Der Trend Robo Advice: Privater Vermögensaufbau für jedermann

Robo Advice ist ein globaler Trend, der immer mehr an Bedeutung gewinnt. Unter dem Begriff Robo Advice versteht man eine automatisierte Anlage von Geldern, die nach im Vorfeld festgelegten Kriterien getätigt werden. Die verwalteten Vermögen von automatisierten Anlageberatern sind in den letzten Jahren signifikant gestiegen. Einer der ersten Anbietern auf dem deutschen Markt war vaamo. Wir haben uns mit Dr. Oliver Vins, Gründer und Vorstand von vaamo, zusammengesetzt, und über den aktuellen Trend Robo Advice gesprochen.

Beginnen wir doch am besten gleich mit der Kernfrage: Warum haben sich Thomas und du dazu entschlossen vaamo zu gründen? Welches Kundenproblem konntet ihr erkennen und wollt ihr mit eurem Start-up lösen?

Das Kundenproblem war für mich zweigeteilt und da ich vorher bei einer Beratung tätig war, führten auch die beruflichen Erfahrungen zur Entscheidung der Gründung von vaamo. Auf der einen Seite gibt es ein, seit dem Jahr 2012 zu beobachtendes, stark wachsendes Kundensegment, welches die Bankgeschäfte und Vermögensanlagen nur noch digital und online bearbeiten möchte. Hier steht die schnelle und vor allem nicht standortbezogene Durchführung von Geldanlagen im Fokus. Die Kunden in diesem Segment haben keine Zeit oder möchten einfach keine Bankfiliale bzw. keinen Berater mehr aufsuchen und wünschen sich eine vertrauenswürdige Möglichkeit ihr Portfolio zusammenstellen zu können. Durch dieses veränderte Konsumentenverhalten habe ich feststellen können, dass Banken im Jahr 2012 noch ein gutes Stück davon entfernt sind, selbst eine Lösung anzubieten, um die Bedürfnisse eben dieser Kunden zu befriedigen. Auf der anderen Seite stand die Tatsache, dass die meisten Finanzprodukte im Bereich Geldanlage, welche die Banken derzeit anbieten, einfach viel zu teuer und unflexibel für den normalen Retail-Kunden sind. Somit hatte ich zwei gute Gründe, ein eigenes Produkt zum Thema privater Vermögensaufbau anzubieten.

Bei vaamo kann man in fünf verschiedene Produkte sein Geld anlegen. Wie funktioniert das genau und um welche Produkte handelt es sich hierbei?

Wir stellen ganz bewusst das Produkt in den Hintergrund. Die Investition findet in einer breit gestreuten Vermögensanlage, wie z.B. verschiedene Aktienanleihen und Währungen statt, und nicht in einzelnen Produkten. Dieses Verfahren bieten wir in drei Risikostufen an, woraus der Kunde seine Klasse (gering, mittel, hoch) selbst wählen kann. Da es sich eben nur um drei Stufen handelt, hat der Kunde einen wesentlich einfacheren Überblick und kann die Unterschiede der drei Klassen – im Gegensatz zu einem weiter ausgedehntem System – leichter erkennen und einschätzen. Das macht das Produkt sehr viel kundenfreundlicher.

Als Besonderheit bieten wir bei vaamo auch zusätzlich und optional Sparziele an, so kann der Kunde bei uns finanzielle Ziele angeben und gezielten Vermögensaufbau betreiben. Das bringt den Charme mit sich, dass unser Produkt für den Kunden viel anfassbarer wird, da dieser für einen konkreten Zweck spart. Somit schaffen wir eine ganz andere Kommunikationsebene, die motivierend auf die Kunden wirkt, am Monatsende evtl. noch etwas „extra“ zu dem Sparziel zuzusteuern. Wir lassen den Kunden auch durch ein fortlaufendes Monitoring an der aktuellen Wertentwicklung teilnehmen und können ihn somit optimal über sein Sparziel informieren und beraten. Hier stehen fast immer die langfristigen Ziele im Fokus, denn interessanterweise ist das überwiegende Sparziel unserer Kunden tatsächlich langfristiger Vermögensaufbau.

Ein wichtiges Thema hierbei spielt die Rentenversorgung. Vielen Kunden ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht bewusst, dass sie mit dem Erhalt der staatlichen Rente ihren jetzigen Lebensstandard nicht weiterführen können und benötigen die Anlage zur späteren Versorgung. Viele wissen auch nicht, was genau sie gezielt beiseitelegen müssen, wie geht ihr mit diesen Anfragen um?

Derzeit bieten wir zwar noch keine individuelle Beratung an, aber wir haben uns den Trend rund um Beratungs- und Aufklärungsfunktionen der Kunden schon auf die Roadmap gesetzt und wollen den Kunden zukünftig schon eher in die kundenoptimale Richtung lenken. Wir meinen, die Kunden müssen früher abgeholten werden, d.h. wir wollen ihnen perspektivisch mehr Unterstützung an die Hand geben, ihre Finanzen gesamtheitlich zu planen.

Um dies für eure Kunden unternehmen zu können, braucht ihr Kunden – wie erreicht ihr denn konkret neue Kunden?

Wir versuchen gezielt mit PR, Content Generierung über Google sowie Affiliate Marketing an unseren Kunden zu treten, doch momentan können wir beobachten, dass die Customer Journey unserer Kunden überwiegend mit einem externen Auslöser beginnt. Es handelt sich hierbei um verschiedene äußere Einflüsse, wie Presse, Konferenzen oder privates Umfeld, die den Kunden zu vaamo führen. Als nächsten Schritt beginnt der Kunde, sich Fragen zu seiner Anlagesituation und -möglichkeiten stellen und Ziele für diese zu setzen. Hier gilt es dann für uns, zukünftig eine elegantere Lösung für eben diese spezielle Abholung und Beratung der Kunden zu finden und anzubieten.

