Finanzmarktregulierung im Namen der Außenpolitik

Das Pendel der Finanzmarktregulierung ist binnen eines Jahrzehntes von einem Extrem ins andere umgeschlagen. Noch 2005, nachdem Präsident Clinton bereits das Trennbankensystem aufgehoben hatte, fragt das libertäre Cato Institute provokativ „Why Do We Regulate Banks?“. Zwei Jahre später löste die Subprime-Krise die größte weltweite Finanzkrise aus und führte zu einem Tsunami an Regulation. Während sich die Krise in der Ukraine weiter zuspitzt, werden vermehrt Rufe nach weiteren Finanzmarktrestriktionen laut. So könnte z.B. das U.S. Department of the Treasury gegen Russland ein Sanktionsprogram beschließen, ähnlich denen die bereits gegen eine lange Liste von Regionen und Ländern bestehen (Balkan, Belarus, Burma, Elfenbeinküste, Kuba, Kongo, Iran, Irak, Libanon, Libyen, Nordkorea, Somalia, Sudan, Syrien, Jemen, Zimbabwe, …).

Eine Ausweitung der derartigen Sanktionen würde für international tätige Banken einen hohen administrativen Aufwand und regulatorische Risiken nach sich ziehen. Nicht nur würde der Due-Diligence-Prozess im Zahlungsverkehr verkompliziert werden, auch sind die Strafen bei vorsätzlicher oder unbeabsichtigter Missachtung der oft unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen von drakonischer Höhe. 2012 einigte sich HSBC auf einen 1,9 Milliarden Dollar Vergleich für die potentiellen Verstöße gegen Sanktionen gegen Iran, Myanmar und andere Länder. Etwa zeitgleich zahlte Standard Chartered 327 Millionen USD wegen ähnlich gelagerter Vorwürfe. Auch große deutsche Banken sind bereits in das Fadenkreuz amerikanischer Ermittlungen geraten wegen potentieller Verstöße gegen Sanktionen gegen Iran, Sudan, Myanmar, Nordkorea und Kuba und sind gezwungen, diesbezüglich signifikante Rückstellungen zu bilden.

Abbildung 1: Regulatorische Strafen und Vergleichszahlungen von Banken *

Finanzsanktionen sind ein beliebtes außenpolitisches Instrument geworden, weil zum einen die Implementierung von Außen- und Finanzministerium auf die Banken abgewälzt wird, und zum anderen bei Nichtbeachtung sehr einfach Strafen in Millionen- und Milliardenhöhe im Rahmen von „Vergleichen“ bei den Banken eingestrichen werden können. Die sich für Banken aus der Compliance ergebenden Kosten, sowie die notwendigerweise zu bildenden Rückstellungen wegen vermeintlicher Verstöße und den sich daraus ergebenden Zahlungen, sind volkswirtschaftliche Kosten, die zum größten Teil wohl auf die Bankkunden abgewälzt werden müssen.

Bereits in den letzten Jahren haben verschärfte Vorschriften bezüglich der Meldepflicht deutscher Banken von Kunden mit potentieller Steuerpflicht in den USA dazu geführt, dass die überwiegende Zahl der Banken nunmehr sog. Steuerausländern (z.B. deutsche Staatsbürger, die eine Green Card besitzen) die Eröffnung von Wertpapierdepots verweigern. Die administrativen Kosten und die potentiellen Strafen übersteigen aus der Sicht der deutschen Depotbanken hier bereits die erwarteten Erträge. Dies ist nur eines von vielen Beispielen von sich aus Regulierungsaktivität ergebenden „unintended consequences“.

 

Quellen: New York Times, finews, N-TV, NZZ

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Prof. Dr. Fidelio Tata/ Autor BankingHub

Prof. Dr. Fidelio Tata

Pro­fessor für Finanz­wissen­schaft International School of Management Berlin

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