Mit Weitblick zum ausgewogenen Projektportfolio

Fast alle Häuser im FDL-Bereich haben aktuell umfassenden Anpassungsbedarf sowohl auf der Organisations- als auch auf der IT-Seite. Dabei sind die zahlreichen regulatorischen oder Accounting-Anforderungen nicht ausschließlich Treiber der Veränderung. Weiterer Handlungsdruck entsteht durch IT-Modernisierungen, die zur Reduzierung der operationellen Risiken und zur Erhaltung der Handlungsfähigkeit notwendig sind. Bei der Menge an drängenden „Muss“-Themen darf aber auch die Marktorientierung nicht in Vergessenheit geraten, um Wettbewerbsvorteile zu bewahren oder die Marktposition weiter auszubauen. In der Summe entstehen so komplexe Projektportfolien mit signifikanten IT-Anteilen und einer Vielzahl von Abhängigkeiten, die die Häuser an die Grenze der Umsetzbarkeit führen.

HANDELN AM LIMIT

Diese anspruchsvollen Umsetzungsvorhaben treffen in der Praxis häufig auf Organisationsstrukturen, die stark auf den Linienbetrieb ausgerichtet sind und nur in geringen Teilen über umfassende Erfahrung bei der Umsetzung von Großprojekten verfügen. Zudem sind auch die Kapazitäten oftmals auf die Abdeckung des laufenden Betriebes ausgelegt, was eine Abwicklung des anstehenden Projektportfolios aus eigener Kraft so gut wie unmöglich macht. Daher werden in großem Umfang externe Dienstleister eingesetzt, die den Löwenanteil der Projektaufgaben übernehmen. Leistungsspitzen lassen sich auf diese Weise zwar abfangen, allerdings hat diese Form des Leverage auch ihre Grenzen: entscheidend ist der Erhalt der eigenen Steuerungsfähigkeit, um die Ergebnisse konsequent qualitätszusichern und damit die Interessen des Auftraggebers in der Umsetzung ausreichend zu wahren. Hierbei hat sich vor allem der Ansatz, das Risiko durch umfangreiche Werkverträge an die Dienstleister zu verkaufen, als gescheitert herausgestellt – auch in dieser Konstellation muss der Auftraggeber eine ausreichende Transparenz über Projektfortschritt und Ergebnisqualität behalten, da ansonsten erhebliche Change Requests drohen oder Umsetzungsvorhaben komplett scheitern. Neben der Limitierung aus der Personalausstattung ist bei der Ausgestaltung des Projektportfolios natürlich auch die finanzielle Tragfähigkeit zu berücksichtigen, bei der in der Regel ein gesetztes jährliches Change-Budget nicht überschritten werden darf.

IST DER WEG DAS ZIEL?

Vor dem Hintergrund der sicherzustellenden Ressourcen und Budgettragfähigkeit des Projektportfolios werden in den Banken intensive Priorisierungsdiskussionen geführt, die stark durch die „Muss“-Themen dominiert werden. Schaut man sich die Entstehung der Projektportfolien genauer an, so erfolgt diese in der Regel dezentral, die einzelnen Bereiche der Bank melden ihre Ideen ein. In manchen Fällen entstehen die Portfolien auch aus einer strategischen Gesamtinitiative, die zu Beginn in einem recht kurzen Zeitrahmen durchgeführt wird. Im Ergebnis entsteht jedoch bei beiden Ansätzen eine Sammlung von Vorhaben, die im Anschluss fortlaufend durch das Projektportfoliomanagement priorisiert werden muss. Die Veränderung der Bank über die Zeit ergibt sich demnach stark aus der Themenpriorisierung – das Zielbild entsteht also erst im Zeitverlauf und folgt den zum Diskussionszeitpunkt gesetzten Prioritäten. Auf diese Weise kann eine eigentlich notwendige Verzahnung mit der Unternehmensstrategie und den mittelfristigen Entwicklungszielen nicht dauerhaft sichergestellt werden. Um dies zu tun, muss zunächst ein mittel- und langfristiges Zielbild entwickelt werden, das abgeleitet aus der Geschäftsstrategie sowohl die fachliche (prozessuale) als auch die IT-Perspektive konsistent abdeckt. Auf Basis dieses Ziels und der aktuellen Situation kann dann der Weg abgeleitet werden.

proMAP für DAS PROJEKTPORTFOLIO

Statt eines reaktiven, auf die Priorisierung fixierten Projektportfoliomanagements ermöglicht die Orientierung an Zielbildern ein proaktives und integriertes Planen der Initativen und die Überführung in einen Masterplan, der eine Umsetzung der gesetzten geschäftspolitischen Ziele sicherstellt. Zur Umsetzung dieses Ansatzes hat zeb eine Methode für die Proaktive Master Planung (proMAP) entwickelt, die auf drei Kernbausteinen aufbaut:

