Unterschätzte Komplexität
Zwar haben die meisten Banken bereits Ende 2014 Forbearance das erste Mal gemeldet, jedoch wurde häufig aus Zeitgründen die Realisierung als Interimslösung z.B. auf Excel-Basis implementiert. Die vollständige Umsetzung der fachlichen Anforderungen und deren prozessuale Integration für die Meldung von Forbearance sind in vielen Häusern noch nicht abgeschlossen. Dies ist in vielen Fällen auf die unterschätzte Komplexität bei der Erkennung von Forbearance-Fällen im Kreditprozess zurückzuführen:
- Fehlende Entscheidungshilfen erschweren gerade im Firmenkundengeschäft mit seinen fallspezifischen Konstellationen die richtige Klassifizierung eines Engagements.
- Forbearance ist als Risikomerkmal in vielen Häusern in den Kreditüberwachungsprozess, insbesondere die Intensivbetreuung, noch zu integrieren und die Prozesse entsprechend anzupassen.
- Umfassende Schulungsmaßnahmen sind in den Markt- und Marktfolgeeinheiten durchzuführen.
Als ein weiterer, wesentlicher Komplexitäts- und Aufwandstreiber hat sich die Unterstützung des Forbearance-Prozesses aus Erkennung, Dokumentation und Monitoring durch das jeweilige Kernbanksystem herausgestellt. So waren überwiegend die für das Monitoring von gestundeten Engagements erforderlichen und von der EBA erhobenen Daten nicht vorhanden, hierzu zählen u.a. die Information zur Art der getroffenen Forbearance-Maßnahmen, Beginn und Ende der Bewährungsperiode zur Fristeneinhaltung sowie Wechsel zwischen Performing- und Non-Performing-Portfolien.
Die hierfür notwendigen Anpassungen in den Kernbanksystemen können beträchtlich sein. In diesem Zusammenhang sind auch die Anbindung und Bereitstellung von Forbearance-Daten für das Risiko-Reporting, das Portfoliomanagement und das Meldewesen als weitere Herausforderungen zu sehen. Es hat sich mittlerweile herauskristallisiert, dass ohne eine umfassende fachliche und technische Unterstützung im Kreditprozess ein erhebliches Risiko der Fehlklassifizierung besteht, was zur Nichterkennung oder Überzeichnung der Risikolage im Portfolio führen kann.
Konkretisierte Anforderungen aus SREP-Leitlinien
In den sogenannten Leitlinien zum SREP („Guidelines on common procedures and methodologies for the supervisory review and evaluation process“) werden Anforderungen an die aufsichtliche Überprüfung von Forbearance-Portfolien auch in Hinblick auf die darin enthaltenen Verlustrisiken gestellt. Banken sollten die Daten in der erforderlichen Granularität vorhalten, um folgende Analysen zu ermöglichen:
- Stundungsquoten pro Portfolio und Veränderungen im Zeitablauf
- Besicherungsquoten gestundeter Kreditgeschäfte
- Migrationsraten gestundeter Kredite zwischen gesunden und notleidenden Portfolien
Die Informationen für diese Auswertungen finden sich grundsätzlich bereits in den FinRep-Meldungen. Eine Verknüpfung der Daten zu Zeitreihen mittels entsprechender Historisierungsdatenbanken und Analyse-Tools ist jedoch erforderlich, um sich als Bank in die Lage zu versetzen, eine valide Einschätzung dieser aufsichtlichen Auswertungen vornehmen zu können. Im Rahmen des SREP sind auch Validierungen der Forbearance-Meldungen sowie die Erstellung von Peer-Group-Vergleichen vorgesehen.
Es besteht Handlungsbedarf
Die Umsetzung von Forbearance darf keinesfalls als abgeschlossen betrachtet werden. Die Intention der EBA, mittels Forbearance die Transparenz über Risiken in den Kreditportfolien zu erhöhen, wird durch die neuen Leitlinien zum SREP unterstrichen. Es sollte daher im fundamentalen Interesse einer Bank liegen, die Forbearance-Anforderungen umfänglich umzusetzen und hierfür den Forbearance-Prozess systemseitig zu unterstützen. Für Steuerungszwecke empfiehlt sich zusätzlich die Einführung entsprechender Analyseverfahren. In diesem Sinne sollten die vorhandenen Implementierungen überprüft und weiterentwickelt werden.