Business Intelligence wird in vielen Unternehmen als kritischer Erfolgsfaktor angesehen, um Daten zu sammeln, zu analysieren und für Entscheidungen zu nutzen. Im Finanzbereich hat insbesondere der stetig zunehmende Wettbewerbsdruck dazu geführt, dass transparente Informationen immer wichtiger werden und daher Business Intelligence so bedeutend ist wie nie zuvor. Sinkende Margen, Niedrig- bzw. Negativzinsen und Druck durch neue Wettbewerber macht es für Banken besonders entscheident, ihr Marktumfeld und ihre Kunden genau zu kennen und Bedürfnisse kosteneffizient und besser als der Wettbewerb zu erfüllen. Banken, welche entscheidungsrelevante Managementinformationen bereitstellen, können daraus einen Vorteil generieren. Die Technologieevolution verändert Marktparadigmen und das Kundenverhalten was sich z. B. mit einem Trend zur Onlineberatung anstelle einer Beratung durch einen Bankangestellten zeigt. Die zunehmende Nutzung von Social Media lässt hierbei die Informationsvolumina explodieren, welche entsprechend verarbeitet werden müssen. Daher wird ein perfektes Informationsmanagement immer mehr einer der Haupterfolgsfaktoren für die Institute. Die Finanzkrise und eine Vielzahl neuer und sich wandelnder Regulatorien tragen darüber hinaus ebenfalls zu einem gestiegenen Informationsbedürfnis bei.
Eine der Herausforderung besteht darin, das am besten geeignete Business-Intelligence-System (im Folgenden BI-System) oder eine Kombination aus mehreren Systemen auszuwählen, welche die Geschäftsanforderungen erfüllen. Auf dem Markt tummeln sich unterdessen viele Anbieter mit unterschiedlichen BI-Systemen für verschiedenste Zwecke, aus denen selektiert werden kann. Zur gleichen Zeit existiert in vielen Instituten bereits eine unkontrolliert gewachsene IT-Landschaft mit mehreren BI-Systemen. Der Zweck ist nicht immer ersichtlich und wird nicht hinterfragt, während die Geschäftsbedürfnisse durch bestehende Systeme nur teilweise umgesetzt werden und sich die IT-Landschaft nicht auf dem neuesten Stand befindet. Von entscheidender Bedeutung ist es daher, Business-Intelligence-Anforderungen strukturiert zu sammeln, zu priorisieren und festzulegen. Somit ist man in der Lage, BI-Systeme zu bewerten und das am besten geeignete BI-System auszuwählen, um die Bedürfnisse der Bank zu erfüllen. Gemäß Gartner erfüllen weniger als 30 % der durchgeführten BI-Projekte die Erwartungen aus dem Business, weshalb eine strukturierte BI-Evaluation große Bedeutung hat.
Eine grobe Einteilung der am Markt befindlichen Systeme lässt sich nach den Einsatzzwecken vornehmen. Hierbei lassen sich grob drei Kategorien ermitteln. BI-Systeme als allumfassende Enterprise-Suite-Lösung zielen darauf ab, ein Gesamtpaket aus Data-Warehouse, ETL und Reporting mit zumeist standardisierten Reports basierend auf vorkalkulierten KPIs bereitzustellen. Beispiele sind SAP BO, IBM Cognos und sas Enterprise BI Server. Self-Service-BI-Systeme bieten hingegen die Möglichkeit, einfachere Kalkulationen in flexiblen Ad-hoc-Reports abzubilden, wobei unterschiedliche Datenquellen eingebunden werden können, welche dem Nutzer zur Verfügung stehen. Jedox, Tableau und QlikView können als Beispiele für Self Service BI aufgeführt werden. Als letzte Kategorie gibt es Special-Focus-BI-Systeme. Sie konzentrieren sich auf einen speziellen Einsatzzweck wie z. B. Big Data und stehen häufig als Plugin für Business-Applikationen bereit. Als Beispiele kann man Birt, pentaho und IBM InfoSphere nennen. Eine nicht abschließende Einordnung der am Markt befindlichen Systeme in die aufgeführten Kategorien kann der Abbildung 1 entnommen werden.
Use-Case-gestützte Selektion des BI-Systems mittels strukturiertem Auswahlprozess
Zur strukturierten Ermittlung der spezifischen Anforderungen haben sich Use-Case-gestützte Vorgehensmodelle in Theorie und Praxis bewährt. Hierbei werden relevante Anwendungsfälle definiert, aus denen im weiteren Prozess detaillierte Anforderungen abgeleitet werden. Im Rahmen der Softwareevaluation von BI-Systemen bildet der Use Case die Ausgangsbasis für den Evaluationsprozess.
