PropTechs – Services und Anwendungsfelder

In verschiedenen Branchen ist seit Jahren eine digitale Entwicklung im Hinblick auf junge Unternehmen (Start-ups) zu erkennen. Dazu zählen u. a. die Finanzbranche mit den FinTechs und die Gesundheitsbranche mit den HealthTechs. Durch diese Start-ups sehen sich einige etablierte Marktteilnehmer mit zunehmender Konkurrenz konfrontiert. Eine weitere Branche, die verstärkt seit 2016 disruptiert wird, ist die Immobilienbranche durch sogenannte „Property-Technology-Unternehmen“ (kurz: PropTechs).

PropTechs erleben in der Start-up-Szene ein Hoch – sie drängen u. a. mit Apps zur Heizkostenverwaltung, zum Mieter-Matching oder der virtuellen Hausbegehung auf den Markt. Im Jahr 2017 betrug das Finanzierungsvolumen der weltweiten PropTech-Start-ups rund 13 Milliarden US-Dollar.[1] Führendes Land sind dabei die USA, gefolgt von u. a. China und Europa.[2]

Auch etablierte Marktteilnehmer in Deutschland erkennen diesen wachsenden Trend – nicht zuletzt durch ein richtungsweisendes Investment der beiden deutschen Großbanken Deutsche Bank AG und Commerzbank AG in das PropTech „vermietet.de“ im April 2018. Hier wird das Start-up in die Digitalisierungsstrategien der Großbanken eingebettet.[3] Zwischen Dezember 2017 und September 2018 ist die Anzahl der PropTechs in Deutschland von insgesamt rund 200 auf etwa 300 PropTechs gestiegen.[4] Als Hotspots in der DACH-Region gelten Berlin, München, Wien, Hamburg und Zürich.[5] Auch strukturell ist eine Entwicklung zu erkennen, so wurde bspw. in Berlin im Juni 2016 die „German PropTech Initiative“ (GPTI) gegründet.[6]

Das Ziel des Artikels ist grundlegend in die Thematik PropTech sowie in Anwendungsfelder für die Bankenbranche einzuführen. In den folgenden zwei Abschnitten werden PropTechs definiert und danach in die relevanten Cluster eingeteilt. Anschließend werden aktuell bestehende Kooperationen zwischen PropTechs und Banken beleuchtet sowie ein Fazit gezogen. Der Fokus liegt insgesamt auf dem deutschsprachigen Raum.

Definition von PropTechs

Der Begriff PropTech setzt sich aus den jeweiligen Anfangssilben von „Property“ und „Technology“ zusammen. Häufig sind PropTech-Unternehmen junge Start-ups. PropTechs gelten als wesentliche Innovationskraft zur Gestaltung von Dienstleistungen, Prozessen und Produkten in der Immobilienbranche sowie in weiteren übergreifenden Branchen. Auf Basis von inkrementellen und disruptiven Technologien werden Business- und Operating-Modelle insbesondere im Hinblick auf Prozesse optimiert. Die Technologien verändern die Art und Weise, wie bspw. Häuser und Gewerbeimmobilien verkauft, gekauft, vermietet und verwaltet werden. Als Zielgruppe gelten sowohl klassische immobilienwirtschaftliche Unternehmen als auch Banken (B2B) sowie Endverbraucher (B2C).

Seit jeher spielen Banken in der Immobilienbrache eine entscheidende Rolle – im Kern durch die Gewährung von Krediten. Zukunftsorientierte Banken müssen die Technologien der PropTechs nutzen, um umfassende und kundenzentrierte Services anzubieten und die Customer Experience rund um das Thema Immobilie zu verbessern. Dabei werden die PropTech-Technologien entsprechend der individuellen Digitalisierungsstrategie eingebettet. Zur Umsetzung sind Banken aufgefordert, die Kundenbedürfnisse basierend auf der Customer Journey zu verstehen und die Bankprozesse daran auszurichten. Für Privatkunden sind bspw. bei der Baufinanzierung Schnelligkeit, Komfort, Transparenz und digitale Zugangswege elementar – hierbei unterstützen PropTechs.

