Open Banking – PSD2 ist erst der Anfang

Deutsche Banken liegen bei der Umsetzung der EU-Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 gut in der Zeit: So gaben in einer aktuellen Umfrage der Open-Banking-Plattform Tink 98 % der befragten deutschen Institute an, die Deadline am 14. März eingehalten zu haben, bis zu der die „Sandbox“, eine PSD2-Testumgebung für Drittanbieter mitsamt der betreffenden Dokumentation, eingerichtet werden musste. Im Vergleich zu den 67 % in den Niederlanden, den 46 % in Frankreich und den 17 % von Schlusslicht Dänemark ist dies ein sehr hoher Wert.

Alles gut also?

Nicht ganz – denn PSD2 wird künftig für Banken nicht der Maßstab sein, um in der heraufziehenden Open-Banking-Welt von morgen erfolgreich zu sein. Mit PSD2 haben die Regulatoren lediglich einen Minimalstandard definiert. Die eigentlichen Treiber des Open Bankings werden nicht die Gesetzgeber, sondern die Bankkunden sein – und diese werden mit den Füßen darüber abstimmen, was sie vom Angebot ihres Institutes halten. Selbst dann, wenn sie den Begriff Open Banking noch nie gehört haben, wissen sie doch, was sie wollen: ein Banking, das ihrer digitalisierten Lebenswelt entspricht. Sie erwarten die User Experience, die sie im Online-Einzelhandel kennen und schätzen gelernt haben, ganz selbstverständlich auch von ihrer Bank. Sie verlangen nach Services, die sich ganz an ihren Bedürfnissen orientieren und sich geschmeidig in ihren Alltag einfügen. Und sie wollen von ihrem Institut regelmäßig mit neuen, nutzenstiftenden Angeboten überrascht werden.

Open Banking – die Banken sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt

Von einer proaktiven Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der Plattformökonomie ist bei den deutschen Banken nach wie vor wenig zu sehen. Statt mit anderen Banken, Fintechs und Unternehmen aus sonstigen Branchen neue Formen der Zusammenarbeit auszuloten, ist der Blick vieler Institute bislang vor allem nach innen gerichtet: Im Fokus stehen zu sehr ihre internen Prozesse – ob nun in Form einer Optimierung ihrer Kostenstruktur oder der Erfüllung regulatorischer Vorgaben – und zu wenig die Bedürfnisse ihrer Kunden.

Banken in Deutschland müssen deswegen nun den nächsten Schritt tun: Statt PSD2 als lästige Pflichtübung abzuhaken, liegt es an ihnen, das Potenzial einer offenen Infrastruktur zu erkennen und sich mit einer individuellen Open-Banking-Strategie in einem unübersichtlicher werdenden Marktumfeld zu positionieren.

Die gute Nachricht: Viele Institute sind für das Open Banking besser aufgestellt, als sie glauben

Etablierte Finanzinstitute verfügen über zahlreiche «Assets», die im Banking der Zukunft eine wichtige Rolle spielen: Sie besitzen eine breite Kundenbasis, sie sind nah dran an ihren Privat- und Firmenkunden und sie genießen ihr Vertrauen – auch und gerade, wenn es um neue Services geht. So kommt eine repräsentative Verbraucherumfrage im Auftrag des Informationsdienstleisters Crifbürgel vom November 2018 etwa zu dem Ergebnis, dass die eigene Hausbank von 64 Prozent der Bankkunden als vertrauenswürdiger Anbieter von PSD2-Diensten eingestuft wird, noch weit vor anderen Kreditinstituten mit einem Wert von nur 29 Prozent, während Bigtechs wie Facebook oder Start-ups wie N26 mit einstelligen Prozentwerten klar abgeschlagen sind.

Die etablierten Finanzinstitute sind also in einer Position, in der sie nicht nur Dritten Zugang zu ihren Kundendaten gewähren müssen, sondern auch aktiv die Daten anderer Institute nutzen und Services von Drittanbietern in ihr Portfolio integrieren können. Energie, Mobilfunkverträge oder Medienservices: Viele Bankkunden können sich bereits heute vorstellen, branchenfremde Produkte von ihrer Bank zu beziehen. Dies eröffnet Banken die Möglichkeit, sich mit Zusatzangeboten neue Ertragsquellen zu erschließen.

Künftig wird jedoch jedes Institut gefordert sein, zwischen zwei Extremen einen eigenen, zukunftsfähigen Standpunkt zu entwickeln: Dem Anbieten von Finanzprodukten auf branchenfremden Plattformen auf der einen Seite und dem Aufbau einer eigenen Plattform auf der anderen Seite, die offen für Drittanbieter innerhalb und außerhalb der Finanzbranche ist. Zwischen diesen beiden Extremen liegen Institute, die weder Koch noch Kellner sind, sondern weiterhin vergeblich versuchen, erfolgreich alle Produkte und die gesamte Wertschöpfungskette abzudecken – in einer Plattformökonomie gibt es für solche Banken klassischen Zuschnitts jedoch immer weniger Platz.

Sprechen Sie uns gerne an!

Autor Ludwig Volk

Ludwig Volk

Head of Product Management CREALOGIX

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