liquidity Pool: ÜbersichtAbbildung 1: Übersicht Automated Market Maker und Betrieb Liquidity Pool

Wie funktionieren Automated Market Maker?

Der Kern eines AMM ist die „Constant Product“-Formel, die durch die bekannte DEX Uniswap popularisiert wurde. Diese Formel lautet x * y = k, wobei x und y die Mengen der zwei verschiedenen Token im Pool und k eine Konstante darstellt, die sich nicht ändert. Sie sorgt dafür, dass der Wert des Pools konstant bleibt, auch wenn der Preis der Token schwankt. Dies bedeutet, dass, wenn die Menge eines Tokens im Pool zunimmt, die Menge des anderen Tokens abnehmen muss, um das Produkt k konstant zu halten.

Wie wird die Handelsabwicklung durchgeführt?

Trader:innen können Token direkt aus dem Pool tauschen, indem sie Smart Contracts aufrufen, die den Handel abwickeln. Der Preis wird zu dem Zeitpunkt berechnet, zu dem der Handel stattfindet. Es wird keine Drittpartei benötigt, da die Smart Contracts auf der Blockchain deployt sind und jederzeit aufgerufen werden können.

  • Gebühren: Je nach Programmierung des Smart Contract können Gebühren anfallen (standardmäßig 0,3 % des gehandelten Volumens), die typischerweise den Liquidity Providers zugutekommen.
  • Slippage: Damit wird die Abweichung zwischen dem erwarteten und dem tatsächlichen Ausführungspreis eines Handels bezeichnet. Slippage entsteht, wenn eine Transaktion das Verhältnis der Token im Pool verändert. Bei großen Handelsvolumina sinkt die verfügbare Liquidität für den getauschten Token, wodurch dessen Preis steigt und der:die Nutzer:in weniger Token erhält als ursprünglich berechnet. Die Slippage wird folgendermaßen ermittelt: Slippage = (geplante Menge − erhaltene Menge) / geplante Menge.

Abbildung 2 veranschaulicht einen Handel auf einer AMM-basierten dezentralen Börse (DEX). In einem bestehenden Liquiditätspool, der Token A und Token B umfasst, tauscht Alice 10 Token A gegen Token B. Wegen des hohen Handelsvolumens im Verhältnis zur Poolgröße erhält sie 9,07 Token B. Die Menge der erhaltenen Token B wird mittels der „Constant Product“-Formel berechnet.

Automated Market Maker: Funktionsweise Abbildung 2: Funktionsweise Automated Market Maker

Wie funktioniert die dynamische Preisfindung?

Beim Tausch von Token im Pool verändert sich das Verhältnis der Token, wodurch die Preise angepasst werden. In unserem Beispiel verschiebt sich der Preis nach dem Handel auf etwa 1,2 Token A pro Token B. Der:Die nächste Trader:in muss daher mehr Token A einsetzen, um dieselbe Menge Token B zu erhalten, was einen Anstieg des Preises von Token B bedeutet.

Wie wird die Liquidität incentiviert?

Wenn die gehandelte Tokenmenge im Verhältnis zur Poolgröße hoch ist, steigt die Slippage. Dezentrale Börsen streben daher danach, möglichst viel Liquidität zu akquirieren. Aus diesem Grund bieten AMMs häufig Anreizmechanismen an, beispielsweise die Ausschüttung von Belohnungen in Form von Gebühren oder zusätzlichen Token an die Liquiditätsanbieter:innen.

Was ist Arbitrage im Kontext von AMMs?

Wenn der Preis in einem AMM-Pool von externen Märkten abweicht, nutzen Arbitrageur:innen diese Differenz, indem sie Token zwischen dem Pool und anderen Börsen handeln. Durch ihre Käufe und Verkäufe passt sich das Tokenverhältnis im Pool an, wodurch sich der Preis dem externen Marktpreis wieder annähert.

Zusammengefasst stellt ein Automated Market Maker (AMM) eine automatisierte und dezentralisierte Lösung für den Handel dar, die traditionelle Market Makers überflüssig macht. Durch Liquidity Pools können Nutzende rund um die Uhr handeln oder Liquidität bereitstellen, was die Marktliquidität und ‑zugänglichkeit erhöht. Zu den prominenten dezentralen Börsen (DEX) mit AMM-Protokollen zählen u. a. Uniswap, Balancer und Curve Finance.

Welche regulatorischen Aspekte sind relevant?

DeFi-Protokolle, die in einem vollständig dezentralisierten Kontext AMM-Dienstleistungen anbieten, unterliegen aktuell in Europa keiner direkten Regulierung, da keine juristische oder natürliche Person über den Liquidity Pool als Betreiber:in verfügt und dieser ausschließlich durch Smart Contracts auf einer Blockchain operiert.

Sofern in der EU ein Finanzinstitut AMM-Dienstleistungen mit Fokus auf dem Geschäft mit Kunden betreibt, kann die Sicherstellung von Anforderungen diverser Gesetzeswerke erforderlich sein. Wenn Kryptowährungen bzw. Stablecoins gehandelt werden, ist in Europa die Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCAR) relevant, da Kryptowährungen als nicht wertreferenzierte Token und bestimmte Stablecoins als E-Geld-Token gemäß MiCAR eingestuft werden.

