Gründungsgeschichte von Fundvis
Hallo Herr Kossmann, vor der Gründung von Fundvis waren Sie als interner Solution Architect tätig und haben Ihren Master in Business Analytics und Big Data abgeschlossen. Wie haben diese beiden Aspekte Ihre unternehmerische Laufbahn beeinflusst?
Das Data-Science-Studium hat mir einen Einblick in die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Daten und Analytik gegeben. Daten sind zum vielleicht wertvollsten Gut für Unternehmen geworden, da sie in jedem Geschäftskontext auf natürliche Weise anfallen und ihre analytische Auswertung die Unternehmensergebnisse verbessern und gleichzeitig versteckte Kosten und negative Prozesskorrelationen reduzieren kann. Die Arbeit als Solution Architect bei einem luxemburgischen Cloud-Unternehmen, dessen Kunden hauptsächlich aus dem Finanzsektor stammten, war für mich ein Realitätscheck. Ich konnte Einblicke in verschiedene Projekte und den Stand der Digitalisierung innerhalb der Finanzbranche in Luxemburg gewinnen. Die Erkenntnis war, dass zwar alle von KI sprachen, die Realität aber ganz anders aussah und sich die meisten Projekte um das Sammeln und Aufbereiten von Daten drehten. Mit diesem Einblick in die Branche war ich schnell bereit, mich meinem Mitgründer anzuschließen, als er mit der Idee einer Workflow-Plattform zur Verbesserung der Kooperation, Kommunikation und Koordination in der Branche um die Ecke kam.
Können Sie die größten Herausforderungen beschreiben, mit denen Sie und Ihr Mitgründer, Herr Degünther, bei der Gründung von Fundvis konfrontiert waren – Sie mit eher Tech-orientiertem Background und er unternehmerisch ausgerichtet?
Die größte Herausforderung in den Anfängen von Fundvis und auch heute noch ist das Change-Management. In der Fondsbranche wird seit 30 Jahren auf genau die gleiche Art und Weise gearbeitet. Die meisten Branchenakteure bekunden, dass die Digitalisierung das Hauptziel ihrer internen Strategie ist. Sie tun sich allerdings schwer damit, den richtigen Anbieter oder die richtige Lösung zu finden und geben sich mit dem zufrieden, was sie bereits haben: Excel und Outlook. Unsere Herausforderung bestand also darin, ihnen die Vorteile unserer digitalen Lösung aufzuzeigen und ihnen einen Einblick zu geben, wie sie ihren Arbeitsalltag verbessern können.
Außerdem wurden wir mit dem Argument konfrontiert, wir seien zu technologiebezogen und hätten keine jahrelange Erfahrung mit den Ineffizienzen in der Branche. Wir glauben, dass dies eine unserer Stärken ist und dass Probleme nicht mit derselben Denkweise gelöst werden können, durch die sie entstanden sind. Von Anfang an haben wir einen Beirat aus Branchenexpert:innen aufgebaut und mit zwei Unternehmen aus der Branche zusammengearbeitet, um unsere Lösung zu entwickeln. Unsere Fundvis-Philosophie ist, dass wir eine agile und modifizierbare No-Code-Plattform sind, mit der unsere Kunden die Workflows digitalisieren können, die sie benötigen. Letztendlich sehen wir unser Angebot als eine Branchenpartnerschaft: Wir bei Fundvis konzentrieren uns auf eine leistungsstarke, aber einfach zu bedienende Technologie, während unsere Kunden sich auf ihr Fachgebiet, d. h. AIF-Services, konzentrieren können.
Warum haben Sie sich für den Standort Luxemburg entschieden?
Es gibt zwei Hauptgründe, die uns dazu bewogen haben, das Unternehmen in Luxemburg zu gründen:
- Wir bieten eine Lösung an, die mit und für die AIF-Servicebranche entwickelt wurde. Luxemburg ist bekanntlich das zweitgrößte Fondsanlagezentrum weltweit mit zahlreichen Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind. Es ist auch der ideale Entwicklungsstandort, um Produkte perfekt an den Markt anzupassen und gleichzeitig mit internationalen Akteuren in Kontakt zu treten und deren Feedback für die internationale Expansion einzuholen. Wir haben dort ein großartiges Ökosystem mit Organisationen wie ALFI vorgefunden, die die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen allen Branchenakteuren ermöglichen und sehr bemüht sind, FundTechs in die Branche zu integrieren.
