e-bot7 – effizienterer Kundenservice durch KI

Spätestens seit die Bundesregierung im Juli 2018 erste Eckpunkte für eine „KI-Strategie“ veröffentlicht hat, ist das Thema künstliche Intelligenz (KI) auch in der breiten Öffentlichkeit weiter in den Fokus gerückt. Ziel der Bundesregierung ist es, Deutschland zum weltweit führenden Standort für KI zu entwickeln. Neben Investitionen in Forschung und Entwicklung sollen auch Start-ups mit KI-basierten Geschäftsmodellen gefördert werden.

KI in Deutschland

Einer der Pioniere für KI-Applikationen im deutschsprachigen Raum ist das Münchener Start-up e-bot7, das 2016 von Fabian Beringer, Xaver Lehmann und Maximilian Gerer gegründet wurde und sich erfolgreich auf die Integration von KI in den Kundenservice von Unternehmen fokussiert. Inzwischen arbeitet das Start-up mit namhaften Großkunden aus unterschiedlichen Branchen zusammen.

Über e-bot7

e-bot7 ist Gründungsmitglied des KI-Bundesverbands, der 2018 eingerichtet wurde, um Forschung zu KI-Technologien zu fördern und die Bundesregierung durch eine KI-Expertenkommission zu beraten. 2018 wurden die drei Gründer auf die „Top 30 under 30“- Liste von Forbes für den Bereich Technology aufgenommen.

Vielen Dank, Xaver, dass du dir Zeit für dieses Interview nimmst. Wofür steht eigentlich euer Name e-bot7?

Viele Start-ups kümmern sich oft lange darum, einen kreativen Namen zu finden. Bei uns war es so, dass wir die Geschäftsidee bereits hatten und einen passenden Namen gesucht haben, der nicht schon rechtlich geschützt war. Gerade im Ausland können bereits leichte Übereinstimmungen im Namen zu rechtlichen Problemen führen, die wir vermeiden wollten. Im Endeffekt ist „e-bot7“ eine Wortschöpfung. Dabei steht „e“ für „E-Commerce“, „bot“ für die Chatbots, die wir bei unseren KI-Applikationen als Ausgabemedium verwenden, und „7“ dafür, dass die Applikationen nach der Pilotphase „24/7“, also rund um die Uhr, einsatzfähig sind.

Geschäftsmodell von e-bot7

Kannst du kurz eure KI-Applikation und das zugrunde liegende Geschäftsmodell von e-bot7 beschreiben?

Wir bieten unseren Kunden die Möglichkeit, den eigenen Kundenservice dadurch zu entlasten, dass unser KI-System in den Kundenservice integriert wird. Dazu schließen wir unser System an das CRM-System des Kunden an. Die KI erkennt dann eingehende textbasierte Kundenanfragen, z. B. auf Websites, und schlägt auf Basis des Erlernten sowie der kundenspezifischen Daten eine Antwortmöglichkeit vor. Nachdem in einer Pilotphase[1] das KI-System durch die Callcenter-Agenten bei der Auswahl der richtigen Antworten unterstützt wird, antwortet das KI-System danach automatisiert auf z. B. 60 % der Kundenanfragen – je nach gewünschtem Automatisierungsgrad –, ohne dass ein Callcenter-Agent weiter involviert ist. Somit kann der Kundenservice zu Beginn gerade bei einfacheren Anfragen, perspektivisch aber auch bei komplexeren individuellen Anfragen deutlich entlastet werden.

Für einen Piloten berechnen wir einen fixen Preis, der je nach Umfang im fünf- bis sechsstelligen Bereich liegt. Nach der Pilotphase wechseln wir dann in ein transaktionsbasiertes Pricing-Modell, das sich nach der Anzahl der bearbeiteten Anfragen durch den Chatbot und nach dem Automatisierungslevel richtet.

Einsatz von KI und Chatbots

Das klingt sehr interessant. Woher hat das KI-System denn das initiale Wissen, um Kundenanfragen beantworten zu können, und wie erfolgt dabei das Zusammenspiel mit Chatbots?