Zudem definiert die MiCAR erste spezifische Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten, welche bei der Nutzung von AMM-Dienstleistungen betroffen sein können (u. a. Art. 77 Tausch von Kryptowerten gegen einen Geldbetrag oder gegen andere Kryptowerte). Sie reguliert aktuell die Kryptowerte-Basisdienstleistung von Finanzinstituten gegenüber Kunden, die jedoch nicht das gesamte Spektrum an bestehenden Dienstleistungen für Kryptowerte abbildet (z. B. Staking, Lending). Die AMM-Dienstleistung ist nicht explizit durch die MiCAR oder sonstige Gesetzeswerke definiert. Daher besteht ein regulatorisches Vakuum, das künftig durch Interpretationen bestehender Gesetze oder durch eine Erweiterung der Regulierungen gelöst werden könnte.

Für regulatorische Klarheit kann interessierten Finanzinstituten empfohlen werden, ihr Anliegen im Kontext des Angebots von AMM-Dienstleistungen mit der jeweiligen nationalen Finanzmarktaufsichtsbehörde (u. a. der BaFin) zu eruieren.

Sie sollten nun in der Lage sein, über diese zentralen Punkte des Artikels zu sprechen:
  • Wie funktionieren die Preisfindung und die Handelsabwicklung bei einem AMM? Der Kern eines AMM ist die „Constant Product“-Formel (x * y = k), die durch Uniswap populär wurde. Dabei sind x und y die Mengen der zwei verschiedenen Token im Pool, und k ist eine Konstante. Diese Formel stellt sicher, dass der Wert des Pools konstant bleibt. Trader:innen können Token direkt aus dem Pool tauschen, indem sie Smart Contracts aufrufen, die den Handel abwickeln. Der Preis wird zum Zeitpunkt des Handels berechnet. Je nach Programmierung des Smart Contract können Gebühren anfallen (standardmäßig 0,3 % des gehandelten Volumens), die typischerweise den Liquiditätsanbieter:innen zugutekommen.
  • Was ist Slippage und wie entsteht sie bei AMMs? Slippage bezeichnet die Abweichung zwischen dem erwarteten und dem tatsächlichen Ausführungspreis eines Handels. Sie entsteht, wenn eine Transaktion das Verhältnis der Token im Pool verändert. Bei großen Handelsvolumina im Verhältnis zur Poolgröße sinkt die verfügbare Liquidität für den getauschten Token, wodurch dessen Preis steigt und der:die Nutzer:in weniger Token erhält als ursprünglich berechnet.
  • Warum ist die Incentivierung von Liquidität wichtig für AMMs? Wenn die gehandelte Tokenmenge im Verhältnis zur Poolgröße hoch ist, steigt die Slippage. Um diese zu minimieren und eine hohe Markttiefe zu gewährleisten, streben dezentrale Börsen danach, möglichst viel Liquidität zu akquirieren. Aus diesem Grund bieten AMMs häufig Anreizmechanismen an, wie die Ausschüttung von Belohnungen in Form von Gebühren oder zusätzlichen Token an die Liquiditätsanbieter:innen.
  • Welche Rolle spielen Arbitrageur:innen im Kontext von AMMs? Wenn der Preis in einem AMM-Pool von externen Märkten abweicht, nutzen Arbitrageur:innen diese Differenz. Sie handeln Token zwischen dem Pool und anderen Börsen, um von den Preisunterschieden zu profitieren. Durch ihre Käufe und Verkäufe passt sich das Tokenverhältnis im Pool an, wodurch sich der Preis dem externen Marktpreis wieder annähert und die Effizienz des Markts gesteigert wird.
  • Welche prominenten dezentralen Börsen (DEX) nutzen AMM-Protokolle? Zu den prominenten dezentralen Börsen (DEX) mit AMM-Protokollen zählen u. a. Uniswap, Balancer und Curve Finance. Diese Plattformen nutzen AMMs, um einen automatisierten und dezentralisierten Handel zu ermöglichen, der traditionelle Market Makers überflüssig macht.

Dieser Beitrag ist Teil des BankingHub-Themenglossars. Die Digital-Asset-Glossareinträge klären sowohl über die Funktionsweise als auch über die Regulatorik der Digital-Asset-Services auf.

[1] DeFi, kurz für „Decentralized Finance“, bezeichnet ein breites Spektrum an Finanzdienstleistungen, die ohne zentrale Intermediäre über dezentrale Distributed-Ledger-Technologie(DLT)-Netzwerke bereitgestellt werden. DeFi-Anwendungen (dApps) basieren auf Smart Contracts, die u. a. auf Blockchains wie Ethereum programmiert sind.

Die Verwendung von Smart Contracts erfolgt über den Zugriff der Nutzenden von DLT-Netzwerken via dApps und ermöglicht, On-Chain-Transaktionen direkt durchzuführen.

[2] Mit On-Chain-Transaktionen können Kryptowerte transferiert, gehandelt, gestakt oder in Liquidity Pools (LPs) angelegt werden.

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