Cut-over-Management
Übergreifende Steuerung der Systemeinführungen
Das Cut-over-Management (oder auch CoM) stellt eine Querschnittsfunktion dar und wird in einem Projekt damit beauftragt, den Go-live bzw. den Wechsel von einem Altsystem auf ein Neusystem zu planen und zu koordinieren. Die Änderungen innerhalb der bestehenden Systemlandschaft können je nach Größe des Unternehmens und Anzahl der betroffenen Systeme sehr komplex sein.
Eine Vernachlässigung der Cut-over-Planung kann selbst bei einem professionell durchgeführten Projekt dazu führen, dass der geplante Go-live verschoben oder abgebrochen werden muss. Häufige Gründe dafür sind nicht berücksichtigte Abhängigkeiten zwischen Systemen und eine unzureichende Kommunikation zwischen den Teilprojekten.
Trotz sehr individueller Anforderungen ist ein Cut-over durch strukturiertes Vorgehen planbar. Die findic hat auf Basis ihrer weitreichenden Erfahrungen in Integrationsprojekten ein Vorgehensmodell zum Cut-over entwickelt. Die folgende Darstellung skizziert in abstrakter Form den typischen Verlauf der Cut-over-Aktivitäten eines Projekts.
Durch individuelle Projektanforderungen kann ein Cut-over-Management sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. In kleineren Projekten mit geringen Auswirkungen auf Kunden und weitere Systeme reicht oft die Abarbeitung einer Checkliste für die Einführung. In Großprojekten hingegen sollte das Cut-over-Management gezielt parallel zum Projekt aufgesetzt und eng verzahnt werden.
Cut-over-Strategie
Die Cut-over-Strategie beschreibt die möglichen Go-live-Optionen und die damit verbundenen Auswirkungen.
Eine Abwägung der Vor- und Nachteile der möglichen Optionen muss einhergehen mit einer Auswirkungsanalyse, in der die Interessen der Stakeholder Berücksichtigung finden.
In der Praxis wird häufig zwischen den folgenden Optionen unterschieden:
- Big Bang – Umstellung der Systemlandschaft von „Alt auf Neu“ in nur einem Schritt.
- Go-live in Phasen – Einführung des Neusystems wird in einer Reihe von Schritten durchgeführt, das Altsystem bleibt meist zunächst in einem Parallelbetrieb bestehen.
Planung des Cut-over-Managements
Zeitplanung bei der Ausgestaltung der Systemeinführung
In seiner Querschnittsfunktion sollte das CoM als Stabstelle direkt dem/der Projektleitenden unterstellt werden. Da der Cut-over gerade zu Projektbeginn für viele Projektbeteiligte häufig als nicht zeitkritisch angesehen wird, sollten in allen Teilprojekten frühzeitig Ansprechpersonen festgelegt werden, die dem Cut-over-Management zuarbeiten. Die Relevanz des Cut-overs steigt mit dem Grad der Projektfertigstellung. Zum Zeitpunkt des Go-lives übernimmt das Cut-over-Management meist die organisatorische Führung des Projekts.
Das Cut-over-Management sollte schon zu Beginn eines jeden IT-Integrationsprojekts etabliert werden. Durch ein frühzeitiges Einbinden kann bereits eine erste Cut-over-Planung erstellt werden. Die Planung sollte die im Projektverlauf zu erstellenden Ergebnistypen des Cut-over-Managements sowie erste strategische Entscheidungen beinhalten (bspw. Verwendung der zu migrierenden Daten, Umgang mit Altsystem und ggf. Sunsetting). Die Planung des Cut-overs erfolgt zu Beginn des Projekts zunächst auf Wochenbasis. Im weiteren Projektverlauf wird die Einführung des Systems mit Betrachtung aller Auswirkungen genauer ausgearbeitet. Während der darauffolgenden Projektphasen wird die Cut-over-Strategie weiter detailliert und dokumentiert.
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Erstellung des Cut-over-Drehbuchs
Das Cut-over-Drehbuch stellt das Herzstück jeder Systemeinführung dar.
Im Drehbuch werden alle Aktivitäten aufgenommen, die für die Systemeinführung relevant sind. Zunächst müssen die Aktivitäten identifiziert und in die entsprechende Reihenfolge mit den richtigen Vorgänger- und Nachfolger-beziehungen gebracht werden.
Um alle Aktivitäten und Abhängigkeiten zu identifizieren, empfiehlt sich eine iterative Planung. Dafür sind zunächst Workshops mit den Key-Playern aller involvierten Bereiche und den Cut-over-Verantwortlichen der Teilprojekte notwendig. Diese Workshops müssen von erfahrenen Experten/Expertinnen moderiert werden. Ziel der Workshops ist es, für jeden Bereich separate Ablaufpläne zu erstellen, die im Anschluss zusammengeführt werden und das übergeordnete Drehbuch bilden.
An den Workshops sollten u.a. folgende Stakeholder teilnehmen:
- Vertreter/-innen der Fachbereiche,
- IT-Abteilungen (ggf. der einzelnen Sparten),
- Vertreter/-innen der Teilprojekte des aktuellen Projekts,
- Betreiber/-innen der Infrastruktur und
- externe Dienstleister des Unternehmens.
Parallel zur Erstellung des Drehbuchs werden Meilensteine des Cut-overs in den Projektplan integriert. Darunter fallen bspw. „Points of Return“ und der „Point of no Return“. Zur Risikomitigation müssen neben dem Drehbuch Notfallszenarien und Fallback-Lösungen ausgearbeitet werden. Auch die Notwendigkeit eines temporären Betriebsstopps ist zu prüfen und vorzubereiten.
