Roboter mit Brandblasen
Die Bundeskanzlerin musste ihm schon die Hand schütteln, auf den Messeständen der Bahn fährt er herum und parliert mit den Messbesuchern – und natürlich durfte er eigentlich auch zur Eröffnung des IBM Watson Summit am 10. Oktober 2017 in Frankfurt nicht fehlen: der von Watson (IBM-Plattform für künstliche Intelligenz) gesteuerte humanoide Roboter Pepper. Das Interesse der über 1.000 Besucher am Roboter war dann wohl doch zu groß, denn er erschien nicht wie geplant zur Eröffnung des Plenums, was mit Brandblasen vom Händeschütteln entschuldigt wurde.
Computer im, ins und statt Gehirn
Die Ehre, den Kongress zu eröffnen, hatte dann die IBM-Chefin für Deutschland, Österreich und Schweiz, Martina Koederitz, die die ständige Erneuerung von IBM in seiner über 100-jährigen Geschichte vom Anbieter von Kassiersystemen, Mainframe und PC zum heutigen IT-Berater und Plattformentwickler hervorhob. Die Keynote mit dem Titel „Der Mensch-Maschine-Merger: Wie sich die Grenzen unseres Denkens und Handelns verschieben“ lieferte Prof. Dr. Miriam Meckel ab. Die bekannte Publizistin ist Herausgeberin der Wirtschaftswoche und Professorin für Medienkommunikation an der Universität St. Gallen. Sie stellte anhand von Beispielen dar, dass Informationen per Computer aus dem menschlichen Gehirn gelesen, hineingesendet und zwischen Gehirnen ausgetauscht werden können.
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Eines der Beispiele war die Hirnschnittstelle, über die völlig gelähmte Personen (mit dem sog. „Locked-in-Syndrom“) mit der Umwelt kommunizieren können. Leider fehlte der Hinweis, dass es sich hierbei um die Arbeiten von Niels Birbaumer handelt, der über viele Jahre ein System entwickelt hat, in dem einfache Ableitungen von Hirnströmen genutzt werden, um einen Cursor auf einem Computerbildschirm zu steuern und so Worte schreiben zu können. Prof. Birbaumer fragt in einer schönen Vorlesung auf der Tübingern Kinderuni ironisch: „Warum kann man Gedanken lesen?“ (für wissenschaftliche Interessierte der Artikel: https://www.eurekalert.org/pub_releases/2017-01/wcfb-bia012517.php) und beantwortet die Frage auch gleich: Der Computer liest eben nicht die Gedanken, sondern das Gehirn passt sich so an die Apparatur an, dass es diese mit Hirnströmen steuern und Worte schreiben kann. Im Vortrag wurde allerdings der Eindruck erweckt, dass Computer Gedanken lesen und dies nun auch bei Facebook entwickelt wird (https://www.theguardian.com/technology/2017/apr/19/facebook-mind-reading-technology-f8). So ging es munter weiter mit einprägsamen Beispielen und halbwissenschaftlichen Erläuterungen, die insgesamt den Eindruck hinterließen, dass noch sehr viele Entwicklungen auf uns zukommen, die wir uns derzeit kaum vorstellen können – und das ist ganz sicher uneingeschränkt wahr.
Smart Banking: App, Robot, Service & Crime
Etwas irdischer, aber nicht weniger interessant wurde es, als die konkreten Umsetzungen in verschiedenen Branchen in den beiden Panels, „Architecting Disruption“ und „Reinventing Industries“, vorgestellt wurden. Zu den Neuerfindern von Industries gehören auch Daniel Betsche und Florian Hofner von der Fiducia & GAD IT AG, die vier dieser Industries zum „Smart Banking“ vorstellten.
- „Sarabi“ ist eine sprachgesteuerte Banking App, die übliche Banking-Funktionen mit einfacher Bedienung auf Basis künstlicher Intelligenz zur Erkennung und Umsetzung von Sprachbefehlen verbindet – kurz: Siri, Alexa und Co für Mobile Banking.
- Der händeschüttelnde, sprachgesteuerte Roboter Pepper kommt auch bei der Fiducia & GAD IT AG auf Messen bereits erfolgreich als Kundenberater zum Einsatz.
- Künstliche Intelligenz zur Entdeckung und Verhinderung von Cybercrime hat nach Aussagen der Referenten bei Testläufen der Fiducia & GAD IT AG bereits innerhalb weniger Minuten infizierte Rechner identifiziert und isoliert, die durch normale Kontrolle zuvor nicht aufgefallen waren.
- Die ausgefeilteste Lösung bot der KSE-Advisor, der Angebote der Fiducia & GAD IT AG unter Fiducia-direkt und der KSE-App (http://www.fiducia-direkt.de/app/) um sprachgesteuertes Wissensmanagement erweitert: Die Kundenberaterin stellt dem KSE-Advisor z. B. eine Kundenfrage, der Advisor sucht in seiner Datenbank nach einer Lösung und teilt diese dann der Beraterin umgehend mit. Falls keine Antwort gefunden wird, wird direkt ein passender Experte gesucht, der Zeit hat, um eine Verbindung herzustellen. Das System lernt aus den Anfragen und der Bewertung der angebotenen Lösungen. Die Weiterleitung zu Experten ist noch nicht realisiert.
Mehr als Bots und Buffet
Mit „Kap Europa“ auf dem Gelände der Frankfurter Messe hatte IBM für den Watson Summit ein futuristisches Gebäude ausgesucht und ein großes Publikum angelockt. Gut, dass neben vielen anderen Branchen und Beispielen auch das Banking vertreten war – und gerade auch mit Lösungen, die in naher Zukunft dem Mittelstand im Finanzdienstleistungsbereich und den mittelständischen Unternehmen, die darauf vertrauen, zugute kommen werden. Fazit: Bange machen gilt nicht – die Anwendungen künstlicher Intelligenz werden kommen und müssen genutzt werden. Aber: Wegducken geht nicht – es gibt schon jetzt gute Möglichkeiten, sich anbieterunabhängig über Möglichkeiten und Grenzen des Cognitive Computing zu informieren und die Weichen für die Zukunft des eigenen Unternehmens richtig zu stellen, etwa durch die Positionspapiere und Leitfäden des Computerfachverbands BITKOM.