OptioPay: Das „tote“ Ende der Wertschöpfungskette wird endlich belebt

OptioPay hat sich zum Ziel gesetzt, Liquidität aktiv zu vermarkten, damit Bankkunden mehr aus dem eigenen Geld machen können. Immer wenn Kunden oder Mitarbeiter Auszahlungen (u.a. Zinsen, Gehälter, Prämienzahlungen aus Versicherungspolicen, Rückerstattungen aus Retouren im Onlinehandel) erhalten, will ihnen OptioPay die Auszahlungsoption anbieten, dieses Guthaben in Gutscheine bekannter Einzelhändler und Dienstleister mit einem höheren Gegenwert umzuwandeln. Die Kunden haben somit über die OptioPay Auszahlungsplattform die Chance, den Wert ihres Geldes sehr einfach und signifikant zu steigern. Daraus ergeben sich für Banken und Versicherungen neue Umsatzpotenziale. Wir hatten die Möglichkeit mit Oliver Oster, Gründer und COO von OptioPay über ihr innovatives Geschäftsmodell, die daraus resultierenden Chancen für Banken und Versicherungen und über die Finanzwelt in 5 Jahren zu sprechen.

Über OptioPay

optiopayJan Schuppert: Das Prinzip, Gutscheine günstig zu erwerben, ist nicht neu und hat mich im ersten Moment an Groupon erinnert. Ihr geht aber einen deutlichen Schritt weiter. Kannst du die ursprüngliche Idee beschreiben?

Oliver Oster: Die Idee wurde bereits zu Zeiten von reBuy verprobt. reBuy kauft gebrauchte Gegenstände (CDs, Bücher, usw.) an und zahlt dafür Geld aus. Mein Geschäftspartner Marcus Börner ist Gründer von reBuy und hat sich damals den Auszahlungsprozess als Teil der Wertschöpfungskette genauer angesehen und nach Optimierungspotenzial gesucht. Er hat dabei unter anderem getestet wie es konvertiert, wenn das auszahlende Unternehmen z.B. statt einer 100 Euro Auszahlung einen 110 Euro reBuy-Gutschein anbietet und die Auszahlung so im Wert erhöht. Das Ergebnis war, dass schon bei einer erst teilweise etablierten Marke wie reBuy ein hoher einstelliger Prozentsatz der Kunden die Gutscheinvariante wählen, was ein beachtliches Ergebnis ist. Bei höheren Wertsteigerungen und noch bekannteren Brands hat die Konvertierung sogar noch deutlich Luft nach oben.

Geschäftsmodell von OptioPay

Jan Schuppert: Wie habt ihr aus dieser Idee euer Geschäftsmodell entwickelt?

Oliver Oster: Nach dem Ausstieg von Marcus bei reBuy haben wir uns die Optimierungspotenziale des Auszahlungsstroms dann noch einmal genauer angeschaut und festgestellt, dass sich eigentlich noch kein Unternehmen mit der Vermarktung des Zahlungsstroms von Unternehmen an die Zahlungsempfänger beschäftigt. Dabei konnten wir direkt mehrere unterschiedliche Verticals identifizieren:

  • Beispielsweise besteht für E-Commerce Unternehmen die Möglichkeit, aus einer Auszahlung direkt wieder neuen Umsatz zu generieren
  • Für Finanzunternehmen wie Banken oder Versicherungen besteht die Chance, die Guthaben oder Auszahlungen aktiv zu vermarkten und so eine neue Umsatzquelle zu erschließen

Aber natürlich ergeben sich auch für den Zahlungsempfänger entsprechende Vorteile:

  1. Er kann den Wert seiner Auszahlung erhöhen, da die Gutscheine einen höheren Gegenwert haben, als das vom Zahlungsempfänger eingesetzte Geld
  2. Es schafft Transparenz, denn der Empfänger erhält eine Benachrichtigung von uns, wenn ein Unternehmen Geld über OptioPay an ihn auszahlen will

Wir haben also eine klassische Win-Win-Win-Situation identifiziert und entwickelt. Wir sind dann mit dem main incubator in Frankfurt eine strategische Partnerschaft eingegangen, unter anderem um einen besseren Zugang zu der für uns sehr interessanten Finanzbranche zu erhalten. Aktuell sind wir noch im Stealth-Mode, Ende September 2015 wollen wir dann offiziell Live gehen und unser Produkt launchen.

