IDD und MiFID II – Regulatorische Anforderungen

So wie das Inkrafttreten von MiFID II (Markets in Financial Instruments Directive) mit Anfang 2018 das Geschäftsmodell der Banken maßgeblich beeinflussen wird, werden zeitgleich auch die Versicherungen durch das Inkrafttreten der IDD (Insurance Distribution Directive), beginnend mit internen Prozessen bis hin zur Vergütung, eine wesentliche Änderung ihres Geschäftsmodells durchführen müssen. Für Banken und Versicherungen können sowohl die MiFID II als auch gleichzeitig die IDD von Relevanz sein, falls diese entweder Produktgeber oder Vertreiber von den betroffenen Produkten sind. Insbesondere das unternehmerische Konzept „Bancassurance“ ist somit von beiden Richtlinien betroffen, wodurch sich durch vorausschauend geplante Umsetzungen große Synergieeffekte ergeben können.

 

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In diesem Artikel wird auf drei zentrale Themen eingegangen, die sowohl durch die IDD als auch die MiFID II maßgeblich beeinflusst werden. Diese sind der Beratungsprozess, die Produktgenehmigung und -überwachung sowie die Vergütung. In jedem der drei Kapitel werden die Parallelen und Unterschiede zwischen den Regulierungen sowie potenzielle Felder zur Schaffung von Synergieeffekten bei der Umsetzung aufgezeigt. Aufgrund der großen Relevanz dieser Regulierungen für das Retailgeschäft wird in diesem Artikel nur auf Anforderungen im Geschäft mit Retailkunden eingegangen.

Synergieeffekte bei der Umsetzung von IDD und MiFID II in ausgewählten BereichenAbbildung 1: Synergieeffekte bei der Umsetzung von IDD und MiFID II in ausgewählten Bereichen

Beratungsprozess

Die zentrale Anforderung an den Beratungsprozess in beiden Regulierungen ist, dass der Kunde in den Mittelpunkt gestellt wird, um somit eine bedarfs- und zielgerichtete Beratung durchzuführen. So sind ab Januar bzw. Februar 2018 zu Beginn des Verkaufsprozesses bestimmte Informationen, etwa über die Interessenkonflikte (z. B. Vergütung), die Produktpalette und die Art der beabsichtigten Beratung an den Kunden zu übermitteln. Zudem muss vor dem Verkauf zwingend eine Kostenoffenlegung erfolgen, die sich aus den entstehenden Produktkosten – bei MiFID II zusätzlich auch den Dienstleistungskosten – zusammensetzt. Auf Verlangen des Kunden sind diese Informationen zudem detaillierter auszuweisen. Wesentlich durch die IDD ist beim Verkauf von Versicherungsprodukten im Beratungs- und beratungsfreien Geschäft, dass der Versicherungsvertrieb die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden erfassen und dokumentieren muss. In der Beratung müssen sich die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden zusätzlich in der Produktauswahl widerspiegeln. Handelt es sich um ein Versicherungsanlageprodukt, ist dem Kunden darüber hinaus ab dem 01.01.2018 auch ein PRIIPs KID (Packaged Retail and Insurance Based Products Key Information Document, deutsch: Verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte Basisinformationsblatt) auszuhändigen.[1] Darüber hinaus sind die Kenntnisse und Erfahrungen sowie gegebenenfalls (im Falle einer Anlageberatung) auch die Risikotoleranz und -tragfähigkeit des Kunden abzufragen. An diesem Punkt wird die Brücke zur MiFID II geschlagen, denn auch diese Regulierung verlangt, diese Informationen vom Kunden einzuholen. Im Anlegerprofil werden die Kundeninformationen dokumentiert und gebündelt. Dieses Profil sollte beide Welten berücksichtigen, um einerseits Haftungen zu vermeiden und andererseits Synergieeffekte zu nutzen.

