Die Zukunft erfordert flexibles Outsourcing

Outsourcing in Banken ist wahrlich nichts Neues. In Bezug auf „klassische“ Bankaufgaben wie Zahlungsverkehrs-/Wertpapierabwicklung oder Forderungsinkasso ist die Auslagerung auf spezialisierte Dienstleister „fast durch“. Im Vergleich dazu stagniert das Outsourcing der Kreditbearbeitung, obwohl seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts in den Banksegmenten zahlreiche Kreditdienstleister gegründet wurden. Das Kredit-Servicing bei führenden Dienstleistern der Sparkassen-Finanzgruppe ist eingebettet in ein umfassendes Dienstleistungsangebot – neben der Kreditbearbeitung werden auch Zahlungsverkehrsabwicklung, Marktfolge Passiv und andere Leistungen angeboten. Vielfach wird dabei eine Regionalisierungsstrategie, d. h. die Entstehung regionaler Bearbeitungszentren verfolgt. Eine ähnliche Tendenz ist auch im genossenschaftlichen Bereich erkennbar, während in den Privatbanken primär die interne Konzentration der Kreditbearbeitung auf wenige Bearbeitungszentren im Vordergrund stand. Nur die Deutsche Bank hat ihre zentralisierte Kreditbearbeitungseinheiten in eine eigenständige Gesellschaft ausgegliedert.

Eine gewisse Ernüchterung

Nach anfänglich nahezu überschwänglichen Prognosen zum Kredit-Outsourcing ist inzwischen eine gewisse Ernüchterung eingetreten. Ungeachtet aufsichtsrechtlicher Vereinfachungen durch die MaRisk hat ein Outsourcing nach wie vor das Image, „starr, hässlich und ungeliebt“ zu sein. Die Verlagerung auf Dienstleister dauert, Prozesse müssen langwierig abgestimmt und ggf. angepasst werden. Es gibt IT-Hürden, die Mehrwertsteuer- und die „Personalproblematik“.

Außerdem sprechen häufig noch nicht gehobene Eigenoptimierungspotenziale in den Häusern, aber auch die deutlich verbesserte IT-Unterstützung der Kreditprozesse gegen Outsourcing. Zudem kann sich der natürliche Konflikt zwischen Markt und Marktfolge durch die Verlagerung auf einen Dienstleister verschärfen: Eine Verlagerung erfordert die „Disziplinierung“ des Marktes und eine flexible Serviceorientierung des Dienstleisters – der Rückzug auf Service-Level-Vereinbarungen reicht nicht aus. Hinzu kommen Befürchtungen der Institute in Bezug auf Abhängigkeit und Kontrollverlust. Dabei bietet ein gut funktionierendes Outsourcing zahlreiche Vorteile. Es ermöglicht nachweislich die stärkere Fokussierung auf die Marktbearbeitung, eine hohe Servicequalität und mittel- bis langfristige Kostensenkungen.

Demografie als Treiber

Angesichts der Restriktionen und Vorbehalte ist ein „Hop oder top“-Outsourcing bzw. eine vollumfängliche Auslagerung des Kreditgeschäfts für viele Institute keine Option. Daher sind heute und zukünftig in noch stärkerem Maße flexible und technisch intelligente Outsourcing-Angebote gefragt. Die demografische Entwicklung ist in diesem Kontext ein wichtiger Treiber, verbunden mit zwei zentralen Fragen: „Wie entwickelt sich die institutsspezifische Kreditnachfrage und damit der Kapazitätsbedarf für die Kreditbearbeitung?“ und „Sind die qualifizierten Mitarbeiter am Markt verfügbar?“. Hieraus resultiert die Herausforderung, eine hohe Ressourcenflexibilität für die Kreditbearbeitung sicherzustellen.