Umgang mit Kooperationspartner und Werbetreibenden

Jan Schuppert: Stichwort Finanzbranche: Ihr seid aktuell auf der Suche nach Kooperationspartnern im Banken- und Versicherungssektor. Wie funktioniert das Modell für Banken im Detail?

Oliver Oster: Für Banken bieten wir eine komplette Integration in das Girokonto als White Label Funktion. Für den Kunden besteht also die Möglichkeit, mit jedem Zahlungseingang und Guthaben direkt aus dem Girokonto Gutscheine zu erwerben. Das Prinzip ist ähnlich wie bei bereits bestehenden Angeboten von Apple oder den Mobilfunkanbietern. Bei denen lässt sich beispielsweise ein iTunes Gutschein i.H. v. 20 Euro Gegenwert mit der gleichen Geldmenge erwerben. Im Gegensatz zu den bestehenden Angeboten gehen wir einen deutlichen Schritt weiter, in dem wir den Wert des Geldes erhöhen. Dadurch entsteht für den Kunden ein materieller Mehrwert und die Bank hat durch ihr Angebot geholfen, das Vermögen des Kunden zu mehren, was ein essenzieller Claim von Banken ist. Zusätzlich erhalten unsere Kooperationspartner einen Teil der Provision der Werbetreibenden und damit eine zusätzliche Umsatzquelle.

Jan Schuppert: Wie funktioniert das Kooperationsmodell bei Versicherungen?

Oliver Oster: Dies lässt sich am einfachsten anhand eines Beispiels demonstrieren. Angenommen ein Kunde bekommt 150 Euro aus einem Schadensfall. Vor Auszahlung erhält er eine E-Mail oder einen Brief im Namen der Versicherung von OptioPay. Mit einem dort platzierten Link gelangt er zur OptioPay Auszahlungsplattform, angepasst auf das Design der Versicherung. Hier kann er seine Auszahlung nun komfortabel zwischen klassischer Banküberweisung und höherwertigen Gutscheinen aufteilen. Die Erhöhung der Auszahlung (Wertsteigerung) wird dabei explizit transparent gemacht. Die Versicherung hat im Wesentlichen zwei Vorteile:

  1. Aus einem „toten“ Abwicklungsprozess für die Versicherung wurde ein Vehikel geschaffen, um dem Kunden einen Mehrwert und Extraservice zu bieten. Der Kunde wird seine Versicherung außerdem mit innovativen Konzepten in Zusammenhang bringen.
  2. Zusätzlich ergibt sich ein neuer Umsatzkanal für die Versicherung, denn sie erhält einen Teil der Provision der Werbetreibenden.

Jan Schuppert: Welche Voraussetzungen müssen interessierte Kooperationspartner erfüllen?

Oliver Oster: Viele Versicherer und Banken suchen aktuell nach neuen Ertragsmöglichkeiten und  Wegen, um sich am Markt über ihr Produkt zu differenzieren. Genau da setzen wir an und benötigen dafür eigentlich keine speziellen Voraussetzungen. Wir bieten direkt eine White Label Funktion und flexible Lösungen. Wir haben auch kein Standardvorgehen in diesem Sinne. Alle Lösungen werden flexibel und individuell mit dem Kooperationspartner vereinbart und umgesetzt.

Jan Schuppert: Neben den Kooperationspartnern und den Endkunden sind die Werbetreibenden die dritte wichtige Säule eures Geschäftsmodells? Wie stellt ihr sicher, dass die richtigen Angebote zu den richtigen Kunden finden?

Oliver Oster: Im Hintergrund arbeitet bei uns eine ausgeklügelte Optimierungsengine. Wir werten Informationen aus, um den Kunden ein möglichst passendes Angebot zu präsentieren. Falls möglich sind wir in der Lage, z.B. Kontoinformationen zu verarbeiten und zu analysieren. Weisen also zum Beispiel viele Kontobewegungen darauf hin, dass ein Kunde besonderes Interesse an Mode hat, werden wir ihm vor allem Gutscheine unserer Fashion Retailer wie z.B. Zalando präsentieren.

Stichwort Datenschutz

Jan Schuppert: Dies hat Implikationen für den Datenschutz. Wie geht ihr mit dem Thema um?

Oliver Oster: Datenschutz ist für uns ein Synonym für Seriosität. Mit sensiblen Daten muss jeder sehr vorsichtig umgehen und sich streng an die gesetzlichen Vorgaben halten. Wir, genauso wie viele andere FinTech Unternehmen, arbeiten deshalb eng mit führenden Datenschutzexperten zusammen.

