Erfolg im Auslandsgeschäft ausbauen
Unbestritten: Der Mittelstand mit seiner Wirtschaftskraft und der zugehörige Export als Synonym für die weltweite Nachfrage nach deutschen Waren bilden eine Kombination, die als wesentliches Zugpferd für den Erfolg Deutschlands gilt. Eng hiermit verknüpft ist ein funktionierendes und leistungsfähiges Finanzsystem, welches im Hintergrund die weltweiten Warenströme und damit verbundenen Risiken durch die Bereitstellung von Zahlungs-, Finanzierungs- und Absicherungsinstrumenten ermöglicht. Gleichzeitig bietet das Auslandsgeschäft den Banken in einem sich verschärfenden Marktumfeld gute Möglichkeiten, neue Ertragsquellen zu gewinnen und die Kundenbindungen zu intensivieren.
Bei den Regionalbanken bestehen gute Voraussetzungen, im Auslandsgeschäft Erfolg zu haben: Viele Häuser verfügen über hohe Kundenreichweiten im Firmenkundengeschäft und pflegen insbesondere durch regionale Nähe und hohe Beratungsqualität sehr gute Beziehungen zum Mittelstand. Im Auslandsgeschäft jedoch nutzen viele Regionalbanken die gute Ausgangssituation nur unzureichend. Exemplarisch für diesen Handlungsbedarf merkte beispielsweise der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Georg Fahrenschon, bereits im Jahr 2015 an, dass die Sparkassen-FinanzGruppe ihre Aktivitäten verstärken und sich „umfassend in das internationale Firmenkundengeschäft hineintrauen“ sollte (Vorständetagung „Jetzt die Weichen für die Zukunft stellen“ am 07.10.2015). Zwar unterhalten viele Regionalbanken eine eigene Auslandsabteilung mit entsprechenden Spezialisten oder nutzen Kooperationsmodelle mit benachbarten Instituten. Doch aus Sicht der Profitabilität führt dies nicht immer den gewünschten – und möglichen – Erfolg herbei. Auf Basis von zeb-Projekterfahrungen kann im Wesentlichen anhand von zwei Stellhebeln die Ergebnissituation und die Kundenausschöpfung im Auslandsgeschäft verbessert werden.
In der Praxis zeigt sich, dass bei Regionalbanken die Cost-Income-Ratio (CIR) im Auslandsgeschäft üblicherweise nicht nur über dem Durchschnitt der Gesamtbank, sondern teilweise jenseits der 100 % liegt. Nach einer ersten Einschätzung trifft dies auf ca. 80 % aller regionalen Institute inklusive der Kooperationsmodelle zu.
Optimierung des Vertriebs
Klar ist: Das Auslandsgeschäft ist aufgrund seiner Komplexität in den Produkten in der Regel durch einen Spezialisten abzudecken. Dieser ist darauf angewiesen, dass der kundenverantwortliche Berater selbstständig und systematisch Bedarfe des Kunden erkennt und zum richtigen Zeitpunkt den Auslandsspezialisten in die Beratung einbezieht.
In der Praxis liegt vertrieblich ein großer Fokus auf den etablierten Ertragstreibern, wie z. B. dem klassischen Kreditgeschäft. Zum Auslandsgeschäft bestehen oftmals Berührungsängste im breiten Flächenvertrieb aufgrund von fehlendem Know-how und einer damit verbundenen eingeschränkten Sprechfähigkeit. Die aktive Ansprache zum Auslandsgeschäft ist gering, sodass das Geschäft – wenn überhaupt – auf Initiative des Kunden an das Institut herangetragen und abgewickelt wird. Die Möglichkeit, für detaillierte Beratungen den Spezialisten hinzuziehen zu können, schafft oftmals nicht genug Anreize für den Berater, sodass die Anzahl der Kundenansprachen hierdurch nicht notwendigerweise erhöht wird.
Zudem ist in einigen Häusern das vertriebliche Rollenverständnis zwischen Firmenkundenberater und Auslandsspezialist nicht klar genug definiert. Dadurch ist die Potenzial- und Bedarfsabschätzung sowie die gemeinsame Terminvor- und -nachbereitung im Sinne einer einheitlichen Vertriebs- und Kundenplanung nicht ausreichend aufeinander abgestimmt. Dies ist jedoch essenzieller Bestandteil der Zusammenarbeit zwischen Kundenverantwortlichen und Spezialisten sowie grundlegend für eine effektive und effiziente Beratung der Kunden, insbesondere vor dem Hintergrund des umfangreichen Aufgabenportfolios, welches von der – oftmals theoretischen – Vertriebsunterstützung bis hin zur Abwicklung des dokumentären Auslandsgeschäfts reicht.
Letztlich ist eine fundierte Vertriebsplanung erforderlich, die regelmäßig aktualisiert wird und sich systematisch auf die Ausschöpfung spezifischer Kundenbedarfe konzentriert. In der Vertriebsplanung von Regionalbanken hat das Auslandsgeschäft oftmals eine untergeordnete Priorität, auch weil die notwendige Transparenz über den Bedarf im eigenen Markt fehlt. Die Identifizierung relevanter Kunden, Kerngeschäftsaktivitäten und daraus resultierender Anforderungen an das Auslandsgeschäft sollte stattfinden, um das Leistungsportfolio des Kreditinstituts an die Bedarfe der Kunden anpassen zu können. Produkt- und kundenorientierte Kapazitätsplanung sowie ein zielgerichteter Kundenangang werden hierdurch ermöglicht.