BAUSTEIN 1: DURCHGÄNGIGES ARCHITEKTURMANAGEMENT

Kernstück bildet ein durchgängiges Architekturmanagement, das durch eine Verzahnung der einzelnen Architekturebenen die integrierte Entwicklung eines konsistenten Zielbildes inkl. der Zwischenstufen ermöglicht. Darüber hinaus wird in einem Architekturassessment Transparenz über die Ist-Leistungsfähigkeit der Architekturkomponenten und dringende Handlungsfelder geschaffen. Hierbei ist eine adressatengerechte Visualisierung der Zielarchitektur unverzichtbar, denn sie bildet die Basis für eine gemeinsame Diskussion der künftigen Anforderungen zwischen Fach- und IT-Experten.

BAUSTEIN 2: REGULATORY ROADMAP

Zunächst ist das Verschaffen eines Überblicks über die anstehenden Anforderungen des Regulators und für das Accounting elementar. Dabei weisen die einzelnen Themen häufig eine hohe inhaltliche Überschneidung auf. Eine systematische Gruppierung und Abarbeitung der Themen ist eröffnet große Synergiepotenziale, sodass z.B. notwendige Systemanpassungen gebündelt und Doppelarbeiten vermieden werden.

BAUSTEIN 3: Vertriebs- und MARKTperspektive

Wie bereits angedeutet, ist trotz des „Regulatory Tsunami“ und einer Vielzahl von Altlasten der Markt nicht aus den Augen zu verlieren. So ist schon bei der Entwicklung der langfristigen Strategie auf einen Fit zu den Anforderungen des Marktes zu achten, und auch bei der operativen Umsetzung der Themen ist parallel eine Vertriebsstrategie auszudifferenzieren. Die Einbindung externer Kräfte kann hier einen Vorteil bringen, sind diese meist über die allgemeinen Trends im Markt gut informiert.

Aus diesen Bausteinen erfolgt die Entwicklung der Zielbilder für alle Architekturschichten unter Berücksichtigung der strategischen Zielvorgaben. In einer gemeinsamen Diskussion der limitierenden Faktoren (Ressourcen, Budget) werden im Anschluss die Ausbaustufen entwickelt und in einem Masterplan für das Portfolio zusammengeführt. Damit liegt eine verbindliche und ausgewogene Mittelfristplanung vor.

GEMEINSAM ZUM ZIEL

Bei der Realisierung des Projektportfolios sind diverse Stakeholder involviert: durch die umfassenden Veränderungen in allen Bereichen ist praktisch das gesamte Haus betroffen. Die Umsetzung bedeutet für die Mitarbeiter einen großen Kraftakt und erfordert eine aktive Mitarbeit auf allen Ebenen sowie eine reibungslose Kooperation zwischen Projekt und Linie. Dabei scheitern Projekte häufig an der fehlenden Versammlung hinter Zielbildern beziehungsweise an einem als inkonsequent oder unverbindlich wahrgenommenen Management. Im Ergebnis entsteht schnell eine hohe Unsicherheit im Haus, was leicht in einer Stärkung der konservierenden und bewahrenden Kräfte resultieren kann. Zur Einschwörung der Mannschaft auf anstrengende Umbauphasen sichern der Masterplan und Zielbilder als Leitplanken ein gemeinsames Verständnis über die Ziele und schaffen die notwendige Verbindlichkeit. Eine verständliche Visualisierung komplexer Architekturzusammenhänge unter Hervorhebung der Nutzenargumentation ist dabei ein zentrales Mittel bei den für die Umsetzung erfolgskritischen Kommunikations- und Change-Management-Aktivitäten.

GUT GEPLANT IST HALB GEBAUT

Die erste Hürde ist mit dem festgelegten Projektportfolio überwunden: ein möglichst ausgewogenes und tragfähiges Projektportfolio. Eine erfolgreiche Realisierung der komplexen Vorhaben stellt hohe zusätzliche Anforderungen an die laufende Portfoliosteuerung (Mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie hier). Durch eine fortlaufende Qualitätssicherung in Verbindung mit einer regelmäßigen Überprüfung der Strategie und der Zielbilder wird auch über die Zeit eine enge Verzahnung zwischen Strategie und Umsetzung und ein konsequentes Verfolgen der gemeinsamen Ziele sichergestellt.

Sprechen Sie uns gerne an!

Dr. Wolf Behrmann

Dr. Wolf Behrmann

Senior Manager Office Frankfurt

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