Deutscher Flottenleasingmarkt – Servicekonzept als Zukunftsträger?

Das Flottenleasinggeschäft in Deutschland steht vor neuen Herausforderungen. Ein wettbewerbsintensiver Markt und herausfordernde makroökonomische Rahmenbedingungen erfordern neue Wachstumsstrategien.

Remarketing als Ertragstreiber in der Vergangenheit

Der Verkauf von Leasingfahrzeugen am Ende ihrer Vertragslaufzeit (Remarketing) war für viele Flottenleasinggesellschaften in den vergangenen zwei Geschäftsjahren ein wesentlicher Ertragsfaktor. Die Preisgestaltung bei Gebrauchtwagen hat dadurch einen direkten Einfluss auf die Rentabilität der Gesellschaften.

Verschiedene Faktoren sind für den Preisanstieg bei den Gebraucht-, aber auch bei den Neufahrzeugen seit 2021 verantwortlich:

  • Die durch die Coronakrise verursachten Produktionsunterbrechungen und Lieferengpässe hatten ein reduziertes Angebot und eine erhöhte Nachfrage zur Folge.
  • Die Chipkrise hatte ebenfalls Auswirkungen auf die Produktion von Fahrzeugen, da wichtige Bestandteile für den Fahrzeugbau fehlten.
  • Der Ukrainekonflikt hat geopolitische Unsicherheiten geschaffen, die die Rohstoffpreise steigen und Lieferketten teilweise zusammenbrechen ließen. Die dadurch stark eingeschränkte Neuwagenproduktion führte unter anderem zu einem Nachfrage- und Preisanstieg hinsichtlich Gebrauchtwagen.
  • Zwischen Mai 2021 und Januar 2023 nahmen die Preise der Benzin-Pkw um 25 %, der Diesel-Pkw um 30 % und der Elektro-Pkw um 27 %[1] auf dem deutschen Markt zu. Für die Flottenleasinganbieter resultierte dies ab September 2021 in starken Remarketingergebnissen.
Deutscher Flottenleasingmarkt: Entwicklung Abbildung 1: Deutscher Flottenleasingmarkt: Weiterentwicklung des Listenneupreise

Der Trend der steigenden Gebrauchtwagenpreise flacht aufgrund der wieder angekurbelten Produktion seit November 2022 ab und wird in Verbindung mit den ebenfalls gestiegenen Neuwagenpreisen[2] aus zeb-Sicht als maßgeblicher Ertragstreiber perspektivisch nicht mehr zuverlässig sein. Um die reduzierten Erträge aus dem Remarketing abzufedern, sollte die Ertragsquelle Zins näher betrachtet werden, die mitunter durch die konstante Zunahme der Anzahl zugelassener Neuwagen in der Flottenbranche[3] attraktiv wird.

Positiv zu vermerken ist, dass die gestiegenen Fahrzeugpreise auch bei gleichbleibender Absatzmenge einen höheren Gesamtumsatz erwarten lassen, auf welchen die Zinsmarge angesetzt werden kann. In Verbindung mit den gestiegenen Zinsen führt dies zwar zu preisintensiveren Refinanzierungskosten, erlaubt allerdings einen höheren Kundenzins und damit eine größere Marge.

Vollständig zu vernachlässigen ist Remarketing jedoch nach wie vor nicht, da ein effektives Remarketing ermöglicht, die Verkaufszeiten zu reduzieren und den Restwert durch eine gründliche Fahrzeugaufbereitung, eine gezielte Vermarktung über optimierte Prozesse und den Einsatz von professionellen Verkaufskanälen zu steigern.

Personalaufwände und Prozessverbesserungen als Stellschrauben

Flottenleasingunternehmen haben aufgrund einer häufig historisch bedingten Vielzahl an manuellen Prozessen und damit einhergehenden Personalaufwänden mit hohen Kosten zu kämpfen. Zu den Treibern gehören die Komplexität der Vertragsverwaltung, das erforderliche Fachwissen im Bereich der Fahrzeugflotte und der Kundenservice sowie die Notwendigkeit einer umfassenden individuellen Betreuung der Kunden während der Leasinglaufzeit. Daher sind die Standardisierung und Digitalisierung von Prozessen essenziell, was sich insbesondere in der Vertragsverwaltung, der Fahrzeugabholung und -rückgabe sowie der Schadensabwicklung realisieren lässt.