Im Wesentlichen besteht die KI aus zwei Komponenten: einer Sprachkomponenten und den kundenindividuellen Daten. Das eigentliche KI-System haben wir in den letzten zwei Jahren im Rahmen einer strategischen Partnerschaft zusammen mit einem Telekommunikationsunternehmen aufgebaut. Kunden bekommen also ein in gewisser Weise „vortrainiertes“ System, das bereits die Wichtigkeit von einzelnen Worten unterscheiden und z. B. auch Rechtschreibfehler erkennen bzw. verstehen kann. Unser KI-System wird zusätzlich mit den kundeneigenen Daten, z. B. FAQs, gespeist und kann somit dieses Wissen bei der Antwortwahl berücksichtigen.

Chatbots sind in diesem Zusammenhang nur das Medium, um die KI zu platzieren. Die Antworten der KI können auch per E-Mail versandt oder theoretisch über eine Speech API verbal kommuniziert werden.

Grafik zeigt die im Chatbot integrierte Ki Applikation von e-bot7 im EinsatzChatbot von e-bot7 im Einsatz

In der Endausbaustufe können 99 % der Anfragen automatisiert beantwortet werden – gibt es da nicht Bedenken, dass sich ein Chatbot „verselbstständigt“?

Das System ist aus diesem Grund bei uns so aufgebaut, dass es nicht selbstlernend ist. Dadurch, dass der Bot nicht von sich aus lernt, können wir sicherstellen, dass es nicht zu ungewünschten Reaktionen kommt, wie dies in der Vergangenheit bei anderen Anbietern zu beobachten war. Der Bot lernt immer dann, wenn eine von der KI vorgeschlagene Antwort durch den Agenten bestätigt wird. Im Gegenzug können so auch gezielt einzelne Antworten wieder verlernt werden, falls diese nicht mehr relevant sind.

Thema Datenschutz

Für die Lernphase benötigt ihr große Mengen sensibler (Kunden-)Daten. Dabei spielt das Thema Datensicherheit nicht nur bei Finanzdienstleistern vor dem Hintergrund der gerade eingeführten Datenschutz-Grundverordnung sicher eine wichtige Rolle. Wie begegnet ihr der Thematik?

Dieses Thema ist natürlich gerade für Finanzdienstleister von großer Bedeutung. Wir haben in diesem Fall zwei Möglichkeiten im Angebot. Entweder erfolgt die Verarbeitung über die Cloud – hier haben wir bewusst deutsche Server in Frankfurt gewählt und ein Abkommen mit dem Anbieter getroffen, sodass dieser nicht auf die Daten zugreifen kann. Alternativ bieten wir auch eine Variante an, bei der wir unser System auf den Servern des Kunden laufenlassen und dessen Sicherheitsvorkehrungen verwendet werden. Somit können alle regulatorischen Vorgaben berücksichtigt werden.

Über den Main Incubator ist auch die Commerzbank an euch beteiligt. Wie können denn speziell Finanzdienstleister von eurem Angebot profitieren und was unterscheidet eure Applikation hierbei von den Produkten anderer Anbieter?

Unser Angebot ist aufgrund der genannten Vorteile insbesondere für solche Finanzdienstleister interessant, die eine große Anzahl an Kundenanfragen zu bewältigen haben. Dies sind neben Großbanken besonders Direktbanken. Mit einigen Direktbanken arbeiten wir bereits erfolgreich zusammen. Da Direktbanken kein Filialnetz haben, kommen bei ihnen viele Anfragen auf digitalen Kanälen an. In der ersten Stufe kann der Bot hier allgemeine Fragen, z. B. zu Kontomodellen, beantworten. In einer zweiten Stufe können dann auch individuelle Fragen, z. B. zu Daueraufträgen, beantwortet werden. Dafür ist dann ein Zugriff auf die einzelnen CRM-Systeme der Finanzdienstleister erforderlich.

USP von e-bot7

Automatisierung im Allgemeinen ist für Finanzdienstleister kein neues Thema. Was ist das Besondere an eurer Applikation?