Optimierung der Abwicklung
Grundsätzlich bieten sich drei verschiedene Modelle für die Abwicklung im Auslandsgeschäft, z. B. des Dokumentengeschäfts, an.
In einer Stand-alone-Lösung führt das Institut sämtliche Schritte der Abwicklung eigenständig durch. Aufgrund der vorzuhaltenden Kapazitäten sowie des erforderlichen Spezialisten-Know-hows ist dieses Modell mit hohen Kosten verbunden. Hierzu sind entsprechende Mengengerüste u. a. hinsichtlich Auslandstransaktionen, Import- und Export-Akkreditiven, Inkassi oder Avale erforderlich, um die notwendige Infrastruktur vorhalten zu können und um Skaleneffekte bei der Abwicklung zu ermöglichen. Nach zeb-Projekterfahrung liegen bei Regionalbanken die erforderlichen Fallzahlen häufig nicht vor. Dadurch müssen Aufträge vollständig oder teilweise händisch bearbeitet werden, wodurch lange Durchlaufzeiten und hohe Stückkosten entstehen.
Eine weitergehende Lösung besteht darin, eine schlanke Kapazitätsausstattung in der Abwicklung vorzuhalten, mit der ganzjährig nahezu eine Vollauslastung gewährleistet wird. Bei zu hohen Mengenaufkommen können Überlauflösungen bereitgehalten werden. Dabei werden einzelne Fälle durch externe Dienstleister zur fallabschließenden Bearbeitung übernommen. Solche „sporadischen“ Auslagerungen können jedoch zu erheblichen Reibungsverlusten an der Schnittstelle zwischen Bank und Dienstleister führen, da die (hohen) Qualitätsstandards zur Einlieferung eingehalten werden müssen. Bei Rückgaben aufgrund von Qualitätsmängeln entstehen zusätzliche Kosten, sodass u. U. der Gesamtaufwand im Vergleich zur Stand-alone-Lösung höher ist.
Die dritte Möglichkeit besteht darin, sämtliche Abwicklungsaktivitäten an einen externen Dienstleister oder eine Kooperationsgesellschaft zu übergeben. In diesem Modell kann das Institut vollständig flexibel auf variable Kosten in der Abwicklung des Auslandsgeschäfts abstellen und somit Ineffizienzen deutlich verringern. Die Abwicklungskapazitäten des Instituts werden nahezu vollständig abgebaut, sodass lediglich Kapazitäten zur Einhaltung der erforderlichen Einlieferungsqualität vorgehalten werden müssen. Aus Kostengesichtspunkten ist diese Lösungsoption bei Instituten mit geringen Mengengerüsten den beiden zuvor genannten Alternativen überlegen, gleichzeitig ist das auszuwählende Auslagerungsmodell – Outsourcing oder Kooperation – im Einzelfall zu prüfen. Effekte wie anfallende Umsatzsteuer, Qualitätsprobleme an der Schnittstelle oder Fallzahlen sind in einer Kosten-Nutzen-Betrachtung zu berücksichtigen.
Was können die Regionalbanken tun?
Das Festhalten am Status quo stellt für die meisten Kreditinstitute aus Kundenerwartungs- und Effizienzgesichtspunkten keine Fortführungsoption dar. Um langfristig erfolgreich zu sein, ist eine Reorganisation unter Nutzung der spezifischen Stärken der Regionalbanken sinnvoll. Als Hausbanken des Mittelstands haben Regionalbanken eine hohe Kundenreichweite und zugleich eine intensive Kundenbindung. Diese Faktoren können durch die einzelnen Institute zur Vertriebsintensivierung im Auslandsgeschäft genutzt werden. Insbesondere bei den aktiven Kundenkontakten bieten sich beste Möglichkeiten für Berater, den (Wieder-)Einstieg in das Auslandsgeschäft zu ermöglichen. Die genannten Vorteile der hohen Kundennähe erleichtern gewiss den Start, sollten darüber hinaus aber auch systematisch verankert werden. Die Implementierung des Auslandsgeschäfts in die Vertriebsstrategie – inklusive der Berücksichtigung ausgehend von der Unternehmensanalyse bis hin zum Setzen von Leistungsanreizen für die Firmenkundenbetreuer – ist essenzieller Bestandteil des langfristigen Erfolgs.
Parallel zu dieser Fokussierung auf den Vertrieb sind Aktivitäten mit nicht auskömmlicher Rentabilität kritisch zu hinterfragen. Die geringen Fallzahlen einzelner, insbesondere kleinerer Institute sowie die hohe Standardisierung bei Dienstleistern zeigen enormes Kostenpotenzial, welches es zu heben gilt. Natürlich erfordert diese konsequente Maßnahme ein gewisses Maß an Akzeptanz dafür, nicht mehr den gesamten Leistungserstellungsprozess selbst durchzuführen. Die Vorteile der Effizienzsteigerung sollten diesen Punkt jedoch deutlich überwiegen.