Einteilung von PropTechs

Insgesamt sind aktuell rund 300 PropTechs in Deutschland aktiv. Diese PropTechs lassen sich in Abhängigkeit von ihren jeweiligen Technologien bzw. Services in elf grundlegende Cluster untergliedern. Die folgende Abbildung 1 beschreibt die Cluster mit ihren Technologien bzw. Services. Des Weiteren ist die Entwicklung der Anzahl der PropTechs seit Ende 2017 bis September 2018 in Deutschland nachzuvollziehen. Pro Cluster werden zudem exemplarisch PropTech-Vertreter aufgeführt:

PropTech-Cluster in Deutschland_PropTechs – Services und Anwendungsfelder für die Bankenbranche_BankingHubAbbildung 1: PropTech-Cluster in Deutschland

In Deutschland zählen zu den fünf größten Clustern (bezogen auf die jeweilige PropTech-Anzahl im September 2018): Smart Home (Internet of Things/IoT) & Home Services, Outdoor-/Indoor-Mapping/Visualisierung, Property-Management/Immobilienverwaltung, Temporäre Vermietung und Portfolio-Management & Crowdfunding. Im Folgenden wird detaillierter auf diese fünf Cluster eingegangen:

  1. Smart Home (IoT) & Home Services (40)
    Kurzbeschreibung: Die PropTechs im Bereich Smart Home (IoT) & Home Services dominieren die aktuelle PropTech-Szene mit rund 40 Unternehmen. Diese PropTech-Unternehmen sind schwerpunktmäßig auf Technologien bzw. Services ausgerichtet rund um Themen wie Vernetzung und Steuerung, Gebäudesicherheit und Energiemanagement. An dieser Stelle ist allgemein darauf hinzuweisen, dass Smart Home (IoT) weltweit zu den „Next Big Things“ gezählt wird.
    PropTech-Beispiel tado GmbH: Münchener IoT-Unternehmen bietet Lösungen rund um die Thematik intelligente Steuerung für Heizungen und Klimaanlagen. Smarte Thermostate können so ortsunabhängig via App oder auch via Sprachassistenten gesteuert werden.
  2. Outdoor-/Indoor-Mapping/Visualisierung (36)
    Kurzbeschreibung: Im Bereich Mapping und Visualisierung sind aktuell rund 36 PropTechs vertreten. Diese PropTechs bieten Technologien, die bspw. virtuelle 3D-360-Grad-Touren einer Immobilie ermöglichen oder mithilfe von Drohnen und Satelliten Vermessungsdaten für Gebäudehüllen liefern.
    PropTech-Beispiel Archilogic AG: Das Unternehmen aus Zürich erstellt interaktive 3D-Modelle bzw. Ansichten von Gebäudeinnenräumen, die auf Basis des 2D-Grundrisses einer Immobilie erstellt werden. Dadurch können Räume aus unterschiedlichen Perspektiven virtuell erkundet werden. Zur Realisierung nutzt Archilogic Elemente aus der Architektur, Virtual Reality, 3D-Workflows, Computer Vision und Programmierung.
  3. Property-Management/Immobilienverwaltung (32)
    Kurzbeschreibung: Das Cluster Property-Management/Immobilienverwaltung beinhaltet PropTechs mit Technologien für bspw. die Bereitstellung einer digitalen Mieterauskunft (Gehaltsnachweise, Bestätigung der Mietschuldenfreiheit etc.) und die Verwaltung von Immobilien (Mieteingänge etc.).
    PropTech-Beispiel Forteil GmbH: Die Forteil GmbH bietet mit ihrem Produkt bonify eine digitale Mieterauskunft. Die Mieterauskunft beinhaltet die Bonitätsauskunft für die neue Wohnung, Gehaltsnachweise für den Vermieter (der bonify-Account wird mit der Bank verbunden/digitale Kontoanalyse) und eine Bestätigung der Mietschuldenfreiheit.
  4. Temporäre Vermietung (31)
    Insgesamt sind derzeit 31 PropTechs im Cluster Temporäre Vermietung vertreten. Hierzu zählen Technologien, die es bspw. ermöglichen, Shops und Malls für Pop-up-Stores zu mieten oder möblierte WG-Zimmer auf Zeit zu finden.
    PropTech-Beispiel Immobilien Scout GmbH: Die Plattform ImmobilienScout24 ist eines der führenden Immobilienportale im deutschsprachigen Raum zum Thema Immobilie. Auf der Plattform werden Services rund um die Thematiken Wohnen, Umzug und Finanzierung angeboten. Die Angebote von Miet- und Kaufimmobilien auf ImmobilienScout24.de kommen sowohl von Maklern und Wohnungsgesellschaften als auch von Bauträgern und Hausverwaltungen.
  5. Portfolio-Management & Crowdfunding (31)
    Kurzbeschreibung: Die 31 PropTechs ermöglichen bspw. über Crowdinvesting-Plattformen digitale Immobilieninvestments für Kleinanleger.
    PropTech-Beispiel Bergfürst AG: Das Berliner Unternehmen Bergfürst wurde 2012 gegründet und ist eine Immobilien-Crowdinvesting-Plattform, bei der sich Privatinvestoren bereits ab 10 Euro an einzelnen Immobilien und Bestandsportfolios beteiligen können. Für die Emittenten übernimmt Bergfürst das komplette Dienstleistungsspektrum – von der Strukturierung und Konzeption der Finanzierung und der begleitenden Marketingkampagne über die Anlegerverwaltung bis hin zur Abwicklung der Quellensteuer. Bei Bergfürst handelt es sich um eine Investitionsplattform.Die PropTechs haben in der Regel als Zielgruppe klassische immobilienwirtschaftliche Unternehmen oder direkt die Endverbraucher. Allerdings lassen sich vermehrt auch Kooperationen von Banken mit PropTechs am Markt beobachten.

