Konferenzformate
Doch nicht nur das Vorfeld von Events wird zunehmend persönlicher und die Teilnehmerschaft transparenter, es sind auch die Veranstaltungen selbst. Diese werden in allen Belangen kontaktorientierter, der Trend geht weg von Diskussionspanels mit einer stillen Zuhörerschaft hin zu interaktiven Ansätzen mit ausreichend Raum (im wörtlichen Sinne!) daneben zur persönlichen Kontaktaufnahme. Einige dieser Konferenzformate sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden:
- Speed dating: 2er-Gespräche werden in 15-Minuten-Slots geführt. Die Paarungen werden anhand vorher abgegebener Präferenzen zentral zusammengestellt und sind über einen elektronischen Kalender für alle Teilnehmer mobil einsehbar. Für die Teilnehmer stellt das Speed Dating eine einfache und vor allen Dingen ungezwungene Möglichkeit dar, mit für sie interessanten anderen Teilnehmern ins Gespräch zu kommen.
- Fish Bowl: In der Mitte des Plenums werden vier Stühle aufgestellt, wobei zwei durch die Diskussionsführer dauerhaft besetzt sind. Die beiden verbliebenen Stühle können von Mitgliedern des Plenums genutzt werden, um Beiträge, Fragen oder Anmerkungen in die Diskussion einzubringen. Der Stuhl wird nach kurzer Zeit wieder für andere freigegeben. Daraus entstehende Diskussionen sind schon alleine aufgrund der größeren Anzahl involvierter Personen vielfältiger und vor allen Dingen dynamischer.
- Themenlabor: Spannende und diskussionswürdige Themen werden im Vorfeld festgelegt und jeweils ein Moderator bestimmt. An sogenannten „Thementischen“ können sich Interessierte zusammenfinden und sich mit Unterstützung des Moderators in kleiner Gruppe konzentriert in einem begrenztem Zeitslot zu ihrem Interessensgebiet austauschen.
- Barcamp: Meist, aber nicht zwingend, haben Barcamps ein übergeordnetes Thema, z.b. die Perspektive der Genobanken, die Thema des Genobarcamps war. Nach einer kurzen Begrüßung wird der Tag in Slots unterteilt. Innerhalb dieser können einzelne Teilnehmer Sessions zu einem selbstgewählten Unterthema anbieten. Andere Teilnehmer können sich (ohne Anmeldung!) anschließen und gemeinsam werden Themen weitergedacht und Ergebnisse erarbeitet. Nach Abschluss der Arbeitsphase werden die Ergebnisse aller Sessions gesammelt und dienen so als Basis für weitere Ideen.
Gemein haben diese und ähnliche Ansätze, dass die Distanz zwischen Vortragenden und Plenum deutlich geringer wird, was jedoch nicht mit der Verringerung von Respekt gleichzusetzen ist. Durch höhere Aktion und Interaktion werden Themen „erfahrbarer“, die höhere Integration verschiedener Perspektiven der Teilnehmer beleuchtet ein Thema nicht zuletzt ganzheitlicher. Vortragende erhalten die Möglichkeit, direktes Feedback der ehemals auf die Zuschauerrolle reduzierten Teilnehmer zu erhalten. Ausreichend Raum am Rande der Veranstaltungen ermöglicht den Aufbau persönlicher Kontakte abseits des Programms.
Diese Ansätze können auch verstanden werden als Ausdruck einer neuen Arbeits- und Interaktionskultur. Die „Unfehlbarkeit des Vortrags“ wird ersetzt durch eine weniger hierarchiegetriebene Art der Diskussion – schon alleine dadurch, dass der Vortragende auch räumlich nicht mehr auf dem Podium über den Teilnehmern steht, sondern auf gleicher Höhe. Der „Mitmachgedanke“, wie er bereits an anderen Stellen der Gesellschaft zu beobachten ist, tritt somit auch in der Arbeitswelt vermehrt zum Vorschein und wird in diesem Bereich noch weitere Veränderungen auslösen.
(Dieser Artikel ist ebenfalls im Blog der ADG Denkfabrik veröffentlicht)