Ihr kooperiert schon von Beginn an mit einer Bank. Wie kam es dazu und warum habt ihr genau diesen Kooperationspartner ausgesucht?

Es handelt sich hierbei um die FFB (FIL Fondsbank GmbH), eine der drei großen Fondsbanken in Deutschland und eine Tochter des weltweit tätigen Unternehmens Fidelity Investments. Es war uns von Anfang an bewusst, dass wir eine Bank als Partner an unserer Seite brauchten für Depotführung und Transaktionsausführung. Wir haben besonders darauf geachtet, dass wir eine Bank aussuchen, welche auf der einen Seite moderne Technik bietet, mit der wir die nötigen Skaleneffekte für ein vernünftiges Pricing anbieten können und die gleichzeitig noch klein und flexibel genug ist, so dass man während der Zusammenarbeit die Möglichkeit hat, Prozesse zu verändern und innovative, neue Ideen einzuspielen. Das schafft man nach meiner Erfahrung auch nur, wenn man alle Entscheidungsträger zusammen an einen Tisch bekommt, denn ohne diesen direkten Zugang können viele Vorschläge nur schwer oder sehr langsam umgesetzt werden.

Wie siehst du generell den FinTech/Banken-Markt und die Kooperationsbereitschaft?

Allgemein lässt sich beobachten, dass die FinTechs die Banken gut vor sich hergetrieben haben mit dem Ergebnis, dass zumindest einige Banken das Thema der Digitalisierung und Kooperationsprüfung in den letzten 18 Monaten auf deren Agenda genommen haben. Auch wenn es noch nicht allzu viele Kooperationen gibt, so kann man aber im Vergleich zu anderen Industrien zumindest eine schnelle Reaktion der Banken erkennen. Im Moment zeigt sich eine hohe Anzahl von FinTechs, welche eine große Bandbreite an Produkten anbieten. Gleichzeitig verspüren die Banken mehr Druck zu Kooperationen, so dass es meiner Meinung nach 2016/2017 zu deutlich mehr Kooperationen zwischen FinTechs und Banken kommen wird. Spätestens in 3-4 Jahren wird man keine klare Unterscheidung zwischen dem, was man heute unter einem FinTech versteht, und einer „klassischen“ Bank ziehen können. So erwerben jetzt schon immer mehr FinTechs Banklizenzen und man weiß eigentlich nicht mehr, ob es sich nun um ein FinTech oder eine neue Bank handelt.

Nun gibt es doch schon einige Mitbewerber die ebenfalls ihre Produkte zum Thema Robo Advice anbieten. Wie siehst du grundsätzlich den Wettbewerb auf dem Markt und damit verglichen euer Alleinstellungsmerkmal?

Auch aus meiner Sicht hat der Wettbewerb deutlich zugenommen, wobei das vermehrte Angebot momentan noch eher dazu dient, Aufmerksamkeit für dieses Thema zu generieren. Vor allem wenn klassische Banken in diesem Bereich aktiv werden, ist das für mich ein positives Zeichen, da ihnen eine weitaus größere Reichweite zur Verfügung steht. Die Werbung der Banken führt zur Recherche durch den Kunden, welcher dann merkt, dass ihm unterschiedliche Möglichkeiten zur Geldanlage zur Verfügung stehen. Einerseits stehen wir auch mit vielen anderen FinTechs in Kontakt, man betreibt Networking und gegenseitigen Austausch, auf der anderen Seite wird natürlich auch gegeneinander geboten, so dass man schon einen leichten Wettbewerb erkennen kann.

Unser Alleinstellungsmerkmal macht auf der B2C Seite vor allem unsere Sparziel-Logik aus. Außerdem sind wir die einzigen, die keine Mindestanlage erfordern. Weiterhin bieten wir einen komplett digitalen und somit papierlosen Prozess für den Kunden an. Dadurch haben wir eine sehr positive Onboarding-Erfahrung für den Kunden und können günstige Kostenstrukturen sichern, die wir wiederum an die Kunden weitergeben in Form niedriger Gebühren.

Und zum Schluss möchten wir von Dir wissen, was sind so Deine zwei „Lessons Learned“, die du anderen Gründern mitgeben kannst?

Speziell im FinTech Bereich ist es wichtig, von Anfang an den Regulierungsaspekt zu verstehen. Die regulatorischen Vorgaben korrekt umzusetzen ist absolut essentiell. Aber es gibt auch viele historisch gewachsene Prozesse, die man hinterfragen muss. Man muss schnell lernen, an welcher Stelle man penetrant vorgehen und hartnäckig sein muss, da die Prozesse im Bankwesen einfach veraltet sind, und an welcher Stelle eine Veränderung gesetzlich/regulatorisch nicht möglich ist. Hier die Balance zu finden ist ein Kunststück.

Eine weitere „lesson learned“ ist, dass man möglichst schnell mit dem Kunden interagieren sollte. Gerade im FinTech-Bereich ist das nur etwas schwieriger, da man doch manchmal auf Lizenzen warten muss und somit dem Kunden kein fertiges Produkt präsentieren kann. Wir konnten am Anfang nicht einfach auf Kunden zugehen und diesen sagen, dass sie bitte einen Betrag von x bei uns anlegen sollen. Trotzdem muss man einen Weg finden, z.B. mit Hilfe von Mockups, so früh wie möglich an den Kunden heranzutreten. Das bringt einen unglaublich großen Mehrwert mit, denn so kann man schnell von den Kunden lernen und sein Produkt entsprechend anpassen.

Danke Oliver für das nette Gespräch!

Sprechen Sie uns gerne an!

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