In diesem Geschäftsfeld gibt es viele große Anbieter. Im Vergleich zu den großen Anbietern haben wir als kleines Start-up den Vorteil, dass wir deutlich flexibler und schneller auf die Kundenanforderungen reagieren können. Unsere Applikationen sind auch insgesamt ressourcenschonender als die Lösungen größerer Anbieter. So setzen wir auf die bestehenden Ressourcen beim Finanzdienstleister – die bestehenden Callcenter-Agenten trainieren den Bot. Andere Anbieter verlangen hier häufig, dass der Finanzdienstleister zusätzlich Entwickler und Data Scientists bezahlt, die das System entwickeln und trainieren.

Die Integration unseres Systems bedeutet übrigens nicht, dass Callcenter-Agenten entlassen werden müssen. Ziel ist es, eher die traditionellen Kanäle zu entlasten. Die Agenten sollen sich auf die komplexen Fragen konzentrieren, während der Bot gerade zu Beginn die einfacheren Fragen, die den Großteil ausmachen, beantwortet. Unsere Erfahrung zeigt übrigens, dass die für gewöhnlich hohe Fluktuation in Callcentern durch den Einsatz unseres Bots gesenkt werden kann.

Zielgruppe von e-bot7

Ist die Verwendung eines Chatbots eher eine Lösung für das Retailgeschäft oder ist die Verwendung z. B. auch im Corporate Banking denkbar?

Grundsätzlich ist auch ein Einsatz des Bots im Corporate Banking möglich. Allerdings ist hier die Anzahl der Anfragen typischerweise deutlich geringer, und die Anfragen als solche sind meist komplexer – was nicht bedeutet, dass hier ein Bot nicht hilfreich sein kann. Der Aufwand, den Bot für die komplexeren Fragen zu trainieren, ist nur höher.

Im Kundenservice von Finanzdienstleistern kann die Verwendung von KI also einen sichtbaren Mehrwert liefern. Was sind denn typische weitere Use Cases, bei denen KI zum Einsatz kommt?

Die Einsatzmöglichkeiten sind sehr vielfältig. KI kann z. B. helfen, Prozesse zu automatisieren, oder das Riskmanagement dabei unterstützen, Unregelmäßigkeiten zu erkennen. Zudem können mittels KI z. B. Kontoumsätze von Kunden ausgewertet werden, um dadurch Lösungen anzubieten, die den Kundenbedürfnissen entsprechen. Für den Kunden gewinnen darüber hinaus Sprachassistenten an Bedeutung – der Kunde kann den Bot nach seinem Kontostand oder eingegangenen Überweisungen fragen, wie z. B. bei Amazons Alexa.

Herausforderungen und Zukunftspläne

Welche Herausforderungen seht ihr aktuell noch bei der Einführung von KI-Lösungen, insbesondere bei Finanzdienstleistern?

Finanzdienstleister haben den Mehrwert von KI-basierten Applikationen inzwischen erkannt. Allerdings variiert das Tempo, mit dem sie die Einführung von KI-Lösungen angehen. Direktbanken sind hier typischerweise deutlich schneller unterwegs und flexibler bei der Umsetzung. Großbanken können aufgrund ihrer Komplexität häufig nicht so schnell Lösungen integrieren, da verschiedenste Abteilungen involviert sind.

Abschließend noch eine Frage zu euren Zukunftsplänen: Was sind eure nächsten Meilensteine mit e-bot7?

Bisher haben wir uns stark auf die DACH-Region fokussiert – hier sind wir schon sehr präsent. Daher wollen wir uns im nächsten Schritt auf Europa konzentrieren und weitere Märkte erschließen. Um dafür bestmöglich aufgestellt zu sein, sprechen wir aktuell auch mit Investoren über ein weiteres Investment. Mittelfristig wollen wir Marktführer in der DACH-Region werden und darüber hinaus unsere KI-Applikationen auch weltweit anbieten.

Xaver, vielen Dank für das Interview und alles Gute für die Zukunft!

 

[1] Die Pilotgebühr liegt dabei, je nach Anzahl der Use Cases, Integrationsaufwand und Schnittstellen, im fünf- bis sechsstelligen Bereich.

Sprechen Sie uns gerne an!

Autor Alexander Kuhn

Alexander Kuhn

Manager zeb

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