Kooperation von Banken mit PropTechs

Analog zu anderen Technologiebereichen lässt sich am Markt beobachten, dass „Kooperieren statt Konkurrieren“ im Mittelpunkt steht. Durch die Annäherung profitieren beide Seiten – Banken und PropTechs – voneinander.

Zukunftsorientierte Banken möchten die Technologien der PropTechs nutzen, um umfassende und kundenzentrierte Services anzubieten und die Customer Experience rund um das Thema Immobilie zu verbessern. Vor diesem Hintergrund geht es um die Erweiterung des Ökosystems und des Netzwerks sowie letztlich um die Generierung von Umsatzsteigerungen der Banken. Weiterhin profitieren Banken im Hinblick auf die prozessuale elektronische Abwicklung von einigen der zuvor aufgeführten PropTech-Technologien. Im Wesentlichen ergibt sich daraus die Steigerung von Effizienz, da Geschäftsprozesse zielführender abgewickelt werden. Im Rahmen dessen werden Kosteneinsparungen realisiert und Rentabilitätssteigerungen erzielt.

PropTechs erhalten durch die Kooperationen Zugang zum Markt und Middle-/Backoffice und profitieren so von der jahrelangen Erfahrung der Banken. Somit können die Produkte im Praxiseinsatz neu- bzw. weiterentwickelt werden.

Einige Banken kooperieren aktuell bereits mit PropTechs. Auf Basis der zuvor vorgestellten Cluster bietet die folgende Darstellung einen Überblick über aktuelle Kooperationen:

Übersicht Kooperationen PropTechs und Banken in Deutschland_PropTechs – Services und Anwendungsfelder für die Bankenbranche_BankingHubAbbildung 2: Übersicht Kooperationen PropTechs und Banken in Deutschland

Im Folgenden werden beispielhafte Kooperationen detaillierter betrachtet:

