MiFID II – Regulatorische Anforderungen mit großem Einfluss auf das WP-Geschäftsmodell von Banken

Aufgrund weitreichender Prüfungs-, Dokumentations- und Meldepflichten wird die Umsetzung der MiFID II Anforderungen zu – einem bereits aus anderen Regulierungsinitiativen bekannten – Anstieg von Komplexität und Kosten führen. Die Wertpapier-Regulierung hat mit MiFID II jedoch einen wichtigen Aspekt hinzugewonnen: die Beeinflussung des Geschäftsmodells. Hier gilt es unter anderem zu prüfen, ob bestehende Vergütungsmodelle auch zukünftig aufrecht erhalten werden können. Vertriebsfolgeprovisionen sind elementarer Bestandteil der Wertpapier-Erlöse einer Bank und stehen im Fokus der Regulierung von MiFID II. Um Einbußen auf der Erlösseite zu vermeiden sowie den Kostendruck zu kompensieren, ist eine Adressierung und strategische Bewertung der zentralen Handlungsfelder zu empfehlen.

Anhand der von MiFID II gebotenen Handlungsspielräume lassen sich negative Auswirkungen auf das Geschäftsmodell minimieren. Hierbei gilt die Aufmerksamkeit drei unterschiedlichen Themenfeldern:

  • Vor dem Hintergrund des Regelungsbereiches zum Anlegerschutz gilt es, bestehende Beratungsmodelle kritisch zu hinterfragen. So ist ein Finanzdienstleister beispielsweise nicht gezwungen, sich als „unabhängig“ zu erklären und sich dadurch zum Angebot eines breiten Produktuniversums und zum Verzicht auf Provisionen von Produktlieferanten zu verpflichten. Kann oder will das Unternehmen nicht auf Provisionen von Drittanbietern verzichten oder möchte es nur ein eingeschränktes Produktuniversum anbieten, hat es die Möglichkeit sich als „abhängig“ zu erklären.
  • In Anbetracht der zunehmenden Komplexität bedarf auch der Beratungsprozess einer Überprüfung. Neben der grundsätzlichen Frage, wie sich die Unterstützung des Anlageberaters bei der Einhaltung der MiFID II Anforderungen sicherstellen lässt, bieten sich auch ein diesem Bereich Gestaltungsfreiräume. So besteht unter anderem die Möglichkeit, den Kunden im Rahmen einer „periodischen Eignungsprüfung“ ein aktives Monitoring ihres Portfolios anzubieten. Sollte die entsprechende Kundennachfrage nicht gegeben sein, besteht lediglich der Zwang zu einer „einmaligen Eignungsprüfung“ beim Produktabschluss.
  • Sofern Festpreisgeschäfte oder der Handel mit OTC Derivaten für das betroffene Institut zu einem wichtigen Bestandteil seines Geschäftsmodells gehören, lohnt sich zudem eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Themen Systematisches Internalisieren und OTF Plattform. In Abhängigkeit der damit verbundenen Volumina ist zu prüfen, inwiefern sich der Aufbau einer eigenen Infrastruktur lohnt oder ob die Zusammenarbeit mit einem Drittanbieter zu bevorzugen wäre. 

In Anbetracht der genannten Gestaltungsmöglichkeiten empfiehlt es sich, das Wertpapiergeschäft ganzheitlich zu analysieren und gegebenenfalls neu zu adjustieren. Die besagte Re-Adjustierung basiert typischerweise auf den folgenden Säulen:

  • Eine dezidierte Wertpapierstrategie bildet die Grundlage. Sie definiert nicht nur die strategischen Leitplanken bezüglich des Beratungsmodells oder der Anpassung von Festpreisgeschäft bzw. OTC Handel, sondern untermauert auch das Commitment des Unternehmens zum aktiven Wertpapiergeschäft. Den Kern bildet hierbei die kritische Überprüfung von Dienstleistungs- und Produktangebot auf Basis der entsprechenden Kundennachfrage und der damit verbundenen Zahlungsbereitschaft der Kunden. 
  • Auf Basis der der Wertpapierstrategie gilt es sodann die nötigen Schritte zur Transformation der Vertriebsarchitektur zu definieren. Zusätzlich zur Überarbeitung des Beratungsprozesses mit dem Ziel einer effizienten Gestaltung von Beratungsgesprächen, soll hierbei auch der Kundenansprache Rechnung getragen werden. Letztere kann beispielsweise durch die Kombination von physischen und virtuellen Vertriebskanälen im Rahmen eines Multikanalansatzes verbessert werden.
  • Da das Rollenverständnis der Mitarbeiter zu den zentralen Erfolgsfaktoren im Vertrieb zählt, gilt es nicht zuletzt auch möglichen Verunsicherungen gebührend Rechnung zu tragen. In diesem Zusammenhang empfiehlt sich oftmals der Aufbau einer dezidierten Servicearchitektur, um die Anlageberater bei der Einhaltung der regulatorischen Anforderungen zu unterstützen und sie dadurch in ihrer Rolle als Wertpapierspezialisten nachhaltig zu stärken.

Geschäftspolitische Anpassungen werden nur dann erfolgreich sein, wenn die einzelnen Schritte auf eine umfassende Erfüllung der MiFID II Vorgaben ausgerichtet sind. Der Identifikation und Schließung der Gaps zwischen dem aktuellem Setup und den MiFID II Anforderungen kommt daher ebenfalls eine Schlüsselrolle zu.

Die Vorbereitung auf die veränderten Rahmenbedingungen nach MiFID II besteht somit aus zwei aufeinander abzustimmenden Schritten: Einerseits gilt es, den Anpassungsbedarf an Prozessen, Systemen und Strukturen sauber zu ermitteln und zu implementieren. Andererseits muss die Nachhaltigkeit des betriebenen Wertpapiergeschäftes mittels einer konsequenten geschäftspolitischen Bewertung und ggf. Re-Adjustierung sichergestellt werden.

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Wolfgang Schlaffer / Autor BankingHub

Wolfgang Schlaffer

Partner Office München

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