Jan Schuppert: Verkauft ihr Datensets eurer Kunden?

Oliver Oster: Nein. Wir benutzen aggregierte, anonymisierte Daten ausschließlich für unsere eigene Optimierungsengine zur Verbesserung des Angebots.

Jan Schuppert: Um die Jahrtausendwende hatten wir schon einmal einen Technologie-/Internetboom. Die digitale Startup- und FinTech-Szene entwickelt sich aktuell auch sehr dynamisch. Gibt es Unterschiede zu der damaligen Zeit und ist die Entwicklung nachhaltig?

Oliver Oster: Wir haben mittlerweile deutlich erfahrenere Gründer und ein viel reiferes Marktumfeld. Viele Entrepreneure gründen mittlerweile ihr zweites oder drittes Unternehmen. Fehler, die in der ersten Boom-Phase gemacht wurden, können jetzt vermieden werden. Die Prozesse laufen professioneller und die Infrastruktur am Markt ist besser (Funding, Inkubatoren, usw.). Marktpotenziale können besser abgeschätzt werden, dagegen war um die Jahrtausendwende noch vieles experimentell. Zudem kann ich zumindest über die Berliner Community berichten, dass die Zusammenarbeit und der Zusammenhalt in der Szene sehr ausgeprägt sind. Netzwerke werden geteilt, man hilft sich gegenseitig und tauscht sich über Fehler aus. Nichtsdestotrotz muss sich jedes FinTech die folgenden Fragen stellen:

  1. Wie gut ist mein Produkt? Bin ich leicht zu kopieren?
  2. Wie gut ist mein Team? Haben wir die richtigen Skills?
  3. Ist mein Funding ausreichend, um die teilweise langen Sales Cycles im Banking zu überstehen?

Am Ende werden wir aber natürlich auch bei den FinTechs irgendwann eine Konsolidierungsphase sehen.

Jan Schuppert: Wir haben in der deutschen Startup-Szene in den letzten Jahren eher wenige IPOs gesehen. Die Börse hat den Neuaufsatz des Nemax bewertet und denkt jetzt über die Einführung eines Startup-Index nach. Was denkst du über die Entwicklungen?

Oliver Oster: Die deutsche Börse versucht sich in unterschiedlichen Segmenten zu positionieren. Ich sehe das positiv. Wenn es zum Beispiel möglich sein sollte, schon Series A Finanzierungen standardisiert über eine Börse abwickeln zu können, bindet das die Unternehmen frühzeitig. Es eröffnet die Möglichkeit gegebenenfalls früher public zu gehen, was frisches Kapital in die Unternehmen spült. Dies schafft außerdem mehr Transparenz durch die Offenlegungspflichten und höhere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Außerdem ergibt sich für Privatanleger die Chance, sich in frühen Phasen an erfolgversprechenden Unternehmen zu beteiligen. Die Frühphasenfinanzierung erfolgt derzeitig fast ausschließlich von erfahrenen Gründern innerhalb der Branche. Es ist also eher selten, dass jemand außerhalb der Branche investiert. Es fehlt der Zugang und teilweise das Verständnis. Auch hier könnte eine Börse einen positiven Effekt haben.

Zukunft von OptioPay

Jan Schuppert: Abschlussfrage: Wo siehst du OptioPay in 5 Jahren und wie sieht die Zukunft des Banking aus?

Oliver Oster: Ich denke, dass wir uns in 5 Jahren bereits international und in den Kerngeschäftsbereichen voll etablieren konnten. Den Banken und Versicherungen wollen wir bis dahin geholfen haben, einen materiellen Mehrwert für die Kunden zu schaffen, neue Umsätze zu generieren und durch diese neuen Services einen innovativen Anstrich zu bekommen.

Im Banking sehe ich, wie eigentlich überall, einen immer noch stärker werdenden Mobile Trend. Bankangebote müssen ihren Platz im Smartphone haben. Wenn gleich ich auch davon überzeugt bin, dass komplexe Prozesse immer noch den Laptop erfordern und auch die Filiale an sich in den nächsten Jahren nicht vollständig aussterben wird. Der persönliche Kontakt ist einfach zu wichtig bei beratungsintensiven Dienstleistungen. Klar ist aber, dass sämtliche Angebote auch den Ansprüchen der steigenden Anzahl an Digital Natives gerecht werden müssen.

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