- Luxemburg bietet Gründer:innen enorm viel Unterstützung. Wir sind sehr froh, Teil der LHoFT Foundation zu sein und bei verschiedenen Gelegenheiten mit Luxinnovation zusammengearbeitet zu haben. Beide Organisationen wurden von der luxemburgischen Regierung ins Leben gerufen, um ein lebendiges und florierendes Start-up-Ökosystem zu fördern, und sind mit tatkräftigen, engagierten Menschen besetzt. Für uns ist Luxemburg ein einzigartiger Ort für Gründer:innen, an dem sie ihre Ambitionen verwirklichen und gleichzeitig für die gesamte Wirtschaft Nutzen stiften können.
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USP von Fundvis
Können Sie uns etwas über die Besonderheiten von Fundvis erzählen? Was unterscheidet Fundvis von anderen Dokumentenmanagement- und Kollaborationsplattformen, und worin besteht der spezielle Mehrwert für Nutzer:innen?
Fundvis ist eine Lösung, die mit der Hilfe und den Erkenntnissen der Branche für die Branche entwickelt wurde. Mit unserer intuitiven Plattform ermöglichen wir unseren Kunden, ihre Arbeitsabläufe zu digitalisieren und alle Kooperationspartner mit an Bord zu holen. Unsere Designphilosophie ist es, Lösungen ohne Code und mit intuitiver Bedienung zu schaffen, die von allen Altersgruppen in der Branche mit wenig oder ganz ohne Schulung genutzt werden können. Unsere Lösung baut auf der Kraft der Daten auf und besteht aus drei Säulen: Datenerfassung, Datenverarbeitung und schließlich Datenanalyse.
Außerdem setzen wir auf Arbeitserleichterung durch die Integration verschiedener Softwarelösungen. Unsere Fundvis-Plattform ist das Cockpit für die tägliche Arbeit, in dem man sämtliche fondsbezogenen Arbeitsprozesse steuern und überwachen kann. Wir sind in der Lage, alle notwendigen und nützlichen Softwarelösungen wie DocuSign, ID- und KYC-Tools, SharePoint, Google Docs etc. hinzuzufügen und anzuzeigen. Durch die kombinierte Leistungsfähigkeit dieser verschiedenen Lösungen können wir alle täglichen Anforderungen im operativen Geschäft abdecken, vom Datenscreening über die Zusammenarbeit bis hin zur Unterschrift und mehr: alles in einer übersichtlichen Oberfläche, in der nur das angezeigt wird, was für die Erledigung der jeweiligen Aufgaben notwendig ist.
Vision von Fundvis
Können Sie uns etwas über die Vision von Fundvis erzählen? Warum sollte eine mittelgroße Fondsgesellschaft mit Fundvis zusammenarbeiten?
Die Vision von Fundvis ist es, den Fundvis Co-Pilot zu schaffen, einen intelligenten KI-Algorithmus, der alle wiederkehrenden Arbeitsabläufe übernimmt und automatisiert. Gute Beispiele hierfür sind das Onboarding von Investoren, Due Diligence-Follow-Ups, die Erstellung von Reports und vieles mehr. Unser Ziel ist es, Mitarbeiter:innen und Unternehmen von zeitraubenden Aufgaben zu befreien, die ihnen Zeit für das Wesentliche nehmen, nämlich Kundeninteraktion und ‑zufriedenheit. Der große Vorteil von Fundvis Co-Pilot besteht darin, dass wir die individuelle Anwendung Ihres Unternehmens mit den Analyseergebnissen Ihrer Prozessdaten trainieren können. Auf diese Weise ermöglichen wir unseren Kunden, auf der Grundlage ihrer eigenen Daten ihre optimalen Arbeitsabläufe zu finden, und helfen ihnen, ihre Unternehmensstandards aufrechtzuerhalten und zu verbessern.
Wir sind besonders für mittelgroße Fondsgesellschaften interessant, da sie das Produkt einfach übernehmen können, ohne Zeit und Geld in das Abenteuer zu investieren, es selbst zu entwickeln. Auf diese Weise können sich beide Seiten auf das konzentrieren, was sie am besten können, und gleichzeitig in engem Kontakt bleiben.
Umsetzung der ESG-Ziele eines Unternehmens in einfache Workflows
Inwieweit kann Ihre Software die ESG-Ziele eines Unternehmens in einfache Workflows überführen?