Investitionen in geeignete Technologien wie Flottenmanagementsysteme oder auch die Digitalisierung des Invoicings, also der digitalen Eingangs- und Ausgangsrechnungsbearbeitung, können Arbeitsabläufe verschlanken und die Produktivität erhöhen. Die Implementierung von Selfservicelösungen kann dazu beitragen, den Personalbedarf zu reduzieren. Beispielsweise können Kunden Verträge und Anfragen über ein Kundenportal selbstständig verwalten. Darüber hinaus sind eine kontinuierliche Schulung und Weiterbildung des Personals wichtig, um Fachwissen weiterzugeben und Effizienzen zu fördern.

Servicemanagement mit hohem Potenzial

Der Automobilmarkt ist aufgrund von Preisentwicklungen, Lieferverfügbarkeiten und Trends wie Carsharing volatil bzw. erschöpft. In diesem schwierigen Marktumfeld bietet der Ausbau des Servicemanagements, also die Planung, Organisation und Steuerung aller Serviceleistungen, die im Rahmen des Flottenleasinggeschäfts angeboten werden, eine interessante Wachstumsperspektive. Dies umfasst unter anderem eine Qualitätssteigerung der Services Wartung, Reparaturen, Reifenwechsel und Kraftstoffmanagement sowie Versicherungslösungen. Kunden im Flottenmanagement können dadurch über die Vertragslaufzeit hinaus weiterentwickelt werden im Sinne von steigenden Umsätzen und Margen.

Eine umfassende Analyse der Kundenwünsche ermöglicht die Entwicklung individueller Servicepakete, die auf die Segmentierung des Kunden entlang der bezogenen Leistung abzielen. So können für Kunden der Basispakete standardisierte und weitestgehend digitalisierte Prozesse genutzt werden, um so die operationellen Kosten gering zu halten. Zudem lässt sich durch gezieltes Bestandskundenmanagement Up- und Cross-Selling realisieren.

Zur Hebung dieses Potenzials bietet sich besonders das Angebot der Nutzung von Selfserviceportalen und nutzerfreundlich gestalteten Frontends an, da so datengetriebene Reportings sowie Analysen der Kundenleistungen und Zufriedenheit möglich sind. Der transparente und autonom zugängliche Überblick über Servicehistorie, Vertragsleistungen und Verbrauch erhöht dabei gleichzeitig auch den Nutzen für den Kunden.

Mit einer effektiven Verwendung von Kundendaten können sich Flottenleasingunternehmen darüber hinaus in der Wertschöpfungskette durch Partnerschaften und „Non-Car-Related Services“ breiter aufstellen. Beispiele sind auf dem aktuellen Markt insbesondere Zusatzleistungen im Rahmen von Mobility-Konzepten. In der Rolle des Vermittlers sind Partnerschaften mit Sharinganbietern denkbar, die auf Provisionsbasis zusätzliche Erträge einspielen, während dem Kunden ergänzende Lösungen angeboten werden. Durch die Abdeckung diverser Kundenbedarfe über das reine Leasing hinaus werden sowohl die Kundenbeziehung als auch die Kundenloyalität gestärkt, da der Kunde im Leasingunternehmen einen Ansprechpartner für Mobility sieht (im Rahmen des Mobility-Konzepts sind weitere Dienste vorstellbar).

Zusammenfassend sollten Flottenleasingunternehmen durch die Implementierung effektiver Servicemanagementstrategien, gezielter Datenanalysen und Reportings sowie ganzheitlicher Mobility-Konzepte ihre Wettbewerbsposition und ihr Kundenstanding stärken, um sich auch langfristig auf dem Markt zu halten.

Sprechen Sie uns gerne an!

Clemens Nawroth / Autor BankingHub

Clemens Nawroth

Senior Manager Office Hamburg
Tabea Nickenig / Autorin BankingHub

Tabea Nickenig

Managerin Office Frankfurt
Johannes Schwingeler / Autor BankingHub

Johannes Schwingeler

Analyst Office Frankfurt

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