Auf Basis des definierten BI-Use-Cases sind die einzelnen Anforderungen und die zugehörigen Beurteilungskriterien zu definieren. Für eine strukturierte Erhebung sind dabei die verschiedenen Kriteriengruppen, z. B. technische und funktionale Anforderungen wie auch ökonomische Kriterien detailliert zu analysieren.
Neben dem gesamthaften Kriterienkatalog sind Prioritäten für die einzelnen Kriterien zu definieren. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Definition von Ausschlusskriterien. Im Rahmen der Marktanalyse sind die relevanten BI-Systeme zu identifizieren, um die Longlist als Ausgangsbasis für den weiteren Prozess zu ermitteln. In der Bewertungsphase werden zuerst die Ausschlusskriterien auf die Longlist angewendet, um die Shortlist zu erhalten. Für die Produkte der Shortlist folgt die Detailanalyse aller Elemente des Kriterienkatalogs. Auf Basis dieser Einschätzung wird abschließend die Entscheidung für die Applikation mit dem besten Erfüllungsgrad getroffen.
zeb-Tool zur Unterstützung des Auswahlprozesses
Zur Erhöhung der Effizienz und Transparenz sollte der Auswahlprozess toolgestützt erfolgen. zeb hat hierzu ein Modul entwickelt, in dem der beschriebene Prozess abgebildet ist. Neben den bank- bzw. Use-Case-spezifischen Anforderungen, Kriterien und Gewichtungen sind in dem Werkzeug auch Informationen und Kriterien aus den langjährigen Erfahrungen integriert worden.
Im Werkzeug ist der Prozess gesamthaft abgebildet:
- Use Case definieren:
Im Rahmen der Definition des Use Case können entweder spezifische Use Cases hinterlegt werden. Alternativ können standardisierte Use Cases aus den zeb-Erfahrungen übernommen bzw. modifiziert werden. - Anforderungen ableiten und strukturieren:
Zu dem definierten Use Case sind im zweiten Schritt die relevanten Kriterien abzuleiten. In dem Modul ist bereits ein umfangreicher Kriterienkatalog hinterlegt und anhand von Anforderungsgruppen strukturiert. Auf dieser Basis können die spezifischen Kriterien leicht definiert werden. - Kriterien priorisieren:
Für die definierten Kriterien sind im nächsten Schritt Prioritäten und damit Gewichtungsfaktoren zu definieren. Als Best-Practise-Ansatz kann man hier die MoSCoW-Priorisierung verwenden. Im Werkzeug sind für die standardisierten Use Cases bereits Prioritäten definiert, die eine gute Basis auch für bankspezifische Konfigurationen bilden. - Marktanalyse/Longlist erstellen:
Im vierten Schritt sind nun die verfügbaren Produkte anhand der kritischen Produktprioritäten zu bewerten, um aus der Vielzahl der BI-Produkte eine Longlist erstellen zu können. In dem Werkzeug wurden hierbei bereits Einschätzungen für eine Vielzahl von marktgängigen BI-Systemen aus unterschiedlichen Quellen gesammelt und dokumentiert, um eine effiziente Beurteilung zu ermöglichen. - BI-System bewerten:
Für die verbliebenen Produkte ist eine detaillierte Einschätzung des gesamten Kriterienkatalogs durchzuführen. Sinnvollerweise werden die Erfüllungsgrade in verschiedene Stufen unterteilt (z. B. not fulfilled, partially fulfilled, fulfilled). Das Werkzeug ist bereits mit Einschätzungen der wichtigsten Produkte für einen umfangreichen Kriterienkatalog vorbefüllt, um eine effiziente Bewertung der relevanten Produkte zu ermöglichen. - BI-System auswählen:
Als Ergebnis der Kriterienpriorisierung und ‑bewertung erfolgt im letzten Schritt eine Auflistung der besonders geeigneten Produkte mit jeweiligem Score. Neben dem Score können natürlich noch weitere strategische Einschätzungen eine Rolle spielen, die letztendlich zur Auswahl des BI-Systems führen.
Durch den toolgestützten Prozess und die bereits umfangreiche Datenbasis im Hinblick auf relevante Kriterien und die wichtigsten Produkte kann ein effektiver und effizienter Evaluationsprozess sichergestellt werden. Die Datenbasis wird kontinuierlich überprüft und aktualisiert, wobei neben eigenen Recherchen auch die Ergebnisse der großen BI-Studien integriert werden (u. a. BARC, Gartner).