Bei all diesen Aktivitäten ist eine offene Kommunikation mit allen relevanten Bereichen von besonderer Bedeutung. Nur so können durch neue Informationen, weitere betroffene Systeme und neue Erkenntnisse für die Erstellung des Drehbuchs identifiziert werden. Ein Kommunikationsplan kann hier bei größeren Projekten eine sinnvolle Ergänzung sein.
Der Aufbau und die Pflege des Drehbuchs erfordern ein hohes Maß an methodischem Wissen, Kenntnisse der Systemumgebung und Kommunikationsbereitschaft innerhalb des Unternehmens. Bei unzureichend dokumentierten Systemlandschaften besteht ein hohes Risiko, nicht alle relevanten Anpassungsaktivitäten zu identifizieren. Das CoM stellt durch eine umfangreiche Analyse sicher, dass alle Prozesse und Funktionen, die durch die Systemeinführung verändert werden müssen, auch berücksichtigt werden.
Auf Basis der erstellten Systemeinführungsstrategie werden die Details eines Drehbuchs mit diversen Stakeholdern des Projekts ausgearbeitet. Das Drehbuch kann je nach Projekt mit Tools unterstützt werden. Vielfach reicht die Funktionalität von MS Excel nicht für eine detaillierte Vorgänger- und Nachfolgerbetrachtung aus. Sinnvoll kann der Einsatz von MS Project sein. Es existieren weitere Tools wie beispielsweise der „CutoverManager“ der Firma Lexmair.
Durchführung des Cut-overs
Sorgfältige Cut-over-Planung und Durchführung von Dress Rehearsals ermöglichen eine professionelle Systemeinführung.
Ein Schreibtischtest gibt einen ersten Hinweis auf die Vollständigkeit aller geplanten Maßnahmen des Drehbuchs. Der Schreibtischtest kann jedoch nur Teilaspekte eines Cut-overs abdecken und reicht als Test nicht aus. Zumindest eine Generalprobe (Dress Rehearsal) des Drehbuchs zur Systemeinführung muss vor Go-live durchgeführt werden. Die Generalprobe muss auf einer produktionsnahen Testumgebung stattfinden, auf der die Durchführung des Cut-overs mit allen Beteiligten in Echtzeit verprobt wird. Somit wird sichergestellt, dass die Beteiligten über ihre Aufgaben und die damit verbundene Kommunikation vollständig informiert sind.
Für die Generalprobe als auch für die Durchführung des Cut-overs ist eine detaillierte Planung der benötigten Ressourcen notwendig. Dies umfasst alle aktiv und passiv am Drehbuch Beteiligten, die im Falle von Problemen für den Support bereitstehen müssen. Aufgrund des Arbeitspensums müssen genügend Mitarbeitende mit den entsprechenden Qualifikationen und Vertretende für einen Ausfall (Krankheit, Unfall etc.) eingeplant werden. Ebenso wichtig ist die Bereitstellung der Infrastruktur. Dies umfasst u. a. die Vorbereitung der Räume mit der benötigten technischen Ausstattung, Gebäudezutritte, Remote-Arbeitsfähigkeit und vieles mehr.
Neben der Abstimmung der einzelnen Aktivitäten mit den Durchführenden ist es wichtig, alle Beteiligten über den aktuellen Stand zu informieren. Je nach Gesamtlaufzeit der Systemeinführung sollten feste Statusrunden durch einen Leitstand eingeplant werden (bspw. einmal oder zweimal täglich). Optimal ist eine für alle Beteiligten zugängliche Plattform, auf der die wichtigsten Informationen und der aktuelle Status jederzeit dargestellt wird.
Der Abschluss der Systemeinführung liefert den Nachweis über die Funktionsfähigkeit des produktiven Systems. Die entsprechenden Abnahmetests müssen durchgeführt und die Ergebnisse für den Lenkungsausschuss aufbereitet werden, der dann die Go- oder No-go-Entscheidung trifft.
Nach erfolgreicher Systemeinführung erfolgt in der Regel eine Cool-down-Phase mit einer Betriebsübergabe an die entsprechenden Abteilungen im Unternehmen. Der darauffolgende Rückbau der Altsysteme mit einem ggf. durchzuführenden Sunsetting kann durch das Cut-over-Management begleitet werden.
Fazit zur Planung von Systemeinführungen
Eine Systemeinführung ist selbst für Unternehmen mit einer guten IT-Struktur eine große Herausforderung. Das Cut-over-Management verzahnt einzelne Projektteile, bringt deren Cut-over-Aktivitäten in eine Abfolge und führt das Projekt durch einen erfolgreichen Go-live.
Trotz umfangreicher Planung und Vorbereitung können während des Go-lives noch ungeahnte Komplikationen auftreten. Für diese Fälle werden Notfall- und Fallback-Szenarien erstellt und kommuniziert. Somit befähigt ein gut strukturiertes Cut-over-Management die Projektleitung, während des Go-lives schnell wichtige Entscheidungen zu treffen.
Die findic hat in erfolgreichen Projekten ihre Kompetenz im Bereich des Cut-over-Managements und der Systemeinführung unter Beweis gestellt. Gerne stellen wir Ihnen unser detailliertes Vorgehensmodell zum Cut-over-Management in IT-Integrationsprojekten vor und erarbeiten mit Ihnen ein individuelles Vorgehen für Ihre kommenden Vorhaben. Kontaktieren Sie uns gerne direkt hier.