Fundvis bietet die Möglichkeit, ESG-Ziele in dokumentierte, strukturierte und interaktive Workflows umzusetzen. Wir helfen Unternehmen dabei, interne und externe Standards für ihre Abläufe zu definieren und gleichzeitig ihre Arbeit und ihren Aufwand zu überprüfen. Wir haben erlebt, dass leider viele Unternehmen mit Greenwashing-Vorwürfen konfrontiert werden. Mit unserer Lösung ermöglichen wir es Unternehmen, ihre Datenquellen zu integrieren und Investitionen nach einem strukturierten und aufgezeichneten Workflow durchzuführen, der alle notwendigen Schritte überprüft und alle Interaktionen festhält.
Wir sind auch in der Lage, komplexe ESG-Themen wie die Bewertung und Kategorisierung von Fonds oder deren regulierungskonforme Ausgestaltung zu vereinfachen. Die Digitalisierung von Arbeitsabläufen auf unserer Plattform und deren Wiederverwendung als Vorlagen und Qualitätssicherungsprinzipien hilft Mitarbeitenden, sich zurechtzufinden und über die Plattform mit allen Beteiligten in Kontakt zu treten.
Auswirkungen auf Verantwortlichkeit und Gesamteffizienz
Abgesehen vom finanziellen Aspekt, den ein schlechtes Workflow-Management unweigerlich mit sich bringt, könnten Sie die Auswirkungen auf die Verantwortlichkeiten und die Gesamteffizienz näher erläutern?
Im Durchschnitt können die verschiedenen Kunden, die wir derzeit bei Fundvis haben, 20 % Zeit bei ihren Arbeitsabläufen einsparen. Sie ermöglichen es den Mitarbeitenden, sich von repetitiven, manuellen Tätigkeiten zu befreien und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Interaktion mit ihren Kund:innen. Ein offensichtliches Beispiel ist die vereinfachte Datenerfassung, die mit Hilfe des Fundvis-Data-Rooms mit vordefinierten Aufgaben und Interaktionen durchgeführt werden kann. Dies spart Zeit, die sonst für endlose E-Mail-Interaktionen aufgewendet werden müsste, da alle notwendigen Informationen im System gesammelt werden und auch sehr detaillierte Informationen jederzeit abrufbar sind.
Auf der anderen Seite sparen wir auch den Kooperationspartnern Zeit bei der Interaktion, indem wir ihnen die Möglichkeit geben, mit ihrem Gegenüber zu chatten, Dokumente direkt auf der Plattform zu unterzeichnen oder Führungskräften Feedback zu bestimmten Entscheidungspunkten zu geben. Es ist auch sehr einfach, Aufgaben an ein anderes Teammitglied zu übergeben, da die Workflows sehr präzise formuliert sind und jede Aufgabe mit einer detaillierten Beschreibung versehen ist, die den Verlauf der Interaktion zwischen den verschiedenen Akteuren zeigt.
Auch die Frage der Verantwortlichkeiten ist ein sehr spannender Punkt, dem in unserer Lösung viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Wir stellen sicher, dass die verschiedenen Benutzer:innen in der Lage sind, ihre eigenen Workflows zu erstellen, anzupassen und mit ihnen zu interagieren, wenn sie über die entsprechenden Benutzerrechte verfügen. Wir ermöglichen es ihnen, differenzierte Benutzer- und Zugriffsrechte zu vergeben, um ihre maßgeschneiderte digitale Arbeitsumgebung zu schaffen.
Pläne für die Zukunft
Wo sehen Sie Fundvis in fünf Jahren? Welche Entwicklungen wird es im Servicebereich bei Fundvis geben? Wie sieht es mit Ihren Zielkunden aus?
Wir sehen uns als globale Lösung für die AIF-Servicebranche, insbesondere für KMUs. Unser Ziel ist es, die kleineren Unternehmen der Branche in die Lage zu versetzen, mit der neuesten Technologie zu arbeiten und mit den Großen zu konkurrieren oder einfach ihre Produktivität und Effizienz zu steigern.
Mit dem Fundvis Co-Pilot werden wir sehr spannende Entwicklungen erleben, die letztlich darauf abzielen, repetitive Arbeitsabläufe vollständig zu automatisieren und die Mitarbeitenden von dieser Last zu befreien. Als Unternehmen, das Daten sammelt und verarbeitet, können wir den analytischen Ansatz von Fundvis optimieren und für jeden Kunden die passende Lösung finden.
Unser Ziel ist es, die KI-Assistenz-Software für alle Finanz- und Verwaltungs-Workflows zu werden, die unseren Kunden eine fokussiertere, effizientere und leistungsstärkere Zukunft ermöglicht.