Sourcing the other way around

Sourcing – d. h. die Optimierung der internen Wertschöpfungstiefe – in der Entwicklung und im Betrieb von IT-Leistungen stellt branchenübergreifend ein wichtiges Instrument des Kostenmanagements dar. Insbesondere für das „normale/übliche“ Outsourcing an Dritte, durch Near- und Offshoring sind in der Praxis zahlreiche Beispiele zu finden. Meist handelt es sich um stark standardisierte Dienstleistungen, wie den Betrieb der IT-Infrastruktur, die Softwareentwicklung von Gewerken, aber auch den Einsatz von Kernbankenverfahren (z. B. avaloq, SAP Banking etc.) als Standardprodukt. Die Auslagerung von modularen und standardisierten Leistungen hält dabei idealerweise das Gleichgewicht zwischen qualitativ gleichbleibender Marktunterstützung und einer beherrschbaren Leistungsbeziehung zum Service-Provider zugunsten der verbesserten Budgettragfähigkeit durch die Nutzung von Kostenvorteilen beim Provider.

Im Kontext zukünftiger Anforderungen aus Regulatorik (siehe auch Regulatory Roadmap), Digitalisierung und der damit stetig steigenden Komplexität verstärkt sich auch weiterhin der Druck auf die IT-Kosten. Das bedeutet, die IT als wesentlicher Kostenfaktor steht mehr denn je im Fokus von hausinternen Initiativen. Unter der Vielzahl von Optimierungsmöglichkeiten ist Sourcing eine zentrale Stellschraube, die in der Bankenlandschaft aktuell allerdings noch wenig greift. Bei Spezialbanken sieht es aufgrund der mangelnden Anzahl von Anbietern bzw. des fehlenden Leistungsspektrums noch düsterer aus. Hier können unkonventionelle Ansätze zum Tragen kommen: Es ist Zeit, „out of the box“ zu denken: die Umkehrung der Herangehensweise nach dem Prinzip der Kostenteilerschaft – das Application Service Providing (ASP) – eröffnet neue Optionen.

Das Outsourcing von Kernservices bedingt allerdings das Vorhandensein eines Anbietermarktes. Standardisierte Branchenlösungen sind für Spezialbanken, z. B. für Bausparkassen, Captives oder Leasinggesellschaften hingegen vielfach nicht oder nur für Teilbereiche vorhanden. Ein fehlender oder stark fragmentierter Anbietermarkt bedeutet jedoch nicht, dass Sourcing keine Handlungsoptionen zur Optimierung der IT-Kosten darstellt.

Vielmehr ist Sourcing über die Ausprägung des „normalen/üblichen“ Outsourcings hinaus zu begreifen (siehe auch Sourcing Beyond Cost Cutting). Betrachtet man den strategischen Wert eines Service und die verfügbaren internen Kompetenzen, so bieten sich im strategischen Entscheidungsmodell über Outsourcing hinaus mindestens drei weitere Handlungsoptionen (siehe Abbildung 1): Internal Provision, Strategic Partnership und Standardization of Commodities:

Entscheidungsmodell SourcingAbbildung 1: Entscheidungsmodell Sourcing

Die Eigenentwicklung und damit das interne Vorhalten der notwendigen Kompetenzen bleibt für Spezialbanken vielfach alternativlos. Als „out of the box“-Ansatz kann das Angebot von Commodity Services an Dritte, d. h. das Angebot von standardisierten Services an Wettbewerber, jedoch im Sinne eines Cost-Sharings eine attraktive Handlungsalternative sein (Standardization of.Commodities). Die Herstellung der Drittmarktfähigkeit von eigenen Commodity Services ist für viele Spezialinstitute jedoch Neuland und kann Risiken bergen. Im Lösungsraum sind daher auch Kooperationsmodelle mit erfahrenen Anbietern von Standard-Services als strategische Partner zu diskutieren. Eine sukzessive Übergabe der Anteile an einer gemeinsam gegründeten Gesellschaft und der damit einhergehenden Übergabe der Betriebs- und Entwicklungsverantwortung ist ebenfalls ein denkbares Szenario, das für beide Seiten eine attraktive Entwicklung sein kann.

Zu bedenken ist, dass die internen Operations-Units heute nicht mehr nur Verursacher von Kosten oder Produzent von Commodity Services sind. Vielmehr sind sie ein wichtiger Enabler für das Business, der einen wesentlichen Beitrag zur Wettbewerbsdifferenzierung leistet. Aus diesem Grund ist beim Angebot von ASP-Leistungen im Detail zu prüfen, wie der finale Leistungsschnitt auszusehen hat.

ASP-Modell als echte Handlungsoption

Zur Validierung der Handlungsoption ASP-Modell sind, nach dem zeb.Best Practice Approach, die „Eckpunkte“ des Modells entlang der genannten Handlungsfelder (siehe Abbildung 2) zu skizzieren.

Handlungsfelder zeb.Best Practice Approach Ableitung ASP-ZielmodellAbbildung 2: Handlungsfelder zeb.Best Practice Approach Ableitung ASP-Zielmodell

Das im ersten Schritt entstehende Eckpunktepapier beantwortet zentrale Fragestellungen, die Voraussetzungen und Bedingungen für ein Angebot der Kernservices als ASP-Modell determinieren:

  • Welche Leistungen sollen Kunden (dem Wettbewerb) angeboten werden?
  • Wie muss sich die Bank organisatorisch aufstellen, um Leistungen für Kunden zu erbringen und dennoch weiterhin im „driver seat“ zu bleiben?
  • Wie wird sichergestellt, dass die rechtlichen Aspekte für die Bank „positiv votiert werden“ (insbesondere Umsatzsteuer, Personalthematiken und Kartellrecht)?
  • Welche Kosten fallen an und ab welchem Preis lohnt sich das Angebot des ASP-Modells für den Kunden?

Die Ausgestaltungsskizze des möglichen ASP-Modells und der aus der Kostenindikation abgeleitete Servicepreis bilden die Basis für die gemeinsame Diskussion im Institut sowie mit möglichen IT-Dienstleistern und potenziellen Leistungsnehmern.

Fazit

Im Kontext der Spezialbanken ist Sourcing nicht als das „normale/übliche“ Outsourcing zu verstehen. Es ist Zeit, „out of the box“ zu denken – Kostenreduktion erfolgt nicht über Outsourcing-Maßnahmen, sondern über das Prinzip der Kostenteilerschaft. Als Konsequenz aus der Umsetzung eines ASP-Modells, die auf das Angebot von Commodity Services abzielt, gelingt die Verteilung von Kosten auf mehrere Schultern. Ohne einen Verlust der Wettbewerbsdifferenzierung, wird das Angebot der eigenen IT-Plattform direkt an den Wettbewerb zu einer echten Handlungsoption. Eine systematische Analyse bildet hierbei die Grundvoraussetzung.

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Andreas Schick/ Autor BankingHub

Andreas Schick

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