  1. Cluster 1 – SmartHome (IoT) & Home Services:
    Kooperationsbeispiel Sensorberg GmbH (Marke: Sensorberg): Zwischen dem Sparkassen-Finanzportal und Sensorberg besteht eine strategische Zusammenarbeit im Bereich der iBeacon-Technologie als digitaler Kundenkontaktpunkt. Die Technologie dient zur digitalen Interaktion mit dem Kunden, z. B. vor dem Betreten einer Bankfiliale. Der Kunde erhält hierbei Informationen zu Aktionen und Einblicke in die Produktpalette.
  2. Cluster 2 – Outdoor-/Indoor-Mapping/Visualisierung
    Kooperationsbeispiel 45info GmbH (Marke: immoviewer): Das Technologieunternehmen bietet als Kernprodukt die Erstellung von virtuellen Rundgängen in Immobilien sowie Immobilienvideos an. Mithilfe des immoviewer-Systems können Unternehmen eigenständig virtuelle 360-Grad-Rundgänge und Videos erstellen, die den Endkunden bzw. Interessenten eine Vorabbesichtigung ermöglichen. Weiterhin werden Luft- und Drohnenaufnahmen angeboten, um einen umfassenden Gesamteindruck von Immobilien zu ermöglichen. Neben den klassischen immobilienwirtschaftlichen Unternehmen gehören auch über 200 Sparkassen und LBS-Immobilienvertreter zu den Kunden. Dies resultiert insbesondere aus der Kooperation mit der Sparkassen-Finanzportal GmbH.
  3. Cluster 3 – Property-Management/Immobilienverwaltung
    Kooperationsbeispiel Zenhomes GmbH (Marke: vermietet.de): Zenhomes bietet eine Software zur Immobilienverwaltung an. Inkludiert ist z. B. eine Buchhaltungssoftware, welche die Mieteingänge kontrolliert, Zahlungserinnerungen und Mahnungen automatisiert versendet sowie eine Nebenkostenabrechnung anlegt. Über eine Dashboardfunktion wird eine Portfolioübersicht erstellt, und es können pro Objekt Key Performance Indicators, wie bspw. Leerstandsquoten oder Renditen, ausgewiesen werden. In einer dritten Finanzierungsrunde im Jahr 2018 haben sich unter anderem die Commerzbank AG und die Deutsche Bank AG am Berliner PropTech-Start-up beteiligt. Gemeinsam mit privaten Geldgebern wurden rund 4 Millionen Euro investiert.[7]
  4. Cluster 7 – Construction-Management/Bauprojekte
    Kooperationsbeispiel PlanRadar GmbH (Marke: PlanRadar): Die Berliner Volksbank kooperiert in diesem Zusammenhang mit dem PropTech-Start-up PlanRadar. Die cloudbasierte Lösung von PlanRadar ermöglicht die Erfassung und Dokumentation von Baumängeln am Smartphone oder Tablet. Tickets werden bspw. mit den mobilen Endgeräten direkt vor Ort oder über die Webapplikation im Büro erstellt. Bei der Ticketerfassung können Merkmale, wie Auftragnehmer, Titel, Priorität sowie das gewünschte Erledigungsdatum, ergänzt werden.
  5. Cluster 10 – Maklertools
    Kooperationsbeispiel allmyhomes GmbH (Marke: SmartExposé): Das PropTech bietet eine All-in-one-Immobiliensoftware (responsive Webseiten, Apps und CRM-Lösung) für Immobilienmakler, Bauträger und Banken. Unter anderem kooperiert die Raiffeisen-Volksbank Neustadt im Bereich Maklertools mit SmartExposé.

Zusammenfassung und Ausblick

Das Thema PropTech wird auch in den nächsten Jahren von hoher Relevanz sein – insbesondere im Hinblick auf Schaffung von Mehrwerten für Endkunden sowie Implementierung modularer Prozesse. Vor diesem Hintergrund sind Kooperationen und deren Potenziale mit PropTechs in Bezug auf die individuelle Digitalisierungsstrategie der Banken zu bewerten.

zeb unterstützt in aktuell laufenden Projekten bei der Analyse und Umsetzung relevanter Anwendungen. Dazu dient u. a. das Tool „zeb.Trendscouting“, in dessen Rahmen die einzelnen Trends bzw. PropTech-Cluster in die Dimensionen ACT, THINK und WATCH individuell für die jeweilige Bank eingeteilt werden. Darauf aufbauend unterstützt zeb aktuell in laufenden Projekten u. a. bei der Definition von Digitalisierungsstrategien, dem Einsatz von PropTech-Technologien und der damit verbundenen Prozessoptimierung und Ausweitung von digitalen Angeboten von Banken.

Websites der beschriebenen PropTechs

 

 

[1] Vgl. https://www.statista.com/statistics/951857/global-proptech-investment-value/ (26.02.2019).
[2] Vgl. http://gpti.de/blog/2016/09/22/proptechs-was-ist-dran-am-hype/ (10.01.2019).
[3] Vgl. https://www.vermietet.de/deutsche-bank-ag-und-commerzbank-ag-als-neue-investoren (10.01.2019).
[4] Vgl. Maklaro GmbH, PropTech.de: „PropTech-Übersicht Dezember 2017, April 2018 und September 2018“.
[5] Vgl. http://www.blackprintpartners.de/proptech-yearbook/ (10.01.2019).
[6] Vgl. http://gpti.de/#Features (11.01.2019).
[7] https://gruender.wiwo.de/vermietet-de-deutsche-bank-und-commerzbank-steigen-ein/ (27.02.2019).

Sprechen Sie uns gerne an!

Autor David Rose

David Rose

Senior Manager Office Münster

Artikel teilen

Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

BankingHub-Newsletter

Analysen, Artikel sowie Interviews rund um Trends und Innovationen
im Banking alle 2 Wochen direkt in Ihr Postfach