Die Bewältigung sogenannter Kapazitätsspitzen gehört in immer stärkerem Maße zum Tagesgeschäft. Eine Ausrichtung der eigenen Kapazitäten an diesen Kapazitätsspitzen ist jedoch aus Effizienzgründen und angesichts der Intensivierung des Wettbewerbs nicht vertretbar. Die zeitlich marktkonforme und effiziente Bearbeitung von Kreditanträgen im Verbund oder Konzern wird essenziell, da nur dann Geschäft und damit Margen generiert werden.

Kurzfristige Entscheidungen

Im Rahmen einer neuen Entwicklungsstufe „Kredit-Outsourcing 2.0“ entscheidet das Institut künftig kurzfristig über die Inanspruchnahme eines Kreditdienstleisters im Verbund oder anderer Bearbeitungszentren im Konzern. Bearbeitungsaufträge werden, wenn es die Kapazitätssituation erfordert, zu Dienstleistern oder zu freien Bearbeitungskapazitäten im Verbund oder Konzern geroutet. Die für die Produktionssteuerung eingesetzten Systeme erkennen in Sekunden, dass Bearbeitungsaufträge zeitlich nicht marktadäquat bearbeitet werden können und folglich der Verlust von Geschäft und Marge droht. Die Bearbeitung wird maschinell extern geordert.

Dienstleister realisieren die Bearbeitung mit konstant hoher Effizienz und Qualität komplett, in Teilsegmenten oder nur zum Spitzenausgleich. Unterschiede in Bezug auf Outfit und Qualität der Bearbeitungsergebnisse existieren nicht.

„Outsourcing 2.0“ basiert damit auf einem ganzheitlichen Ansatz in der Einheit von technischen und prozessualen Voraussetzungen sowie hoher Professionalität seitens Mandant und Dienstleister. Voraussetzung ist eine umfassende Prozess-, Produkt- und IT-Standardisierung. Externe Dienstleister arbeiten auf den Systemen der Mandanten bzw. Dienstleister oder Bearbeitungszentren im Konzern arbeiten auf IT-Systemen mit gleicher Konfiguration. Sie sind dementsprechend steuerungsseitig umfassend technisch vernetzt.

Steigende Anforderungen

Mit „Outsourcing 2.0“ steigen die Anforderungen an Kreditdienstleister. Sie decken das komplette Kreditbearbeitungsspektrum einer Universalbank professionell ab und zeichnen sich durch extrem hohe Servicequalität und Kundenorientierung aus. Sie müssen die exakte Abrechnung der Leistungserbringung gewährleisten und den enormen Anforderungen an das Kapazitätsmanagement gerecht werden. Das setzt eine umfassende Produktionstransparenz voraus. Falls erforderlich, sichern mandantenspezifische, workflowgesteuerte Bearbeitungsprozesse die Berücksichtigung individueller Mandantenanforderungen. Darüber hinaus ist für eine standortübergreifende Bearbeitung durch Dienstleiter die Digitalisierung von Bearbeitungsaufträgen ein Muss.

Steuerungskonzepte fehlen

Das skizzierte Zielbild eines „Kredit-Outsourcing 2.0“ weicht noch erheblich von der Ist-Situation im deutschen Kreditgewerbe ab. Adäquate Steuerungskonzepte und flächendeckende Papierlosigkeit fehlen noch. Institute oder Konzerntöchter nehmen künftig situativ Leistungen von Dienstleistern in Anspruch. Die Verbände der Banksegmente, einzelne Sparkassen sowie Volksbanken und Raiffeisenbank und die Groß-/Privatbanken stehen vor der Herausforderung, hierfür ganzheitliche strategische Konzepte zu erarbeiten und entsprechende Maßnahmen zu definieren. Die Zukunft setzt das voraus.

Sprechen Sie uns gerne an!

Steffen Jung

Senior Manager Office Ulm

Artikel teilen

Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

BankingHub-Newsletter

Analysen, Artikel sowie Interviews rund um Trends und Innovationen
im Banking alle 2 Wochen direkt in Ihr Postfach

Send this to a friend