Was ist dieses Mal anders?
Apple hat ein eigenes Ökosystem geschaffen und bietet die notwendige Infrastruktur an. In den USA können iOS Nutzer demnächst einfach und sicher mit ihren iPhones bezahlen. Nur mit dem Finger – via Fingerprint. Apple hat hierzu eine Allianz mit den größten US Banken geschlossen, die 84 Prozent der Kreditkartenzahlungen in den USA abdecken. Kooperationen, u.a. mit McDonalds, Disney, Macy‘s sorgen dafür, dass Mobile Payment sofort flächendeckend möglich ist und im Alltag ankommt. Fast alle iPhone Nutzer haben eine Kreditkarte bei Apples iTunes store hinterlegt und diese wird auf Wunsch als Standard gesetzt, bestätigt via Fingerprint – fertig. Neue oder weitere Kreditkarten werden einfach abfotografiert, die Daten automatisch erkannt und ebenfalls einfach via Fingerprint bestätigt.
Der Verlust des iPhones ist kein Problem. Apple speichert keine Kreditkartendaten auf dem iPhone, sondern generiert eine eigene ID, die im Zahlungsverkehr verwendet wird. Es ist also nicht nötig, im Falle eines Verlusts des iPhones die Kreditkarte(n) sperren zu lassen. Apple gibt wieder einmal den Takt vor und die Taktzahl wird sich erhöhen, sofern sich Apple Pay durchsetzt. Die Chancen dafür stehen gut. Apple hat mächtige Partner gewonnen und in den USA, anders als in Europa, im Smartphonebereich einen Marktanteil von 40 Prozent.
Wie schon oft setzt Apple neue Maßstäbe und auch dieses Mal besteht disruptives Potential. Die Gewohnheiten der Bezahlung könnten sich nachhaltig verändern. Stehen Apples Scanner erst einmal an den Kassen, können auch andere (Android) Geräte mit NFC Chip diese nutzen und entsprechend zur Verbreitung in Europa beitragen.
Ein Blick nach vorne
Etabliert sich das Smartphone zu unserem bevorzugten Zahlungsmittel, dem wir vertrauen – und dafür spricht vieles – dann ist Payment nur der erste Schritt. Weitere werden schnell folgen. Die Möglichkeit eines Zahlungstransfers via Fingerprint auf einem Gerät, das ich immer dabei habe, weiß wo ich bin, wer ich bin, wie schnell ich mich bewege und vernetzt ist, bietet weitreichende, revolutionäre Möglichkeiten für die Finanzdienstleistungsbranche. Produkte können einfacher gestaltet werden und die neuen Kulturtechniken der Digitalisierung aufgreifen. Intelligent, embedded, easy to use, social, kollaborativ, kontextbezogen, flexibel, einfach, sofort – das sind die neuen Anforderungen. Möglichkeiten und Chancen sind vorhanden. Die Frage wird sein, ob wir in Europa und in Deutschland als Finanzdienstleistungsbranche in der Lage und gewillt / mutig genug sein werden diese Chance zu ergreifen und für uns zu nutzen.
Eine Altersvorsorge z.B., die sich nicht verkauft, verkauft sich nicht alleine dadurch besser, dass sie auf digitalen Kanälen kommuniziert wird. Das ist in etwa so, als ob mir ein Film im Kino nicht gefällt und man annimmt, auf einem iPad fände ich ihn plötzlich großartig. Produkte und Prozesse müssen neu gedacht, Möglichkeiten erkannt und umgesetzt werden. Hierzu gilt es, die Voraussetzungen auf allen Ebenen im Unternehmen zu schaffen. Das betrifft digitale Kultur und Erwartungen, ebenso wie neue digitale Arbeitsweisen und Technologien. Unternehmen, deren Kernsysteme teilweise noch auf Mainframes laufen, werden sich schwer tun Schritt zu halten. Den Kunden ausschließlich über Multikanalstrategien in die Filialen zu locken, um ihm Produkte zu verkaufen, die er im Zweifel nicht versteht, wird dauerhaft nicht ausreichen. Auch jahrzehntelange Dominanz im deutschen Markt und Regulierung werden keine ausreichend hohen Mauern sein, um die nun konkret begonnene Entwicklung aufzuhalten und zu überstehen.
Banken sollten ihre jahrzehntelange Erfahrung und tiefe Expertise im Banking nutzen. Erfolgreich wird sein, wer es schafft dieses Wissen mit den Möglichkeiten der digitalen Welt zu kombinieren. Das führt zu neuen Sichtweisen und ermöglicht neue Produkte, die auch in Zukunft marktfähig sind und vom Kunden gerne angenommen werden.
Dem Smartphone wird hierbei eine zentrale Rolle zukommen. Apple hat schon mal angefangen, werden Sie folgen?