Produktgenehmigung und -überwachung

Die Notwendigkeit, im Beratungsprozess das passende Produkt für den Kunden zu identifizieren und zu empfehlen, ist in beiden Regelungswerken fest verankert. Die POG (Product Oversight and Governance) in der IDD sieht vor, dass Produkte für einen Zielmarkt konzipiert sein müssen. Sobald sich durch einzuführende Überprüfungsprozesse herausstellt, dass ein Produkt nicht in dem vorgesehenen Zielmarkt verkauft wird oder das Produkt nicht mehr mit den Bedürfnissen, Eigenschaften und Zielen der Kunden im Einklang steht, ist Handlungsbedarf auf der Seite des Produzenten und Vertriebs gegeben. Die mindestens jährlich durchzuführenden Produktüberprüfungsprozesse sind ein wesentlicher Treiber, um etwaige unnötige Komplexität aus den Produkten zu eliminieren. Einfachere Produkte führen nicht nur zu schlankeren Überprüfungsprozessen, sondern auch zu einem geringeren Aus- und Weiterbildungsbedarf der Vertriebsmitarbeiter. Denn ein weniger komplexes Produkt kann auch einfacher beraten werden und eignet sich zudem für einen möglichen Onlinevertriebskanal. Ganz ähnlich der IDD sind die Anforderungen an den Produktgenehmigungs- und -überwachungsprozess in der MiFID II geregelt. Es empfiehlt sich daher für Banken, die Versicherungsprodukte vertreiben, die Anforderungen aus beiden Regulierungen zu vereinen. So könnte beispielsweise bei der Definition eines Zielmarktrasters bereits auf Versicherungsprodukte Rücksicht genommen und deren Spezifika integriert werden. Besonders interessant wird es dann, wenn Banken toolbasierte Lösungen für diese Prozesse nutzen wollen. Eine frühzeitige Integration von Versicherungsprodukten bei der Spezifikation der Anforderungen an ein Tool kann hier zu hohen Synergieeffekten führen.

Vergütung

Das primäre Ziel der neuen Vergütungssystematik ist die Vermeidung von Interessenkonflikten und damit eine Verbesserung der Qualität der Beratung. Durch IDD und MiFID II wird sich somit das gesamtheitliche Vergütungssystem der Produktvermittler verändern. Es wird in Zukunft nicht mehr ausreichend sein, Vergütungen basierend auf rein quantitativen Zahlen wie etwa Abschlüssen oder erwirtschafteten Prämien auszuzahlen – qualitative Kennzahlen werden und müssen eine größere Rolle einnehmen. Während die IDD weiter fordert, dass das Vergütungssystem keinen nachteiligen Effekt auf die Qualität der angebotenen Leistung für den Kunden hat, ist die MiFID II in puncto Zuwendungen wesentlich strenger gefasst. Unter MiFID II sind Zuwendungen im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen nur noch dann erlaubt, wenn die Beratung abhängig (von den eigenen Produktproduzenten) erbracht und die Zuwendungen für qualitätssteigernde Maßnahmen im Sinne des Kunden verwendet wurden. Beiden Regulierungen gemeinsam ist die Offenlegungspflicht jeglicher Gebühren und erhaltener Vorteile seitens Dritter. So muss dem Kunden vor dem Abschluss eines Produkts – sowie zusätzlich in der MiFID II mindestens einmal jährlich im Nachhinein – offengelegt werden, was dem Vertreiber im Zusammenhang mit den verkauften Produkten an Erträgen sowie monetären und nicht monetären Vorteilen zugeflossen ist.

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Trotz vermutlich nicht trivialer Hürden, erzeugt durch komplett unterschiedliche Systeme bei Banken und Versicherungen, könnten dennoch Synergieeffekte erzeugt werden, indem die Vergütungsgrundsätze beider Richtlinien harmonisiert und die Offenlegung der Vergütung für Versicherungs- sowie reine Wertpapierprodukte gegenüber dem Kunden gesammelt vorgenommen wird.

Zusammenfassung

In Summe ergibt sich für Banken und Versicherungen eine ganze Reihe von Bereichen, die durch die MiFID II und die IDD betroffen und in kürzester Zeit auf einen regulatorisch konformen Pfad gebracht werden müssen. Speziell für Banken, die Versicherungsprodukte vertreiben, ergeben sich Synergieeffekte bei der Umsetzung beider Regulierungen.

Nachdem in einem ersten Schritt die vorhandenen Gaps identifiziert werden, liegt der Schlüssel in einer fristgerechten und sauberen Implementierung mit einem klaren Ziel zur Nachhaltigkeit – denn durch die regulatorischen Anforderungen entstehen nicht nur Mühen und Aufwände, sondern auch eine große Chance, das Vertriebsmodell nachhaltig zu verbessern und die Kunden zu begeistern.

 

[1] Siehe hierzu: Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 („Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte“, kurz als PRIIP-Verordnung bezeichnet).

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Alexander Riesner/ Autor BankingHub

Alexander Riesner

Manager zeb
Autor Philipp Seidler

Philipp Seidler

Senior Consultant Office Wien

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